Protokoll der Sitzung vom 20.05.2010

Frau Senatorin Lompscher, bitte schön!

Vielen Dank! – Sehr geehrter Herr Schäfer! Ich bin dankbar, dass Sie mich fragen, denn ich nehme an, dass der Regierende Bürgermeister noch keine Kenntnis von dieser Stellungnahme hat. Mir ist diese Stellungnahme gestern Abend erstmals zur Kenntnis gelangt. Ich habe sie auch schon überflogen, verfüge aber nicht über den juristischen Sachverstand, um sie abschließend zu bewerten. Allerdings habe ich dieser Stellungnahme entnommen – und das ist interessant –, dass sowohl das ErneuerbareEnergien-Wärmegesetz als auch das Energieeinspargesetz des Bundes eine geeignete Grundlage für die Aufnahme der Intention eines Stufenmodells bilden, und zweitens – auch das ist Ihnen nicht unbekannt – besteht durchaus die Absicht, die Intention des Stufenmodells in das Berliner Klimaschutzgesetz aufzunehmen, und wir sind derzeit in der Abstimmung darüber, in welcher konkreten Weise das erfolgen soll. – Vielen Dank!

Danke schön, Frau Lompscher! – Eine Nachfrage des Kollegen Schäfer. – Bitte!

Danke, Frau Lompscher! Unterschätzen Sie den Kollegen Wowereit nicht! Er kennt sich im Klimaschutz sehr gut aus!

[Beifall bei der SPD – Heiterkeit – Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Hat ja lange gedauert, bis Sie das gemerkt haben!]

Das war ein Scherz!

[Heiterkeit – Beifall bei den Grünen und der FDP – Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Jetzt hat er die Pointe wieder zurückgenommen!]

Die Frage ist: Da dieses Stufenmodell in seiner Gänze nicht vom Berliner BUND, der IHK und dem Mieterverein vertreten wird, sondern auch von Ihrem Koalitionspartner SPD, sind Sie nicht der Ansicht, dass Sie jetzt selbst detailliert in die Prüfung gehen und einen Gesetzentwurf machen sollten, der dieses Stufenmodell in Gänze abbildet, statt an dem doch sehr stark kritisierten Entwurf aus Ihrem Haus weiter herumzudoktern?

Bitte schön, Frau Senatorin Lompscher!

Die Frage war sehr ausführlich und verwickelt. Sie wissen, dass die Arbeit an Gesetzentwürfen sehr mühsam ist und dass man sich mit vielen Partnern abstimmt. Derzeit läuft die Abstimmung im Senat.

Danke schön!

Dann geht es weiter mit Frau Dr. Hiller. – Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich stelle meine Frage an den für Medien zuständigen Regierenden Bürgermeister. Ich habe etwas irritiert wahrgenommen, dass sich der Kulturstaatssekretär Schmitz medial dafür einsetzt, dass das Radio Paradiso seine UKW-Frequenz behält. Wir wissen, dass die Medienanstalt als überparteiliche und unabhängige Anstalt die Frequenzen vergibt. Deshalb frage ich Sie: Vertritt Herr Schmitz damit die Meinung des gesamten Senats?

Herr Regierender Bürgermeister, bitte!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Herr Kollege Schmitz hat in seine Stellungnahme darauf hingewiesen, dass es

nicht die Zuständigkeitsbereiche des Senats betrifft, wenn eine Frequenz nicht vergeben wird, sondern hat extra auf die Staatsferne hingewiesen. Aber ich glaube, man kann es dem Kulturstaatssekretär nicht verübeln, wenn er es als ein Fan dieses Senders – so habe ich das verstanden – bedauern würde, wenn dieses Segment nicht mehr auf Sendung wäre. Das kann man bewerten, wie man will. Vielleicht wird sein Musikgeschmack auch von der anderen Sendeform getroffen. Das kann man noch nicht beurteilen. Diese Chance muss man jedem Sender geben.

Eine Nachfrage. – Frau Dr. Hiller, bitte!

Über Geschmackssachen wollen wir jetzt auch nicht diskutieren. Etwas irritiert bin ich aber doch, weil der Senat damals bei Radio Multikulti, als es darum ging, einen öffentlich-rechtlichen Sender zu erhalten, sich nicht dezidiert äußern wollte, obwohl es damals immerhin einen Auftrag des Landesparlamentes gab. Wie sehen Sie das heute?

