Mario Czaja
Sitzungen
16/4
16/6
16/9
16/11
16/15
16/17
16/19
16/20
16/21
16/26
16/27
16/29
16/35
16/38
16/40
16/46
16/54
16/55
16/56
16/58
16/60
16/63
16/67
16/68
16/69
16/71
16/79
16/80
16/85
Letzte Beiträge
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege von Lüdeke! Das war eine Rede auf Abschiedstournee hier im Parlament. Noch 80 Tage!
Nur dann kann man so etwas erzählen, wenn man keine Verantwortung in einem Bezirk hat, keinen Stadtrat stellt, dann kann man hier zur Rechtsbeugung aufrufen. Das können Sie machen, zur Rechtsbeugung aufrufen! Was sollen denn die Stadträte in den Bezirken machen? – Sie müssen Straßenausbaubeiträge umlegen, weil der Landesrechnungshof sie dazu zwingt.
Dass Sie sagen, dass die das machen, weil sie das Gesetz beschlossen haben – es ist absurd, und es ist dieser wichtigen Sache nicht wert, was Sie hier tun!
Herr Kollege Buchholz! Ich grüße diejenigen, die in den beiden Sälen hier im Haus noch sitzen und sich diese Debatte anhören. Ihr Parlamentspräsident hat erklärt, die
Besuchertribüne sei voll, das war die Aussage, die alle am Telefon erhalten haben.
Hunderte haben angerufen, dass sie vorbeikommen wollen, und haben gehört, dass es hier keinen Platz mehr gibt. Das ist die Wahrheit, Herr Kollege Buchholz – aus Spandau auch!
Aber hören Sie sich das ruhig an der Haustür an, wenn Sie mit Ihren roten Schirmchen spazieren gehen!
Sie sagen, Herr Kollege Buchholz, in den anderen Ländern gibt es kommunale Gebühren- und Abgabengesetze. Sie sagen, es gibt in anderen Bundesländern Straßenausbaubeitragsgesetze. Sie haben recht. Aber diese kommunalen Gebühren- und Abgabengesetze erlauben den Kommunen, eigene Ortsteilsatzungen festzulegen und Straßenausbaubeiträge dann zu nehmen, wenn sie es für sinnvoll erachten. Sehen Sie mal das Bundesland Hessen! Dort gibt es ein kommunales Gebühren- und Abgabengesetz, wo geregelt ist, dass Kommunen Straßenausbaubeiträge nehmen können. Wissen Sie, was die Stadt Frankfurt am Main macht, unter einer CDU-Bürgermeisterin? – Sie sagt: Wir haben hohe Grundsteuern. Und weil wir hohe Grundsteuern haben, nehmen wir keine Straßenausbaubeiträge. – Das ist die Realität in diesem Land.
Und wissen Sie, wir hoch die Grundsteuer in Frankfurt am Main ist? – Halb so hoch wie in Berlin! Sie haben gesagt, Sie werden die Grundsteuer nicht erhöhen, weil Sie Straßenausbaubeiträge nehmen wollen, und haben danach nicht um 20 Punkte im Hebesatz, nicht um 100 Punkte im Hebesatz, sondern um 220 Punkte im Hebesatz die Grundsteuer erhöht. Die größte Abzocke – Straßenausbaubeiträge und noch die höchste Grundsteuer, das ist Ihre Bilanz!
Ich sage der FDP: Dieses Thema ist in den Bezirken, in den 200 betroffenen Straßen, bei den Tausenden von Schicksalen, die davon betroffen sind, die 10 000-, die 100 000-, in Reinickendorf und auch in Pankow 200 000Euro-Vorbescheide bekommen haben, viel zu wichtig, als dass Sie hier den Eindruck vermitteln, dass diese Abzocke, die Rot-Rot gemacht hat, von der CDU unterstützt worden wäre. Das Gegenteil ist der Fall.
Als wir in der Koalition mit der SPD waren, wollte die SPD ein Straßenausbaubeitragsgesetz, immer, im Fünfzigpunktepapier zur angeblichen Rettung der Koalition war das mit drin. Wir haben gestanden, anders als die Linkspartei. Wir haben das Straßenausbaubeitragsgesetz nicht beschlossen, als wir regiert haben, wir haben es
nicht beschlossen, als wir in der Opposition waren, und wir werden es wieder abschaffen, wenn wir wieder regieren.
Dieses Straßenausbaubeitragsgesetz, so wurde gesagt, dient dazu, dass der Anwohner, der einen Vorteil von der Straße hat, diesen Vorteil mit bezahlen soll. Kirchhainer Damm, Tempelhof-Schöneberg: Eine Bundesstraße wird ausgebaut, statt zweispurig vierspurig. Den Anwohnern wird der Vorgarten weggenommen. Im Übrigen ist der Ankauf des Vorgartens am Ende wieder umlagefähig auf die Anwohner. Sie wollen dort eine Lärmschutzwand vor ein Seniorenheim bauen und erzählen, dass das Straßenausbaubeitragsgesetz Vorteile bringt. – Das bringt es nicht, deshalb kann dieses Gesetz abgeschafft werden.
Sie haben gesagt, hier im Parlament, Ihre Senatorin Junge-Reyer: Das kostet im Durchschnitt 500 bis 600 Euro, maximal ein paar Tausend Euro. In der Friedrich-EngelsStraße in Niederschönhausen ist der höchste Ausbaubeitrag, den ein Grundstücksbesitzer zahlen soll, 233 000 Euro. Abzocke ist dieses Gesetz! Abgeschafft gehört es!
Sie haben gesagt, mit dem Gesetz werden Investitionen befördert. – Mit dem Gesetz werden keine Investitionen befördert. Die Bezirke rufen die Mittel gar nicht mehr vollständig ab. Die Wasserbetriebe haben Sorge, ihre Regenwasserschmutzkanäle ordentlich sanieren zu können, weil die Ausbaupflicht dafür besteht und damit das Mitbestimmungsverfahren notwendig ist. Das Straßenausbaubeitragsgesetz ist investitionsfeindlich und gehört auch deswegen abgeschafft.
Und nun, zum Abschluss, zu Ihrer Mär, Herr Buchholz, das Gesetz brauche man, weil man Geld einnimmt: Die Senatorin selbst hat auf eine Anfrage von mir geantwortet, dass man in den letzten fünf Jahren mit dem Gesetz fünfzigmal mehr für die Bürokratie und für EDV, für alles drum und dran, ausgegeben hat. Fünfzigmal mehr hat man mit dem Gesetz ausgegeben, als man mit dem Gesetz eingenommen hat!
Das Gesetz bringt keine Einnahmen für das Land, es kostet das Land auch noch Geld, weil Sie die Grundstücksbesitzer gerne zur Kasse bitte wollen. Das ist die Wahrheit zu diesem Gesetz.
Und heute hat Die Linke die Chance, das, was sie in ihr Wahlprogramm geschrieben hat, umzusetzen und so wie wir, als wir in der Regierung waren, die Fahne hochzuhalten, zur Stange zu stehen und gegen die SPD, die das Gesetz immer wollte, das Gesetz abzuschaffen. – Vielen Dank!
Frau Kollegin Senftleben! Ich schätze Sie für Ihre bildungspolitischen Debatten. In der Stadtentwicklung und bei Ausbaubeiträgen scheinen Sie wenig Ahnung zu haben,
denn Sie schlagen den Sack, aber meinen den Esel. Oder Sie bewerben sich für die nächste BVV in Reinickendorf. Eins von beidem muss das gewesen sein. Mehr war jedenfalls diese Rede nicht wert.
Herr Kollege Buchholz! Die Kosten, die die Senatsverwaltung mitgeteilt hat, waren nicht die Kosten für die Baumaßnahmen, sondern es sind die reinen Verwaltungskosten für zusätzliche Mitarbeiter, für die Anschaffung der Technik, für Schulungen usw.
Wissen Sie, wer in der Anhörung zum Straßenausbaubeitragsgesetz vor fünf Jahren diese Kostenrechnung aufgemacht hat? – Ich werde es Ihnen gleich sagen: Es war Ihr Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, Herr Ulbricht.
Er hat gesagt: Mit dem Erschließungsbeitragsgesetz haben wir ungefähr Bürokratiekosten von 50 bis 60 Prozent der Einnahmen. Mit dem Straßenausbaubeitragsgesetz haben wir viel kleinere Abschnitte, da müssen wir Einzelmaßnahmen umlegen, da werden Rechtsanwaltskosten, die Stückkosten größer werden, da werden wir 80 bis 90 Prozent haben. Möglicherweise werden wir mit dem Gesetz gar nichts einnehmen.
Das war die Aussage Ihres altgedienten SPD-Bürgermeisters aus Treptow-Köpenick. Ich schätze den Kollegen sehr. Ich würde ihn nicht so beschimpfen, wie Sie das hier gerade getan haben.
Ich verstehe ja, Herr Buchholz, dass Sie jetzt Beispiele aus den Bezirken nennen, in denen die CDU Verantwortung hat.
Einmal unabhängig davon, dass natürlich in einem Bezirksamt eine solche Straßenausbaumaßnahme gemeinschaftlich zwischen SPD und CDU – beispielsweise in Reinickendorf – beschlossen wurde.
Aber Sie verkennen Ursache und Wirkung. Die Ursache für Straßenausbaubeiträge ist der Gesetzgeber. Der Gesetzgeber sitzt hier. Wir sind der Gesetzgeber und können das Gesetz abschaffen, nicht die Verwaltung, nicht die Stadträte sind dafür verantwortlich. Das, was Sie machen, ist nicht koscher gegenüber den Stadträten in den Bezirken. Sie müssen hier das Gesetz abschaffen, dann werden diese Fälle auch nicht zur Realität gehören. Es ist völlig aus der Luft gegriffen zu sagen, die Stadträte nehmen Straßenausbaubeiträge, weil sie beschlossen haben. Sie versuchen ausschließlich, davon abzulenken, dass Sie in diesem Parlament ein solches Gesetz verabschiedet haben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Die vielen Tausend Unterschriften der Volksinitiative „Frische Luft für Berlin“ zeigen, dass es ein Defizit hinsichtlich des derzeitigen Nichtraucherschutzgesetzes gibt. Wir haben uns im Ausschuss intensiv damit beschäftigt, daher gilt natürlich der Dank dieser Volksinitiative.
Aber die Dinge, die die Volksinitiative kritisiert hat, waren keine, die im Gesetz fehlen, sondern es war ein Umsetzungsdefizit. Wir haben Probleme bei der Ausstattung der Ordnungsämter, wir haben Probleme bei den Kontrollen, wir haben Probleme bei einigen Fragen im Gesetz, wie beispielsweise beim Thema Kinderspielplätze – eine Forderung, die die CDU-Fraktion damals in die Gesetzesdebatte eingebracht hat und die von Rot-Rot leider abgelehnt wurde.
