Protokoll der Sitzung vom 12.11.2009

In wichtigen Dingen ist Berlin leistungsfähiger und leistungsbereiter als der Durchschnitt der Bundesländer, und deshalb habe ich an meine Schulen weitergegeben, dass ich bitte, durch geeignete Veranstaltungen – Plural! – der Bedeutung des Tages angemessen gerecht zu werden.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Es geht weiter mit einer Frage des Kollegen Jotzo, ihm folgen der Kollege Dr. Juhnke und Frau Kofbinger. Zunächst ist Herr Jotzo dran – bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Ich frage den Innensenator: Herr Dr. Körting! Können Sie uns mitteilen, wie viel Prozent der besonders gefährdeten Risikogruppen der Polizei- und Feuerwehrvollzugsbeamtinnen und -beamten bislang keine Impfung gegen die Schweinegrippe erhalten haben?

Herr Senator Dr. Körting!

Herr Kollege Jotzo! Die neueste Zahl der geimpften Mitglieder der Feuerwehr lautet 1 100 von insgesamt 2 873, sodass Sie durch leichte Subtraktion ermitteln können, wie viele dort noch nicht geimpft sind. Bei der Polizei ist gerade eine Vereinbarung über die Impfung abgeschlossen worden, dort wird jetzt begonnen.

Eine Nachfrage des Kollegen Jotzo – bitte!

Herr Senator! Wie beurteilen Sie denn Ihre Aussage, wonach Sie bei der besonders gefährdeten Polizei jetzt gerade erst mit den Impfungen beginnen wollen, vor dem Hintergrund Ihrer vollmundigen Ankündigungen auf der Katastrophenschutzkonferenz, wonach Sie – gerade vor dem Hintergrund der besonderen Belastung dieser Risikogruppe – diese möglichst frühzeitig impfen lassen wollten?

Herr Senator Dr. Körting – bitte!

Herr Kollege Jotzo! Meine vollmundige Ankündigung auf der Katastrophenschutzkonferenz war, dass wir bei diesen Risikogruppen zwei Impfungen durchführen – gegen die saisonale, normale Grippe und gegen die Schweinegrippe. Die Impfung gegen die saisonale Grippe ist bei der Polizei gerade abgeschlossen, und es sollten – wie Sie es den entsprechenden Gazetten entnehmen können – einige Tage Zeit zwischen den beiden Impfungen liegen, und genau das wird eingehalten.

Danke schön, Herr Senator!

Es geht weiter mit dem Kollegen Dr. Juhnke – bitte schön!

Vielen Dank! – Ich habe ebenfalls eine Frage an den Innensenator. Ich beziehe mich auf die gestrige Veranstaltung „Linke Gewalt in Berlin“ und die dort verausgabte Broschüre, aus der ich zitieren darf, Kapitel 6:

Auf Bezirksebene existieren Runde Tische, an denen in unterschiedlicher Zusammensetzung z. B. Bezirkspolitiker und Regierungsvertreter usw. und auch die Polizei teilnehmen. Diese Runden Tische behandeln auch Themen wie regionale Sicherheit in den Kiezen und können ein geeignetes und schon etabliertes Forum sein, um in den betroffenen Gegenden auch über politisch linksmotivierte Gewalt zu beraten.

Jetzt frage ich, wann der Senat ein entsprechendes Gremium auf der Landesebene einrichten wird – den Runden Tisch gegen Linksextremismus.

Herr Senator Dr. Körting!

Herr Kollege Juhnke! In unserer Grundhaltung ist kein Widerspruch, auch kein Widerspruch mit den runden Tischen, die wir in den Bezirken haben. Wir haben in den Bezirken runde Tische, die sich gegen Gewalt in diesen Bereichen richten, und zwar generell gegen Gewalt und zur Kriminalitätsverhinderung. Dazu gehört auch, dass man – wenn es dort geeigneten Anlass gibt – über rechts- oder linksextremistische oder ähnliche Anlässe spricht. Das ist die Grundfrage. Insofern halte ich Gremien, die sich auf Bezirksebene generell um Kriminalprävention bemühen, für vernünftig.

Soweit es die Landesebene betrifft, haben wir hier die Landeskommission gegen Gewalt, in der eine Vielzahl von Organisationen und Verwaltungen vertreten ist, die sich auch um Kriminalprävention kümmern.