Herr Regierender Bürgermeister, bitte!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Ich korrigiere Sie sehr ungern, aber wir haben uns ganz dezidiert zu Radio Multikulti geäußert. Wir haben gesagt, dass wir es selbstverständlich begrüßen würden, wenn Multikulti oder andere Programmformate des RBB weiter erhalten bleiben können. Wir haben nur nicht den Fehler gemacht zu sagen: Hier muss irgendwo gespart werden – oder: Das Geld reicht nicht aus –, und bei jeder Maßnahme, die die Intendantin und die zuständigen Gremien in eigener Verantwortung machen, zu sagen: Das ist falsch. – Das war unsere Position zu Radio Multikulti. Dabei bleibt es auch.

Bei der Frequenzvergabe haben wir eine eindeutige gesetzliche Regelung. Es ist eine unabhängige Entscheidung, die weder der Senat noch das Parlament zu begleiten haben. Trotzdem wird jeder seine eigene Meinung zu einem Radioprogramm haben. Die werden Sie auch haben. Sie werden sich auch nicht davon abhalten lassen, wenn einer Ihrer Lieblingssender vom Netz geht, dagegen zu protestieren. Ich bin mir ganz sicher, dass Sie das tun werden. Mit Ihren Emotionen, die Sie bei kulturpolitischen Themen haben, ist das ja auch in der Natur der Sache liegend.

Danke schön!

Jetzt ist der Kollege Goetze von der CDU-Fraktion mit einer Frage dran. – Bitte schön, Herr Goetze!

Meine Frage richtet sich an den Innensenator. – Herr Körting! Der Rat der Bürgermeister hat beschlossen, dass die Besoldungsanpassung für die Beamten von 1,5 Prozent bei gleichzeitiger Absenkung der Einmalzahlung abgelehnt wird, weil er das als Nullsummenspiel und Taschenspielertrick ansieht. Sind Sie bereit, der Aufforderung des Rats der Bürgermeister zu folgen und die Absenkung der Einmalzahlung zu unterlassen?

Herr Senator Dr. Körting, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Goetze! Die Besoldung wird durch ein Landesgesetz des Abgeordnetenhauses festgelegt. Dieses Abgeordnetenhaus hat vor einigen Jahren beschlossen, eine Sonderzahlung für die Jahre 2008 und 2009 in Höhe von 300 Euro zu erhöhen. Das ist die Gesetzeslage. Der Senat hat mitnichten beschlossen, irgendetwas abzusenken. Die Gesetzgebung, die dieses Haus beschlossen hat, sieht für 2010 eine Erhöhung der Sonderzahlung nicht vor. Ich stelle anheim, Herr Goetze, im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens das zu machen, was Sie für richtig halten, dann allerdings mit gleichzeitiger Einsparung von Stellen oder anderem, weil Sie es ja gegenfinanzieren müssen.

Eine Nachfrage des Kollegen Goetze. – Bitte!

Herr Senator Körting! Wie wird denn der Gesetzentwurf des Senats hinsichtlich der Besoldungsanpassung aussehen? Ist damit zu rechnen, dass es keine Absenkung der Einmalzahlung geben wird und dass Sie die Besoldungsanpassung von 1,5 Prozent gleichzeitig hineinschreiben werden?

Herr Senator Dr. Körting!

Es ist immer schwierig, wenn man sich wiederholen muss. Es gibt keine Absenkung in dem Gesetz, sondern das Gesetz sieht vor für das Jahr 2010, beginnend zum 1. Oktober, eine Besoldungserhöhung von 1,5 Prozent und für das Jahr 2011 eine Erhöhung von 2 Prozent. Das ist angesichts der gesamtwirtschaftlichen Situation erst einmal ein Wort. Jetzt kann man im Hinblick darauf, dass die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes 2008, 2009 keine Erhöhung gehabt haben, trefflich darüber streiten. Wir alle wissen, dass die Besoldung der Mitarbeiter des

öffentlichen Dienstes des Landes Berlin etwas hinter der der anderen Bundesländer oder der des Bundes hinterherhinkt. Wir alle wissen, welcher Situation das geschuldet ist: der Haushaltssituation des Landes Berlin.

Der Gesetzentwurf des Senats ist im Rat der Bürgermeister gewesen. Der hat ihn übrigens nach meiner Kenntnis nicht abgelehnt, sondern gefordert, dass wieder eine Sonderzahlung eingebracht wird. Er hat im Übrigen mit 7:4:1 Stimmen – das betrachten Sie als Ablehnung; bei meiner rechnerischen Fähigkeit würde ich bei 7:4:1 eine Zustimmung ausrechnen, aber das ist auch wieder Geschmackssache; übrigens, die vier Stimmen waren von der CDU, das ist auch klar – beschlossen, dem Gesetzentwurf mit 1,5 und 2 Prozent zuzustimmen. Damit wird der Senat sich in 14 Tagen befassen, und wie der Gesetzentwurf dann aussieht, wird im Senat beschlossen. Dazu werde ich im Senat einen Vorschlag machen, nicht hier.