Deswegen unterstützen wir den Ergänzungsantrag zu der Erledigungserklärung, die die Grünen heute eingebracht haben, weil das Thema Kinderspielplätze und das Thema Krankenhauseingänge dabei noch mal explizit zum Ausdruck kommen. An sich haben wir im Ausschuss die wesentlichen Dinge dazu diskutiert, Herr Kollege Isen
berg! Ich versuche, mich kürzer zu fassen, und wünsche etwas früher – einen schönen Sommer!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Albers! Ich habe Sie ja vorhin schon etwas bemitleidet. Dass Sie jetzt schon so ein Gesetz zur Priorität machen müssen, spricht dafür, dass nicht mehr viel da ist bei der Linkspartei, um hier im Parlament politische Debatten bewältigen zu können. Das Krankenhausfinanzierungsgesetz, das Sie da auf den Tisch gelegt haben, ist nun wirklich eigentlich nicht der Rede wert in diesem Parlament. Aber gut, Sie haben es zur Priorität erklärt, also müssen wir darüber reden.
Die Frage, die man sich stellen kann, ist: Warum bringt der Senat eigentlich ein solches Gesetz ein? – Der Senat steht unter dem Druck, dass die Krankenhausfinanzierung nicht mehr reicht und die einzelnen Krankenhäuser aufmucken und sagen: So wenig Investitionsmittel wie derzeitig in die Krankenhäuser eingebracht werden, das darf nicht länger der Fall sein. Er muss das Versprechen einlösen, dass die Verbesserung der Patientenrechte und des Verbraucherschutzes möglich ist, und er muss die vielen Beteiligungsmöglichkeiten irgendwie reduzieren, die sich so in den letzten Jahren aufgezeigt haben, denn damit kommt der Senat nicht mehr so ganz klar. Also sollen die Akteure ein bisschen mehr eingeengt werden in dem, was sie eigentlich tun dürfen.
Schaut man mal ins Gesetz, Herr Kollege Albers, was die Begründung für das Gesetz ist – da stehen drei Punkte drin. Da steht drin, die Fallpauschalenanpassung sei ein Thema. – Fallpauschalen gibt es, wie Sie als Mediziner wissen, seit 2002. – Dann steht drin, die Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Leistungen sei eine Ursache dafür, dass man jetzt dieses Gesetz behandeln müsse. – Die Öffnung der Krankenhäuser für den ambulanten Bereich gibt es auch schon seit mehreren Jahren. – Und das alte Gesetz sei – man höre und staune! – nicht modern genug. Veraltete und überflüssige Vorschriften sollten verändert werden. Dann findet man im Gesetz dafür aber folgende Formulierung: Wenn früher beispielsweise die Patientenfürsprecher „eigene Erkenntnisse“ einbringen sollten, steht jetzt da drin: „Patientenfürsprecher sollen eigene Anliegen vorbringen.“ – Ja gut, dann sind sie nur keine Patientenfürsprecher mehr, sondern nur noch für sich selbst Fürsprecher. Solche Fehler sind in diesem Gesetz zu finden. Das ist wirklich traurig, was für ein Krankenhausgesetz Sie da eingebracht haben.
Schauen wir aber mal hinein in das Gesetz und in ein paar echt gefährliche Punkte. Ich will – ich hoffe, die Zeit reicht dafür – drei, vier Punkte nennen. Sie sagen z. B. im Paragrafen „Besondere Pflichten der Krankenhäuser“, dass jeder Kranke abgewiesen werden kann, der nicht in die Aufgabenstellung und die Leistungsfähigkeit des Krankenhauses passt. Was heißt denn das in der Praxis? – Das Krankenhaus kann also in Zukunft entscheiden, ob es einen Patienten noch haben möchte oder nicht mehr haben möchte, wenn die Leistungsfähigkeit in diesem oder jenem Bereich ausgeschöpft ist. Wem Sie da Tor und Tür öffnen, nämlich dem reinen Mammon in den Krankenhäusern, das haben Sie entweder nicht erkannt oder, wenn Sie es gewollt haben, haben Sie es hoch gefährlich in dieses Gesetz geschrieben.
Sie schreiben in dieses Gesetz, dass der Patient für Forschungsvorhaben nicht mehr einwilligen muss, wenn seine Patientendaten öffentlich gemacht werden, wenn die berechtigten Interessen der Allgemeinheit gegeben sind. – Das soll man sich mal vorstellen. Wenn die berechtigten Interessen der Allgemeinheit gegeben sind, die Sie gar nicht definieren, dann können die Patientendaten an wen auch immer gegeben werden. Dass das in einem solchen Gesetz steht, das ist wirklich beeindruckend, dass das von Rot-Rot aufgeschrieben werden kann. Herr Isenberg, Sie können das ernsthaft nicht wollen, was da in diesem Gesetz steht. Hier müssen mal ein paar vernünftige Gesundheitspolitiker dieses Gesetz wieder in Ordnung bringen.
Ja, Sie wollen die Pauschalförderung der Krankenhäuser einführen und damit die Investitionsförderung weg von Gutsherrenart hin auf Pauschalförderung bringen und dafür Fallzahl und Fallschwere berücksichtigen. Das ist richtig. Aber Sie beschreiben in diesem Gesetz nicht die Ausgangssituation, in der die jeweiligen Krankenhäuser stehen. Denn das eine ist gut saniert und das andere ist weniger gut saniert. Sie beschreiben nicht, wie Sie die Konvergenz gestalten wollen hin zu der Phase, wo Sie nach Pauschalen finanzieren. Und Sie behalten auch gleich noch zwei Pauschalen bei, obwohl in anderen Bundesländern dann auf eine Pauschale umgestiegen wurde. Und dann schaffen Sie mit dem Gesetz auch noch mehr Bürokratie. Sie fordern von den Krankenhäusern eine wöchentliche Meldepflicht über die Belegungssituation. Wofür Sie das brauchen, weiß kein Mensch. Sie haben es in dieses schlecht gemachte Gesetz geschrieben. Es ist mit heißer Nadel gestrickt. Es ist nicht einer Priorität wert. Es gehört in den Ausschuss zu einer vernünftigen Debatte darüber. Ich hoffe, dass sich die Vernunft bei den Gesundheitspolitikern der Koalition durchsetzt und ein solches Gesetz nicht ernsthaft durch dieses Haus getrieben wird. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Kollege von Lüdeke! Ihr Angriff auf die CDU in den Bezirken verfängt nicht und ist unerhört.
Den Bezirksstadträten der CDU vorzuwerfen, das sie sich an Recht und Gesetz halten müssen, weil dieses Berliner Abgeordnetenhaus dieses Gesetz beschlossen hat, ist nun einmal so. Dass Sie keine Stadträte in den Bezirken stellen, ist höchstwahrscheinlich auch gut so. Den Stadträten von den Grünen und der CDU vorzuwerfen, dass Sie das Gesetz anwenden, das das Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen hat, ist entweder unsinnig gemeint oder eine tiefe Provokation, ist aber zumindest ein Zeichen von
Unwissenheit. Deswegen müssen wir dieses hier entschieden zurückweisen.
Zweitens: Wir haben schon dieses Gesetz verhindert, als wir in der Regierungskoalition waren. Frau FugmannHeesing hatte das Gesetz bereits in der Schublade. Es gehörte mit zum 50-Punkte-Papier, das Strieder mit auf den Plan gerufen hat, um damals die Koalition angeblich zu erhalten. Nein, im Gegensatz zur Linken haben wir in der Koalition mit der SPD gestanden. Mit uns gab es kein Straßenausbaubeitragsgesetz, als wir regierten. Wir haben es abgelehnt, als wir in der Opposition waren. Wir werden es auch wieder abschaffen, wenn wir wieder in Regierungsverantwortung kommen.
Wir haben bereits die Abschaffung des Straßenausbaubeitragsgesetzes am 30. Juni 2007 hier eingebracht. Zu dem Zeitpunkt haben Sie noch gar nicht daran gedacht. Dass Sie jetzt Herrn Wolf auch noch die Brücke bauen, damit das Gesetz erst nach der Wahl abgeschafft werden soll, ist infam. Das halten wir nicht für richtig. Sie sollten in dieser Frage nicht mit der Linken koalieren, sondern mit uns.
Wir haben die sofortige Abschaffung des Straßenausbaubeitragsgesetz gefordert. Wir sind die reale AntiStraßenausbaubeitragspartei, liebe FDP.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die bisherigen Erfahrungen mit dem Straßenausbaubeitragsgesetz sind wenig ermutigend. Man sollte sich ernste Gedanken darüber machen, ob man es in der kommenden Legislaturperiode aufhebt – so die Ausführungen von Wirtschaftssenator Wolf gegenüber der Presse in der letzten Woche. Auch wenn Senator Wolf heute nicht da ist – wir haben uns seit der Einführung 2006 und auch davor ernste Gedanken gemacht und kamen immer wieder zu der Schlussfolgerung: Das Gesetz muss abgeschafft werden. Deshalb bringen wir den Antrag zur Abschaffung des Straßenausbaubeitragsgesetzes erneut in dieses Haus ein.
In der Linkspartei hat sich offensichtlich ein Erkenntnisprozess durchgesetzt. Lassen Sie uns das Gesetz nun gemeinsam abschaffen. Das auf einen angeblichen Tag nach der Wahl zu verschieben, halten wir für verlogen,
denn die Ergebnisse und die Erfahrungen mit dem Gesetz sind wenig ermutigend.
Die wesentlichen Gründe für die sofortige Aufhebung des Gesetzes liegen auf der Hand. Das Gesetz ist der untaugliche Versuch, die Anwohner an dem sogenannten Mehrwert, den sie durch die Straße haben, zu beteiligen. Als wir in diesem Haus über das Straßenausbaubeitragsgesetz debattierten, ging es auch um die Frage der Grundsteuererhöhung. Damals sagten Sie nein zu dem Vorschlag
einiger Grundstücksbesitzerverbände, die Grundsteuer um 20 Punkte anzuheben, genau den Wert, den man benötigt, um danach die Mittel zu haben, die man für die Straßenunterhaltung braucht. Das wollten Sie nicht machen, das haben Sie für unsozial gehalten. Nachdem Sie das Gesetz beschlossen haben, haben Sie die Grundsteuer nicht um 20 Punkte, sondern um 200 Punkte angehoben. Das zeigt, dass Sie gleich doppelt und dreifach abkassieren wollten.
Durch dieses Gesetz ist aber auch der Mittelstand gefährdet, Frau Kollegin! Mittelständische Unternehmen mit großen Betriebsflächen sollen Beiträge von mehreren Hunderttausend Euro bezahlen, weil Gewerbeflächen gleich doppelt in die Bemessung des Straßenausbaubeitrags einfließen.