Das von Ihnen angesprochene Instrumentarium eines Runden Tisches à la 1989 oder wie auch immer halte ich persönlich für kein geeignetes Mittel, um Gewalt von Linksextremisten präventiv zu bekämpfen. Ich halte es, genauso wie Sie, für erforderlich, linksextremistische Gewalt zu bekämpfen und ihr präventiv vorzubeugen. Ich halte nur den von Ihnen beschworenen Runden Tisch nicht für ein geeignetes Mittel, effektiv etwas zu bewirken.

Danke schön, Herr Senator! – Eine Nachfrage des Kollegen Juhnke. Bitte!

Sind Sie denn nicht der Meinung, dass es ausreichend Anlässe gegeben hätte – mittlerweile auch auf Landesebene –, dem Linksradikalismus zu begegnen, und wieso sind Sie bei den Bezirken anderer Ansicht als auf der Landesebene, wo es ja auch Runde Tische gibt, beispielsweise zur Bekämpfung des Rechtsextremismus?

Herr Senator Dr. Körting!

Herr Kollege Juhnke! Ich habe Ihnen dargestellt, dass es auf Bezirksebene Runde Tische zur Gewaltprävention insgesamt gibt.

[Mieke Senftleben (FDP): Von links?]

Nein! Es gibt insgesamt Runde Tische zur Gewaltprävention, Frau Senftleben, und da wird jedes Gewaltthema, das geeignet ist, behandelt. Ich kenne die Debatte; ich kenne die Wünsche der CDU nach derartigen Runden Tischen. Ich persönlich halte es für kein geeignetes Mittel, und ich bin auch noch nicht davon überzeugt, dass es

ein geeignetes Mittel ist. Ich halte nichts davon, aktionistisch irgendetwas zu machen, was in der Problematik nicht weiterhilft. In der Problematik aber sind wir in der Pflicht, etwas gegen extremistische Gewalt – sei es rechts- oder linksextremistische oder andere Gewalt – zu tun. Da tun wir auch etliches. Aber den Runden Tisch halte ich für kein geeignetes Mittel, um wirklich etwas zu bewegen – auch wenn er fünfmal beschrieen wird.

Jetzt ist als Letzte die Kollegin Kofbinger dran. – Bitte schön, Frau Kofbinger!

Danke, Herr Präsident! – Ich frage den Herrn Finanzsenator Nußbaum: Herr Nußbaum! Ich habe Ende Oktober mit großer Freude festgestellt, dass Herrn Sturmowskis Zeiten als BVG-Vorstand gezählt sind. Es wird also eine Neubesetzung geben. Da gab es Anfang dieses Jahres einen ziemlich argen Streit, denn es wurde entgegen der Richtlinie, die es im Landesgleichstellungsgesetz gibt, mit einem Mann besetzt, das heißt, es gibt einen rein männlichen BVG-Vorstand.

Jetzt muss eine Frage kommen!

Genau, jetzt kommt die Frage: Wird es diesmal eine Personalentscheidung auf der Höhe der Zeit und im Einklang mit dem LGG geben, oder wird es wieder eine Männerklüngelposse wie beim letzten Mal?

Herr Senator Dr. Nußbaum!

Verehrter Herr Präsident! Liebe Frau Abgeordnete! Ich gehe einmal davon aus, dass wir immer auf der Höhe der Zeit sind. Zur Höhe der Zeit gehört natürlich, dass wir versuchen, gerade Frauen in Führungspositionen hineinzubekommen. Sie können davon ausgehen, dass dieses Besetzungsverfahren seinen ordentlichen Gang geht. Da gilt es Gremien zu befassen wie zum Beispiel den Personalausschuss, der jetzt getagt hat. Wir werden dann in den Aufsichtsrat gehen und eine transparente, ordentliche Ausschreibung machen, in der wir Sorge dafür tragen werden, dass sich auch Frauen bewerben und ordentlich präsentieren können. Ich freue mich schon darauf, dass das geschieht. Dann werden wir sehen, was das Ergebnis dieser Personalbesetzung am Ende ist.

Ich kann Ihnen versprechen: Es wird keine Klüngelrunde sein, sondern ein ordentliches Verfahren unter Einbe

ziehung all derjenigen, die dafür zuständig sind. Es wird auch gesetzes- und satzungskonform sein. Wir werden am Ende hoffentlich für die BVG, für den Nahverkehr eine ordentliche Besetzung hinbekommen. Wie sie in der Geschlechterdimension aussehen wird, kann ich heute noch nicht sagen, da ich dem Verfahren nicht vorgreifen kann. Aber ich wünsche mir, dass wir dort eine sehr gute Besetzung bekommen, und ich würde mich auch freuen, wenn das eine Frau ist.

