Protokoll der Sitzung vom 23.09.2010

Danke schön! – Weitere Nachfragen liegen nicht vor. Dann ist die Fragestunde wegen Zeitablaufs beendet. Die heute nicht beantworteten Anfragen werden wieder mit einer von der Geschäftsordnung abweichenden Beantwortungsfrist von bis zu drei Wochen schriftlich beantwortet werden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 2:

Fragestunde – Spontane Fragestunde

Zuerst erfolgt die Wortmeldung nach der Stärke der Fraktionen mit je einer Fragestellung, und zwar beginnt für die SPD-Fraktion der Kollege Jahnke. – Bitte schön!

Danke, Herr Präsident! – Ich frage Senator Wolf: Wie bewertet der Senat die bekannt gewordenen Pläne von Vattenfall, seine energiepolitische Strategie grundlegend

neu auszurichten, und welche Auswirkungen erwartet der Senat mittelfristig auf den Wirtschaftsstandort Berlin?

Herr Senator Wolf – bitte!

Sehr geehrter Herr Jahnke! Soweit mir die Neuausrichtung der Strategie von Vattenfall bekannt ist, ist da ja eine Komponente, den Bereich erneuerbare Energien auszubauen und im Rahmen des Energiemix zu stärken, den Vattenfall zur Verfügung stellt, was das Gesamtportfolio des Konzerns angeht. Soweit ich das bislang habe entnehmen können – ein konkretes Gespräch über die Themen steht noch aus –, soll der Energiemix innerhalb des Konzerns verbessert werden, indem man z. B. Überlegungen hat, in Polen, wo die Kohleverstromung über 90 Prozent liegt, möglicherweise auszusteigen und in Deutschland an dem Engagement festzuhalten, weil dort der Energiemix günstiger sei als in anderen Märkten, sprich: Hier gibt es bereits einen höheren Anteil von regenerativen Energien und auch emissionsärmere Energieerzeugungsarten. Vattenfall hält aber gleichzeitig an seiner Atomstrategie und an dem Betrieb seiner Atomkraftwerke in Deutschland fest, die ja jetzt dank der schwarzgelben Bundesregierung noch eine Laufzeitverlängerung bekommen, von der ich hoffe, dass wir sie über eine Verfassungsklage und den Bundesrat noch bremsen können. Das hätte natürlich dann auch Auswirkungen auf die Geschäftsstrategie von Vattenfall. Und Vattenfall hält auch an seiner Strategie der Braunkohleverstromung fest, was ökologisch keine sinnvolle Strategie ist.

[Zuruf von Felicitas Kubala (Grüne)]

Insofern gibt es da keinen eitel Sonnenschein, weil der Energiemix im Konzern – soweit ich es gegenwärtig beurteilen kann – vor allem verbessert wird, indem man Kohlekraftwerke in anderen europäischen Ländern abzustoßen und runterzufahren versucht.

Ansonsten gibt es eine interne Neustrukturierung des Konzerns, wo die Geschäftseinheiten nicht mehr nach regionalen Kriterien, sondern nach Sparten gebildet werden sollen. Hier sieht es nach meinem bisherigen Kenntnisstand wohl so aus, dass Vattenfall Europe dann auch die Zuständigkeit für Produktion bekommt, was Gas, Kohle und Atomkraft angeht. Bei den Funktionen, die in Berlin angesiedelt sind, ist das wahrscheinlich eher eine Stärkung des Standorts Berlin, aber das müssen wir noch im Einzelnen spezifizieren. Ich sage das alles vorbehaltlich konkreter Gespräche, die ich mit Vattenfall diesbezüglich führen werde, was die Auswirkungen auf den Standort angeht. Aber wie gesagt, was den Energiemix angeht, gibt es aus meiner Sicht keinen Anlass zum Jubel.

Danke schön! – Eine Nachfrage des Kollegen Jahnke – bitte!

Ja, danke für die deutlichen Worte! – Sieht denn der Senator im Zusammenhang mit der längerfristig denkbaren Neuorientierung bei Vattenfall zusätzliche Chancen für ein Berliner Stadtwerk, wie es der Senator schon wiederholt öffentlich gefordert hat?

Herr Senator Wolf – bitte!