Die Investitionsmittel, so konnten wir in den letzten Jahren feststellen, werden in den Bezirken gar nicht mehr ausgeschöpft, weil die Bereitschaft sinkt, sich mit klagenden Anwohnern auseinanderzusetzen. So ist zum Beispiel in dem Bezirk Marzahn-Hellersdorf, in dem ich meinen Wahlkreis habe, in Mahlsdorf, Kaulsdorf und Biesdorf keine einzige Straße von Straßenausbaubeiträgen betroffen gewesen,
weil das Bezirksamt und die Bezirksverordnetenversammlung nicht bereit waren, dieses Gesetz zur Anwendung zu bringen. Das ist im Übrigen ein Erfolg eines direkt gewonnenen CDU-Wahlreises. Das sollten Sie sich hinter die Ohren schreiben.
Mit dem Gesetz steigen die Bürokratiekosten. Der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Kollegin Seibeld an den Senat konnten wir entnehmen, dass Ihre Aussage, Frau Haußdörfer, dass mit dem Gesetz auch Geld für den Landeshaushalt eingenommen wird, gar nicht stimmt. Ihre Senatorin hat mitgeteilt, dass mit dem Gesetz in dem Bezugsjahr zwar 100 000 Euro eingenommen wurden, aber dass gleichzeitig 1,5 Millionen Euro für mehr Personal, mehr ODV und mehr Verwaltungsaufwand ausgegeben wurden. Das Gesetz ist also nicht nur ungerecht, unsozial und unsinnig, sondern es kostet auch noch Steuergeld – noch ein Grund mehr, es endlich abzuschaffen!
Die Abschaffung ist auch im Sinne der Tausenden von Anwohnern in den über 100 Straßen, wo gegenwärtig ausgebaut wird. Was wollen Sie den Anwohnern in Ihrem Wahlkreis, die derzeitig Vorbescheide nicht über 2 000 oder 3 000 Euro, sondern über fast 100 000 Euro bekommen, eigentlich sagen, Frau Haußdörfer? Wollen Sie ihnen sagen: Euch kassieren wir noch ab, aber nach der Wahl nehmen wir das Gesetz zurück? Das ist doch verlogen, das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Wenn Sie es abschaffen wollen, machen Sie es jetzt und nicht erst nach der Wahl!
Nein, liebe Kollegen von der Linkspartei, wir trauen Ihnen nicht,
mit vielen Bürgern gemeinsam. Und dafür gibt es gute Gründe. In Brandenburg haben Sie vor der Wahl versprochen, dass Sie die Altanschließerbeiträge wieder abschaffen. Nach der Wahl kassieren Sie fleißig ab. In Mecklenburg-Vorpommern haben Sie in der Regierung ein Gesetz zur Erhebung von Altanschlussbeiträgen beschlossen. In der Opposition fordern Sie jetzt die Abschaffung. Wir können es Ihnen nicht abnehmen, dass Sie nach der Wahl dieses Gesetz ernsthaft abschaffen wollen. Das ist Wahlkampfspektakel, was Sie da machen. Das hat auch jeder da draußen verstanden.
Eine ernstzunehmende Grundstücksbesitzer- und -nutzerzeitung
hat geschrieben: Der Wolf hat Kreide gefressen, aber er bleibt ein Wolf, was die Wasserpreise angeht, ebenso was die Ausbaubeiträge angeht. – Mit uns wird dieses Gesetz abgeschafft. Sie können jetzt Wort halten und mit uns mitstimmen oder Ihr wahres Gesicht zeigen und dem Wolf die Kreide wegnehmen. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Isenberg! Dass Sie sich bei einem solch fachlichen Antrag dann auf die Zusammenarbeit mit den Grünen freuen, wundert mich. Ich halte das für ein bisschen verlogen, was Sie gerade eben gesagt haben.
Aber das obliegt ja Ihnen.
Wir haben im Ausschuss über diesen Antrag beraten, und ich wundere mich, dass wir es an dieser Stelle noch tun, denn die Intention haben wir alle miteinander geteilt. Chancengleichheit bei der psychosozialen Versorgung von Migrantinnen und Migranten – da gab es keinen Dissens, auch was die Notwendigkeit betrifft, hierbei mehr zu leisten und mehr zu tun. Aber die große Betroffenheit, die die Grünen in ihrem Redebeitrag in das Plenum getragen haben und die auch im Ausschuss gezeigt wurde – teilweise wurde von menschenverachtender Politik in Berlin gesprochen –, ist jedenfalls mit diesem Antrag nicht zu begründen. Denn fachlich ist er wenig geeignet.
Man muss sich das einmal vorstellen: Man möchte, dass man bei der Kassenärztlichen Vereinigung nur aus dem Grund eine Zulassung als Psychotherapeut bekommt, weil man eine besondere Sprache spricht, obwohl man die anderen Ausgangsvoraussetzungen als Psychotherapeut nicht hat. Denn das ist uns im Ausschuss klar und deutlich gesagt worden. Eine Anhörung hätte das noch einmal deutlich gemacht, aber das wollte man nicht. Man wollte gern in die eigene Klientel gehen und einen solchen Antrag formulieren, der aber fachlich wenig geeignet ist.
Eine reine Zulassung nur aufgrund von Sprachkompetenz wird es nicht geben und kann es auch gar nicht geben, da die Kassenärztliche Vereinigung hierfür zuständig ist und nicht das Parlament. Und auch der Senat ist nicht zuständig, so gern wir Frau Lompscher für viel Fehlverhalten kritisieren. Aber an dieser Stelle läuft das wirklich fehl. Deswegen bekommen Sie von uns einen kurzen Redebei
trag und eine nachsichtige Enthaltung zu diesem Antrag. Inhaltlich ist dem, was Kollege Isenberg zu diesem Antrag gesagt hat, nicht viel hinzuzufügen. Von uns gibt es eine nachsichtige Oppositionsenthaltung zu diesem Antrag.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kollegen und Kolleginnen! Vertrauen ist ein rares Gut, gerade in der Politik, und hier besonders im Verhältnis von Politik und Bürger. Wir erleben dies im Moment an vielen Ecken und Enden in der Republik. Politik steht in der Verpflichtung, Vertrauen bei den Bürgern zurückzugewinnen. Wir wissen, das gelingt am besten auf kommunaler Ebene. Dort, wo unmittelbar Politik und Bürger aufeinander treffen, dort erwartet man Verlässlichkeit, und das zu Recht.
Auch die Kleingärtner in Wilmersdorf, Charlottenburg, Neukölln und 934 anderen Kleingartenanlagen erwarten in der Stadt zu Recht Verlässlichkeit von der Politik.
Die häppchenweise Befristung von Kleingartenanlagen ist jedoch kein Kennzeichen von verlässlicher Politik, da nur 80 Prozent dieser Anlagen in Flächennutzungsplänen gesichert sind und Anlagen unter 3 ha im Flächennutzungsplan gar nicht auftauchen. Daher ist es notwendig, dass diese Anlagen durch den Flächennutzungsplan flächendeckend gesichert werden. Der Flächennutzungsplan kann aber jederzeit geändert und durch Bebauungspläne aufgehoben werden. Gerade für viele ältere Menschen, junge Familien oder sozial Schwache bedeutet der Kleingarten ein Stück Lebensqualität. Sie wollen die Sicherheit, dass sie dieses Stück Berliner Scholle auch die nächsten Jahre nutzen können.
Wir erleben derzeit einen Generationswechsel in den Berliner Kleingartenanlagen. Viele ältere Menschen, die ihren Kleingarten über Jahrzehnte hinweg zur Erholung genutzt haben, müssten den Garten aus Altersgründen abgeben. Um einen Nachpächter zu finden, suchen sie Verlässlichkeit, das heißt den Bestandsschutz für ihren Garten. Nur so können junge Familien einen Kleingarten übernehmen und Investitionen vornehmen, wenn der Bestand der Anlage dauerhaft gesichert ist. Der Leerstand der Kleingartenanlagen wird nämlich nicht dadurch größer, weil es keinen Nachnutzer gibt, sondern weil es zu wenig Rechtssicherheit gibt.
Die CDU-Fraktion spricht sich deswegen klar und deutlich für den dauerhaften Erhalt aller Berliner Kleingartenanlagen aus. Die Kleingärtner erfüllen eine wichtige Funktion in der Stadt, und so soll es nach Ansicht der Christdemokraten auch bleiben.
Kleingartenanlagen haben eine soziale Funktion, weil sie gerade den sozial Schwachen mehr Lebensqualität in der Stadt, den Kindern spielerisch den Umgang mit der Natur und den Anbau gesunder Lebensmittel ermöglichen. Dazu wird höchstwahrscheinlich der Kollege Ziller noch etwas sagen. Sie haben eine ökologische Funktion. Wir wissen aus Umfragen, dass bereits heute 54 Prozent der Ostdeutschen keinen Urlaub mehr außerhalb des Landes machen. Berlin gehört auch dazu. Im Kleingarten ist das höchstwahrscheinlich ökologischer als auf Mallorca. Die Kleingärtner machen auch Berlin attraktiv. Wenn andere Städte in Amerika oder Asien erst über Urban Farming sprechen, so gibt es das bei uns schon in Kleingartenanlagen. Das macht Berlin attraktiv, und das wollen wir auch gerne erhalten.
Die Frage der Freiflächen und Nachverdichtungspotenziale ist aus unserer Sicht auch gegeben. Dafür müssen Kleingartenanlagen nicht mehr herhalten. Wir brauchen diese Anlagen als Ruheoasen der Großstadt, als Grün- und Erholungsflächen für gestresste Großstädter. Sie stellen einen Standortvorteil für Berlin dar.
Deswegen in Richtung Grünen-Fraktion: Ja, wir unterstützen den Antrag, den die Grünen dazu eingebracht haben. Der Antrag der Grünen nimmt dankenswerterweise ausdrücklich Bezug zum Bundeskleingartengesetz. Lassen Sie mich deswegen noch mal das Thema Bundeskleingartengesetz und einen Antrag zu mehr Vertrauen in dieses Thema aufbringen! Wir haben nämlich mit dem Thema Bestandsschutz für die sogenannten übergroßen Lauben ein wichtiges Thema angesprochen, das im Bundeskleingartenrecht keine Regelung findet. Wir sind dankbar, dass die Grünen mit einer 90-Prozent-Regelung zumindest unserer Richtung entgegenkommen. Wir fordern, dass die unbefristete Sicherung aller Kleingartenanlagen in Berlin gegeben ist und dass die Sicherung der Investitionen in Kleingartenanlagen weiterhin möglich ist. Vorbildlich in dieser Hinsicht agiert im Übrigen ein schwarz-grün regierter Bezirk, nämlich SteglitzZehlendorf. Nach den Informationen in der Vorbereitung dieser Rede erfuhr ich, dass besonders dort Bebauungspläne dauerhaft beschlossen werden, um Kleingartenanlagen zu sichern. Ich finde sehr vorbildlich, was da stattfindet.
