Protokoll der Sitzung vom 05.03.2009

Wir sind seit einigen Wochen – ausdrücklich bereits seit vierzehn Tagen – in intensiven Gesprächen mit der BVG zur Durchführung der Baumaßnahme, und zwar – wie ich

eben ausführte – schon vor dem tragischen Ereignis in Köln. Die BVG ist von uns angehalten worden – sie tut dies auch aus eigenem Antrieb –, alle technischen Erwägungen anzustellen, die hinsichtlich der Durchführung eines sogenannten Schildvortriebs, aber auch hinsichtlich der Baumaßnahmen in besonders schwierigen Bereichen, weil die Baumaßnahme sehr tief liegt, wie z. B. unterhalb der Spree, jedes und jede Möglichkeit in Betracht zu ziehen, um so sicher wie möglich zu planen und so sicher wie möglich den Bau durchführen zu können.

Ich habe mich – wie gesagt – bereits vor vierzehn Tagen der Tatsache versichert, dass die BVG alle Anstrengungen unternimmt. Selbstverständlich wird die BVG das Geschehen in Köln, soweit Erkenntnisse zugänglich sind, ebenfalls auswerten und wird gegebenenfalls, wenn sich Hinweise daraus ergeben, sie zum Gegenstand eigener Überlegungen machen. Im Moment gibt es allerdings keinen aktuellen Anlass dazu, die Planungen zu verändern.

Danke schön, Frau Senatorin! – Eine Nachfrage von Frau Matuschek? – Dann haben Sie das Wort!

Vielen Dank! – Frau Senatorin! Angesichts der Tatsache, dass die entsprechenden Voruntersuchungen ja auch in Köln stattgefunden haben und es dennoch zu so einem tragischen Ereignis gekommen ist und angesichts der Erfahrungen bei Ausschreibungsverfahren, die bei dem bisherigen U-Bahnbau auch durch die BVG gemacht worden sind, dass häufig Firmen zum Zuge kamen, die entweder Nachforderungen stellen oder sogar durch späteren Nachweis hervortraten, dass sie zu dem Bauauftrag überhaupt nicht in der Lage waren und drittens angesichts der Tatsache, dass Sie jetzt schon bei Kosten von 225 000 Euro pro Meter angekommen sind, ist es dann angesichts all dessen nicht angebracht, gerade in Bezug auf die Kostensteigerung zur besseren Sicherheit nicht noch einmal die Frage zu stellen, ob die U-Bahn nicht zu teuer ist, um sie zu realisieren?

Frau Senatorin Junge-Reyer – bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alles, was Sie hier in Ihre abschließende Frage gepackt haben, ist Gegenstand unserer Erörterung mit der BVG. Das betrifft insbesondere die technische Sicherheit, zweitens die Finanzierung, drittens die mögliche Kostensteigerung seit dem – meiner Kenntnis nach – 1994 abgeschlossenen Rahmenvertrag und viertens die Veränderungen bei der Durchführung der Baumaßnahmen, die wiederum zur Kostenreduzierung geführt haben, nachweislich geführt

haben. Aber das nicht etwa, weil auf Sicherheiten verzichtet worden ist, sondern weil eine Streckenführung gewählt worden ist, die Sicherheit und eine größere Kostensicherheit und -günstigkeit gewährleistet.

Danke schön, Frau Senatorin!

Jetzt geht es weiter mit der Frage des Kollegen Buchholz von der Fraktion der SPD. – Bitte, Sie haben das Wort und auch das Mikro!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an den Wirtschaftssenator. – Herr Wolf! In dieser Woche war in den Zeitungen zu lesen, dass die Firma Vattenfall von ihren Planungen für ein großes Kohlekraftwerk absehen wird.

[Beifall bei den Grünen]

Meine Frage ist: Waren diese Artikel tatsächlich substanziiert? Haben Sie Kenntnisse, wann Vattenfall eine verbindliche Erklärung abgeben wird?

Herr Senator Wolf – bitte!

Herr Buchholz! Sie waren mit mir gemeinsam auf der Veranstaltung, die dann zu der Berichterstattung geführt hat. Es war eine Diskussion, bei der der Kollege Schäfer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen geäußert hat, dass das Kraftwerk tot sei, weil die Bürgerinitiativen schon zu einem Volksentscheid rüsten würden. Ich habe daraufhin gesagt, dass ich ebenfalls die Einschätzung habe, dass Vattenfall aller Voraussicht nach davon Abstand nehmen wird. Ob das allerdings damit zusammenhängt, dass konkrete Vorbereitungen für einen Volksentscheid getroffen werden, sei dahingestellt.

Daraufhin hat sich der Abgeordnete Schäfer offensichtlich veranlasst gefühlt, dafür zu sorgen, dass diese Erfolgsmeldung an die Presse kommt und sich auf Informationen aus der Wirtschaftsverwaltung berufen. Es gibt keine Informationen aus der Wirtschaftsverwaltung. Ich würde es allerdings begrüßen – um das noch einmal klar zu sagen –, wenn die Entscheidung von Vattenfall so wäre.

