Protokoll der Sitzung vom 25.02.2010

Jetzt ist die erste Runde nach der Stärke der Fraktionen beendet. Nun können wir die weiteren Wortmeldungen wieder mit Ertönen des Gongzeichens feststellen.

[Gongzeichen]

Schon mit dem Ertönen haben Sie die Möglichkeit, sich durch Ihre Ruftaste anzumelden. Die vorher eingegangenen Meldungen waren gelöscht. Jetzt ist Herr Schäfer von Bündnis 90/Die Grünen mit einer Frage an der Reihe. – Bitte!

Herr Präsident! Meine klimapolitisch motivierte Frage richtet sich an den Bürgermeister und Wirtschaftssenator Herrn Wolf. – Herr Wolf! Welche konkreten Änderungen in der Unternehmenspolitik der GASAG und ihrer Netzgesellschaft wünschen Sie sich in den nächsten Jahren?

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Jetzt kann er sich was wünschen! – Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): 10 Wünsche hat er frei!]

Herr Senator Wolf! – Bitte, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Herr Schäfer! Ich wünsche mir vor allen Dingen, dass, was die Netzgesellschaft angeht, das Netz nachhaltig instandgehalten wird und die Investitionsstrategie des Netzes auf ökologische Erfordernisse ausgerichtet wird, d. h. zu sehen, in welchen Stadtbereichen das Netz möglicherweise ausgebaut werden muss, und dass wir darauf Einfluss nehmen können.

Das Zweite ist: Ich bin erfreut über das dezentrale Versorgungskonzept, das die GASAG entwickelt hat. Ich würde mir wünschen, dass die GASAG ihren Weg, sich zu einem Energiedienstleister zu entwickeln, weitergeht, dezentrale Lösungen weiter befördert, so wie sie es begonnen hat. Dafür benötigen wir eine entsprechende Eigentümerstruktur. Sie wissen, die Änderung der Eigentumsverhältnisse steht an, jedenfalls für zwei Drittel. Deshalb haben wir ein Interesse daran, dass es einen Eigentümer gibt, der derartige Ziele weiter vertritt und weiter die Gewähr dafür bietet.

Danke schön, Herr Senator! – Herr Schäfer, eine Nachfrage? – Bitte sehr!

Danke, Herr Präsident! – Herr Senator Wolf! Welche klimapolitischen Initiativen des Aufsichtsratsvorsitzenden, der vom Senat benannt wird und der seit 13 Jahren amtiert, die über Vorhaben des Vorstands hinausgehen und sich zum Beispiel auf Ihre Vorstellungen zur Netzgesellschaft beziehen, sind Ihnen bekannt? Was hat der Aufsichtsratsvorsitzende in der GASAG angeregt, was der Vorstand nicht ohnehin selbst machen wollte?

Herr Senator Wolf – bitte!

Herr Schäfer! Das Aufsichtsratsmitglied, das vom Land Berlin benannt worden ist, ist dem Senator für Wirtschaft nicht berichtspflichtig. Wie ich weiß, gibt es stets eine sehr enge Abstimmung des Aufsichtsratsvorsitzenden mit dem Vorstand der GASAG. Er hat aktiv an der Entwicklung dezentraler Energieversorgung mitgewirkt. Das waren Konzepte, die meiner Meinung nach von der Fraktion der Grünen freudig begrüßt worden sind.

Danke schön, Herr Senator!

Jetzt geht es weiter mit einer Frage von Frau Kollegin Grosse von der Fraktion der SPD. – Bitte!

Danke, Herr Präsident! – Meine Frage richte ich an die Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales. – Frau Senatorin Bluhm! Heute beginnt das Europäische Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Mit welchen Projekten und Aktionen beteiligt sich das Land Berlin daran?

[Oh! von der CDU und der FDP – Frank Henkel (CDU): Die Frage kommt ganz unerwartet! Und jetzt 15 Seiten! – Klaus-Peter von Lüdeke (FDP): Völlig unvorbereitet!]

Frau Senatorin Bluhm! – Bitte schön!

In der Tat finde ich es richtig, diese Gelegenheit zu nutzen, um heute auf diesen Tag und auch auf die Möglichkeit der politischen Debatte darüber zu verweisen. Wir hatten vor drei Wochen in der letzten Plenarsitzung noch mal die Möglichkeit, uns über die unmittelbaren Berliner Strategien auszutauschen. Ich finde es löblich, wie der Senat ressortübergreifend mit diesem Thema umgeht. Genannt sei an dieser Stelle der Berlin-Pass, der anders als in anderen Metropolen vielen Bedürftigen, nämlich Menschen mit zu wenig Einkommen, die Möglichkeit eröffnet, Opern, Bibliotheken und inzwischen auch viele andere kulturelle Einrichtungen und Kinos zu besuchen, obwohl sie wenig Geld haben. Diesen Teilhabeaspekt würde ich mir in vielen anderen Metropolen Deutschlands wünschen.