Die CDU-Fraktion fordert deswegen eine Änderung des Flächennutzungsplans zur Sicherung aller Kleingartenanlagen. Wir brauchen Bestandssicherung der Kleingar
tenanlagen durch entsprechende Bebauungspläne. Nur wenn sie Gemeinwohlprojekte verhindern, wie beispielsweise beim Bau der A 100, die wir klar befürworten, muss dies ausgeschlossen werden.
Ansonsten brauchen wir Rechtssicherheit. Dies ist mit unserem Antrag und dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gewährleistet.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen, meine Herren! Bei vielen Bürgergesprächen zur Berliner Gesundheitspolitik stelle ich immer wieder fest, dass viele mit dem Begriff „öffentlicher Gesundheitsdienst“ wenig anfangen können. Kommt man jedoch auf Prävention und Gesundheitsförderung, auf Einschulungsuntersuchungen, Kinderschutzmaßnahmen, Infektionsschutz, Lebensmittelkontrollen und Katastrophenschutz zu sprechen, wird die große Bandbreite des öffentlichen Gesundheitsdienstes schnell deutlich. Wir alle wissen, dass in Berlin mit diesen Begriffen große und immer größer werdende Probleme verbunden sind. Grausame Fälle von Kindesverwahrlosung haben uns aufgewühlt. Die SchweinegrippenPandemie hat die Berliner wochenlang beschäftigt, und auch das Gammelfleisch war für Frau Senatorin Lompscher, die bei dieser Debatte scheinbar nicht anwesend ist – doch, da drüben sehe ich sie –, ein nicht ganz unwichtiges Thema.
Herr Kollege Albers! Wir wissen, dass der öffentliche Gesundheitsdienst gestärkt werden muss. Die CDU möchte den öffentlichen Gesundheitsdienst stärken. Wir wollen den engagierten Mitarbeitern die Instrumente in die Hand geben, um die großen Herausforderungen des ÖGD zu bewältigen.
Auch der Senat war dieser Auffassung. Bereits am Beginn der letzten Wahlperiode hat er die Reform des öffentlichen Gesundheitsdienstes in den Mittelpunkt seiner Beratungen gestellt. Zahlreiche Gespräche wurden geführt, Experten eingeladen, und es sollte sogar die Opposition eingebunden werden. Aber die Ergebnisse der darauffolgenden Reform waren seit ihrem Beginn heftig umstritten, weil das Sparprogramm und nicht die inhaltliche Stärkung des ÖGD im Vordergrund stand. Bis zur Beschlussfassung des ÖGD-Reformgesetzes wurden insgesamt 1,2 Millionen Euro gespart, die Beratungsstelle für Sinnesbehinderung geschlossen, die Tuberkulosefürsorgestellen bis auf eine abgebaut und der zahnärztliche Dienst für schwermehrfachbehinderte Kinder und Jugendliche eingestellt. Hinzu kamen die allgemeinen Personaleinsparungen. Von 2 000 Mitarbeitern im Jahr 2004 sind heute in den Berliner Gesundheitsämtern noch 1 500 beschäftigt.
Welche dramatischen Auswirkungen dieser Aderlass auf die Erfüllung der Pflichtaufgaben nach dem Gesundheitsdienstgesetz des Landes hat, sehen wir nun in einem sehr sensiblen Bereich: Vor zwei Wochen wurden 24 000 Kinder in Berlin eingeschult. Kaum eines dieser Kinder hat rechtzeitig – nämlich vorher – eine Einschulungsuntersuchung besuchen können. Durch den Ärztemangel in den kinder- und jugendärztlichen Diensten wurden in keinem der Bezirke die Einschulungsuntersuchungen bis Ende April durchgeführt. Vier Bezirke konnten die Untersuchungen bis Ende Mai abschließen, zwei im Juni, zwei im Juli, und zwei weitere werden es erst im Laufe dieses Monats – also im September – schaffen.
Für die CDU ist dies eine unhaltbare Situation. Wir nehmen uns deshalb dieses Problems an. Wir haben eine Anhörung im Ausschuss beantragt, und die Ergebnisse dieser Anhörung haben zu der heutigen Debatte und zu unserem heutigen Antrag geführt.
Was ergab die Anhörung? – Die Kollege aus dem Gesundheitsausschuss wissen es: Nach der vom Senat selbst vorgeschlagenen ÖGD-Zielstruktur sind in den bezirklichen Gesundheitsämtern 27,7 Kinderarztstellen nicht besetzt. 10 der 12 Gesundheitsämter sind davon betroffen. Legt man den festgelegten Schlüssel – zwei Ärzte auf 10 000 Kinder – zugrunde, so bedeutet das, dass für ca. 140 000 Kinder und Jugendliche von 0 bis 18 Jahren keine Leistungen nach dem Gesundheitsdienstgesetz erbracht werden können – wie z. B. Einschulungsuntersu
chungen, Kita-Aufnahmeuntersuchungen, Impfungen, Kinderschutzgutachten, Jugendarbeitsschutzuntersuchungen usw.
Ergebnis: Viele Eltern wissen bis heute nicht, ob ihr Kind schulreif ist, und die Schulen konnten keine Vorkehrungen für individuelle Fördermaßnahmen tätigen. Das ist aus unserer Sicht ein denkbar schlechter Schulstart, bei dem negative Folgeerscheinungen vorprogrammiert sind.
Wir wollen deshalb – als Ergebnis der Anhörung –, dass einerseits verpflichtende Regelungen für den zeitlichen Abschluss der Schuleingangsuntersuchung vor dem Schulbeginn festgelegt werden. Wir haben einen Antrag zu Stichtagsregelung vorgelegt. Und wir möchten, dass die Bezahlung der Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst an die Bezahlung der Ärzte in den öffentlichen Krankenhäusern und an die Bezahlung im medizinischen Dienst der Krankenkassen angepasst wird. Wir haben im Ausschuss erfahren, dass wir keine Kinderärzte in den Bezirken bekommen werden, wenn wir dies nicht vornehmen. So sagte die Amtsärztin aus Lichtenberg, dass der Gehaltsunterschied zu der Bezahlung im MDK zwischen 800 bis 1 400 Euro im Monat liegt und deshalb keine Ärzte zu finden sind.
Die CDU-Fraktion nimmt sich dieses schwerwiegenden Problems an. Wir wollen das Problem der mangelnden Einschulungsuntersuchung angehen. Unser Antrag bietet Lösungen dafür, und wir hoffen auf eine konstruktive Debatte.
Stellen Sie sich vor, dass Sie auf der Suche nach einer kleinen Parzelle mit einer schöne Laube irgendwo in den grünen Außenbezirken in Berlin sind! Stellen Sie sich weiter vor, dass Sie auch ein schönes Grundstück gefunden haben, das Sie pachten wollen! Sie fragen nach der jährlichen Pacht: 500 Euro. – Ja, das können Sie sich leisten. Sie haben außerdem noch Kinder oder Enkel, die gerne im Garten spielen. Auf der Parzelle steht eine Laube mit 50 m². Ein bisschen größer als eigentlich erlaubt, aber die Laube steht schon seit Jahrzehnten dort, und niemanden hat es gestört. Dies ist auch nicht verwunderlich, weil man bis 1990 – zumindest im Ostteil Berlins – froh über jeden Kleingärtner war, der Obst und Gemüse angebaut und vielleicht sogar auch noch Wohnraum geschaffen hat. Sie können sogar mit den Kindern im Sommer auch mal in der Laube übernachten. Strom, Abwasser und sogar Telefon sind vorhanden.
So weit, so gut. Sie meinen, einen schönen Platz zur Ruhe und Erholung gefunden zu haben. Der Bezirksverband der Kleingärtner ist froh, dass Sie Interesse haben. Und die Kinder bringen auch ein bisschen Leben in die Kolonie. Sie sind bereit, den Pachtvertrag zu unterschreiben. Dann verweist der Kleingärtnerverband Sie noch auf ein kleines Detail. Obwohl der Vorbesitzer seine 50-m²-Laube nutzen konnte, solange er wollte, können Sie dies nicht. Wenn Sie die Parzelle wieder weiterverpachten wollen, müssen Sie eine 24-m²-Laube übergeben. So schreibt es das Bundeskleingartengesetz vor. Sie erwidern darauf, dass man diese Laube doch gar nicht „zurückbauen“ kann. Richtig! Dann müssen Sie sie eben komplett abreißen. Auf Ihre Kosten! Sie fragen natürlich, wie teuer so etwas wäre, und erhalten als Antwort, dass mit ca. 12 000 Euro zu rechnen ist. 12 000 Euro! Aber der Kleingärtnerverband macht Ihnen einen Vorschlag. Sie sollen einfach 40 Euro im Monat mehr Pacht zahlen. Dafür müssen Sie aber auch mindestens 20 Jahre die Parzelle pachten. Gehen Sie vorher von der Parzelle runter, dann müssen Sie die Restsumme auf einmal zahlen. Sie sagen, dass Sie das Geld nicht haben und auch nicht 100 Euro Pacht im Monat zahlen wollen. Mit schwerem Herzen suchen Sie woanders weiter.
Von den ca. 75 000 Kleingartenparzellen in Berlin kann sich bei über 50 Prozent dieser Fall von sogenannten „übergroßen Lauben“ genauso abspielen, in Charlottenburg beispielsweise bei über zwei Drittel der Parzellen. Mehrere Gerichtsurteile haben sich bereits mit diesen Fällen befasst, im Ergebnis immer zugunsten der sogenannten Altbesitzer und gegen die Bezirksämter, die den Abriss gefordert haben. Die Rechtsunsicherheit schadet den Kleingärten in Berlin. Und es ist ungerecht, weil die
neuen Pächter den Abriss zahlen sollen, die für diese sogenannten „übergroßen“ Lauben nicht verantwortlich sind. Hinzu kommt, dass im Westteil Berlins bis in die 1970er-Jahre und im Ostteil bis zum Jahr 1990 „übergroße“ Lauben nicht nur geduldet, sondern sogar erwünscht waren. Viele Berliner Kleingärtner haben Versorgungsengpässe und Wohnungsmangel gelindert.
Das Kleingartenwesen leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur Stärkung der Familie und zur Integration von Migranten. Außerdem betreiben die Kleingärtner eine für die Stadt kostenlose Unterhaltung von Grünflächen und tragen damit gleichzeitig zum Klima- und Umweltschutz bei. Die Förderung und Modernisierung des Kleingartenwesen muss daher ein herausgehobenes Ziel der Stadtentwicklungspolitik sein. Die bisherigen Regelungen führen jedoch nach wie vor zu erheblichen Problemen. Heutzutage müssen in vielen Fällen Anbauten entfernt oder die Lauben sogar komplett abgerissen werden. Die CDU-Fraktion hat deshalb einen Antrag in die heutige Sitzung des Abgeordnetenhauses eingebracht, um den betroffenen Kleingärten endlich Rechtssicherheit zu geben.