Herr Jahnke! Sie wissen, dass ich der Auffassung bin, dass die Kommunen wieder stärkeren Einfluss auf die Energieversorgung bekommen müssen. Das ist einmal das Thema Netze, weil das Thema Netze ein strategisches Schlüsselthema für den Ausbau erneuerbarer Energien sein wird. Wir hatten gerade gestern eine Diskussion mit dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Bundesumweltministerium zum neuen Energiekonzept der Bundesregierung. Dort ist von mir und auch von anderen sehr deutlich kritisiert worden, dass quasi nicht regelbare Energien wie die Atomenergie – Sie schalten ja ein Atomkraftwerk nicht dreimal in der Woche an und wieder ab, wenn gerade besonders viel Wind da ist –, dass damit die Netze verstopft werden und damit der Ausbau erneuerbarer Energien blockiert wird, neben allen anderen Argumenten, die man gegen dieses Energiekonzept der Bundesregierung anführen kann. Das heißt, wir brauchen Zugriff auf die Netze, damit intelligente Netze entstehen, die dann auch entsprechend gesteuert werden können, und dann dezentrale, ökologisch sinnvolle Einspeisung u. a. auch von regenerativen Energien möglich ist. Ich bin auch der Auffassung – und dazu werden wir in Fortsetzung des Symposiums einladen, das wir im Mai hatten, wahrscheinlich Anfang November –, dass wir sehen sollten, auch bei Erzeugung, Vertrieb und Energiedienstleistungen als Kommune wieder eigenständig aktiv zu werden, und wir uns nicht einfach auf die privaten Energieversorgungsunternehmen verlassen können, die andere Strategien verfolgen. Ich habe kurz angesprochen, welchen Energiemix Vattenfall hat und welche Strategie es mit der Verlängerung der Atomlaufzeiten gibt. Hier sollten wir sehen, dass wir wieder einen stärkeren Einfluss der öffentlichen Hand bekommen. Dieses Thema ist im Senat noch nicht diskutiert worden. Aber Sie kennen meine persönliche Haltung dazu, und ich werde auch versuchen, diese Diskussion weiter voranzutreiben.

Danke schön, Herr Senator!

Jetzt geht es weiter mit einer Frage des Kollegen Steuer von der CDU-Fraktion. – Herr Steuer, Sie haben das Wort!

Danke sehr, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an den Bildungssenator: Herr Prof. Zöllner! Die CDU-Fraktion hat eine Faxumfrage zum Personalmangel an den Berliner Schulen gestartet und dazu täglich 30 Antworten bekommen, bis Sie die Beantwortung der Anfrage untersagt haben. Haben Sie den Berliner Schulen einen Maulkorb verpasst, weil Sie Angst vor den Ergebnissen haben?

Herr Senator Prof. Zöllner – bitte!

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Steuer! Meine Damen und Herren! In diesem Schuljahr haben die Abfragen von verschiedenen Institutionen, privaten Personen und offensichtlich auch Ihrer Partei überhand genommen. Es gibt entsprechende Vorschriften, dass Schulleitungen, wenn es sich nicht um Angelegenheiten ihrer Schule speziell handelt, im allgemeinen Sinn aber nicht zur Auskunft verpflichtet sind, sondern letzten Endes diese Auskunft auch nicht geben dürfen. Des Weiteren ist es ein Faktum, dass solche Umfragen, bei denen logischerweise der Rücklauf rein zufällig und in vielen Fällen interessengeleitet ist, ein völlig falsches Bild der Wirklichkeit wiedergeben.

Sie haben als Parlamentarier ein Anrecht auf objektive Informationen. Diese werden von der Senatsverwaltung oder von mir geliefert. Sie kennen die Zeitpunkte, wann die entsprechenden Auskünfte erteilt werden. Dieses habe ich den Schulen mitteilen lassen.

Danke schön! – Eine Nachfrage des Kollegen Steuer – bitte!

Einen ähnlichen Maulkorb hatte auch Ihr Vorgänger Herr Böger gegenüber den Schulen erlassen.

[Lars Oberg (SPD): Das ist kein Maulkorb!]

Sind Sie nicht auch der Auffassung, dass es die Aufgabe von Parlamentariern ist, Kontrolle wahrzunehmen und auch Missstände aufzudecken? Sind Sie nicht mit mir der Auffassung, dass die Schulen das berichten werden, was der Wahrheit entspricht, weil sie selbst kein Interesse daran haben, die Situation schlechterzureden, als sie ist?

Herr Bildungssenator, Prof. Zöllner – bitte!

Ich kann mich nicht erinnern, je jemandem einen Maulkorb verhängt zu haben, und ich werde dies in Zukunft auch nicht tun.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ich weise darauf hin, dass die entsprechenden Personen praktisch alle, bis auf wenige Ausnahmen, Beamte des Landes Berlin sind und dass sie dienstliche Verpflichtungen haben.

[Christian Gaebler (SPD): Sie wollen ja noch mehr verbeamten!]

Sie legen wert darauf, dass ihr Dienstherr sich ihnen gegenüber korrekt verhält. Dann lege ich Wert darauf, und zwar im Sinne der Abgeordneten, der Repräsentanten des Landes Berlin – ich bin nur Exekutive –, dass man diesem Staat, für den man arbeitet, auch den nötigen Respekt und die nötige Korrektheit entgegenbringt.

[Beifall bei der SPD]

Das ist das Eine. Das hat mit einem Maulkorb überhaupt nichts zu tun.