Zum anderen finde ich es vorbildlich, was das Land Berlin beim Thema Bildung und insbesondere zur Kita als wichtigster Infrastruktureinrichtung für die Zeit vor dem Schulbeginn anbietet: am Ende der Legislaturperiode die kostenfreie Kita für alle drei Jahre, die Kita als Bil

dungseinrichtung mit einem guten Sprachangebot und zukünftig auch einer sehr guten Personalausstattung.

[Mieke Senftleben (FDP): Das wissen wir schon alles!]

Ebenso gilt es, der Stigmatisierung von Schülern und Schülerinnen mit Migrationshintergrund, allerdings auch von Eltern mit finanzschwacher Basis entgegenzutreten, und zwar mit einem Schulsystem, das Chancengleichheit fördert und Ausgrenzung verhindert.

Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Maßnahmen. Wir befinden uns im Senat in einem intensiven Auseinandersetzungsprozess über ein Partizipations- und Integrationsgesetz. Insofern glaube ich, dass wir, wenn wir auf der Bundesebene einen gesetzlichen Mindestlohn hätten, auch an dieser Stelle einen entscheidenden Schritt weiterkämen. Dieser Niedriglohnsektor ist übrigens auch vom Land Berlin noch mal zusätzlich zu finanzieren. 120 000 Personen im Land Berlin leben zusätzlich vom Sozialgeld, sind sogenannte Aufstocker, weil sie von ihrer Arbeit nicht leben können. 40 Prozent davon arbeiten Vollzeit und können trotzdem nicht von ihrer Arbeit leben. Das ist eine Fehlsubventionierung. Diese Mittel müssen wir dringend an anderer Stelle einsetzen. Das ist aber nur mit einem gesetzlichen Mindestlohn möglich, der solche Arbeitstätigkeiten und Entlohnungen verhindern würde.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Frau Kollegin Grosse hat das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte!

Eine kurze Nachfrage: Frau Senatorin! Der Bund hat Geld für besondere Projekte in diesem Jahr zur Verfügung gestellt. Profitieren wir davon? Sind wir daran mit Projekte beteiligt?

[Mieke Senftleben (FDP): Aber sicher!]

Frau Senatorin Bluhm! – Bitte schön!

Wir beteiligen uns an vielen Projekten.

[Mieke Senftleben (FDP): Sehen Sie! Hauptsache Projekte!]

Mir war es wichtig, die eigenen Akzente zu erwähnen und darauf zu verweisen, was wir aus eigener Kraft und in Unterscheidung von anderen Kommunen und Städten tun. Das Vergabegesetz, wo wir gerade darum ringen, es im Parlament zu verabschieden, habe ich vergessen zu erwähnen.

[Mieke Senftleben (FDP): Es war wichtig, dass Sie nachgefragt haben, Frau Grosse!]

Nun hat Herr Kollege Trapp von der CDU-Fraktion das Wort zu einer Frage. – Bitte schön!

Schönen Dank, Herr Präsident! – Meine Frage richtet sich an den Herrn Regierenden Bürgermeister. – Wird nach einer Annahme des tariflichen Eckpunktepapiers durch die Gewerkschaften – Sie waren ja bei den Tarifverhandlungen beteiligt – die vereinbarte Tariferhöhung für die Angestellten inhalts- und zeitgleich auch auf die Beamten übertragen?

Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! – In Ihrer Frage fehlte, glaube ich, irgendwie die Betonung: Geht es darum, ob das übertragen wird, oder darum, ob das im Eckpunktepapier so vereinbart worden ist? – Im Eckpunktepapier ist dazu nichts vereinbart worden, weil es dort um die Angestellten und Arbeiter geht. Wenn Sie mich jetzt fragen, ob das eins zu eins übertragen wird, kann ich Ihnen klipp und klar mit nein antworten, denn das kann gar nicht eins zu eins übertragen werden, weil sich darunter viele Punkte befinden, die sich auf das Beamtenrecht überhaupt nicht übertragen lassen.

Aber eines ist für den Senat klar: Wir haben ein Interesse daran, dass unsere Beamtinnen und Beamten selbstverständlich auch an Einkommenszuwächsen beteiligt werden. Da es ein Gesetz ist, werden wir das dem Abgeordnetenhaus auch vorlegen. Wir haben gesagt, dass wir den Abschluss abwarten – ob er tatsächlich angenommen wird. Sie wissen, dass es durchaus noch Diskussionen gibt – nicht bei der GdP, aber in anderen Bereichen der Tarifgemeinschaft. Wir werden sehen, zu welchem Ergebnis es kommt, und werden dann überprüfen, welche einzelnen, vor allem pekuniären Regelungen wir für die Beamtinnen und Beamten übernehmen können – immer unter dem Gesichtspunkt, dass für gleiche Arbeit auch eine annähernd gleiche Bezahlung erfolgen muss, wobei Sie wissen, dass Beamte durch ihre besondere Stellung im Nettobereich immer noch anders dastehen als Angestellte und Arbeiter. Das versuchen wir in Einklang zu bringen. Aber Sie können davon ausgehen, dass es auf jeden Fall auch Gehaltssteigerungen für die Beamtinnen und Beamten geben wird.

Herr Trapp hat das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte schön!