In unserer Initiative fordern wir konkret:
erstens den Schutz aller rechtmäßig errichteten Baulichkeiten vor Rückbauforderungen durch Bezirksämter oder Bezirksverbände,
zweitens den Schutz der Bezirksverbände vor unberechtigten Abriss- oder Rückbauforderungen der Bezirksämter,
drittens den Schutz vor Rückbauforderungen für nicht rechtmäßig errichtete Bauten, die bis 3. Oktober 1990 entstanden und nicht größer als 60 m² sind,
viertens die Berechtigung von Rückbauforderungen für Bauten auf 60 m², wenn sie unrechtmäßig errichtet wurden und größer als 60 m² sind, und
fünftens die Rückgängigmachung von Ratenzahlungsvereinbarungen oder Hinterlegungen von Sicherheitsbeträgen für Rückbauforderungen.
Wir sind an einem überparteilichen Vorgehen im Sinne der Kleingärtner und für mehr Rechtsklarheit im Berliner Kleingartenwesen und laden alle Fraktionen ein, mit uns über den Antrag im Stadtentwicklungsausschuss zu diskutieren.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Fugmann-Heesing! Es ist schon beachtlich, dass der Senat nach und nach seine eigenen Fehler zu Prioritäten und Aktuellen Stunden macht, und Sie tun das hier auch. Das hätten wir nicht geglaubt.
Vor ziemlich genau zwei Monaten war es das unsägliche Straßenausbaubeitragsgesetz; danach kamen die nächsten Prioritäten und Aktuellen Stunden zur Schulstrukturreform, zum Versagen beim Flughafenbau, zu brennenden Autos und Angriffen auf die Polizei. Dass die Gesundheitspolitik nicht dabei war, das hätte ich mir auch nicht denken können; dass der rot-rote Senat und Sie, Frau Fugmann-Heesing, die Chuzpe besitzen, hier im Abgeordnetenhaus auch noch von Erfolg zu sprechen, obwohl zu Charité und Vivantes überhaupt nichts entschieden wurde, das finde ich schon ziemlich vermessen.
Ja, man merkt Endzeitstimmung, Frau Fugmann-Heesing!
Kaum ein Applaus, nur noch Abarbeiten an Schwarz-Gelb im Bund – das war die einzige Möglichkeit, überhaupt Applaus in diesem Raum zu bekommen. Für Ihre eigene Politik, für Ihre eigene Aktuelle Stunde haben Sie keinen bekommen.
In bemerkenswerter Dialektik wollen Sie uns also das Gehänge und Gewürge des Senats bei den Themen Charité und Vivantes nun als Beitrag zu einer – ich zitiere – „zukunftsfähigen Gesundheitspolitik“ verkaufen.
Da schlägt ja eher Korea Argentinien mit 12:0, als dass Sie mit diesem Senatsbeschluss „Spitzenforschung, gute Ausbildung und exzellente Krankenhausversorgung für Berlin“ ermöglichen.
Herr Mutlu, wir übertreiben da nicht, keine Sorge! – Ja, Gesundheit und Wissenschaft sind wichtige Themen, zweifelsohne. Frau Fugmann-Heesing! Ich teile Ihre Auffassung, dass die Stadt sich hier entwickeln könnte. Die McKinsey-Studie hat die Wachstumskerne der Stadt deutlich herausgearbeitet. Die Gesundheitswirtschaft könnte zu den drei wesentlichen Zukunftsmärkten unserer Stadt gehören. Berlin ist noch ein attraktiver Standort, und Berlin entwickelt sich trotz Rot-Rot.
Mit der Charité und Bayer-Schering ist ein großer Medizincluster vorhanden, mit Health Capital und Personen wie Prof. Stock gibt es auch Leitfiguren und einen Masterplan für die Gesundheitsstadt. Aber ein Quantensprung für hochinnovative Arbeitsplätze ist in diesem Markt nur möglich, wenn der Senat sich auch bewegt. Wie Physiker wissen, werden Quantensprünge nun einmal durch Energie ausgelöst. Diese Energie fehlt dem Senat seit fünf Jahren. Es wird viel geredet, aber nichts getan.
Die Wichtigkeit der Gesundheitswirtschaft wächst von Jahr zu Jahr. Die demographische Entwicklung wird dazu
wesentlich beitragen. Die Präventivmedizin gewinnt an Bedeutung. Naturheilverfahren, gesunde Ernährung, Wellness, Fitness – alles Stichworte des 21. Jahrhunderts, und es sind auch Stichworte für die Gesundheitsstadt Berlin. Vivantes und Charité könnten und müssten dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Der Senat bindet ihnen aber die Hände und verspielt damit die Chancen für die Zukunftsstadt Berlin.
Deshalb ist jeder weitere Tag Stillstand auf diesem Gebiet schädlich. Die Konkurrenz schläft nicht. Sie wissen, Frau Fugmann-Heesing, dass München, Heidelberg und Hannover an uns vorbeiziehen. Diese Städte ergreifen die Chancen, die Berlin versäumt. Sie nutzen die Möglichkeiten, die Berlin gut ausbauen könnte.
Letzte Woche nun konnte sich der Senat endlich zu einem Beschluss durchringen. Man möchte fast mit Goethe sagen: „Halb zog es ihn, halb sank er hin“. Die Fachleute von Charité und IHK zogen den Senat zu dieser Entscheidung. Nach den ermüdenden Streitereien der Troika Lompscher, Nußbaum und Zöllner sanken die drei förmlich zusammen. Denn: Lieber dann doch eine gesundheitspolitische schwarze Wildsau als drei rote Wühlmäuse, die sich gegenseitig eingraben wollen.
Was der Senatsbeschluss aber im Einzelnen bedeutet, Frau Senatorin, haben Sie eben nicht gesagt. Sie wollen 500 Betten abbauen, sagen aber nicht plausibel, wie die Gesundheitsversorgung der Stadt noch gewährleistet werden kann. Sie wollen die zugesagten Investitionsmittel auf drei Standorte verteilen, sagen aber nicht, welche Prioritäten gesetzt werden müssen. Sie wollen die Universitätsmedizin in Berlin stärken, binden ihr aber die Hände.
Das Kompetenzgerangel bei Rot-Rot ist wirklich schwer erträglich. Das hier als Erfolg zu verkaufen, ist lächerlich. Gesundheitspolitik macht man nicht mit links. Darauf werden wir in der Aktuellen Stunde hinweisen. Wir finden auch, es ist ein wichtiges Thema – aber nicht zum Jubeln für Rot-Rot.
Na, Herr Oberg, jetzt haben Sie sich aber an den Brüdern Czaja abarbeiten können! Das ist ja schön für Sie heute! – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal, Herr Kollege Oberg: Herr Lenzen ist nicht davongelaufen, sondern Sie haben Herrn Lenzen aus der Stadt geekelt.
Dass Sie sich dafür rühmen, das ist Ihr Ding; dafür müssen Sie geradestehen. Unsere Auffassung ist das jedenfalls nicht, dass man da so hämisch hinterhergrinst, wie Sie und Ihr Regierender Bürgermeister das bei Herrn Prof. Lenzen, der zweifellos in der Republik über ein hohes Renommee verfügt, getan haben.
Bei der Charité und Vivantes haben Sie, Herr Oberg, entschieden, nichts zu tun – seien Sie doch ehrlich. Es war ein monatelanger Streit zwischen drei Senatoren mit unterschiedlichen Konzepten und Modellen, und am Ende ist dabei herausgekommen, dass sie es so lassen wollen, wie es jetzt ist. Das als großes Konzept darzustellen, haben Sie versucht – gelungen ist es Ihnen nicht. Sie haben gesagt: Hurra, wir kapitulieren und entscheiden nichts, jedenfalls nicht bis zur nächsten Wahl! Das ist schade für die Gesundheitsstadt Berlin, weil damit bis zum Frühjahr 2012 – denn eher wird es wohl keine Entscheidung geben, wenn es eine neue Regierung gibt – keine Entscheidung getroffen wird und die anderen Standorte an uns vorbeiziehen. Heidelberg, Hannover, LMU – ich habe die Beispiele vorhin schon genannt.
Was haben Sie im Kern entschieden? – Im Kern haben Sie gesagt, dass Sie sich erst einmal zu den drei Standorten bekennen. Das tun wir auch, uns zu den drei Standorten Virchow, Mitte und UKBF in Steglitz zu bekennen.
Sie haben im Weiteren gesagt, dass Sie einen weiteren Bettenabbau vorhaben. 500 Betten wollen Sie, insbesondere bei der Charité, zurücknehmen. Man kann darüber nachdenken, ob so etwas an der einen oder anderen Stelle sinnvoll ist. Aber wie das mit der Versorgungslandschaft der Stadt zusammenpasst, haben Sie nicht gesagt.
Sie haben darüber hinaus gesagt, Sie gäben der Charité 330 Millionen Euro Investitionsmittel ab dem Jahr 2014, obwohl Sie wissen, dass schon der Standort in Mitte mindestens 600 Millionen Euro brauchen wird. Die Schätzung für die gesamte Charité liegt bei über einer Milliarde Euro. Das heißt: Eine belastbare Investitionsplanung für die Charité ist das nicht.
Sie glauben doch nicht im Ernst, Herr Oberg, dass Ihnen die Öffentlichkeit – und erst recht nicht die Fachöffentlichkeit – abnimmt, dass Sie hier ein Problem gelöst hätten! Sie haben lediglich den Status quo wiederhergestellt. Sie haben die Zusagen zu allen Standorten verkündet, ohne dafür die Voraussetzungen zu schaffen.
Ihre drei Senatoren haben sich gezankt wie die Kesselflicker. Sie haben keine ordentliche Bedarfsanalyse hinbekommen. Herr Nußbaum ist heute aus Verärgerung über dieses Thema gleich zu Hause geblieben. Unterschiedliche Problemlösungsansätze durften nicht diskutiert werden. Sie wissen es doch ganz genau, welche Modelle auf dem Tisch lagen und warum nichts passiert ist! Schon die Möglichkeit von Kooperationen und Partnerschaften mit Frei-Gemeinnützigen haben Sie völlig abwegig behandelt.
Zu dem Vorschlag, den wir letztes Jahr gemacht haben, werde ich nachher schon noch kommen. Ihre Aussage, dass wir damit eine blinde Privatisierung gewollt hätten, ist aber nicht richtig.
Es war sicherlich nicht die Tatsache, dass Ihnen gesagt wurde, in der Charité in Mitte werde ab 2014 die Fassade abfallen. Es war sicherlich auch nicht die Kritik einiger Abgeordneter, wie mit dem Thema Charité umzugehen sei. Es war vielmehr die Fachöffentlichkeit; es war die Charité-Führung selbst; es war die Geschäftsführung von Vivantes, und es waren die anderen 69 Krankenhäuser, die Sie gezwungen haben, jetzt eine Entscheidung zu treffen.
