Protokoll der Sitzung vom 11.03.2010

Herr Schäfer! Sie gackern hier über ungelegte Eier, und die Zahlen, die Sie zu den Gebäuden haben: Mit Verlaub, lassen Sie uns das gern mal im Ausschuss zusammen durchsprechen, welche Gebäudetypen, wie viele Eigentümer wirklich davon betroffen sein werden. Ich finde es abenteuerlich, was Sie hier an Fehlinformationen verbreiten. Ich muss das wirklich so sagen. Das geht eine Stufe zu weit, wenn man schon vorher alles besser weiß, vermeintliche Zahlen alle in der Hosentasche hat und Sie das genauso wenig belegen können wie irgendjemand anders, der genau das Gegenteil behaupten will. Das wird ein wenig schwierig, wenn wir uns konkret über einen Gesetzentwurf einigen wollen. Ich hoffe, dass wir das angesichts der großen, breiten gesellschaftlichen Mehrheit, die es für einen Ansatz mit einem Stufenmodell gibt, hoffentlich auch umsetzen können.

[Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Ich habe eben schon gesagt: Wir stehen dazu, wir wollen mit diesem Entwurf einen Einstieg in ein Stufenmodell auch verwirklicht sehen. Ich glaube, das ist auch möglich. Die Senatorin hat hier einige Punkte dargelegt, die sich im Vergleich zu den bisherigen Entwürfen geändert haben. – Herr Schäfer, Sie schütteln den Kopf – Sie müssen auch zuhören! – Die Senatorin hat es sehr klar benannt.

Allein daran, dass wir jetzt ein Energiemaximalverbrauchswert in diesem Gesetz stehen haben, sieht man, dass ganz klar eine große Forderung aufgenommen ist: Es kann nicht eine starre Orientierung sein, wie alt ein Heizkessel ist, sondern: erste, zweite, dritte Bedingung. Wenn diese nicht erfüllt sind, dann ist etwas zu tun. Wenn ein Haus bereits einen geringen Energieverbrauch hat, dann muss auch nichts getan werden, weil wir die Energieschleudern zuerst haben wollen – dort, wo extrem viel Energie verbraucht wird, extrem viel CO2 umweltschädlich in die Atmosphäre geblasen wird. Die müssen wir als Erstes angehen. Ich hatte bisher gedacht, das wäre auch Ihr Ansatz.

Ich muss auch noch ein Wort zur Abwrackprämie alter Heizungen sagen. Auch da bin ich höchst irritiert, wie Sie mit diesem Thema umgehen. Wir wollen hier positive Anreize für Hauseigentümer setzen, bei ihren eigenen Gebäuden aktiv zu werden.

Herr Abgeordneter Buchholz! Ihre Redezeit ist beendet.

Ich komme zum Schluss. – Dass Sie so etwas in Bausch und Bogen ablehnen, positive Anreize zum Klimaschutz zu setzen, das will ich nicht verstehen. Das werde ich auch nicht verstehen. Das werden wir auch nicht mitmachen. Das muss ich ganz klar sagen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Michael Schäfer

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Buchholz!

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.

Ich rufe auf die Priorität der Fraktion der SPD unter der lfd. Nr. 5

lfd. Nr. 4 a:

II. Lesung

Gesetz zur Änderung der Verfassung von Berlin (Kinderrechte in die Verfassung)

Beschlussempfehlung Recht Drs 16/2983 Antrag der SPD, der CDU, der Grünen und der Linksfraktion Drs 16/2805 Neu

in Verbindung mit

lfd. Nr. 10:

Beschlussempfehlung

Kommission zur Wahrnehmung der Belange von Berliner Kindern – Berliner Kinderkommission einsetzen!

Beschlussempfehlung Recht Drs 16/2984 Antrag der FDP Drs 16/0573

Diese Tagesordnungspunkte sind im Übrigen auch von der Linksfraktion als Priorität angemeldet worden.