Eine Nachfrage: Es ging um die Tariferhöhungen. Nach dem Eckpunktepapier werden die Tarifbeschäftigten den Bundesdurchschnitt im Jahr 2017 erreichen. Werden die Beamten dann auch erst im Jahr 2017 den Bundesdurchschnitt von 100 Prozent erreichen?

Herr Regierender Bürgermeister – bitte!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ich bin nicht in der Lage, Ihnen dazu eine Zahl zu nennen. Die Prozentzahlen sind nicht eindeutig auf die Beamtinnen und Beamten übertragbar. Zu der insgesamt vorhandenen Einkommensentwicklung gehört selbstverständlich auch noch der Bereich von Urlaubsgeld, Sonderzahlungen und Arbeitszeiten. Auch die müssen dann irgendwie in Kombination gebracht werden. Man kann also nicht einfach sagen: Jede Tarifsteigerung im Angestellten- und Arbeiterbereich ist automatisch eins zu eins bei den Beamtinnen und Beamten umzusetzen. – Das ist immer ein Frage von gesetzlichen Maßgaben.

Bei der Eckpunktevereinbarung zu den Angestellten und Arbeitern ist sowieso immer eine Unbekannte enthalten, und das ist der jeweilige Tarifabschluss für das Jahr, was die TdL dann macht. Auch heute wissen wir nicht, wie hoch der im Jahr 2011 sein wird. Die Verhandlungen werden ja erst noch beginnen. Wir haben nur gesagt, dass wir mit den 3,1 Prozent aufholen. Das ist aber wiederum mit den Veränderungen bei den Sonderzahlungen nicht so einfach in Geld auszurechnen. Das ist sehr unterschiedlich bei den einzelnen Tabellenentgelten. Insofern kommt dann noch die Tariferhöhung des Jahres 2011 hinzu, und daraus muss ein Vorschlag für die Beamtinnen und Beamten gemacht werden.

Nun hat Frau von Stieglitz von der FDP-Fraktion das Wort zu einer Frage. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Frage richtet sich an Wirtschaftssenator Wolf! – Laut der von der Prognos AG durchgeführten ersten gemeinsamen Fachkräftestudie Berlin-Brandenburg droht bereits im Jahr 2015 ein Fachkräftemangel. Es wird befürchtet, dass 270 000 Arbeitsplätze nicht besetzt werden könnten. Wie gedenkt der Senat diesem drohenden Defizit entgegenzuwirken?

Herr Senator Wolf – bitte!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Diese Studie der Prognos AG ist in Auftrag gegeben worden, nachdem im Jahr 2005 oder 2006 – ich weiß nicht mehr genau, in welchem Jahr – eine Studie der Prognos AG zum Ergebnis hatte, dass es in der Region keinen Fachkräftemangel gibt, wir das aber nicht richtig glauben wollten und eine vertiefte Untersuchung verlangt haben, die jetzt dieses Ergebnis gebracht hat. Insofern haben wir damals recht gehabt, dass wir eine Skepsis gegenüber diesem Untersuchungsergebnis geäußert haben. Wir haben jetzt eine Untersuchung vorliegen, die wir noch mal im Einzelnen auswerten und analysieren müssen. Es gibt die Verabredung zwischen den Arbeitsressorts in Berlin und Brandenburg und den Wirtschaftsressorts in Berlin und Brandenburg, dass wir uns das Thema gemeinsam vornehmen und sehen, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen – über die Maßnahmen hinaus, die bereits ergriffen worden sind. Das Thema „Fachkräfte, Fachkräfteanwerbung, Fachkräfte halten in Berlin“ ist im Übrigen ein wichtiges Thema der industriepolitischen Initiative, die wir gemeinsam mit den Kammern ergriffen haben, und das wird sicher auch in den Masterplan Industrie münden, den wir im ersten Halbjahr 2010 noch vorstellen werden. Das heißt, wir sind an dieser Stelle aktiv. Ob sich die Zahl dieser Prognose wirklich so realisiert, ob sie so dramatisch ist, wie sie dargestellt wird, wird man sich dann im Einzelnen noch mal ansehen müssen.

Danke schön, Herr Senator! – Eine Nachfrage von Frau Kollegin von Stieglitz – bitte!

Danke für das Wort! – Meine Nachfrage bezieht sich genau auf das, was Sie gesagt haben: Welche Strategien verfolgen Sie, um die Fachkräfte, die hier an den Universitäten und sonstigen Ausbildungsstätten ausgebildet worden sind, langfristig an die Hauptstadtregion zu binden?

Herr Senator Wolf, bitte!

Frau Abgeordnete! Dazu wird es einer ganzen Reihe von Maßnahmen bedürfen. Das eine wird sicherlich sein, z. B. Universitäten, die Ingenieure ausbilden, noch enger mit den Unternehmen zusammenzubringen, damit die Unternehmen frühzeitig Kontakt mit den Universitäten und Hochschulen aufnehmen und sich frühzeitig um Fachkräfte bemühen, um deutlich zu machen, dass es auch industrielle Arbeitsplätze in Berlin gibt, die zukunftsfähig sind,

und man nicht nach Stuttgart oder München ausweichen muss. – Das ist ein Punkt.