Protokoll der Sitzung vom 25.06.2009

Aber auch in anderer Hinsicht stehen wir Ihren Anträgen kritisch gegenüber. Da stimme ich in diesem Punkt ausnahmsweise mit dem überein, was Kollege Statzkowski sagt. Wenn politische Bezirksämter eingeführt werden sollen, muss es überall, aber vor allem in den Bezirken selbst, für sinnvoll gehalten und gewollt werden. Genau das ist mit großer Mehrheit nicht der Fall.

Nun kann man alle diese Positionen – ich habe Sie genau beobachtet, wenn solche Einwände in den bisherigen Rederunden vorgetragen wurden, und Sie tun es also – als nacktes Am-Posten-Kleben abqualifizieren und die Einwände vom Tisch wischen. Wir tun das nicht. Wir sind seit Langem in eine Debatte eingetreten, in der wir die Gegenargumente ernst nehmen.

Vor allem hören wir immer wieder drei Argumente, die uns immer mehr zum grundsätzlichen Nachdenken anregen. Das erste Argument lautet, das Proporzamt zwinge zu gemeinsam getragenen Lösungen, und es sei noch immer im Interesse der Bevölkerung, wenn Parteienhickhack aus der Bezirkspolitik herausgehalten werden könne. Das ist doch nicht so einfach vom Tisch zu wischen.

Ein zweites Argument ist, dass das Proporzamt den mehrheitlichen Wählerwillen widerspiegelt, wen man im Bezirksamt haben möchte, aber auch, Kollege Birk, wen man nicht haben möchte. Auch das kann man nicht so einfach abtun.

Drittens, so lautet ein weiteres Argument, müsse man aufpassen, dass Berlin eine funktionierende Einheitsgemeinde bleibt, denn zwölf quasi separate Großstädte wären nicht lebensfähig, auch nicht bei politischen Bezirksämtern. Insofern haben auch wir unseren Parteitagsbeschluss genannt: Ein starkes Berlin und starke Bezirke. Wir wollen beide Ebenen stärken. Das muss man unbedingt akzeptieren.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Sicherlich sind Ihnen diese und weitere Überlegungen bekannt, denn überall und auch in Ihren eigenen Reihen mehren sich die sachkundigen Stimmen, dass man das politische Bezirksamt nicht mehr wie eine Monstranz vor sich hertragen, sondern sehr kritisch hinterfragen muss und keinesfalls, wenn man es dann doch will, über das Knie brechen darf.

Es ist mir unerklärlich, liebe Kollegen von den Grünen, dass Sie über all das so forsch hinweggehen. Es ist mir völlig unerklärlich, dass Sie auch internationale Tendenzen absolut hartnäckig ignorieren.

Entschuldigung, Herr Dr. Zotl, Ihre Redezeit ist beendet.

Ich bin sofort fertig. – Haben Sie denn nie gefragt, warum international im Wesentlichen das jetzige Berliner System

als Zukunftsmodell gilt? Wir haben es doch in London selbst erlebt. Sie selbst haben es doch als ein Fazit unserer Ausschussreise gezogen. Mein Fazit zu Ihren Anträgen lautet: Wir werden Ihre Anträge, so wie es hier schon mehrfach gesagt wurde, gründlich und sachlich und in der Abwägung aller Argumente im Ausschuss beraten.

Herr Dr. Zotl, Sie müssen zum Ende kommen.

Unabhängig vom abschließenden Ergebnis können wir alle daraus einen gehörenden Erkenntnisgewinn und vielleicht auch einen politischen Fortschritt ziehen.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank, Herr Dr. Zotl! – Für die FDP-Fraktion spricht jetzt der Herr Abgeordnete Schmidt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Anträge der Grünen tragen die schöne Überschrift: starke Bezirke. Der Inhalt ist aus unserer Sicht jedoch das Gegenteil. Wir als FDP wollen starke Bezirke. Ich sage Ihnen einmal, was aus unserer Sicht dazugehört. Wir wollen, dass die Bezirke vom Aufgabenumfang her eine starke Rolle spielen. Die Bezirke sind den Bürgerinnen und Bürgern am nächsten. Sie eröffnen den Bürgern die Möglichkeit, ihr Umfeld mitzubestimmen. Deshalb wollen wir als FDP die Stellung der Bezirke stärker an die der Kommunen angleichen. Das stärkt die Demokratie. Das wird auch der Unterschiedlichkeit der Berliner Lebensverhältnisse viel stärker gerecht.

