Protokoll der Sitzung vom 28.05.2009

Sie haben damit das Recht für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten und müssen im Besitz eines gültigen Identitätsdokuments sein. Wenn sie längeren Aufenthalt haben wollen, müssen sie zusätzliche Voraussetzungen erfüllen.

Wenn Menschen auf diese Art und Weise kommen und Sozialleistungen des anderen Staates in Anspruch nehmen, dann kann entsprechend Freizügigkeitsgesetz der Verlust des Freizügigkeitsrechts festgestellt werden, das heißt, wir können die Freizügigkeit begrenzen, wenn Sozialleistungen in Anspruch genommen werden. Dann sind die Betroffenen ausreisepflichtig. Im Übrigen ist es so, dass auch Touristen, woher sie immer kommen und wie willkommen sie uns sein mögen, sich an die geltenden Gesetze zu halten haben.

Es ist richtig. dass eine Gruppe von inzwischen ungefähr 90 Personen rechtswidrig Räume im Bethanien besetzt hat. Nach Mitteilung der Presse soll inzwischen ein Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs erstattet worden sein, womit die 90 Personen – die Kinder ausgenommen, weil nicht strafmündig – sich strafrechtlich relevant verhalten.

[Mario Czaja (CDU): Da kommen sie zu freier Kost und Logis!]

Es hat Gespräche der Kollegin Knake-Werner bzw. des Bezirks mit den Betroffenen gegeben, um das zu beenden. Offensichtlich sind die Beteiligten dabei, sich weitestgehend aus dem Objekt zurückzuziehen.

[Mario Czaja (CDU): Die kommen nur zum Schlafen!]

Ja, das mag ja alles so witzig klingen, es ist aber nicht so witzig.

[Christoph Meyer (FDP): Das ist ein Trauerspiel!]

Den EU-Gesetzen haben Sie alle zugestimmt, meine Damen und Herren!

[Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den Grünen]

Jetzt sollte man nicht so tun, als ob Sie sagten, gegen EUBürger könne man mit ganz besonderer Härte vorgehen. Das halte ich jetzt für Schaumschlägerei, das muss ich Ihnen ehrlich sagen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei den Grünen – Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Geil, Liberale! – Dr. Martin Lindner (FDP): Im EU-Vertrag steht nichts von freier Kost und Logis! – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Peinlich, peinlich!]

Aber es wird mit Sicherheit Maßnahmen geben müssen, wenn sich die Betreffenden entgegen EU-Recht länger als drei Monate hier aufhalten oder Sozialleistungen in Anspruch nehmen müssen. Das wird dazu führen, dass die zuständige Stelle, nämlich die Ausländerbehörde, die mir untersteht, entsprechende Verfügungen treffen muss, dass die Betroffenen kein Freizügigkeitsrecht mehr besitzen und Berlin bzw. die Bundesrepublik Deutschland verlassen müssen. Das wird dann, wenn sie es nicht freiwillig tun, mit den entsprechenden Maßnahmen des Verwaltungszwangs – mit allen Rechtsmitteln, die es da gibt, Gerichtsanrufung und weiß nicht was – fortgesetzt werden. Ich kündige Ihnen an, dass wir das ganz genau nach dem Freizügigkeitsgesetz handhaben werden. Das heißt, wenn die Frist für den Aufenthalt vorbei ist,

[Zuruf von Kurt Wansner (CDU)]

werden wir die entsprechenden Maßnahmen, die nach dem Aufenthaltsgesetz zu ergreifen sind, auch ergreifen und entsprechend handeln. Das kündige ich Ihnen an, dann darf sich keiner wundern, wenn das hinterher passiert.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion – Zuruf von Benedikt Lux (Grüne)]

Danke schön, Herr Senator! – Nun hat Frau Senatorin Dr. Knake-Werner das Wort zur Beantwortung des zweiten Teils. – Bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Abgeordneter Wolf! Ein Teil Ihrer Frage ist schon von Herrn Senator Körting beantwortet worden, insbesondere was die rechtliche Betrachtung angeht. Ich will nur zwei kleine Ergänzungen machen. Es gibt nach dem EU-Recht eine eingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit, das heißt, dass diejenigen, die als Touristen nach Deutschland einreisen, nicht das Recht haben, als abhängig Beschäftigte tätig zu sein. Sie haben

Udo Wolf

allerdings das Recht, sich als Gewerbetreibende niederzulassen.

