Zum einen: Sie tragen hier zwei Einzelfälle vor und stellen unter Pauschalverdacht, dass Rechtsanwälte und Beistände die Drogen einschmuggeln würden. Ich darf einmal aus Ihrem eigenen Antrag vorlesen. In der Begründung heißt es relativ am Ende:
Es ist nicht nur allgemein bekannt, dass in Justizvollzugsanstalten Drogen konsumiert werden und mit diesen gehandelt wird, sondern auch, dass als Vertriebsweg auch das Hineinschmuggeln von Drogen durch Bedienstete und Rechtsbeistände genutzt wird.
Vielleicht ist es in zwei Fällen vorgekommen, und die gab es vor einem Monat. Da ist festgestellt worden, dass ein Bediensteter Drogen schmuggeln wollte, und da hat die Senatsverwaltung durchaus richtig gehandelt. Ich weiß jetzt nicht, was Sie wollen. Da hätte ein Drogenspürhund nicht mehr und nicht weniger erkannt, als dass dieser Bedienstete Drogen einschmuggeln wollte. Sie wollen Drogenspürhunde. Sie müssten sich mal damit befassen. Beim Zoll oder beim Flughafen, wenn Sie aus Mallorca kommen, werden auch nicht massenweise Drogenspürhunde eingesetzt, die Sie von oben bis unten beschnüf
Zweite Anmerkung, zu den Drogenspürhunden in Sachsen, Bayern, Sachsen-Anhalt, Thüringen und sonstigen Bundesländern: Auch in Berlin werden Drogenspürhunde bei gegebenem Anlass eingesetzt. Bloß wenn Ihnen die Rechtspolitik in Sachsen, in Bayern und sonst wo so gut gefällt, dann gehen Sie vielleicht dorthin! Machen Sie dort Politik!
Sie sind hier in Berlin, und die Erfahrungen und auch die Kontrollen, die wir in den Berliner Justizvollzugsanstalten durchführen, zeigen, dass der Drogenkonsum dort rückläufig ist, und so viel kann dann die Justizverwaltung nicht falsch gemacht haben, wie Sie vorzugeben versuchen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kohlmeier! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Herr Abgeordneter Behrendt das Wort. – Bitte sehr!
was es über den Zustand der Berliner FDP zeigt, dass sie dieses Thema zur Priorität anmeldet. Ich begrüße aber immerhin zur Hälfte der Debatte die zuständige Senatorin. Sie hat es offenbar bei einem Thema, das in ihr Ressort gehört, vorgezogen, mit Abwesenheit zu glänzen. Zumindest zu meinem Redebeitrag ist sie gekommen. – Ich begrüße Sie außerordentlich in den Reihen des Senats!
Um es gleich vorweg zu sagen: Wir Grünen lehnen das Abschnüffeln von Menschen ab, völlig unabhängig davon, ob es um Gefangene, Bedienstete oder Rechtsanwälte geht.
Das entspricht nicht unserer Vorstellung von Strafvollzug, und das wirft Menschenwürdeprobleme auf. Vielleicht ist der FDP auch schon eingefallen, dass bei sonstiger Kriminalitätsbekämpfung Hunde nicht zum Abschnüffeln von Menschen eingesetzt werden, sondern zum Abschnüffeln von Autos, Gebäuden und Gepäck, aber nicht von Menschen.
Entschuldigung, Herr Abgeordneter Behrendt! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Lindner?
Kollege Behrendt! Wenn Sie so tapfer gegen Beschnüffelungen sind – hat sich die grüne Bundestagsfraktion und die Partei Bündnis 90/Die Grünen auch so vehement dagegen eingesetzt, dass die Finanzämter in Deutschland einen quasi automatischen Zugriff auf die Konten der Mitbürgerinnen und Mitbürger bekommen?
[Beifall bei den Grünen, der SPD und der Linksfraktion – Heiterkeit – Christian Gaebler (SPD): Aber Heuschrecken vielleicht!]
Die FDP kennt ja auch Hunde, die Distanz-Schnüffeln können. Ich bin der Meinung, Hunde, die Kokainreste in den Reihen der antragstellenden Fraktion von hier aus erschnüffeln können sollen, die müssen wohl erst noch geboren werden, ich glaube nicht, dass es so etwas gibt. Wir werden das in der Ausschussberatung vielleicht mit einem praktischen Besuch beim Berliner Zoll in Erfahrung bringen können. Ich denke aber, dass es dieses Distanz-Schnüffeln, das hier gewünscht wird, überhaupt nicht gibt.
Ich wollte aber gerade darüber reden, was uns gelungen ist, als wir in Brandenburg – nach der Wende – an der Regierung beteiligt waren. Da ist es uns gelungen – darauf sind wir auch heute noch stolz –, Hunde aus dem Strafvollzug herauszubringen.