Ich eröffne die Zweite Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel miteinander zu verbinden, und höre hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel I und II – Drs 16/2983. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der SPD. – Frau Abgeordnete Scheeres, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich außerordentlich, dass es uns nach intensiven Diskussionen mit allen Fraktionen und den Fachleuten der Fraktionen heute gelingen wird, Kinderrechte in die Verfassung von Berlin aufzunehmen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Mit uns freuen sich rund eine halbe Million Kinder und Jugendliche in dieser Stadt, dass ihre Rechte Verfassungsrang erhalten. Berlin reiht sich jetzt in den Kreis der Bundesländer ein, die die Kinderrechte in der Verfassung festgeschrieben haben. Ich finde, darauf dürfen wir stolz sein.

Für uns ist es ganz klar: Wir bleiben an diesem Punkt nicht stehen, sondern wir sind der Auffassung, dass sich auch auf Bundesebene etwas tun muss. Wir sind der Auf

fassung, dass Kinderrechte auch ins Grundgesetz aufgenommen werden sollen, und dazu haben wir uns schon lange positioniert.

[Beifall von Markus Pauzenberger (SPD)]

Ich habe mich im September letzten Jahres sehr gefreut, dass die FDP erklärt hat, sie könne sich vorstellen, Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen. Aber leider war es danach ziemlich still – die CDU wollte das bisher ja nicht. Ich hoffe, dass sich da etwas tut, und Sie können sicher sein, dass wir da an Ihrer Seite stehen werden.

Kinder verlangen Klarheit und keine Absichtserklärungen. Aus diesem Grund machen wir in der Verfassung von Berlin deutlich, dass Kinder als eigenständige Persönlichkeiten gesehen und anerkannt werden. Wir machen auch deutlich, dass der Schutz und die Förderung der Kinder für uns ein ganz zentrales Anliegen sind. Aus diesem Grund wollen wir mit der Verfassungsänderung die Stellung von Kindern und Jugendlichen im Land Berlin stärken.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Doch wer die Situation von Kindern und Jugendlichen wirklich verbessern möchte, dem ist klar, dass eine Verfassungsänderung nicht reicht, sondern man muss das Verständnis haben, dass Kinderrechte eine Querschnittsaufgabe sind und sie auch immer von politischen Maßnahmen begleitet werden müssen

[Sebastian Czaja (FDP): Da haben Sie wohl recht!]

Sie wissen, dass wir bei der Verfassungsänderung einen Schwerpunkt auf den Kinderschutz legen, und Ihnen ist bekannt, dass wir im Dezember ein umfangreiches Kinderschutzgesetz beschlossen haben. Selbstverständlich haben wir dieses Thema auch in den Haushaltsberatungen berücksichtigt und zusätzliches Personal und Geld in den Haushalt eingestellt.

Wir wollen auch, dass sich Kinder und Jugendliche beteiligen, dass sie partizipieren können, z. B. bei der Stadtplanung. Hier gibt es unterschiedliche Instrumente in den Bezirken. Wir haben z. B. Beteiligungsbüros in den Bezirken, oder von Landesebene finanzieren wir die Drehscheibe Kinderpolitik, die Kinder und Jugendliche wie auch Fachleute unterstützt, dass Kinder und Jugendliche Partizipation lernen und umsetzen können. Wir haben auf Landesebene das Jugendforum, wo viele von Ihnen oft dabei sind und mit jungen Menschen über ihre Lebenssituation und Forderungen diskutieren. Auch hat Senator Zöllner den Pakt für die Jugend hier in Berlin abgeschlossen.

Ich möchte jetzt noch mal auf den Antrag der FDP eingehen. Sie wollen ja eine Kinderkommission auf Landesebene installieren. Das werden wir nicht unterstützen, weil wir der Auffassung sind, dass es absolut überflüssig ist. Wir haben vielfältige Gremien im Land Berlin wie z. B. den Landesjugendhilfeausschuss, wo die freie, die öffentliche Jugendhilfe sitzt, Politik, Verwaltung, Fachleute oder auch Interessenvertreter von Kindern und Ju

gendlichen, Polizei, Familiengerichte, die sich mit den Belangen von Kindern und Jugendlichen auseinandersetzen und dazu auch Beschlüsse fassen. Wir haben den Berliner Familienbeirat, der auch einen Familienbericht für das Land Berlin schreiben wird, den Senator berät und wo es ganz klar ist, dass es auch um die Lebenssituation und Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen gehen wird. Es ist deutlich, eine Kinderkommission auf Landesebene bringt Kindern und Jugendlichen überhaupt nichts, sondern sie hätten viel mehr davon, wenn Sie heute unsere Verfassungsänderung unterstützen würden.