Zum Zweiten, das Sie angesprochen haben, sage ich Ihnen: Es ist nicht nur Ihr Recht, es ist sogar Ihre Pflicht, dass Sie mich und den Senat in unserer Arbeit permanent hinterfragen. Deswegen freue ich mich in jeder Fragestunde, von Ihnen Fragen zu erhalten. Deswegen freue ich mich, wenn Sie mir Kleine und auch Große Anfragen stellen. Deswegen mache ich von mir aus Berichte, die korrekt sind. Deswegen setze ich ein Berichtssystem in Gang, damit über eine Schnellabfrage eine korrekte Unterrichtung des Parlaments erfolgt – denn in diesem Fall, Herr Steuer, sind die betroffenen Leiter der Schulen alle verpflichtet, mir korrekt Auskunft zu geben. Nur das garantiert eine sachgerechte, objektive Information an das Parlaments und nicht eine subjektive, durch den Zufallsgenerator erzeugte Rücklaufquote.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Danke schön!

Der Kollege Lux von den Grünen ist nun an der Reihe mit einer Frage und hat das Wort.

Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage den für ITSicherheit zuständigen Innensenator: Herr Dr. Körting! Wir haben in dem IT-Sicherheitsbericht 2009 gelesen, dass in 21 Behörden kein IT-Sicherheitskonzept vorliegt, bei 47 ist das der Fall. Im IT-Sicherheitsbericht 2010 haben wir gelesen, dass bei 23 Behörden kein ITSicherheitskonzept vorliegt, bei 48 ist es der Fall Wie lange wollen Sie den Zustand, dass jede dritte gefragte

Berliner Behörde kein IT-Sicherheitskonzept hat, noch dulden?

Bitte, Herr Kollege Körting!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lux! Die Zahlen sind richtig. Sie ergeben sich aus unserem Bericht, den wir vorgelegt haben. Wir sind insofern für IT zuständig, als wir die IT-Ausstattung der Berliner Verwaltung koordinieren und diese Verwaltungen beraten. Für die IT-Sicherheit ist der jeweilige IT-Betreiber in jedem einzelnen Bereich verantwortlich. Sie können sicher sein, dass in den Bereichen, in denen die Senatsverwaltungen unmittelbar Einfluss haben, auch darauf geachtet wird, dass das vorliegt.

Aber Sie müssen auch sehen, dass Sie bei ITSicherheitskonzepten – das wird Ihnen nicht fremd sein – die Situation haben, dass die Technik mit einer – ich würde fast sagen affenartigen – Geschwindigkeit voranschreitet, sodass Sie permanent neue IT-Sicherheitskonzepte entwickeln müssen, auch für neue Techniken.

Ich bin gern bereit, das mit Ihnen im Ausschuss oder im Unterausschuss im Detail zu erörtern. Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, über einzelne Behörden oder Anstalten des öffentlichen Rechts, wo dies noch nicht funktioniert, hier zu debattieren. Ich wäre auch nicht in der Lage, dies im Detail darzustellen.

Danke schön, Herr Senator! – Eine Nachfrage des Kollegen Lux – bitte schön!

Verzeihen Sie, dass ich dennoch ein öffentliches Interesse sehe, die Angelegenheit auch hier im Parlament zu debattieren, zumal – jetzt kommt meine Nachfrage – von den 139 nachgeordneten Behörden, die ich in dem Senatsorganigramm sehe, überhaupt nur 50 auf die Abfrage geantwortet haben. Nun haben Sie selbst gesagt, ITSicherheitskonzepte müsse man ständig ändern und anpassen, aber eine Großzahl der Berliner Behörden hat nicht einmal ein Konzept vorgelegt. Teilen Sie nicht meine Sorge, dass es in Zukunft zu großen Unsicherheiten kommen wird, was die Vertraulichkeit und die Integrität der Berliner informationstechnischen Systeme angeht?

Herr Senator Dr. Körting – bitte!

Herr Kollege Lux! Ich glaube, dass die Frage nach der Sicherheit der IT-Systeme von den verschiedenen Behörden unterschiedlich zu beantworten ist. Für die Polizeibehörde etwa ist es selbstverständlich – und das Gleiche wird für die Kollegin von der Aue für den Bereich Justiz oder die Kollegin Bluhm für bestimmte Sozialdaten gelten –, dass die Daten, die dort gesammelt werden, auch in bestimmter Art und Weise gesichert werden. Das mag für die Planung von Theateraufführungen im Bereich Kultur anders sein, jedenfalls ist es da nicht von dieser Brisanz für einzelne Betroffene. Deshalb gehe ich davon aus, dass die einzelnen Verantwortlichen dafür sorgen werden, dass dort, wo besonders sensible Daten vorhanden sind, auch eine Priorität hinsichtlich der Sicherheit der Daten gesetzt wird.

Danke schön, Herr Senator!

Jetzt geht es weiter mit Frau Holzheuer-Rothensteiner von der Linksfraktion. – Bitte schön!