Protokoll der Sitzung vom 02.04.2009

Der Hauptgrund, warum Sie hier argumentativ in eine solche Richtung gehen, ist, dass es Ihnen recht ist, dass sich Gefangene mit Drogen ruhig stellen, wenn sie die Welt im Knast gedämpft wahrnehmen, denn dann müssen Sie nichts befürchten, dann sind die Leute nicht so launisch, dann machen sie keinen Krawall. Das ist aber nicht der richtige Weg für den Umgang mit dem Thema. Wir müssen den Drogenkonsum auch in den Justizvollzugsanstalten effektiv bekämpfen! – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Kohlmeier.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Kluckert! Sie müssen es wissen, Sie müssen öfter in Kolumbien sein,

[Zuruf von Dr. Martin Lindner (FDP)]

ich war selbst noch nicht dort, deshalb weiß ich tatsächlich nicht, wie lange und wie oft die Drogenspürhunde den letzten Jumbojet noch erschnüffeln.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Der neu gewählte Fraktionsvorsitzende Herr Meyer – Herr Lindner, er sitzt neben Ihnen – hat angekündigt, sich mehr für die Interessen der Bürger einzusetzen. Wenn man sich diesen Antrag anschaut, muss man sagen: Hut ab! Sie lassen Ihren Worten gleich Taten folgen.

[Heiterkeit bei der Linksfraktion]

Sie wollen Drogenschmuggel im Strafvollzug mit Drogenspürhunden unterbinden. Eine kreative Idee, sagt der Kollege Kluckert dazu. Da habe ich noch eine weitere kreative Idee für Sie: Vielleicht sollten Sie Jugendgewalt demnächst mit Marienkäfern bekämpfen. Das hat ungefähr das gleiche Niveau wie dieser Antrag.

[Mirco Dragowski (FDP): Wir sind ja nicht der Senat, Herr Kohlmeier!]

Drogenbesitz, Drogenkonsum und Drogenabhängigkeit im Strafvollzug sind ein ernsthaftes Thema, und dem sollte das Abgeordnetenhaus auch ernsthaft begegnen, und da helfen diese populistischen Schnellschüsse der FDP jedenfalls nicht.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Wir werden diesen Antrag ablehnen, denn der Antrag ist erstens unsachgemäß, zweitens nutzlos und drittens auch noch frech.

Zum ersten Punkt: Ihr Antrag wird der Wirklichkeit im Strafvollzug nicht gerecht. Bereits heute gibt es vielfältige Maßnahmen zur Bekämpfung des Drogenbesitzes und des Drogenschmuggels. So gibt es regelmäßige Kontrollen und Einlasskontrollen, und so finden auch heute schon vereinzelt und im sinnvollen Ausmaß Kontrollen mit Drogenhunden statt. Eine weitere wichtige Maßnahme sind auch die regelmäßig stattfindenden Urinkontrollen, und die zeigen, dass der Drogenkonsum in den Berliner Gefängnissen zurückgegangen ist. Ich darf aus Ihrer Begründung in der Drucksache zitieren, wo Sie sagen:

Die Erfahrungen in anderen Bundesländern zeigen, dass bereits das Bellen der Hunde zu einem erheblichen Anstieg der Nutzung der Toilettenspülung führt.

Entschuldigen Sie, liebe Kollegen der FDP, aber das ist das Niveau Ihres Vorschlags: Sie hören lieber auf Toilettenspülungen, anstatt sich vielleicht einer klaren Analyse – vielleicht auch aus Ihrer eigenen Anfrage – zu bedienen. Sie begründen Ihre Ideen mit vermeintlichen Vorschlägen aus anderen Bundesländern. Sie befinden sich hier in Berlin, und vielleicht sollten Sie sich auch mal

Dr. Sebastian Kluckert

Berlin, und vielleicht sollten Sie sich auch mal mit Berlin befassen.

[Beifall bei der SPD – Mirco Dragowski (FDP): Berliner wissen alles besser!]

Und Berliner reden anscheinend auch immer dazwischen, wenn hier vorn jemand steht und redet!

[Och! von Michael Schäfer (Grüne)]

Zum zweiten Punkt: Ihr Antrag ist nutzlos und sachlich falsch. Zum einen beziehen Sie sich in Ihrem Antrag nur auf den Jugendstrafvollzug – Kollege Kluckert! Einfach mal selbst den zweiten Satz lesen –, dabei gehören alle Justizvollzugsanstalten zum Berliner Vollzug.

Zum anderen haben Drogenspürhunde keinen Achtstundentag, denn Drogenspürhunde sind nur für eine kurze Zeit einsetzbar. Die Drogenspürhunde sind kein Allheilmittel gegen Drogen im Vollzug. Gerade gut verpackte harte Drogen können nur schwer erschnüffelt werden, und wenn die Drogen hoch lagern, dann frage ich mich, welcher Bedienstete den Drogenhund gegebenenfalls hochheben sollte, damit es innerhalb seiner Nasenreichweite ist.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Ein Oberlehrer, der Herr Kohlmeier!]

Vielleicht können Sie es ja machen, Kollege Lindner, wenn Sie ein bisschen Zeit haben. – Ein Drogenspürhund kann auch nicht mal so einfach beschafft werden, denn die Hunde werden jahrelang ausgebildet, und deshalb spreche ich mich gegen Ihren Vorschlag aus, dass die Drogenspürhunde vom Zoll oder von der Polizei abgezogen werden.