Ich möchte zum Schluss kommen. Wir möchten heute ein ganz klares Zeichen mit dieser Verfassungsänderung setzen. Wir setzen ein Zeichen für ein kinderfreundliches Berlin. Wir stärken die Stellung von Kindern und Jugendlichen, und wir geben Staat und Gesellschaft einen ganz klaren Auftrag, sich zu kümmern und die Augen aufzuhaben. Ich denke mir, dass wir die Hilfe von allen brauchen, immer wieder, wenn es um die Chancengleichheit und den Schutz von Kindern und Jugendlichen geht. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Scheeres! – Für die CDU-Fraktion hat Frau Seibeld das Wort! – Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich, als ich diese Rede geschrieben habe, ernsthaft gefragt, ob ich die von vor zehn Wochen noch mal nehmen soll. Wir haben das gleiche Thema vor zehn Wochen schon einmal besprochen. Damals waren vier Fraktionen dafür, heute sind vier Fraktionen dafür. Es hat sich zwischendurch nichts geändert. Das ist allerdings ein Zeichen dafür, dass es um einen reinen Placeboeffekt geht und dass es der Koalition nicht darum geht, tatsächlich die Kinderrechte zu stärken,

[Beifall bei der CDU und der FDP]

denn in praktischer Hinsicht ist in den letzten zehn Wochen überhaupt nichts passiert. Man hätte sich diese Rederunde hier heute guten Gewissens sparen können.

Es zeichnet sich genau das ab, was meine Fraktion immer an dieser Stelle befürchtet hat: Bei der Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung handelt es sich um einen reinen Placeboeffekt, der nur der Gewissensberuhigung dient. Aber damit kein Missverständnis aufkommt: Selbstverständlich ist das Ziel, das mit der Verfassungsänderung verfolgt wird, richtig. Der Schutz von Kindern muss weiter ausgebaut werden und sollte uns allen ein wesentliches Anliegen sein. Aber das wäre auch mit der bisherigen Lage der Verfassung gegangen.

[Beifall bei der CDU]

Ich habe schon vor zehn Wochen an dieser Stelle gesagt, dass es auch bislang nicht daran krankte, dass die Verfassung keine Kinderrechte vorgesehen hat, sondern an der Umsetzung, und zwar sowohl in der Gesellschaft als auch im Parlament und vor den Gerichten, der einfachgesetzlichen Möglichkeiten, die es zu diesem Bereich bereits gibt. Es ist auch jetzt nicht damit getan, den Kindern formal Rechte einzuräumen und diese in die Verfassung zu schreiben und ins Emissionsschutzgesetz quasi einen Freibrief für Kinderlärm, das allein macht noch keine kinderfreundliche Stadt aus.

[Beifall bei der CDU]

Es wird abzuwarten bleiben, ob durch die jetzt erfolgende Verfassungsänderung der Schutz von Kindern tatsächlich verstärkt werden wird. Es hat sich allerdings auch im Hinblick auf die FDP zur Kinderkommission gezeigt, dass es großen Teilen in diesem Haus eben nicht darum geht, tatsächlich etwas für die Kinder zu tun. Da hätte es eine praktische Möglichkeit gegeben, einen Unterausschuss zu bilden und eine tatsächliche Möglichkeit, eine weitere Lobby für die Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt zu bilden. Das allerdings war dem Haus an dieser Stelle schon wieder zu weitgehend.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Wir gehen nach wie vor davon aus, dass die Verfassungsänderung nicht nötig gewesen wäre. Nichtsdestotrotz wurde dieser Antrag in diesem Haus so gesehen, dass es quasi Conditio sine qua non wäre, um wirksame Kinderrechte zu schaffen. Und da wir das Ziel des Antrags durchaus teilen, werden wir dem nicht weiter entgegenstehen, obwohl wir die Systematik durch die Verfassungsänderung nach wie vor für unzutreffend halten. Nichtsdestotrotz ist es ein Thema, das möglichst fraktionsübergreifend behandelt werden sollte. Insofern werden wir der Verfassungsänderung an dieser Stelle heute zustimmen.