Die Information der Verbraucher soll unterbleiben, wenn der Hersteller oder Händler die Verbraucher rechtzeitig informiert hat. Sie kann unterbleiben, wenn die betroffene Partie zurückgezogen ist.
Beides trifft in diesem Fall nicht zu. Bis heute hat die Senatsverwaltung nicht umfassend informiert, sondern sie spielt im Gegenteil die Prüfergebnisse herunter, indem sie in der öffentlichen Presseerklärung formuliert, dass das Putenfleisch nur „möglicherweise“ mit Salmonellen belastet gewesen sei.
Dann kommt es am 12. Dezember zum Treffen der Fachebene in der Senatsgesundheitsverwaltung mit allen Lebensmittelämtern, mit den Veterinärämtern und mit dem Institut für Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen. Nach dieser Sitzung sagt Frau Lompscher, wichtiger wäre es jetzt, einmal mehr als einmal weniger zu informieren. Aber was wird auf dieser Sitzung beschlossen? – Es wird beschlossen, dass die Zoonoseverordnung – eine Kontrollmeldung, die an den Bund gegeben wird, wenn eine übertragbare Krankheit von Tier auf Mensch vorhanden ist –, die auf derzeit freiwilliger Basis immerhin doch dazu geführt hat, dass die bezirklichen Lebensmittelämter eine Überprüfung an den Bund geben – –
Ich habe es gesehen. Das ist der letzte Satz. – Die Senatsverwaltung ordnet in dieser Runde am 12. Dezember nun an, dass diese Kontrollmeldung an den Bund nicht mehr zu vollziehen sei – nach dem Motto: Wenn ich schon nicht Bescheid weiß, soll es die Bundesregierung auch nicht tun.
Der genaue Blick macht deutlich, dass Sie an einer Aufklärung dieses Vorgangs nicht interessiert waren und auch weiterhin nicht interessiert sind.
Sie hatten während der Koalitionsverhandlungen kein Interesse, diesen Skandal aufzudecken, und derzeit tun Sie alles – Herr Gaebler, heute kommissarischer Ausschussvorsitzender des Gesundheitsausschusses – –
Deshalb erwarten wir eine Stellungnahme dazu. Die Senatorin Knake-Werner muss zu diesem Thema Stellung nehmen – heute und am kommenden Montag.
Das Wort hat nun Frau Monteiro. Wir haben Herrn Czaja eine Viertelminute Redezeit mehr bewilligt. Das tun wir bei Ihnen auch, wenn es erforderlich sein sollte. – Bitte schön, Frau Kollegin!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Anzahl der in der Öffentlichkeit bekanntgewordenen Unregelmäßigkeiten bei der Herstellung, Lagerung und Lieferung von Lebensmitteln und Futtermitteln ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Diese kriminelle Machenschaften, die Umetikettierung und der Handel mit verdorbenem Fleisch sind ein Skandal. Sie sind der eigentliche Skandal.
[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Andreas Gram (CDU): So schlimm ist der Senat auch wieder nicht!]
Diese Machenschaften haben die Verbraucherinnen und Verbraucher überall in Deutschland verunsichert und das Vertrauen in die Sicherheit der Lebensmittel erschüttert. Bestehende Gesetze und Überwachungsmechanismen erscheinen bisweilen zahnlos, weil strafrechtliche Konsequenzen für die Verursacher ausbleiben bzw. wenig abschreckend sind.
Die Kontrollen funktionieren, wie die Zahl der aufgedeckten Fälle im Jahr 2005 deutschlandweit zeigt.
Sie war höher als in den vergangenen zehn Jahren zusammen. Aber reichen diese Kontrollen aus? – Jetzt erreicht die negative Entwicklung auch Berlin. 95 Tonnen belastetes Putenfleisch wurden durch das Zusammenwirken von LKA und Veterinär- und Lebensmittelaufsicht am 21. September 2006 gefunden und beschlagnahmt. Die zuständigen Fachreferate wurden im weiteren Verlauf unterrichtet, die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung wurden ergriffen, und die Daten wurden ordnungsgemäß an die Koordinierungsstelle des Bundes zur Weiterleitung an das Schnellwarnsystem der EU sowie an die für die Lebensmittelüberwachung zuständige Landesbehörde in Brandenburg weitergegeben.