Wohin aber wird dieser Nichtbeschluss, den Sie getroffen haben, führen? – Er führt zumindest zu einer Unterfinanzierung an allen vier Standorten und damit zwangsläufig zu Standortschließungen, Personalabbau und schlechter Patientenversorgung. Sie sollten Ihrer Bekannten sagen, dass sie sich, wenn sie ihr zweites Kind bekommt, lieber ein anderes Krankenhaus in Berlin aussuchen sollte, wenn Sie in dieser Stadt noch ein paar Tage länger Verantwortung haben.
Sie haben unterschiedliche Vorschläge auf den Tisch bekommen. Die IHK hat beispielsweise vorgeschlagen,
Vivantes und die Charité in einer Holding zusammenzuführen. Sie haben diesen Vorschlag gerade eben noch einmal aufgegriffen und gesagt, er sei sinnvoll. Wir sind der Auffassung, dass es nicht sinnvoll ist. Wenn man zwei Arme unter ein Dach steckt, werden sie sicherlich nicht reicher werden. Der Vorschlag der IHK basiert auf der Grundlage, dass die Eigentümer sich einig sind. Wenn Herr Zöllner, Frau Lompscher und Herr Nußbaum aber keine gemeinsame Auffassung zum Thema Charité und Vivantes haben, was soll dann besser werden, wenn die beiden Unternehmen fusioniert sind? Die drei werden sich trotzdem weiter streiten.
Sie haben die Frage gestellt, was aus unserer Sicht passieren solle. Zunächst, Herr Oberg, liebe Kollegen, sollte darüber nachgedacht werden, ob die Fusion der beiden medizinischen Fakultäten zu einer Fakultät ein Erfolg gewesen ist. Wir sind der Auffassung, dass man sich mit dieser Frage kritisch auseinandersetzen und ernsthaft darüber nachdenken muss, ob es nicht sinnvoller wäre, beiden Universitäten eine medizinische Fakultät zu geben.
Das Zweite: Sowohl die Charité wie Vivantes benötigen Budgetsicherheit. Sie kennen vielleicht die Krankenhausfinanzierung in anderen Bundesländern nicht. Aber natürlich ist es möglich, fallschwerebezogen Planungssicherheit für Krankenhäuser und auch die Hochschulmedizin zu geben. Das wäre wichtig, damit Charité und Vivantes richtige Partnerschaften eingehen könnten. Das haben Sie aber nicht vor. Es müssen auch Kooperationen möglich sein. Nichts anderes war der Vorschlag des Kollegen Zimmer und mir, als wir auf die Idee von Professor Lenzen eingegangen sind, im Südwesten Partnerschaften einzugehen.
Es war doch der Hilferuf von Professor Lenzen, weil Sie den Standort Südwesten ausbluten lassen, weshalb er darum gerungen hat, mit anderen Trägern zusammenzuarbeiten. Es war nicht sein größter Wunsch, sondern die Reaktion auf Ihre Politik im Hinblick auf die Charité.
Herr Kollege Oberg! Natürlich sind Kooperationen zwischen der Charité und Vivantes sinnvoll. Das, was Sie mit den Laboren machen, dazu schreibt Ihnen jeder Fachmann in das Stammbuch,
dass das nicht sinnvoll ist, sondern Placebopolitik, dass Sie damit Kooperation vortäuschen wollen, wo gar keine vorhanden ist. Sie erreichen keine Zusammenarbeit zwischen Charité und Vivantes, und zwar nicht deshalb, weil die handelnden Akteure sich nicht einig sind, sondern der Senat. Das ist die wahre Ursache für dieses Problem.
Aus unserer Sicht brauchen wir eine langfristige Strategie für den Gesundheitsstandort Berlin, für exzellente Forschung und für eine gute Gesundheitsversorgung. Sie sollten den Masterplan Health Capital fortschreiben, was Sie bislang nicht getan haben. Sie sollten die Personen unterstützen, die sich stark dafür engagieren – Professor Stock bei Bayer-Schering sei nur als einer genannt. Bei der Charité gibt es viele andere, deren Meinung Sie aber nicht hören wollen.
Darüber hinaus sollten Sie den handelnden Akteuren Freiheit ermöglichen. Zwischen Charité und Vivantes gibt es eine bessere Zusammenarbeit als zwischen den Senatsmitgliedern. Wenn Sie wollen, dass die Herren Einhäupl und Bovelet Verantwortung für die Gesundheitsstadt tragen, dann geben Sie ihnen auch die Instrumente in die Hand, um dies umsetzen zu können und binden Sie sie nicht laufend am Stuhl fest, sondern lassen Sie sie sich frei im Raum bewegen.
Wir haben in der Gesundheitsstadt zweifelsohne viele Möglichkeiten, aber der Senat ist ideen- und kraftlos. Er hat keine Lust, dieses Thema zu entscheiden, und ist deswegen spätestens im nächsten Jahr sein Amt los.
Herr Kollege Doering! Manchmal könnte man glauben, Ihre Abhöranlagen funktionieren noch halbwegs gut.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Es ist schon beachtlich, dass der rot-rote Senat nun nach und nach seine eigenen Fehler und Versäumnisse hier auch noch zur Priorität erklärt. Er hat zuerst das Versagen beim Vergleichstest VERA und jetzt das Straßenausbaubeitragsgesetz zum wichtigsten Punkt gemacht. Nur weiter so! Wir wissen dann, was die Prioritäten in den nächsten Sitzungen sind: S-Bahnchaos, Klimaschutzgesetz, brennende Autos. Das wird uns demnächst hier erwarten.
Herr Kollege! Das ist ja nicht einmal mehr kontrollierter Sichtflug, sondern Blindflug, was Sie hier gestalten. Aber nur weiter so!
Nun zum Gesetz: Ein unsinniges Gesetz wird nicht dadurch besser, dass man die Dosen, in denen man es ve
Uwe Doering
rabreicht, verringert. Dieses Gesetz gehört abgeschafft, und zwar sofort. Dabei bleibt die CDU-Fraktion.
Vier Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes und bei über hundert Ausbaumaßnahmen hat sich nämlich gezeigt, dass dieses Gesetz unsinnig ist und dass sämtliche Versprechen Ihrerseits gebrochen wurden.
Herr Kollege Doering! Ihr erstes Versprechen war, dass nicht so viel Straßenbau stattfinden wird. Kollege Wechselberg – damals noch in Ihrer Fraktion – bezeichnete die Diskussion als eine völlig abwegige Geisterdebatte. Er sagte damals, dass es überhaupt nicht dazu kommen wird, dass so viele Maßnahmen umgesetzt werden können. Fakt ist aber – Sie haben eben die Kleine Anfrage angesprochen –, dass derzeit das Straßenausbaubeitragsgesetz in mehr als hundert Straßen seine Anwendung findet. Wenn das nicht Geldabknöpfen der Bürger ist, dann weiß ich nicht, was es sonst sein soll.
Ihre zweite Aussage war – damals von der Senatorin Junge-Reyer, im August 2006 –, dass die Ausbaubeiträge zwischen 500 bis maximal 4 000 Euro liegen werden. Fakt ist, dass heute zahlreiche Beispiele von Rudow bis Frohnau, von Tempelhof bis Pankow beweisen, dass dies nicht stimmt. Die Bandbreite liegt zwischen 10 000 bis 30 000 Euro. Dies sind normale Ausbaubeiträge. Ihre Beiträge waren gelogen. Unsere Erwartungen sind im Negativen übertroffen worden.
Herr Doering! Wir ernteten damals viel Kritik für das Beispiel mit einem Beitrag von 72 000 Euro in Pankow. Ihre Kollegin Grosse brüllte in den Raum, es sei gelogen. Frei erfundene Märchen, sagte Herr Wechselberg. Ja, es ist richtig: 72 000 Euro war nicht die richtige Summe. Noch nicht einmal 90 000 Euro, die wir als höchste Summe prognostiziert haben, war die richtige Summe. Die Wahrheit ist: Der höchste Beitrag liegt heute bei 143 000 Euro für ein Gewerbegrundstück. Schlimmer ist es geworden, als wir es befürchtet haben. Noch schlimmer, als der rot-rote Senat es jemals versprochen hat! Ein Versprechen wurde gebrochen.
Das dritte Versprechen war, dass daraus nicht Instandhaltungsmaßnahmen bezahlt werden. Herr Doering! Sie sagten, die laufende Unterhaltung und die Funktionsfähigkeit einer Straße werden nicht durch Beiträge gegenfinanziert, was in der Umkehrung heißt, dass Ausbaubeiträge erhoben werden, wenn keine laufende Unterhaltung stattfindet, wie wir derzeit in der Arnulfstraße in Tempelhof sehen können.
Das ist doch eine normale Unterhaltung, die dort unterlassen wurde, und es ist doch die normale Unterhaltung – weil sie unterlassen wurde –, für die nun Straßenausbaubeiträge von den Anwohnern genommen werden. Aus unserer Sicht ist das eindeutig eine Instandhaltungsmaßnahme dort in Tempelhof, und es ist ebenso ein Beweis, dass dieses Gesetz große Ungerechtigkeiten hervorruft.
Nun zu Ihrem vierten Versprechen: Das vierte Versprechen war, dass das Land mehr Geld einnehmen wird. Andere Bundesländer haben ein solches Gesetz auch. Fakt ist, dass nach Auskunft Ihrer eigenen Senatsverwaltung das Gesetz fast 2 Millionen Euro an Mehrausgaben für Personal- und Sachkosten hervorgebracht hat und die Einnahmen derzeit nur mit 100 000 Euro veranlagt sind. Das heißt, dieses Gesetz macht Berlin nicht reicher, sondern ärmer. Die Kosten für die Anhörung und für die Gerichtsverfahren sind noch gar nicht in diese Rechnung eingegangen. Ein weiteres Versprechen wurde nicht gehalten, und das macht deutlich: Dieses Gesetz gehört abgeschafft.
Ja, Sie verfahren in den Bezirken nach dem Prinzip „Try and Error“. Fakt ist, dass jede weitere Änderung des Gesetzes beweist, dass Sie mit diesem Gesetz nicht klarkommen. Ich erinnere mich noch an eine Bemerkung des Kollegen Hillenberg, der von dem modernsten Straßenausbaubeitragsgesetz gesprochen, was es je irgendwo gegeben hat.
Lieber Kollege Doering! Unsere Meinung ist: Machen Sie doch einfach keine weitere Änderung, sondern ein Moratorium! Setzen Sie das Gesetz bis zum 18. September 2011 aus! Danach werden wir dieses Gesetz abschaffen. Weitere Änderungen sind nicht erforderlich.
Herr Doering! Es ist Ihr beständiges Argument, dass Sie sagen: Es gibt in allen Bundesländern Straßenausbaubeitragsgesetze – außer in Baden-Württemberg. So häufig Sie diese Äußerung auch wiederholen, desto besser und genauer wird sie nicht.