Vattenfall hat – nach meiner Kenntnis – das Konzept, das sie gerade erarbeiten, intern noch nicht abschließend beschlossen. Es wird demnächst Gespräche über die Vorstellungen von Vattenfall mit dem Senat geben, dann wird man Näheres sagen können.

Eine Nachfrage des Kollegen Buchholz? – Bitte!

Dann geht es weiter mit Frau Villbrandt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte, Sie haben das Mikrofon!

Danke, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an den Innensenator Herrn Dr. Körting. – Herr Senator! Warum haben Sie zugelassen, dass Ihre Behörde eine so anerkannte Institution wie „Asyl in der Kirche“, die so oft Fälle und unnötige Härten Ihrer Behörde ausgebügelt hat, mit dem Versuch, eine tschetschenische Familie, die dort Schutz vor der Abschiebung gesucht hat, aus der Kirche herauszuholen, dermaßen grob verletzt und allen zukünftig Hilfesuchenden die letzte Chance auf Unterstützung nimmt?

Herr Senator Dr. Körting! – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Villbrandt! Erst einmal muss ich eine Korrektur anbringen: Es geht nicht um eine Familie, sondern es geht um einen Mann aus Russland, der nach Polen gekommen ist und dort um Asyl nachgesucht hat. Das Asylverfahren ist dort nicht abgeschlossen. Er ist dann nach Berlin gekommen und nach dem geltenden EU-Recht, nämlich dem Dubliner-Abkommen, das die Staaten der europäischen Union beschlossen haben, werden die Asylverfahren dort geführt, wo der Betreffende zuerst um Asyl nachsucht. Dementsprechend ist sein Asylantrag vom Bundesamt der Bundesrepublik Deutschland zurückgewiesen worden, und er ist gleichzeitig verpflichtet worden, nach Polen zurückzugehen. Das ist der Sachverhalt, den wir bisher haben.

Der Betroffene hat sich seiner Verpflichtung, nach Polen zurückzugehen, nicht gestellt, sondern hat sich in eine Kirche begeben. Dort verharrt er zurzeit. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Berliner Polizei haben sich – in Vollziehung eines dann ergangenen Haftbefehls – darum bemüht, mit dem Betroffenen in Kontakt zu treten. Sie haben versucht, ihm deutlich zu machen – bzw. den Menschen, die mit ihm zusammen sind –, dass er nach Polen zurückgehen muss und dass ihm in Polen auch nichts Böses droht.

Ich glaube, man muss das in zweifacher Hinsicht bewerten, auch nach dem, was heute in der Presse stand. Ich bin

der Auffassung, dass man nicht akzeptieren kann, dass eine Asylgewährung in der EU, die jeweils ein Staat macht, von anderen dahingehend kommentiert wird, dieser Staat sei nicht in der Lage, die Menschen ordnungsgemäß zu versorgen. Es klang heute durch die Berichterstattung durch, dass die ärztliche Versorgung der Menschen in Polen nicht gewährleistet sei. Das halte ich für eine Argumentation, der ich vehement widerspreche.

Das Zweite ist: Ob ich eine Aufenthaltsgenehmigung gebe oder nicht, ist keine Frage der Kirche. Ich habe hohen Respekt vor der Kirche, die sich um derartige Menschen kümmert. Ich habe hohen Respekt vor denjenigen, die sich dort engagieren, aber die Aufenthaltsgewährung richtet sich nach dem Aufenthaltsgesetz, das in der Bundesrepublik Deutschland vom Bundestag und vom Bundesart verabschiedet worden ist und nicht nach dem einzelnen Pfarrer oder Gemeinderatsmitglied. Insofern sind meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bemüht, zurzeit noch einmal eine Sachverhaltsklärung durchzuführen, ungeachtet der Frage, dass der Betroffene unserer Auffassung nach nach Polen zurückgehen muss. Wenn sich herausstellen sollte, dass ein neuer Sachverhalt vorgetragen wird, dass der Mann so krank ist, dass er nicht transportfähig ist, wenn sich das bewahrheiten sollte, dann habe ich eine völlig andere Situation, dann haben wir alle eine völlig andere Situation. Dann greift nämlich das Aufenthaltsgesetz, wonach niemand abgeschoben oder zurückgestellt werden kann, der aus gesundheitlichen Gründen nicht transportfähig ist. Aber das muss geprüft werden. Das ist der einzige Fall, in dem das Gesetz nicht durchgesetzt wird.

Danke schön! – Die Kollegin Villbrandt hat eine Nachfrage. – Bitte schön!

Danke, Herr Körting! – Ich habe eine Nachfrage. Es geht hier um mehr als einen Einzelfall. Das Kirchenasyl hatte in den vergangenen Jahren eine ganz wichtige Funktion und hat oft auch das Ansehen des Senats gerettet. Die Leute haben dadurch Zeit bekommen, ihre Krankheiten zu belegen und ihre besonderen Umstände darzustellen.