Wir haben dafür gesorgt, dass Hunde nicht mehr aus Sicherheitsgründen eingesetzt werden. Der Bereich um die Mauern wurde dort mit Hundestreifen begangen, und wir sind stolz, dass wir die Hunde aus dem Strafvollzug, aus dem Sicherheitsbereich herausgedrängt haben und wir deshalb in Berlin-Brandenburg so etwas nicht mehr haben. Dorthin wollen wir auch nicht zurück!
Es ist allerdings zutreffend, dass wir ein Problem haben – das ist hier auch schon angesprochen worden –, dass Drogen in die Justizvollzugsanstalten eingebracht werden. Im Ausschuss haben wir schon einmal darüber gesprochen, dass trotz aller Probleme, die das mit sich bringt, vielleicht eine Stichprobenkontrollen gegenüber den Bediensteten sinnvoll sein kann, denn der Bedienstete, der mit den vollen Kellogs-Packungen aufgefallen ist – die waren ja nicht mit Cornflakes gefüllt, sondern mit Haschisch –, fühlte sich offenbar zu sicher, weil es in der JVA Tegel überhaupt keine Kontrollen gibt. Da wären Stichprobenkontrollen sicherlich mal angezeigt, um diesem Sicherheitsgefühl entgegenzuwirken.
Herr Kollege Kohlmeier! Einerseits lehnen Sie den Antrag ab, andererseits sagen Sie, wir haben im Berliner Strafvollzug bereits Drogenspürhunde. Ich bin sehr gespannt auf die Ausschussberatung, denn da möchte ich wissen, in welchem Umfang und in welchen Berliner Strafanstalten Drogenspürhunde schon eingesetzt werden, welche Erfahrungen man damit gemacht hat. In der Antwort auf die Kleine Anfrage ist das ja erwähnt worden, welche Erfahrungen man gemacht hat. Ich möchte auch wissen, weshalb man es denn macht, wenn Sie es eigentlich rechtspolitisch ablehnen. Einen gewissen Widerspruch muss man Ihrer Argumentation hierbei konstatieren.
Einen Gesichtspunkt möchte ich aber positiv hervorheben, grundsätzlich an Hunde im Strafvollzug zu denken. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es ein Modellprojekt, das in der letzten Woche in der Presse vorgestellt wurde. Es gibt einen Film darüber, der Vorbild für die Realität war, er heißt „Underdogs“. Kleine Junghunde werden Straftätern in die Zelle gegeben, die sich um diese kümmern, mit ihnen Gassi gehen und füttern usw. Das scheint ein sinnvolles Projekt zu sein, jedenfalls gibt es nach einem halben Jahr in der JVA Bützow in MecklenburgVorpommern positive Erfahrungen: Die betroffenen Strafgefangenen haben Verantwortung für andere Lebewesen, Regelmäßigkeit, Ausdauer usw. gelernt, und das ist ein Ansatzpunkt für eine sinnvolle Resozialisierung. Wenn die FDP mit uns gemeinsam daran arbeitet, solche Projekte im Berliner Strafvollzug voranzubringen, die sinnvoll und zielführend sind, dann sind wir sicherlich an Ihrer Seite. Solche Projekte sollte man übernehmen!
Wir sperren uns – das haben wir häufiger schon diskutiert – gegen ständige Verschärfungen und zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen in den Knästen. Wir als Bündnisgrüne wollen vielmehr eine Verbesserung der Betreuungssituation erreichen, wir wollen, dass den Gefangenen Perspektiven für ein straffreies Leben eröffnet werden – das findet in den Berliner Strafanstalten viel zu wenig statt, wir haben viel zu viel Verwahrvollzug. Wenn wir dieses erreichen, dann werden die Gefangenen auch
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Behrendt! – Für die Linksfraktion hat nun Frau Abgeordnete Dott das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hätte gerne zu einem seriösen Drogenthema Stellung genommen, weil ich finde, dass dieses Thema wirklich ernsthaft besprochen werden muss.
Der vorliegende Antrag hat allerdings schon zu allerhand Scherzen Anlass gegeben, ich glaube, das liegt an Ihrer Formulierung. Ich kann, Kollege Kluckert, nichts Kreatives entdecken, denn – das ist Ihnen von verschiedenen Vorrednern schon gesagt worden – die Idee Hund ist wahrlich keine neue und keine kreative Idee. Wenn es denn stimmt, wie Sie hier vorgetragen haben, dass so viele Bundesländer mit ihren Hunden Erfolge bei der Bekämpfung der Einbringung von Drogen haben, frage ich mich, warum über diese Erfolge nichts zu lesen ist. Ich habe mir die Mühe gemacht und im Internet gesurft und gesucht: Dort findet man zwar, dass Südkorea versucht, Hunde zu klonen, weil alle Drogenhunde nicht besonders erfolgreich sind, und man findet auch, dass in Bayern nach acht Drogenhunden mittlerweile neue angeschafft werden. All das lässt darauf schließen, dass sich der richtige Erfolg wohl nicht eingestellt haben kann.