Richtig ist, Herr Kollege Hillenberg, dass es in fast allen Bundesländern kommunale Gebühren- und Abgabengesetze gibt. Diese kommunalen Gebühren- und Abgabegesetze ermöglichen es den Städten und Gemeinden, selbst zu entscheiden, ob und wie hoch sie Ausbau- und Ersterschließungsbeiträge nehmen. Beispielsweise das Bundesland Hessen hat ein kommunales Gebühren- und Abgabengesetz, und die meisten Kommunen nehmen Straßenausbaubeiträge – bis auf die Stadt Frankfurt am Main. Warum nicht? – Weil sie sagt, dass es in Großstädten
nicht sinnvoll ist, Straßenausbaubeiträge zu nehmen, weil der Mehrwert für den Anwohner nicht gegeben ist,
sondern sie nehmen dafür eine hohe Grundsteuer, und trotzdem ist die Grundsteuer in Frankfurt am Main um ein Vielfaches niedriger als in Berlin. Sie, Herr Hilleberg, haben hier im Parlament gelogen, als Sie gesagt haben, es gibt zwei Varianten: entweder Straßenausbaubeiträge und niedrige Grundsteuer oder keine Straßenausbaubeiträge und Grundsteuer. Was Sie gemacht haben: Sie haben das Straßenausbaubeitragsgesetz beschlossen, dann die Menschen in Ihrem Wahlkreis belogen und dann noch mal die Grundsteuer erhöht. Das ist die Wahrheit über rot-rotes Handeln hier in Berlin.
Versuchen Sie nicht, uns an der Nase herumzuführen. Die Wahrheit ist: Die Kommunen können selbst entscheiden, ob sie Straßenausbaubeiträge nehmen oder nicht und ob sie das mit der Grundsteuer kompensieren. Wir sind der Auffassung: Der Mehrwert für den Anlieger ist durch das Straßenausbaubeitragsgesetz nicht gegeben – nicht in Berlin und auch nicht in Frankfurt am Main. Deswegen werden wir das in Berlin nicht tun.
[Beifall bei der CDU – Zuruf von Uwe Doering (Linksfraktion) Und Ihr zweites Argument, was die Höhe der Verwal- tungsausgaben angeht und das Verhältnis dazu: Natürlich werden noch Einnahmen aus dem Straßenausbaubeitrags- gesetz folgen – gar keine Frage. Natürlich werden die 100 000 Euro noch übertroffen werden, aber die Wahrheit ist doch – das hat Ihr Bürgermeister von den Sozialdemo- kraten, Herr Ulbricht, schon in der Anhörung gesagt –, dass die Kosten beim Straßenausbaubeitragsgesetz unge- fähr 80 bis 90 Prozent der Einnahmen auffressen werden. Dafür müssen Sie aber jedes Jahr Straßenausbaubeiträge erheben und jedes Jahr Umlagen vornehmen, weil Sie ansonsten – ganz logisch – in einem Jahr die Mitarbeiter haben, die für die Erhebung der Straßenausbaubeiträge zuständig sind, aber keine Beiträge einnehmen. Ihr Ar- gument, damit den Haushalt zu entlasten, ist entlarvt. Sie nehmen damit kein Geld ein! Sie wollen damit nur dieje- nigen schröpfen, die Mittelständler sind, ein Eigenheim oder ein Mehrfamilienhaus haben. [Beifall bei der CDU]
Das ist die Wahrheit, um Einnahmen geht es hier gar nicht.
Herr Kollege Hillenberg! Jetzt haben Sie zwei Argumente genannt, warum Sie dem Straßenausbaubeitragsgesetz damals zugestimmt haben. Das eine Argument war Karlsruhe; das zweite Argument war die Veränderung des Erschließungsbeitragsgesetzes. Mit beiden Punkten sind Sie gescheitert, beim einen in Karlsruhe, beim anderen vor den Gerichten, weil die Änderungen des Erschließungsbeitragsgesetzes nicht als juristisch standfest betrachtet wurden. Wie sehen Sie denn jetzt die Situation? Wenn beide wichtigen Punkte nicht mehr da sind, können
Sie doch das Gesetz jetzt abschaffen; es ist ja nicht mehr nötig.
Herr Kollege Buchholz! Wieso reden Sie denn von einem Gesetz, das diesem Parlament noch gar nicht zugegangen ist? Weshalb ist denn dieses Gesetz nicht jetzt an die Verbände gegangen? Finden Sie das nicht etwas komisch bei den ambitionierten Zielen, die Sie gerade beschrieben haben?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die CDU-Fraktion möchte der Charité eine Zukunft geben. So weit zu den Gemeinsamkeiten mit dem vorliegenden Antrag der FDP. Der Antrag besticht durch eine übernormale Glanzleistung an politischer Phraseologie, durch eine supramaximale Ignoranz von wissenschaftlichen Fakten und eine regelmäßige außer- und überplanmäßige Verdrängung von soziologischen Realitäten in unserer Stadt.
In stringent-effizienter Art und Weise werden Fachbegriffe in suboptimaler Logik in einen zielgruppenkompatiblen Kontext gestellt. Damit hat sich der Antrag auf einen Spitzenplatz der Weltliga für inhaltsleere Parlamentslyrik hochgearbeitet und etabliert.
Die Zusammenstellung aus dem Lindnerschen Baukasten von Stilblüten ist bedauerlicherweise zu einem semantischen Wildwuchs im XXL-Format geworden. Vielleicht sollten Sie den Baukasten noch einmal mit Herrn Lindner besprechen, bevor sie aus dem heraus Anträge dieser Art schreiben. Kein ernst zu nehmender Fachmann, Herr Kollege Gersch, in dieser Stadt befürwortet die Schaffung einer medizinischen Hochschule in Berlin, schon gar nicht die Professoren selbst, auch nicht die im Südwesten. Denn sie befürchten dadurch einen Rückgang der Drittmittel, und das zu Recht. Gerade in Ihrem Antrag fordern Sie eine stärkere Vernetzung mehrerer Forschungsgebiete, um die Lebenswissenschaften zu fördern, wollen aber gleichzeitig mit der medizinischen Hochschule alles abschneiden, was es an Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen gibt. Die Wissenschaft ist sich einig, dass von der Physik bis zur Psychologie die moderne Medizin die Zusammenarbeit für das 21. Jahrhundert braucht. Keine Aufspaltung der medizinisch-klinischen Forschung, sondern eine Zusammenführung der verschiedenen Fachgebiete ist das Gebot der Stunde.
Der Antrag mag als supermaximaler Portalantrag zu einer intensiveren Beschäftigung mit der Charité geeignet sein. Aber Antworten auf die Fragen der Charité gibt dieser Antrag nun wirklich nicht.
Der Mutlosigkeit des rot-roten Senats – da sind wir uns zweifellos einig – setzen Sie ziemlich viel Übermut entgegen. Ich finde es schon sehr mutig, Herr Gersch, dass Sie fordern, dass sämtliche Standorte im Ostteil der Stadt geschlossen werden sollen, dann auch noch die im Zentrum der Stadt und dann auch noch alle in TempelhofSchöneberg, um diese Betten dann in Steglitz zu errichten. Die CDU-Fraktion spricht sich klar gegen das Ausspielen dieser Kliniken aus. Wir setzen auf eine bestmögliche medizinisch-klinische Versorgung in allen Teilen unserer Stadt.
Es mag ja aus der Sicht Ihrer Partei, Herr Gersch, verständlich sein, dass Sie ausschließlich in Ihrer Wahlhochburg Steglitz-Zehlendorf ein kleines Glanzlicht setzen wollen.
Im Sinne der gesamten Stadt ist das aber nicht, und hoffentlich folgt nicht demnächst ein Antrag für eine separate Uniklinik für DKV-versicherte FDP-Wähler, die dann höchstwahrscheinlich auch in Steglitz-Zehlendorf errichtet werden soll. – Ich stimme ja Ihrer Aussage zu, Herr Gersch, dass nicht die quantitative Größe das zu fördernde Gut ist, sondern die Qualität. Deswegen kann man Ihrem langen Antrag auch nicht zustimmen, sondern vernünftig ist, was Qualität hat.
Zum Abschluss möchte ich gern noch auf den in diesem Antrag zum Ausdruck kommenden Prozess der Selbstreflexion der FDP eingehen. Ich zitiere:
Die FDP mahnt dringend ein Umdenken beim Thema Größe an. Wir sind der Meinung, Größe muss eine Aussage über Qualität machen. Das gilt besonders, wenn die Größe zum Problem geworden ist.
Ich hoffe, dass Ihre Bundespartei eine Kopie dieses Antrags erhalten hat.
Ja, gern!
Sehr geehrter Herr Kollege! Wir wollen keine Aufspaltung der Unimedizin, wie Sie es vorstellen, sondern wir wollen, dass die Unimedizin an all den Standorten erhalten bleibt.
Wir wollen nicht, dass Sie Stadtteile von Buch bis Steglitz-Zehlendorf gegeneinander ausspielen und alle Professoren, die Drittmittel einwerben, in die Wüste schicken, wie Sie das in Mitte, im Virchow und am Standort Buch machen wollen.
Und ja, wir wollen eine gezieltere Zusammenarbeit auch der landeseigenen Kliniken in der Region Südwest. Das kann man zweifelsohne vernünftig organisieren, aber nicht dahingehend, dass man viele Gliedmaßen amputiert, um dann zu versuchen, mit einem Arm noch über die Strecke zu kommen. Das ist nämlich der Inhalt Ihres Antrags.
Wenigstens kann ich dem Antragschreiber für die sprachliche Inspiration aus Ihrem Antrag danken. Es ist wirklich sehr schön, daraus einige sinnfreie Wortschöpfungen zu übernehmen. Ich habe versucht, dies in meine Rede einfließen zu lassen, und danke für die Aufmerksamkeit!
Ich dachte schon, Herr Kollege Schäfer, Sie machen jetzt die Abräumrunde hier. 25 Minuten haben Sie gerade geredet. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist jetzt etwas schwer, auf den Gesundheits- und Umwelthaushalt zurückzukommen, aber ich möchte es trotzdem versuchen.
Frau Senatorin Lompscher! Sie haben gesagt, dass die Krankenhausfinanzierung in diesem Haushalt eine wichtige Basis dafür ist, um die gesundheitliche Versorgung in der Stadt zu gewährleisten. Auch wenn Sie gerade kräftig lesen, vielleicht können Sie trotzdem ein paar Minuten zuhören.
