Protokoll der Sitzung vom 25.06.2009

Zur Forderung der Grünen: landeseigene Immobilien in einem Gesamtkataster erfassen. Diesen Kataster gibt es bereits, ja sogar vierfach:

Anlagenbuchhaltung der Kosten- und Leistungsrechnung mit Bewertung der Immobilien,

Vermögensrechnung (nur flächenmäßige Erfassung der Immobilien),

Treuhandvermögen des Liegenschaftsfonds (nur flächenmäßige Erfassung der Immobilien),

Sondervermögen Immobilien des Landes Berlin (SILB) mit Bewertung der Immobilien.

Wir brauchen also keinen neuen Kataster, sondern die Zusammenführung oder Verknüpfung der bestehenden

Kataster, um die vierfache Datenhaltung zu reduzieren und der Verwaltung und dem Parlament die für ihre besonderen Zwecke jeweils benötigten Informationen aus einem Datenbestand bereitstellen zu können.

Zur Forderung der Grünen: Bildung eines Fachvermögens, das von der BIM bewirtschaftet wird. Das Fachvermögen, das es bereits im beschriebenen Sinn gibt, sollte nicht zwangsweise von der BIM bewirtschaftet werden. Die Verwaltungen sollten darüber hinaus die Option haben, auch private Dienstleister direkt zu beauftragen, wenn diese leistungsfähiger oder kostengünstiger sind.

Zur Forderung der Grünen: Ein neues Fondsvermögen I schaffen. 20 Prozent der Objekte im Liegenschaftsfonds sollen für wirtschafts- oder kulturpolitische Zwecke „an Baugruppen oder Projekte für altersgerechtes Wohnen" zum Festpreis bereitgestellt werden. Entscheiden soll der Liegenschaftsfonds.

Das widerspricht der Landeshaushaltsordnung, genau genommen dem Grundsatz, Vermögensveräußerungen nur zum vollen Wert durchzuführen. Es hebelt zudem aber auch das Budgetrecht des Parlaments aus. Stattdessen soll der Liegenschaftsfonds politische Entscheidungen treffen und dafür öffentliches Vermögen einsetzen.

Zur Forderung der Grünen: Ein neues Fondsvermögen II schaffen. Das Fondsvermögen II entspricht dem jetzigen Finanzvermögen. Die Grünen argumentieren mit der demografischen Entwicklung und fordern deshalb „Reaktionsmöglichkeiten" für den Senat.

Damit entheben sie das Parlament seiner ureigensten Aufgabe. Die politische Antwort auf soziale und demografische Veränderungen und die Entscheidung über in diesem Kontext einzusetzende öffentliche Mittel obliegt dem Gesetzgeber und nicht der Exekutive. Dies beinhaltet auch die langfristige Planung etwaiger Vorratsflächen, die im Landeseigentum verbleiben sollen. Die Erfahrung, dass „plötzlich mehrere Schulen in einem Bezirk“ fehlen, zeigt nicht, dass die Vorsorge wegen eines Systemfehlers beim Vermögensnachweis nicht funktioniert hat, sondern dass Herr Wowereit und Herr Zöllner nicht in der Lage sind, eine vernünftige Schulpolitik zu machen.

Die Grünen kritisieren, dass für den Liegenschaftsfonds einzig und allein der fiskalische Gesichtspunkt maximaler Einnahmen im Vordergrund stand. Das ist zwar bedenkenswert, allerdings gilt auch, dass maximale Einnahmen dem Landeshaushalt zugute kommen. Es bleibt dabei: Je höher der Kaufpreis, desto höher die Wertschöpfung durch den Investor. Je mehr Geld in der Stadt ist, desto besser ist es für die wirtschaftliche Entwicklung Berlins.