Der Antrag beschäftigt sich mit einem Thema, das wirklich weitab von praktischen Erwägungen ist. Wer in den Vollzugsanstalten nachfragt – auch das habe ich in der vergangenen Woche gemacht –, der wird erfahren, dass anlassbezogen durchaus Drogenspürhunde zum Einsatz kommen. Es soll wohl zwei oder drei Mal in den vergangenen Jahren vorgekommen sein. Die Praktiker schildern aber, dass ein ständiger Aufenthalt von Hunden nicht zu mehr Sicherheit beim Auffinden von illegalen Substanzen führen kann. Außerdem – das wurde hier bereits gesagt – ist es Bediensteten und Rechtsbeiständen wirklich nicht zuzumuten, dass sie jedes Mal, wenn sie die Anstalt betreten, von Hunden beschnüffelt werden. Den Sätzen der Vorredner habe ich dazu wirklich nichts hinzuzufügen.
Ich will es noch einmal betonen: Am Flughafen werden nicht die Menschen beschnüffelt, sondern dort wird das Gepäck beschnüffelt; sowohl der offene als auch der geschlossene Koffer – Sie sollten sich das an Flughäfen mal ansehen! Zudem ist klar, dass Hunde in der Distanz nichts riechen können, auch das können Sie nachlesen. Über 1,50 m Höhe können sie nicht mehr riechen, und auch über eine bestimmte Distanz haben sie keine Mög
lichkeit mehr, Drogen zu finden. Dafür allerdings, wenn sie nahe dran sind, und in der Untersuchungshaftanstalt, so wurde mir telefonisch mitgeteilt, hat man bei einem solchen Einsatz mit Hunden erlebt, dass sie bei jedem angeschlagen haben, weil die Leute, die von draußen kommen, einfach den Geruch an sich haben – ob sie aus einer verqualmten Kneipe kommen oder neben jemandem gesessen haben, der gerade einen Joint geraucht hat. Das haftet an, und die Hunde schlagen an. Es gab ein riesiges Gebelle, und es waren keine Drogen zu finden. Fragen Sie die Praxis, ob es sich lohnt oder nicht!
Beim Zoll und bei der Polizei – das setze ich einfach mal voraus – gibt es nur gut ausgebildete Drogenspürhunde, ich glaube, dass andere nicht zum Einsatz kommen.
Denjenigen, die sich mit dem Thema Knast auskennen, dürfte bekannt sein, dass diese illegalen Substanzen oft in Körperhöhlen geschmuggelt werden – das kann der Hund ganz und gar nicht finden. Die Bediensteten, alle, die wieder aus dem Urlaub zurückkehren, wehren sich natürlich, sich solchen Kontrollen zu unterziehen.
Die teure Anschaffung und Ausbildung von Drogenspürhunden führt allerhöchstens zu einer Scheinsicherheit im Vollzug – zur Abwesenheit von Drogen führen diese Hunde sicherlich nicht. Das ist kein Fatalismus, keine Resignation, so ist einfach das Leben. Aus Erfahrung bin ich der Meinung, dass man sich lieber Gedanken darüber machen sollte, warum Menschen drogenkrank werden bzw. darüber, wie sie davon geheilt werden können – auch im Vollzug. Völlige Askese geht sowieso am menschlichen Leben vorbei, und das gilt für drinnen ebenso wie für draußen.
Der Wille der Inhaftierten, drogenfrei zu leben, soll und kann gestärkt werden. Dauerhaft wird solch ein Ansatz wohl nicht durch Angst, sondern nur durch die persönliche Bereitschaft dazu funktionieren – das sagt Ihnen jeder, der mit Drogenkranken zu tun hat. Wenn sie diese Bereitschaft nicht entwickeln können, nützt es auch nichts, denn der Drogenkranke wird spätestens dann, wenn er wieder Zugang zu Drogen hat, rückfällig werden. Eine sichere Perspektive nach der Entlassung ist eine Grundvoraussetzung für einen solchen Willen.
In einer Gesellschaft aber, in der viele drogensüchtig werden, weil sie im Suff oder wenn sie „zu“ sind besser vor ihren Problemen weglaufen können, löst man durch die Wegnahme von Drogen ganz bestimmt kein Problem. Dazu bedarf es anderer Maßnahmen, beispielsweise sichere und ausreichende Arbeitsplätze, bezahlbare Wohnungen und uneingeschränkte Bildungschancen. Dafür lohnt sich jeder Gedanke und jeder Euro.
Diesem Antrag kann und will die Linksfraktion nicht zustimmen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!