Aber die Basis einer guten Gesundheitsversorgung, Frau Kollegin Lompscher, ist nun einmal auch die Aufstellung eines Krankenhausplans, und den haben Sie in diesem Herbst und bis zum Ende des Jahres noch nicht hinbekommen. Deswegen können Sie die wesentlichen Herausforderungen, vor denen wir in der Berliner Gesundheitspolitik stehen – die Geriatrie, die Kinder- und Jugendpsychiatrie und einiges mehr –, gar nicht in diesen Haushalt aufnehmen. So bleibt interessant, was eben nicht in diesem Haushalt steht. Dazu gehört dieser Bereich der Krankenhausfinanzierung, der Bereich der zahnärztlichen Versorgung von Behinderten und der öffentliche Gesundheitsdienst, bei dem Sie in den nächsten anderthalb bis zwei Jahren auch eine kräftige Kürzung vorhaben. Wir sind der Auffassung, dass man diese Punkte vorher hätte zeitnah beschließen müssen. Sie haben auch in den Haushaltsberatungen darauf hingewiesen, dass Sie vorhaben, diese wesentlichen Gesetze ins Parlament einzubringen. Das haben Sie nicht getan. Deswegen ist es entscheidend, was nicht im Haushalt steht, und deswegen kann man diesem Haushalt und diesem Einzelplan auch nicht zustimmen. Nachdem wir Ihnen die kompetenten Frauen der CDU-Fraktion in diesem Bereich gezeigt haben, war das mein abschließender Satz zu diesem Einzelplan.
Da Sie ja das sozialdemokratische, ökologische Gewissen oder Feigenblatt sind,
können Sie gut nachvollziehen, wie es dem Kollegen Schmidt in der FDP geht. Können Sie mir denn erklären, warum es in den Städten drei Farben bei den Umweltzonenplaketten gibt, bei uns zwar auch, es aber nur zwei Umsetzungsstufen gibt? Ist das kein Sonderweg im Verhältnis zu anderen Städten, oder haben Sie nicht verstanden, wie es mit rot, gelb und grün funktioniert?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen! Meine Herren! Nach dem kurzen Hygieneunterricht von der SPD wollen wir zum Thema kommen.
1 440 Menschen sind in Berlin an der Schweinegrippe erkrankt, mindestens einer ist an ihr gestorben, und Experten sind sich einig, dass dies erst der Anfang einer Pandemie ist. 23 Seiten umfasst der Rahmenplan Influenza Pandemie
der Berliner Gesundheitsverwaltung, in dem der mögliche Ablauf der Grippepandemie und Handlungsanweisungen zusammengefasst sind. Im harmlosesten Fall erkranken demnach in Berlin 450 000 Menschen an der neuartigen Grippe, sollte die Pandemie in Berlin ankommen. Die Behörden rechnen in diesem Fall mit 270 000 zusätzlichen Arztbesuchen und 7 700 Patienten mehr, die in einem Krankenhaus versorgt werden müssen. Im schlimmsten Fall erkrankt jeder zweite Berliner an der Schweinegrippe, die Zahl der Arzt- und Krankenhausbesuche verdreifacht sich.
Seit April dieses Jahres ist dieses Szenario bekannt. Die Fachleute der Senatsgesundheitsverwaltung haben dieses Papier selbst erarbeitet und die Senatorin damit vor die Kameras geschickt. Es ist daher mehr als unverantwortlich, wie dieser Senat seit neun Monaten mit der möglichen Pandemie umgeht. Es ist keine Übertreibung, wenn
Volker Ratzmann
ich sage: Dieser Senat setzt mit Absicht und mit Vorsatz die Gesundheit von Tausenden Berlinern aufs Spiel.
Erinnern wir uns, wie es anfing. Im April gab es erste Warnzeichen und Hinweise, dass sich das neue Virus auch in Deutschland ausbreiten wird. Jeder bekannte Fall war der Senatorin und ihrem Staatssekretär damals noch eine Pressekonferenz wert. Sie gingen sogar durch die Fraktionen, um jeden einzelnen Fall zu beraten. Von den Behörden, Einrichtungen und Unternehmen wurde damals der Berliner Rahmenplan Influenza erarbeitet und vorgestellt.
Doch geschrieben ist noch lange nicht getan. Ende August antwortete die Verwaltung auf eine Kleine Anfrage meiner Kollegin Bung, ob die Schweinegrippe einen Bogen um die öffentliche Verwaltung mache, dass das konkrete Impfkonzept für Berlin gegenwärtig erarbeitet werde – immerhin, nach einem Vierteljahr. Es dauerte noch einmal zwei Monate, bis der Senat sein Impfkonzept vorstellte. Das war am 22. Oktober. Es wurde eng. Die Verunsicherung begann schon am 28. Oktober, weil nach Medienberichten bei den Gesundheitsämtern und Betriebsärzten der Impfstoff für die bereits bundesweit angelaufene Impfaktion fehlte. Bereits zu diesem Zeitpunkt gab es erheblichen Handlungsbedarf und nicht erst seit vergangener Woche. Und bereits seit diesem Zeitpunkt hatte der Senat keine klare Fähigkeit, dieses Konzept umzusetzen.
Nachdem in der vergangenen Woche der erste Todesfall aufgrund der Schweinegrippe bekannt wurde, stiegen die berechtigten Ängste der Berlinerinnen und Berliner. Der Senat erklärte, dass nun, ab dem 9. November, die Impfdosen in den Arztpraxen zur Verfügung stünden. Bereits zu diesem Zeitpunkt gab es unzählige Warnungen von Fachleuten, das diese voreilige Ankündigung nicht einzuhalten sei. Es wurde gewarnt, dass in den Arztpraxen mit nicht zu bewältigenden Anstürmen zu rechen sei. Doch die Senatorin sagte noch am vergangenen Samstag im „Tagesspiegel“: „Es wird kein Chaos geben.“
Das Chaos kam aber schneller als der Virus. Am Montag dieser Woche meldeten viele Ärzte, dass der Impfstoff nicht bei ihnen angekommen sei. Ohnehin haben nur 200 der 6 000 niedergelassenen Ärzte einen Vertrag zum Impfen mit dem Senat abgeschlossen. Selbst diese überschaubare Anzahl von Ärzten konnte nicht beliefert werden. Schuld daran war nach Meinung des Senats der 20. Jahrestag des Mauerfalls.
Die Probleme seien in erster Linie auf aktuelle Straßensperrungen und Staus infolge der Feierlichkeiten zum Mauerfalljubiläum am Montag zurückzuführen, verkündete der Senatssprecher Richard Meng. Für wie dumm halten Sie die Berliner eigentlich, Herr Wowereit, Frau
Lompscher, dass Sie eine solche Erklärung durch Ihren Senatssprecher abgeben lassen?
Führen wir uns noch einmal vor Augen: 1 440 Menschen sind in Berlin an der Schweinegrippe erkrankt. Mindestens ein Mensch ist an ihr gestorben. Im harmlosesten Fall erkranken 450 000 Menschen an der neuen Grippe. Ist es wirklich eine Übertreibung, wenn man sagt, dieser Senat setzt die Gesundheit der Berlinerinnen und Berliner mit Vorsatz aufs Spiel? – Ich glaube, nicht.
Die Gesundheitssenatorin hat sich in den letzten Monaten große Teile der Berliner Ärzteschaft zu ihren Gegnern gemacht und sie zulasten einer guten Versorgung gegeneinander ausgespielt. Nur etwas über 200 der 6 000 niedergelassenen Ärzte hat mit dem Senat einen Vertrag zum Impfen abschließen können, und dies vor allem, weil man sich nicht einigen konnte, ob fünf oder sieben Euro für eine Impfung gezahlt werden. Dabei wäre es so einfach gewesen. Der Senat hätte der bestehenden Leistungsverordnung der Kassenärztlichen Vereinigung beitreten können. Damit wären alle niedergelassenen Ärzte in das Vertragsverhältnis verpflichtend einbezogen worden und hätten die Berlinerinnen und Berliner mit Impfschutz versorgen können. Stattdessen berichtete die „Abendschau“ am 10. November, dass die Verwaltung Probleme habe, die zurückgesandten Verträge zu prüfen. Für meine Fraktion und mich ist es auch völlig unverständlich, dass nur eine Apotheke in Berlin für die Belieferung und Verteilung dieses Impfstoffs für 3,5 Millionen Einwohner zuständig ist. 874 Apotheken sind in Berlin zugelassen, und nur eine ist für die ganze Stadt zur Auslieferung vorgesehen. Ich verstehe das nicht und halte das nicht für ein vernünftiges Krisenmanagement.
In dieser Apotheke nun sollen sich die Impfarztpraxen wöchentlich melden, um den Verbrauch des Impfstoffs mitzuteilen. Von einigen Ärzten war gestern schon zu hören – ich glaube, auch die Kollegin Winde kennt diese Äußerung der Ärzte –, dass die drei vorhandenen Faxgeräte in dieser Apotheke bereits gestern und vorgestern ausgefallen seien. Damit ist eine Rückmeldung aus den Arztpraxen nicht mehr möglich. Selbst wenn diese Senatorin 1 000 Autos oder wie viele auch immer hätte – jetzt kommt in der Apotheke gar keine Meldung mehr von den Ärzten an, wie viel Impfstoff verbraucht ist. Welch ein Chaos ist das eigentlich, das wir uns in dieser Stadt bei dieser Pandemie antun müssen? Nach dem S-Bahnchaos kommt keiner zur Arbeit, jetzt werden auch noch alle krank, die zur Arbeit kommen wollen.
Dafür ist dieser Senat verantwortlich, das muss auch an einem solchen Tag gesagt werden.
Berlin steht vor der größten Pandemie seit dem zweiten Weltkrieg. – Frau Kollegin Winde! Ihre Hygiene
vorschriften reichen da nicht aus. – Der Senat hat die Pflicht, ein vernünftiges Konzept vorzulegen und die drohende Krankheitswelle so weit wie möglich von den Berlinern abzuhalten. Wir haben – auch im Ausschuss – eine seriöse Zusammenarbeit angeboten.
Aus unserer Sicht ist es die Aufgabe aller, mit dieser Krise und mit diesem Problem ordentlich umzugehen. Wir schlagen daher sieben Punkte vor, die aus unserer Sicht in den kommenden drei Tagen zeitnah und ordentlich umgesetzt werden müssen:
Erstens: Auf Basis der bestehenden Leistungsverordnung wird mit der Kassenärztlichen Vereinigung ein Vertrag abgeschlossen, der alle niedergelassenen Ärzte in die Impfaktion einbindet.
Zweitens: Die Apotheken der 69 Krankenhäuser werden in die Verteilung des Impfstoffs einbezogen. Damit wird eine flächendeckende 24-stündige Versorgung mit Impfstoff möglich, und wir wären nicht von drei Faxgeräten einer einzigen Apotheke abhängig.
Drittens: Die Entsorgung der am Tag angebrochenen, aber nicht benutzten Impfampullen wird durch die Berliner Krankenhausapotheken vorgenommen.
Viertens: Nicht verimpfte Impfdosen werden vom Land zurückgenommen und auch vom Land bezahlt, wie es in den Vereinbarungen steht.
Fünftens: Die ordnungsgemäße Lagerung des Impfstoffs in den Arztpraxen wird von Mitarbeitern der Senatsverwaltung für Gesundheit in regelmäßigen Abständen überprüft.