Der Antrag der Grünen beginnt mit einer Unterstellung, dass nämlich Berlin alle aktuell nicht benötigten Grundstücke um jeden Preis zu verkaufen trachtet. Das ist nicht richtig. Berlin verkauft Liegenschaften nicht um

Torsten Schneider

jeden Preis, sondern zu den bestmöglichen Preisen. Weil das so ist, gibt es auch viele Grundstücke und Liegenschaften, die zwar formal zum Verkauf vorgesehen sind, für die es aber angesichts der Krise auf dem Immobilienmarkt kein Verkaufsverfahren gibt, weil diese Liegenschaften eben nicht verschleudert, sondern verwertet werden sollen. Einer Einteilung des gesamten Immobilienbestandes in Fachvermögen, Vorratsvermögen und Fondsvermögen steht nichts im Wege, denn ein Fachvermögen gibt es schon, und das wird auch nicht verkauft. Richtig am Vorschlag der Grünen ist der Aspekt des Vorratswirtschaftens. Darüber reden wir dann im Ausschuss.

Die uns vorliegende Initiative der Grünen zur Überprüfung des Umgangs mit den landeseigenen Immobilien in der Zukunft ist grundsätzlich positiv zu bewerten. Aber auch bei diesem wichtigen Sachverhalt liegt das Problem im Detail und der konkreten Umsetzung, und das lösen die Grünen mit dem Antrag noch nicht, sie stellen aber die richtigen Fragen.

Aus Sicht der FDP-Fraktion ist in Berlin tatsächlich dringend eine Überarbeitung der bisherigen Praxis von Bevorratung, Verwaltung und Vermarktung von landeseigenen Grundstücken und Gebäuden durch den Liegenschaftsfonds und die BIM notwendig.

Das Problem der mangelnden Transparenz bei der aktuellen Objektvermarktung und Grundstücksvergabe von landeseigenen Immobilien durch die BIM und den Liegenschaftsfonds ist dabei detailliert zu überprüfen. Der Liegenschaftsfonds muss dabei neben der rein fiskalischen Bewertung insbesondere die stadtentwicklungspolitische Relevanz und die entsprechenden Ziele und Folgen seiner Vergabeentscheidungen in Zukunft noch stärker überprüfen und berücksichtigen. Des Weiteren sind die konkreten Aufgaben, die personelle Besetzung und die Abläufe in der Entscheidungspraxis durch den Steuerungsausschuss des Liegenschaftsfonds zu evaluieren und ggf. bei Bedarf neu zu strukturieren.

In der letzten Zeit nehmen die offensichtlichen Konflikte mit den betroffenen Bezirken und Fachverwaltungen bei Vergaben durch den Liegenschaftsfonds zu und erzeugen bei den unmittelbar Beteiligten und in der Öffentlichkeit ein zunehmend unklares Bild über die aktuelle Vergabepraxis des Landes Berlin. Bei einigen Vergabeverfahren aus der Vergangenheit droht mittlerweile sogar die komplette Rückabwicklung von bereits abgeschlossenen Transaktionen, z. B. beim geplanten Hotelbau an der Messe Berlin. Dies sorgt für eine wachsende Verunsicherung bei potenziellen Investoren und stellt ein wachsendes Investitionshindernis dar. Zusätzlich zum Vertrauensverlust entsteht bei diesen zum Teil fragwürdigen und intransparenten Vergabeverfahren durch Einnahmeverluste, Steuerrückzahlungen, Planungskosten in den beteiligten Verwaltungen und mögliche Schadensersatzzahlungen ein erhebliches finanzielles Risiko für das Land Berlin.

Unsere Hauptkritikpunkte am Antrag der Grünen sind:

Aus Sicht der Konsolidierung des Landeshaushaltes ist es auch weiterhin dringend notwendig, nicht benötigte landeseigene Grundstücke und Gebäude transparent und zu marktgerechten Preisen zu verkaufen. Es darf keine neue unnötige Vorratshaltung entstehen.

Eine grundlegende Revision der Vermögenszuordnung ist sinnvoll, aber nicht mit einer von den Grünen angedachten Aufteilung in vier Kategorien – d. h. mehr als vorher – und den Gesellschaften BIM und Liegenschaftsfonds als quasi „Spiegelverwaltungen“ mit vergleichbaren Aufgabenbereichen.