[Beifall bei der FDP]

Wir als FDP wollen, dass Bezirke eindeutig definierte Aufgaben haben, die nicht ständig mit denen der Hauptverwaltung vermischt werden. Wir wollen eine ganz klare Abgrenzung zwischen Hauptverwaltung und Bezirken, denn die meisten Probleme, die wir heute haben, stammen aus unserer Sicht daher, dass unklare Zuständigkeiten, Doppelzuständigkeiten und Vermischungen vorhanden sind, die dazu führen, dass die Hauptverwaltung willkürlich ständig in bezirkliche Angelegenheiten eingreift. Das muss ein Ende haben.

[Beifall bei der FDP]

Wegen dieser Klarheit wollen wir das politische Bezirksamt. Da sind wir mit den Grünen einer Meinung. Die Bürger sollen wählen, welche Politik sie wollen. Sie sollen sich zwischen verschiedenen Richtungen entscheiden können, eine Alternative wählen können, und sie sollen dann auch wissen, wer das wirklich entschieden hat, was in ihrem Umfeld schiefläuft. Diese Konsenssoße, die ich jetzt von Herrn Statzkowski und Herrn Dr. Zotl gehört habe, verhindert das. Es ist alles ein Matsch. Keiner weiß,

Dr. Peter-Rudolf Zotl

wer zuständig ist. Wir brauchen klare Mehrheiten, damit man weiß, wer zuständig ist. Dann können die Bürger bei der Wahl wirklich entscheiden, wem sie ihre Stimme geben und wen sie im Bezirksamt sehen wollen.

[Beifall bei der FDP und den Grünen]

Die Grünen machen nun aber in ihren Anträgen mehrere Fehler. Das Erste ist, dass sie einen abgeschlossenen Aufgabenkatalog wollen, was die Bezirken dürfen. Es ist das Subsidiaritätsprinzip auf den Kopf gestellt. Es ist immer die übergeordnete Ebene, die begründen und abgrenzen muss, warum sie bestimmte Aufgaben hat. Das ist beim Bund so, das ist bei der EU so, das muss auch bei der Hauptverwaltungsebene in Berlin so sein. Deshalb muss es einen Katalog für die Hauptverwaltungsebene geben, was sie tun darf. Dieser muss viel konkreter sein als der, den wir jetzt haben. Wenn wir uns das anschauen, werden Sie auch merken, dass er gar nicht so lang wird, wie man sich das hier so vorstellt. Die Aufgaben, die nur die Hauptverwaltung allein machen kann, sind die, die nötig sind, um die Stadt zusammenzuhalten. Dieser Katalog ist begrenzt.

Die Funktionsfähigkeit der Bezirke wird durch die Anträge der Grünen auch nicht unbedingt gestärkt. Sie schlagen zum Beispiel vor, dass ein Bezirksamt erst dann im Amt ist, wenn alle Stadträte gewählt sind. Es gibt das schöne Beispiel in Spandau 2006, wo zwei Bezirksstadträte nicht so schnell gewählt worden sind. Dann hätten Sie eine sinnlose Blockade gehabt. Soll denn ein Bezirk wirklich führungslos bleiben, nur weil bestimmte Fraktionen nicht wählbare Bezirksstadträte aufstellen?

Der wesentliche Fehler ist der Ausbau des Rats der Bürgermeister zu einer Art zweiten Kammer, wo Sie eine Vermischung von Hauptverwaltung und Bezirken aufbauen. Die Grünen und ihr Lieblingsgutachter fordern es schon seit Langem. Wir als FDP finden das einfach falsch. Der RdB hat sich zu einer Art Beschlussgremium entwickelt. Ja, aber der RdB soll laut Verfassung beraten und nicht blockieren. Wir wollen nicht, dass der Rat der Bürgermeister in die Hauptverwaltung hineinregiert. Wir wollen keine Parallele zur Landesregierung. Wir wollen keine Dauerblockade durch die Bürgermeister. Wir wollen den RdB endlich auf seine verfassungsgemäße Rolle als Beratungsgremium zurückführen und nicht wie die Grünen auch noch die Verfassung an diese unsinnige Fehlentwicklung anpassen.