Danke schön, Herr Senator! – Wegen Zeitablaufs hat die Spontane Fragestunde damit ihr Ende gefunden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3:

Aktuelle Stunde

Europäische Finanzkrise – wer zahlt die Zeche? Keine Finanzierung zulasten der Länder und Kommunen

Antrag der SPD und der Linksfraktion

Für die Besprechung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. Es beginnt die SPD-Fraktion in Person des Fraktionsvorsitzenden Herrn Müller. – Bitte schön, Herr Müller, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich natürlich auch gefragt, was man zu diesem schwierigen Thema überhaupt noch sagen kann angesichts der sich täglich überschlagenden Meldungen im Finanzbereich, was man aus anderen europäischen Staaten hört, angesichts dessen, dass beinahe täglich neue, dreistellige Milliarden Rettungspakte geschnürt werden, die helfen sollen. Was kann man überhaupt noch sagen, wenn man hört, dass in New York und London offensichtlich Spekulanten zusammensitzen, die beobachten, wie diese Rettungsschirme formuliert werden und dann ganz kühl entscheiden, ob sie starten und Märkte erneut angreifen oder nicht. Das alles macht einen einigermaßen fassungs- und auch hilflos, und man muss noch einmal daran erinnern, was im Vorfeld passiert ist – 2008 im Zusammenhang mit der Bankenkrise. Banken und Hedgefonds geraten durch riskante Immobiliengeschäfte in die Schieflage, Länder helfen anderen Ländern und Banken und diesen Fonds, um das Finanzwesen zu stabilisieren, Verbraucher sollen

dadurch geschützt werden, dadurch geraten diese Staaten selbst in eine Schieflage durch erhöhte Defizite, und diese geretteten Banken wetten wiederum gegen die Länder und die Währung und verdienen an deren Pleite. Das alles macht ganz deutlich: Das ist ein krankes System, dort muss es Änderungen geben!

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der Linksfraktion]

Es muss jetzt darum gehen, schrittweise Maßnahmen zu ergreifen, um die Krise zu überstehen und eine Katastrophe zu verhindern. Bei dem Thema darf es kein Wackeln geben – die Bürgerinnen und Bürger sind fassungslos: Die Rezession hat ihre Löhne geschmälert, viele befinden sich in Kurzarbeit oder haben schon ihren Job verloren. Die Menschen sehen, dass den Finanzinstituten Lasten abgenommen und dem Staat aufgebürdet werden. Die Finanzbranche hat die Krise mit ihren Geschäften zwar maßgeblich ausgelöst, kommt nun aber weitgehend ungeschoren davon, meldet gar hohe Gewinne und natürlich auch wieder steigende Managergehälter.

Es ist unabdingbar: Wir müssen die Spekulationen und Zockereien an den Finanzmärkten beenden und die Verursacher endlich an den Folgekosten beteiligen.

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der Linksfraktion]

Ich will in dem Zusammenhang auch sagen, dass ich kein Verständnis dafür habe, wie schnell und selbstverständlich wieder über eine drastische Mehrwertsteuererhöhung diskutiert wird. Es sollen wieder nach altem System die Verbraucher, die kleinen Leute, die normalen Einkommensbezieher für diese Katastrophe bezahlen. Was ist eigentlich mit den anderen Instrumenten, mit der Vermögensteuer, mit der Erbschaftssteuer, mit Steuern im Finanzbereich? – All das wären die Maßnahmen, die jetzt als Erstes anstehen, die jetzt ergriffen werden müssen.

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der Linksfraktion]

Es ist klar, wir müssen an die Ursachen der Krise, damit sich Ähnliches nicht wiederholt. Das ist auch deshalb unabdingbar, weil wir das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen müssen für einen schweren Weg, der vor uns allen liegt.

Aus meiner Sicht gehören dazu folgende erste Maßnahmen: Wir brauchen unabhängige und kontrollierte Ratingagenturen,

[Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und der FDP]

wir brauchen einen Finanz-TÜV, der Produkte auch verbieten kann, und wir brauchen selbstverständlich ein dauerhaftes Verbot von ungedeckten Leerverkäufen.