Eine Nachfrage, Frau Kofbinger?

Ich werde Ihre Freude gerne teilen, wenn es eine Frau wird. Meine Frage ist: Haben Sie vor, lediglich die Spitze neu zu besetzen, oder wird es ähnlich wie beim letzten Mal sein? Um Herrn Falk zu besetzen, hat Herr Sturmowski ja als Vorstandsvorsitzender eine andere Position eingenommen und einen anderen Teilbereich bearbeitet, weil Herr Falk sonst gar nicht in der Lage gewesen wäre, den technischen Bereich als Vorstandsmitglied zu bearbeiten.

Bitte schön, Herr Senator Dr. Nußbaum!

Wir werden die Frage der Stellenbeschreibung jetzt in den zuständigen Gremien erörtern. Wir haben eben nicht vor, den Vertrag von Herrn Sturmowski zu verlängern. Herr Sturmowski hat in seinem Einstellungsvertrag den Anspruch darauf gehabt – und hat ihn natürlich noch immer –, ein Jahr vor Beendigung des Vertrags zu wissen, ob sein Arbeitgeber, also die BVG, diesen Vertrag verlängern wird oder nicht. Wir haben ihm das aus dem Personalausschuss heraus mitgeteilt. Entsprechend geht das jetzt in den Aufsichtsrat hinein, und dann werden wir dort eine entsprechende Besetzung vornehmen.

Danke schön, Herr Senator! – Die Fragestunde hat damit wegen des Zeitablaufs ihr Ende gefunden. Ich rufe auf

lfd. Nr. 3:

Aktuelle Stunde

H1N1-Grippeschutzimpfung in Berlin – organisatorische Probleme und zu späte Verpflichtung der Impfärzte!

Antrag der SPD, der CDU, der Grünen, der Linksfraktion und der FDP

Für die Besprechung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. Die Redefolge

bei einem gemeinsamen Thema ergibt sich aus der Stärke der Fraktionen, und es beginnt die SPD-Fraktion in Person von Frau Winde. – Bitte, Frau Winde!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben Herbst. Das ist die Zeit, in der die Menschen in unserem Land vermehrt Grippe oder grippale Infekte bekommen. Im April trat der erste Fall der Neuen Influenza, im Volksmund „Schweinegrippe“ genannt, in Mexiko auf. Ende April gab es dann auch die ersten Fälle in Deutschland.

Bis heute gibt es in Deutschland mehr als 40 000 Fälle der an der Neuen Influenza Erkrankten, 13 Menschen sind gestorben. In Berlin sind bis jetzt über 1 700 Fälle bekannt und registriert worden, wobei die Zahl ständig steigt.

Was haben wir für eine Situation? – Lange Zeit stand die Bevölkerung der Schweinegrippe und einer möglichen Impfung eher zurückhaltend oder kritisch gegenüber, nicht zuletzt stark beeinflusst durch eine, wie ich fand, verfehlte Haltung der Medien zu diesem Thema. Nach den ersten Todesfällen – in Berlin starb bekanntlich letzte Woche der erste Mann an der Neuen Grippe – hat sich die Stimmung in der Bevölkerung allerdings gewandelt. Jetzt wollen sich plötzlich alle Menschen am liebsten sofort impfen lassen und stoßen dabei auf für sie ungeahnte Schwierigkeiten.

Eines sei hier einmal, bei aller Kritik, vorweg gesagt: Die Schwierigkeiten in der Organisation und in der Impfstofflieferung gibt es nicht nur in Berlin, sondern in der ganzen Bundesrepublik. In Bayern zum Beispiel gibt es die höchste Zahl an Infizierten, und dort entspricht die Zahl der gelieferten Impfdosen nicht einmal der Zahl der Risikogruppen. Da kommt jetzt verständlicherweise große Unruhe in der Bevölkerung auf.

[Zuruf von Mieke Senftleben (FDP)]

Dass die Zustände deutschlandweit gleich schlecht im Bezug auf die Impfstofflieferung sind, macht die Sache zwar nicht besser, aber es macht deutlich, dass das Thema kein persönliches Versagen der Berliner Regierung und der Berliner Verwaltung ist. Deshalb eignet sich das Thema nicht – und das sage ich vor allem in Richtung Opposition – für Parteipolitik oder Parteipolemik.