[Beifall bei der FDP]

Alles in allem beheben die Anträge der Grünen nicht das Problem der Intransparenz. Sie beheben nicht das Problem der Willkür der Zentralverwaltung. Auch die gute und richtige Absicht, das politische Bezirksamt festzuschreiben, reißt die ganze Sache auch nicht mehr heraus. Der richtige Weg aus Sicht der FDP ist eine möglichst weitgehende Einstufigkeit der Abläufe. Was Bezirksaufgabe ist, macht der Bezirk. Was Landesaufgabe ist, macht das Land, also der Senat und das Abgeordnetenhaus. Grundannahme ist, dass die Bezirke für alle kommunalen Aufgaben verantwortlich sein sollen, es sei denn, es spre

chen sehr überzeugende Gründe dagegen. Diese Gründe müssen dann in einem Aufgabenkatalog eindeutig beschrieben und zugeordnet werden. Das ist unsere Vision von der Rolle der Bezirke. Die Grünen sind deshalb aus unserer Sicht auf einem falschen Weg. Deshalb wird die FDP-Fraktion den größten Teil der hier vorgelegten Vorschläge auch ablehnen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schmidt! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung der Anträge Drucksache 16/2496 bis 16/2499 federführend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung sowie mitberatend an den Rechtsausschuss und an den Verwaltungsreformausschuss. – Ich höre zu den Überweisungsvorschlägen keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Auf Wunsch der SPD – dies ist einvernehmlich mit den anderen Fraktionen abgesprochen – rufe ich nun auf

lfd. Nr. 8 A:

Nachwahl

Ein Mitglied für das (ruhende) Kuratorium der Humboldt-Universität zu Berlin

Wahlvorlage Drs 16/0023 – alt –

Diese Wahl ist notwendig geworden, weil es sich um eine Terminwahrnehmung in 14 Tagen handelt. Für die aus dem Kuratorium ausgeschiedene ehemalige Abgeordnete Dr. Jutta Koch-Unterseher nominiert die Fraktion der SPD nunmehr den Abgeordneten Lars Oberg. Wer Herrn Oberg zu wählen wüscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke! Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Sehe ich nicht! Ersteres war die Mehrheit. Es war einstimmig. – Herzlichen Glückwunsch und viel Erfolg, Herr Oberg!

[Zurufe: Der ist doch gar nicht da!]

Das wird ihm übermittelt.

Die Große Anfrage lfd. Nr. 9 steht auf der Konsensliste. Dazu hatte die anfragende Fraktion der FDP die schriftliche Beantwortung beantragt. Die Vertreterin des Senats hat bereits im Ältestenrat die Bereitschaft des Senats hierzu erklärt.

Die lfd. Nr. 10 war Priorität der Fraktion der SPD unter der lfd. Nr. 4 e. Die lfd. Nr. 11 steht auf unserer Konsensliste. Die lfd. Nr. 12 hatten wir bereits in Verbindung mit der Aktuellen Stunde unter der lfd. Nr. 3 aufgerufen und abgestimmt.

Wir kommen zur

Henner Schmidt

lfd. Nr. 13:

Beschlussempfehlungen

Eishockey in der Deutschlandhalle auch in 2009 bis 2011!

Beschlussempfehlungen InnSichO und Haupt Drs 16/2482 Neu Antrag der CDU Drs 16/0993

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der CDU. Herr Statzkowski ist schon unterwegs. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute ein weiteres Mal über die Berliner Deutschlandhalle. Wir in der CDU- Fraktion wollen, dass die Deutschlandhalle bis zum Jahr 2011 offengehalten wird und dass damit das Problem der Schaffung von Ersatzeissportflächen bis zur Fertigstellung des Eissportstadiums in der Glockenturmstraße gelöst werden kann. Wir haben in der letzten Plenarsitzung die offenkundige Unfähigkeit des Berliner Senats konstatieren können, der über ein Jahr hinweg nicht in der Lage war, dieses Problem auch nur angehend zufriedenstellend zu lösen. Nachdem das in der letzten Plenarsitzung so offensichtlich wurde, musste in den letzten 14 Tagen natürlich überstürzt gehandelt werden. Es musste operiert werden, ohne Rücksicht auf den Patienten.

Was sagen die Betroffenen dazu? – Der Verein sagt dazu: absolute Katastrophe! – Was sagt der entsprechende Sportverband? – Er ist nicht glücklich. Es gibt tatsächlich eine Vielzahl von Problemen, die mit der Schaffung von Ersatzeissportflächen an anderer Stelle verbunden sind. So sagt etwa der Präsident des Vereins: Den Weg ins Velodrom quer durch die ganze Stadt werden ganz viele nicht schaffen. Das haben die Eltern bereits angekündigt, sorgt sich Ahrens. Es sei frustrierend, wenn jahrelange Arbeit im Kinder- und Jugendbereich in dieser Weise zerstört wird.