Die Aufgaben und Schnittstellen von BIM und Liegenschaftsfonds im Bereich Verwaltung und Vermarktung sind zu überprüfen und die Schnittstellen zu optimieren.

Die von den Grünen geplante Zusammenführung von „Verwaltungs-, Schulgebäuden, Spielplätzen, Parks oder Kleingärten“ im zentralen Fachvermögen nur aufgrund der globalen Erwärmung sowie ihrer Bedeutung für das Stadtklima klingt gut, ist aber zu viel „grüne“ Ideologie und zu wenig professionelle Immobilienwirtschaft.

Die beabsichtigte Bildung von zusätzlichen Vorratsvermögen bei der BIM ohne konkrete Nutzungsabsicht – was verstehen die Grünen denn unter zukünftigen fachlichen Nutzungen? – ist aus unserer Sicht haushalterisch fragwürdig bzw. abzulehnen.

Die Idee eines sogenannten „Fondsvermögen I“ beim Liegenschaftsfonds als verbindliche 20-Prozent-Reserve für Festpreisverfahren halten wir als Forderung ebenso für stark diskussionswürdig. Hier sind konkretere Aussagen zu den Kriterien und Qualitäten von geeigneten Immobilien notwendig.

Der geplante Verkauf von Objekten mittels Bieterverfahren oder Versteigerung aus dem geplanten Fondsvermögen II nur auf Grundlage städtebaulicher Planungen ist in dieser Form nicht zu unterstützen, hier sollten die Grünen aus den aktuellen Erkenntnissen des Untersuchungsausschusses zum Spreedreieck gelernt haben.

Ich freue mich auf eine konstruktive Auseinandersetzung mit diesem Antrag in den kommenden Ausschussberatungen.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Hauptausschuss. – Dazu höre ich keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich komme zu

Jutta Matuschek

lfd. Nr. 23:

Antrag

Sprachtests als Eintrittskarte nach Deutschland abschaffen

Antrag der Grünen Drs 16/2501

Die Fraktionen haben sich inzwischen darauf verständigt, dass die Redebeiträge zu Protokoll gegeben werden. Ich bitte die Vertreter der Fraktionen, ihre Manuskripte am Stenografentisch abzugeben.

Seit nunmehr fast zwei Jahren gibt es die Regelung, wonach einfache Sprachkenntnisse für den nachziehenden Ehegatten von Deutschen bzw. in Deutschland dauerhaft lebenden Migranten vor der Erteilung eines Visums nachzuweisen sind.

Und eines ist klar: Es ist schwer, ja manchmal sogar eine kaum zu überwindende Hürde. Die vorliegenden Zahlen bestätigen, dass die Zahl der nachziehenden Menschen zurückgegangen ist. Die Schilderungen der Menschen machen deutlich, dass in den Herkunftsländern immer noch keine vernünftige Infrastruktur herrscht. Menschen aus entlegenen Regionen müssen in die Hauptstädte ziehen und dort mehrere Wochen bleiben, um einen Kurs der – privilegiert anerkannten – Goetheinstitute zu besuchen. Kinder werden von Frauen ohne einfache Deutschkenntnisse in den Herkunftsländern geboren und wachsen ohne Väter auf.

Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist: Wollen und können wir eine solche Situation verantworten? – Ich sage ganz klar: Nein! Wir schaden den Menschen, die davon betroffen sind. Durch diese Regelungen werden Deutsche schlechter behandelt als Staatsangehörige anderer EULänder. Wir nehmen durch solche Regelungen unsere verfassungsrechtlich garantierten Grundrechte nicht ernst. Insbesondere Art. 6 des Grundgesetzes schreibt den Schutz von Ehe und Familie vor. Meines Erachtens liegt in der Regelung ein eindeutiger und aufs Schärfste zu verurteilender Verstoß gegen Art. 6 und auch Art. 3 des Grundgesetzes vor.

Bereits bei der Verabschiedung des Gesetzes wurde von vielen Sachverständigen kritisiert, dass die Verpflichtung zum Spracherwerb vor der Einreise der falsche Weg ist. Es ist wissenschaftlich anerkannt, dass eine Sprache in dem Land besser gelernt werden kann, in dem es überwiegend gesprochen wird. Daher schicken viele Menschen ihre Kinder nach England, Spanien oder Italien zum Spracherwerb. Wieso ausgerechnet Menschen, die dauerhaft in ein Land einreisen und leben wollen, nicht auch in dem Land die deutsche Sprache lernen sollen, bleibt unklar.

Bei Einführung des Gesetzes wurde argumentiert, dass durch die im Ausland erworbenen Sprachkenntnisse die Zwangsverheiratung verhindert werden soll. Es ist bislang

noch kein Fall benannt worden, in dem das vorgegebene gesetzliche Ziel tatsächlich erreicht worden wäre. Nicht nur, dass das Gesetz weder geeignet, noch erforderlich ist, Zwangsverheiratung zu verhindern. Es ist eine Mogelpackung, da es vorgibt, irgendeine Wirkung in Bezug auf Zwangsverheiratung zu erzielen. Dies hat zur Folge dass tatsächlich erforderliche und sinnvolle Maßnahmen gegen Zwangsverheiratung verhindert werden.

Soweit man den Presseberichten Glauben schenken kann, gibt es sowohl bei der CDU als auch bei der SPD die Haltung, keine Veränderung an dem Gesetz vornehmen zu wollen. Falls dies tatsächlich zutrifft, fordere ich Sie hiermit auf: Denken Sie nochmals nach und prüfen Sie ihr Gewissen. Wollen Sie wirklich diese unmenschliche und verfassungswidrige Praxis fortsetzen? Geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie unserem Antrag zu, damit wir auf dem Wege der Bundesratsinitiative diesen Unsinn endlich aus der Welt schaffen.

Nach dem Aufenthaltsgesetz wird für den Nachzug eines Ehegatten u. a. verlangt, dass sich dieser „zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann“. Mit dieser gesetzlichen Regelung sollte u. a. Zwangsverheiratungen entgegengewirkt werden. Wenn Menschen auf diesem Weg nach Deutschland kommen, sich aber nicht zumindest in einfacher Art in deutscher Sprache verständigen können, sind ihre Möglichkeiten, sich aus der Zwangslage zu befreien, erheblich eingeschränkt.

In der Begründung des Antrags erklären die Grünen, es gebe keine Hinweise darauf, dass dieses Ziel mit der gesetzlichen Regelung erreicht worden sei. Fest steht lediglich, dass die Anzahl von Ehegattennachzügen zum Teil erheblich zurückgegangen ist. Da es aber ohnehin wenig verlässliche Zahlen über Zwangsheiraten gibt, kann daraus kaum der Schluss gezogen werden, die gesetzliche Regelung habe ihren Zweck nicht erfüllt. Zugegeben ist, dass aus den bekannten Zahlen auch nicht der umgekehrte Schluss gezogen werden kann. Ich persönlich teile die Bedenken der Grünen hinsichtlich der Frage, inwieweit diese gesetzliche Regelung mit der Schutzverpflichtung des Staates gegenüber Ehe und Familie in Einklang steht.

Bei aller Diskussionswürdigkeit dieser Fragen muss aber auch gefragt werden, welchen Sinn eine Bundesratsinitiative in dieser Frage eigentlich macht. Aus meiner Sicht gibt es keine Hinweise darauf, dass eine solche Initiative auch nur den Hauch einer Chance auf Erfolg haben könnte. Aber macht es dann einen Sinn, einen solchen Antrag zu beschließen, der reine Schaufensterpolitik wäre? Ich halte davon wenig und kann mir schon deshalb nicht vorstellen, dass wir Ihrem Antrag letztlich zustimmen können.

Da die Reden nun zu Protokoll gegeben werden, ich aber in freier Rede sprechen wollte, möchte ich wenigstens

Vizepräsident Dr. Uwe Lehmann-Brauns

vermerken, dass wir selbstverständlich das Anliegen des Antrags teilen.