Zum dritten Punkt, der Frechheit Ihres Antrages: Sie haben in Ihrem Antrag Anwälte und Bedienstete der Gefängnisse als Vertriebsweg für Drogen bezeichnet. Sie wollen Beamte und Rechtsbeistände aus der Entfernung von Drogenspürhunden abschnüffeln lassen. Diese allgemeine Verdächtigung ist untragbar und einer seriösen Rechtspolitik unwürdig. Diese Art der Politik verträgt sich im Übrigen auch nicht mit Ihrer Partei, wo Sie doch immer sagen, Sie seien eine große Bürgerrechtspartei.

[Mirco Dragowski (FDP): Sind wir auch!]

Herr Kluckert! Sie verstoßen in einer Weise gegen das Gebot der Unschuldsvermutung, die ich Ihnen tatsächlich nicht zugetraut hätte. Es ist Ihnen in wenigen Sätzen gelungen, gleich zwei Berufsgruppen pauschal zu beleidigen, und deshalb wurde Ihr Vorschlag auch von der Vereinigung der Berliner Strafverteidiger scharf kritisiert.

Im Übrigen ist die Kontrolle von Anwälten durch Spürhunde verfassungsrechtlich zweifelhaft, denn Anwälte sind Organ der Rechtspflege und haben deshalb auch eine besondere Stellung. Ich sage hiermit in aller Deutlichkeit für die rot-rote Koalition: Wir werden es niemals zulassen, dass Anwälte und Justizbeamte von der Politik pauschal verdächtigt werden.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Dr. Martin Lindner (FDP): Was ist eigentlich mit der Onlinedurchsuchung von Konten?]

Sie können so eine Zwischenfrage stellen, Herr Kollege Lindner! Ich habe noch 46 Sekunden. Wenn Sie schnell sind, wird es vielleicht noch was. – Vielleicht sollten Sie selbst mal überlegen, den Antrag zurückzuziehen. Die Kollegen der Grünen haben es uns in der letzten Plenarsitzung vorgemacht: Nach der Rederunde wurde ein Antrag zurückgezogen. Ansonsten gehe ich davon aus, dass auch die Diskussion im Ausschuss nicht zu einer Steigerung des Niveaus führen wird. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter! – Jetzt hat der Abgeordnete Kluckert das Wort für eine Kurzintervention.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Fragen Sie mal nach der Onlinedurchsuchung der Konten durch die Finanzämter!]

Lieber Herr Kollege Kohlmeier! Da muss ich hier noch ein paar Sachen zu Ihnen sagen. Anwälte und Bedienstete würden von uns unter Generalverdacht gestellt, und Sie geben hier den pauschalen Freifahrtschein aus! Es ist natürlich so, dass es ab und zu mal vorkommt, dass auch ein Anwalt etwas macht, das Unrecht, das strafbar ist, und wenn Sie einfach mal die Zeitung aufschlügen und nicht dauern nur in Ihren PC schauten,

[Beifall bei der FDP]

dann würden Sie vielleicht auch sehen, dass es solche Artikel wie die im „Tagesspiegel“ gibt: „Anwalt schmuggelt Drogen ins Gefängnis“ –, und dann könnten Sie auch in der „Berliner Morgenpost“ lesen: „JVA-Werker als Drogenhändler aufgeflogen“. – Das sind Einzelfälle, aber gerade die Art und Weise, wie Sie versuchen, sie völlig herauszunehmen, schafft es gerade, dass auch solche Wege genutzt werden können.

Lieber Herr Kollege Kohlmeier! Die Unschuldsvermutung gilt im Strafrecht, aber nicht in der Gefahrenabwehr, denn die Gefahrenabwehr hat gar nichts mit Schuld oder Nichtschuld zu tun, und wenn Sie als ganz normaler Bürger einen Gerichtssaal betreten, weil Sie dort Zuhörer sein wollen, müssen Sie sich auch kontrollieren lassen, ohne dass das irgendetwas mit der Unschuldsvermutung zu tun hat.

[Beifall bei der FDP]

Wenn Sie sich ansehen – weil wir auf andere Bundesländer verweisen –, in welchen Bundesländern überall Drogenspürhunde eingesetzt werden: Das sind die Länder Sachsen, Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Bayern.

Sven Kohlmeier

[Dr. Martin Lindner (FDP): Alles liberale Länder!]

Wissen Sie: Die Berliner Verwaltung ist eine der schlechtbezahltesten Verwaltungen, aber trotzdem wissen die Leute dort immer alles besser. Das verwundert mich! Und wenn Sie sich mal anschauen, Herr Kohlmeier, dass bei diesen Ländern, die ich hier aufgeführt habe, Sachsen und Sachsen-Anhalt dabei sind, dann sehen Sie ganz genau: Das sind Länder, in denen Sie mitregieren. Das sind Länder, in denen die SPD auch etwas zu sagen hat, und dann können nicht alle Leute Vollidioten sein, wie Sie es gerade darzustellen versuchen.

Zusammenfassend, Herr Kohlmeier, mit Ihren Worten kann ich Ihnen nur sagen: Die Berliner SPD ist nutzlos und frech, und deswegen gehört sie abgewählt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Herr Kohlmeier! Möchten Sie erwidern? – Dann haben Sie die Gelegenheit. – Bitte sehr!

[Zurufe]

Meine Damen und Herren! Jetzt hat Herr Kohlmeier das Wort und nur Herr Kohlmeier!

Das ist ein spannendes Thema, da hätte ich die Kollegen noch ein bisschen diskutieren lassen. – Kollege Kluckert! Sie sind wirklich geil! Sie haben den Antrag jetzt so was von begründet. Da muss man tatsächlich jetzt in einer Sofortabstimmung zustimmen.

Zum einen: Sie tragen hier zwei Einzelfälle vor und stellen unter Pauschalverdacht, dass Rechtsanwälte und Beistände die Drogen einschmuggeln würden. Ich darf einmal aus Ihrem eigenen Antrag vorlesen. In der Begründung heißt es relativ am Ende: