Protokoll der Sitzung vom 27.01.2011

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Die haben doch jetzt alle Eigentumswohnungen!]

Mit Regierungsfähigkeit im Innen- und Sicherheitsbereich hat das im Moment bei den Grünen nichts zu tun.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Lassen Sie uns daher heute aus den genannten Gründen mit großer Mehrheit klarstellen, dass das Berliner Parlament zu den Gesetzen dieses Landes steht! Machen wir deutlich, das es ein Fehler ist, Rechtsbrecher durch offene Sympathie zu ermuntern und sie somit in ihrem irrigen Betreben und ihrer Weltsicht auch noch anzufeuern! Unterstützen Sie daher unseren Entschließungsantrag! – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Danke schön, Herr Kollege Dr. Juhnke! – Jetzt hat der Kollege Zimmermann für die SPD-Fraktion das Wort. – Bitte schön, Herr Zimmermann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist das Recht von Abgeordneten und für den Innenausschuss geradezu eine Pflicht, sich mit allen sicherheitsrelevanten Fragen dieser Stadt auseinanderzusetzen. Es ist auch das Recht von Abgeordneten und geradezu die Aufgabe der Opposition, die Regierung zu kritisieren, Probleme aufzuzeigen, Alternativen anzubieten. Das kann sogar fantasievoll und unkonventionell geschehen. Was aber nicht geht, ist, dass eine Fraktion durch Auslegen von Material anscheinend für eine kleine Gruppe Partei ergreift, die eindeutig zu Gewalt aufruft und Institutionen des Landes Berlin zu einem legitimen Angriffsziel erklärt.

[Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP]

Diese Leute – nicht unbedingt identisch mit den Bewohnern der Liebigstraße – rufen zu direkten Aktionen auf und bedrohen ausdrücklich den Bürgermeister von Fried

richshain-Kreuzberg. Es wäre das Mindeste gewesen, sich eindeutig gegen solche Gewaltandrohungen zu wenden.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Zuruf von Christian Gaebler (SPD)]

Stattdessen starten Sie eine verschwiemelte Verteilaktion, die den Ausschussmitgliedern vorkam wie eine Werbeaktion. Sie ist nicht nur vollkommen geschmacklos, sondern hat auch etwas von einer Anbiederung an die Verfasser. Ich kann Herrn Juhnke in diesem Punkt nur recht geben und Sie für die SPD-Fraktion nur aufrufen, sich heute eindeutig und unmissverständlich von diesen Pamphleten zu distanzieren und diese Sache nicht weiter im Ungefähren zu lassen.

[Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP]

Der Innenausschuss hat ausführlich über die Liebigstraße 14 beraten, auch darüber, welche Alternativen es zu einer Zwangsräumung gab und vielleicht noch gibt. Wir haben festgestellt, dass sich Bürgermeister Franz Schulz und der Senat intensiv um eine Lösung bemüht haben, einschließlich mehrerer Angebote für Ersatzwohnungen, die allesamt abgelehnt wurden.

[Zuruf von Heidi Kosche (Grüne)]

Es war ein monatelanger, jahrelanger Prozess von Verhandlungen und Gesprächen unter Beteiligung der Grünen, die leider nicht zum Erfolg geführt haben. Jetzt haben Sie mit dem Scheitern aber plötzlich nichts mehr zu tun, weisen vorsorglich allen anderen die Schuld zu, bestärken die Bewohner auch noch in ihrer vermeintlichen Opferrolle. Wo es auf Deeskalation und Konfliktminderung ankommt, betreiben Sie eine unverantwortliche Polarisierung. Das ist das Gegenteil von dem, was Ihre Spitzenkandidatin behauptet. Sie lassen sich von Klientelinteressen leiten und eben nicht von der Verantwortung für die ganze Stadt.

[Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP]

Und nun zu Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU! Sie wollen beschließen, dass wir die Gesetze einhalten. Was wollen Sie eigentlich die Leute glauben machen – dass wir Gesetze anwenden wie es uns gerade passt? Sie sagen in Ihrem Antrag, man dürfe die Polizei nicht nur in politisch opportunen Situationen einsetzen. Also muss man sie immer einsetzen, wenn ein Räumungstitel vorliegt und der Gerichtsvollzieher Hilfe braucht, sagen Sie. Das bedeutet, eine Abwägung, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, findet nicht mehr statt.

Eine solche schematische Sichtweise hat in Berlin eine gewisse Geschichte. Als 1981 der Polizeipräsident Klaus Hübner die Räumung besetzter Häuser wiederholt verschoben hatte, klang es bei der CDU wie heute bei Herrn Juhnke: rechtsfreie Räume, Verkümmerung des Unrechtsbewusstseins und all diese Dinge.

[Christoph Meyer (FDP): Biedern Sie sich auch an?]

Sie haben damals – damals! – den besonnen handelnden Polizeipräsidenten diffamiert, der lediglich die Folgen für

den inneren Frieden und übrigens auch für seine Polizisten beachtete und zu beachten hatte. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Von einer solchen Situation sind wir heute weit entfernt.