Dann gibt es eine Regelung, die auch durch die EURechtsetzung abgesichert ist, nämlich, dass EU-Bürger während eines Aufenthalts in jedem Fall einen Anspruch auf Hilfe zur Behebung einer akuten Notsituation haben. Das gilt insbesondere auch für medizinische Betreuung.

[Mieke Senftleben (FDP): Ah ja, Privatpatienten!]

Das, glaube ich, muss allen klar sein. Der Bezirk und wir haben eingeschätzt, dass es sich um Nothilfe handelt, die hier geleistet werden muss.

Zur zweiten Frage von Herrn Wolf: Wir haben eine Notsituation insbesondere deshalb eingeschätzt, weil in Begleitung der Roma sehr viele Kinder sind, teilweise sehr kleine Kinder, auch Kinder, die krank sind. Die Unterbringung, die sie im Bethanien gewährt bekommen haben, ist als Notsituation zu bezeichnen. Es schien uns deshalb richtig, unbürokratisch und kurzfristig, eine Hilfe anzubieten. Deshalb haben wir vorgeschlagen, die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Berlin in der Motardstraße für einen kurzen Zeitraum zur Verfügung zu stellen. Dort ist die medizinische Betreuung gesichert, die Betretreuung der Kinder gesichert und auch die Verpflegung.

[Heidi Kosche (Grüne): Nur für Frauen und Kinder!]

Das ist von den Roma-Familien abgelehnt worden. Es hat einen weiteren Runden Tisch gegeben, wo über Möglichkeiten mit Bezirk und unserem Landesamt für Gesundheit und Soziales diskutiert worden ist. Die Bezirke sind nach ASOG für die Unterbringung Obdachloser – auch Ausländerinnen und Ausländer – zuständig. Es gibt in diesem Zusammenhang Plätze in Wohnheimen und Pensionen. Auch hier haben wir Unterstützung und Hilfe angeboten. Auch zu dieser Maßnahme ist es nicht gekommen. Nach meiner jetzigen Kenntnis haben die Roma – zum Teil zumindest – im Moment das Bethanien verlassen.

Danke schön, Frau Senatorin! – Jetzt gibt es Nachfragen, erst des Kollegen Felgentreu, dann des Kollegen Wolf. – Kollege Felgentreu! Bitte schön!

Ich verzichte auf meine Nachfrage.

In Ordnung. – Dann hat der Kollege Wolf das Wort. – Bitte schön, Herr Wolf!

Ungeachtet der Tatsache, dass Teile der Familie jetzt das Bethanien verlassen haben: Halten Sie die Angebote, z. B. was die Unterbringung in der Erstaufnahmeeinrichtung

angeht, aufrecht, sodass die Leute, falls sie in Nothilfesituation verbleiben, weiterhin Angebote zur Hilfe haben?

Frau Senatorin!

Wir haben in den Gesprächen immer wieder erklärt, dass wir zur Behebung einer akuten Notsituation selbstverständlich Gesprächs- und auch Unterbringungsangebote aufrechterhalten.

Danke schön! – Dann geht es weiter mit einer Nachfrage des Kollegen Lindner. – Bitte schön, Herr Dr. Lindner!

Ich habe eine Nachfrage an den Herrn Innensenator: Es ist so, dass, wenn man nicht in einer gewissen Zeit Räumungsmaßnahmen ergreift, Gefahr im Verzug nicht mehr gegeben ist. Man muss sich dann einen Räumungstitel besorgen. Das hat mit der Staatsangehörigkeit gar nichts zu tun. Liegt Ihnen oder Ihren Kräften denn vom Bezirk, der offensichtlich für diese Liegenschaft zuständig ist, eine Bitte, ein Ersuchen vor, mit Polizeikräften Bethanien zu räumen, wie das üblicherweise geschieht, wenn in der Weise massiv Hausfriedensbruch begangen wird?

Herr Senator Dr. Körting – bitte!

Herr Kollege Dr. Lindner! Bisher lag uns ein solches Räumungsersuchen nicht vor. Wenn es uns vorgelegen hätte, hätte die Polizei auch entsprechend gehandelt. Wir haben die Situation übrigens schon einmal gehabt. Ich erinnere daran, als seinerzeit Besetzer von der Yorckstraße 59 nach Bethanien gegangen sind und die Polizei sich bis in die Nacht bemüht hat, vom Bezirk grünes Licht für die Räumung zu bekommen. Das hat der damalige Baustadtrat nicht erteilt. Er war Vertreter von Frau Reinauer, die im Urlaub war. Es ist uns damals nicht grünes Licht für eine Räumung gegeben worden, weshalb die Räumung später nicht mehr durchgeführt werden konnte.

Für diese Situation jetzt soll eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs vorliegen. Das würde Räumungsmaßnahmen ermöglichen. Aber wie die Kollegin Dr. Knake-Werner eben schon sagte, werden die bisher genutzten Räume offensichtlich freiwillig verlassen. Selbstverständlich wird nicht geräumt, wenn auf andere Art und Weise ein Verlassen des Objekts gesichert ist. Das sagt schon der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Senatorin Dr. Heidi Knake-Werner

Danke schön, Herr Senator! – Jetzt ist der Kollege Wansner mit einer Nachfrage dran. – Bitte schön, Herr Wansner!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Frau Knake-Werner! Werden Sie, da es sich bei diesen Persönlichkeiten um rumänische Touristen handelt, mit der Rumänischen Botschaft sicher darüber sprechen müssen, wie die Kosten von der Botschaft übernommen werden, denn es ist ja wohl gängige Praxis, dass erst einmal die rumänische Botschaft für diese Persönlichkeiten zuständig ist?

Frau Dr. Knake-Werner – bitte!

Sehr geehrter Herr Wansner! Ich habe selbstverständlich mit der Rumänischen Botschaft gesprochen, die selbst auch ein Interesse hatte, mit uns darüber zu sprechen, weil es sich in der Tat um rumänische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger handelt. Die Rumänische Botschaft sieht sich überhaupt nicht in der Verantwortung, irgendwelche Art von Kosten zu übernehmen. Das hat sie striktweg abgewiesen als nicht zu ihrem Verantwortungsbereich gehörend.

Dann ist der Kollege Mutlu mit einer Nachfrage dran. – Bitte schön, Herr Mutlu!

Frau Senatorin! Einige der Familien haben deutlich gemacht, dass sie nicht an vorübergehenden Lösungen interessiert sind, sondern sich auch Schulplätze für ihre Kinder wünschen.

[Mario Czaja (CDU): Wie Touristen das tun!]

Wie werden Sie mit den Familien umgehen, die scheinbar – wie wir gerade gehört haben – nicht in den Zuständigkeitsbereich der rumänischen Botschaft fallen? Wie werden Sie ihnen helfen, wenn Sie dauerhaft hierbleiben wollen?

Frau Senatorin Knake-Werner – bitte!

Herr Mutlu! Zunächst einmal ist der Status von Touristen völlig klar. Wenn dieser Status von den rumänischen Touristen – von den Roma – aufgegeben werden sollte,

dann müssten sie einen entsprechenden Antrag stellen. Ein solcher Antrag liegt aber nicht vor. Ich darf noch einmal eine Einschätzung der Botschaft weitergeben: Das wird auch nicht passieren. – Insofern sehe ich mich gemeinsam mit dem Bezirk – wir haben ja auch ein wenig Amtshilfe und Unterstützung für den Bezirk geleistet – in der Verantwortung, einer akuten Notsituation zu begegnen. Dieses Angebot erhalten wir aufrecht.

Die Fragestunde ist damit wegen Zeitablauf beendet. Die heute nicht beantworteten Anfragen werden mit einer von der Geschäftsordnung abweichenden Beantwortungsfrist von bis zu drei Wochen wieder schriftlich beantwortet.