Allein der Einsatz – rein in die Kirche und dann wieder raus aus der Kirche – zeigt, dass da nicht alles ordentlich gelaufen ist. Warum laufen solche Dinge nicht über Ihren Tisch? Wie wollen Sie in Zukunft verhindern, dass Ihre Behörde selbständige Aktionen macht, die sie gleich wieder zurückrufen muss?

Die Frage kam spät, aber sie kam. – Bitte, Herr Senator Körting!

Frau Kollegin Villbrandt! Die Polizeibehörde hat diesen Fall mit aller Verhältnismäßigkeit bearbeitet. Die Mitarbeiter sind freundlich zu der Kirche gegangen, haben freundlich angeklopft und dem Pfarrer bzw. dem Gemeindekirchenrat gesagt, wie die Rechtslage ist und gesagt, sie hätten gerne Zutritt zu dem Betroffenen. Das wurde ihnen verweigert. Die Mitarbeiter sind dann nicht unter Einsatz körperlicher Gewalt oder ähnlicher Mittel in die Kirche eingedrungen, sondern sie haben sich verabschiedet, gesagt, dass sie wiederkommen, und gebeten, die Sache zu überdenken. Insofern bin ich in vollem Konsens mit dem, was die Polizei in diesem Fall getan hat, noch tun wird und eventuell tun muss.

Die Grundfrage müssen wir aber gemeinsam beantworten. Wir müssen beantworten, ob einzelne Institutionen des Landes sagen können: Wir halten uns nicht an gesetzliche Regelungen. – Ich glaube, das kann man als Staat nicht zulassen.

Das ist auch eine völlig andere Frage als die, ob der Mann tatsächlich transportunfähig ist. Wenn er das ist, dann habe ich gar kein Problem. Dann ist er eben krank und bleibt hier. Aber die Möglichkeit, das zu prüfen, müssen meine Mitarbeiter haben. Ich hoffe, dass dazu allgemein Einsicht einkehrt.

Danke schön, Herr Senator!

Es geht mit einer Frage von Frau Herrmann weiter. – Bitte schön!

Ich habe auch eine Frage an den Innensenator. – Herr Körting! Wir konnten in der Zeitung lesen, dass in den nächsten Wochen in Berlin Bundes- und Landesparteitage der NPD stattfinden. Können Sie zusagen, dass in unmittelbarer Nähe zivilgesellschaftlicher Protest ermöglicht wird?

Bitte, Herr Senator Dr. Körting!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Herrmann! Selbstverständlich kann ich Ihnen zusagen, dass, wenn die NPD – zu der wir wahrscheinlich eine gemeinsame Haltung haben; wir werden es gleich noch mal diskutieren – in Berlin Veranstaltungen macht – drei sind jetzt angekündigt –, gesellschaftlich-friedlicher Potest gegen diese rechtsextremistische Partei möglich ist.

Allerdings muss er in einem Abstand stattfinden, der die Friedlichkeit garantiert.

Frau Kollegin Herrmann hat eine Nachfrage. – Bitte schön!

Kann ich Ihren Hinweis auf den Abstand so interpretieren, dass in Sicht und Hörweite zivilgesellschaftlicher Protest zugelassen wird?

Bitte, Herr Senator Dr. Körting!

Frau Kollegin Herrmann! Die operative Frage, was in der konkreten Situation jeweils erforderlich ist oder nicht, muss der zuständige Polizeiführer vor Ort klären. Er muss einschätzen, welchen Abstand er für richtig hält. Sie kennen die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Berlin so gut wie ich. Die besagt, dass, wenn die im Fontanehaus eine Versammlung abhalten, der Gegenprotest nicht auf das Tempelhofer Feld verlegt werden darf. Es muss eine räumliche Nähe vorhanden sein, die aber gegenüber der Sicherheit abgewogen werden muss. Bisher hatte ich den Eindruck, dass die Polizei das in Berlin hervorragend gelöst hat. Ich bin ganz sicher, dass sie das auch hier tun wird.

Danke schön, Herr Senator Körting!

Jetzt gibt es noch eine Frage von Herrn Schäfer von den Grünen, die dann für heute die letzte ist. – Bitte schön!

Meine Frage richtet sich an Herrn Wowereit. – Herr Regierender Bürgermeister! Angesichts dessen, dass Sie im Juni ein klimapolitisches Arbeitsprogramm des Senats vorgestellt haben, in dem ein Entwurf für ein Berliner Klimaschutzgesetz und ein Berliner Energiestandard zum Ende des letzten Jahres angekündigt werden, frage ich Sie: Sind Sie damit zufrieden, dass beides noch immer nicht vorliegt?

Bitte schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ich wäre sehr zufrieden, wenn das schon vorliegen würde, aber es wird kommen.

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister! – Der Kollege Schäfer hat eine Nachfrage. – Bitte!

Wann wird es kommen? Noch in diesem Halbjahr? In dieser Legislaturperiode?