Die zuständige Senatorin wurde jedoch nicht informiert. Das ist absolut nicht zufriedenstellend. Eine rechtzeitige und umfassende Information der Verbraucherinnen und Verbraucher war durch diese Panne nicht möglich.
[Kurt Wansner (CDU): Sie können sich dafür entschuldigen! – Dr. Peter Luther (CDU): Die dritte Entschuldigung! – Weitere Zurufe von der CDU]
Das Berliner Landesgesetz zur Information der Verbraucherinnen und Verbraucher im Lebensmittelverkehr aus dem Jahr 2003 sieht diese Information nicht nur bei gesundheitlichen Gefährdungen, sondern auch dann vor, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher einen Bedarf an Aufklärung haben.
Aus dem aktuellen Berliner Gammelfleischfall müssen unverzüglich Konsequenzen gezogen werden. An erster Stelle steht dabei eine umfassende und schnelle Aufklärung der Vorgänge. Die zuständigen Senatsverwaltungen haben sofort nach Bekanntwerden damit begonnen. Die Koalitionsparteien forderten ebenso wie einzelne Abgeordnete von CDU und Grünen eine schnellstmögliche Sondersitzung des Ausschusses für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz. Diese wäre am Vormittag des heutigen Tages möglich gewesen.
Frau Kubala von den Grünen, die Ausschussvorsitzende, setzte sich jedoch aus nicht nachvollziehbaren Gründen über die Ausschussmehrheit und die bestehende Geschäftsordnung hinweg, die unter § 25, Abs. 3 vorsieht:
Die Einberufung muss unverzüglich erfolgen, wenn ein Drittel der stimmberechtigten Mitglieder es schriftlich unter Angabe der Tagesordnung bei dem Vorsitzenden beantragt.
Frau Kubala setzte sich darüber hinweg und lud den Ausschuss statt zum heutigen Donnerstag erst zum nächsten Montag – vier Tage später – ein. Wie eilig haben Sie es mit der Aufklärung der Vorgänge?
[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Felicitas Kubala (Grüne) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]
Auf der heutigen, von SPD und Linksfraktion veranstalteten öffentlichen Anhörung wurde von den Senatorinnen Knake-Werner und Lompscher detailliert zu zeitlichen Abläufen im Berliner Gammelfleischfall und zu Konsequenzen aus der Informationspanne Stellung genommen.
Hier ist Ihnen, Frau Kubala und den Fraktionen von Grünen, FDP und CDU insgesamt, einiges Interessantes entgangen.
Notwendig und angekündigt sind Konsequenzen struktureller Art. Es muss sichergestellt werden, dass zukünftig über besondere Vorkommnisse dieser Art sofort die zuständige Senatorin informiert wird. Die angekündigte Schaffung eines Referats Verbraucherpolitik ist hierfür ein Anfang. Wir erwarten eine schnelle Umsetzung.
Die Abläufe müssen gestrafft, Verbraucher schneller informiert und verantwortungsbewusste Produzenten und Händler gestärkt werden.
Dazu ist es ebenfalls unabdingbar, das Bundesgesetz zur Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation in überarbeiteter und verfassungskonformer Weise doch noch auf den Weg zu bringen. Dieses sieht vor, einen entscheidenden Passus im Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetz aufzuheben. Da hatte Herr Czaja vorhin aus dem falschen Gesetz zitiert. Im Berliner Landesgesetz ist es tatsächlich so, wie Sie es vorgelesen haben, aber im Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch ist es gemäß § 40 Absatz 4 zurzeit verboten, die Öffentlichkeit zu informieren, wenn das Erzeugnis nicht mehr in den Verkehr gelangt bzw. wenn es bereits verbraucht ist. Das finden wir sicher alle nicht gut. Deshalb ist mit dem neuen Bundesgesetz die Initiative unternommen worden, den Passus aufzuheben.
Dieser Passus fördert das Misstrauen. Er schützt die schwarzen Schafe in der Branche und gehört deshalb abgeschafft.