[Andreas Gram (CDU): Das will ich wohl meinen!]

Aber Ihre Haltung ist leider die gleiche wie damals. Sie haben offensichtlich nichts gelernt. Wir können Sie nur davor warnen, in die Fehler von vor 30 Jahren wieder einzutreten.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Sie sind auch nicht unbedingt die allerbesten Zeugen dafür, dass man – wie sagen Sie? – den Rechtsstaat nicht einseitig oder nicht durch Einzelne zur Disposition stellen darf, wenn man bedenkt, was Ihr damaliger Bundeskanzler über Monate und Jahre gemacht hat, als er aufgefordert wurde, Spendernamen preiszugeben. Er hat es gegen die Verfassung über Jahre verweigert. Sie sind nicht der allerbeste Zeuge dafür, dass man solche Appelle aufstellt, aber dennoch, glaube ich, gibt es hier eine gewisse Gemeinsamkeit in der Haltung gegenüber solchen Tendenzen.

Wir, die SPD-Fraktion, sagen: Wenn eine Zwangsräumung unvermeidlich ist, wird geräumt. Wir appellieren allerdings an die Bewohner, freiwillig und friedlich das Haus zu verlassen und ein letztes Angebot, das noch unterbreitet wird, auch anzunehmen. Sollte das nicht geschehen, wird leider kein Weg an einer Vollstreckung des Räumungstitels vorbeiführen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Danke schön, Herr Kollege Zimmermann! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der Kollege Ratzmann, der Vorsitzende der Fraktion, das Wort. – Bitte schön, Herr Ratzmann!

Herr Präsident! Meinen sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Zimmermann! Erst mal vielen Dank für Ihre klarstellenden Worte, dass es das vornehmste Recht der Opposition ist, staatliches Handeln auch in parlamentarischen Ausschüssen zu hinterfragen! Ich muss schon sagen: Es ist ein starkes Stück, Herr Juhnke, wenn Sie die Aufgabe, die wir als Oppositionelle in den Ausschüssen wahrnehmen wollen, auf diese Art und Weise zu desavouieren versuchen. Es ist und bleibt unsere Aufgabe, staatliches Handeln zu kontrollieren und danach zu fragen. Das lassen wir von Ihnen mit Ihrem rückwärtsgewandten Sicherheitsverständnis nicht infrage stellen.

[Beifall bei den Grünen]

Ich stelle fest: Am Montag gab es im Innenausschuss eine Diskussion über die bevorstehende Räumung eines be

setzten Hauses hier in Berlin. Der Abgeordneten meiner Fraktion Canan Bayram wurden aus dem Publikum Flugschriften übergeben. In dieser Sitzung wurde sie von einem FDP-Mitglied, dem sauberen Herrn Dr. Kluckert, dessen Name unter diesem Antrag steht, gefragt, ob sie ihm eines dieser Flugblätter aushändigen könnte – was sie tat. Sie gab daraufhin diese Flugblätter an jemanden aus der Linksfraktion, der diese weitergab.

[Gelächter bei der Linksfraktion]

Und an die SPD! – In diesem Zusammenhang davon zu reden, dass hier eine Verteilung von Flugblättern dergestalt stattgefunden hat, dass sich jemand mit dem Inhalt gemein macht, ist eine perfide Unterstellung, die ich hier ausdrücklich und in aller Form zurückweise.

[Beifall bei den Grünen]

Herr Zimmermann hat uns eben aufgefordert und, ich denke, auch Frau Bayram aufgefordert klarzustellen, dass sie sich von dem Inhalt dieser Flugschrift distanziert. Das hat sie bereits getan. Wer lesen kann und wollte, konnte das in einer Pressemitteilung lesen, die Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, vor Abfassung Ihres Antrags zugegangen ist, in der sie eindeutig gesagt hat, sie verurteilt die in dieser Flugschrift enthaltenen Drohungen und Angriffe auf staatliche Institutionen. Deshalb sage ich: Es ist ein perfides, wahlkampfgeleitetes Getöse, das Sie hier veranstalten, das nur dadurch zu erklären ist, dass Sie versuchen, Ihr schwindendes politisches Gewicht in der Stadt durch solche perfiden Aktionen aufzubessern. Das ist nicht redlich.

[Beifall bei den Grünen]

Wir wissen, dass die Polizei am 2. Februar vor einer schwierigen Aufgabe stehen wird. Ich sage hier in aller Deutlichkeit: Es hat ein rechtsstaatliches Verfahren stattgefunden. Die rechtsstaatlichen Mittel konnten von den Beteiligten ausgeschöpft werden. Es gibt eine rechtskräftige Entscheidung, und die Berliner Polizei wird handeln müssen. Es bleibt ihr gar nichts anderes übrig, als die dort ergangenen Titel jetzt auch mit zu vollstrecken.

Deswegen sage ich von dieser Stelle aus ganz gezielt an diejenigen, die sich rechtswidrig in der Liebigstraße 14 aufhalten: Verlassen Sie dieses Haus! Ersparen Sie der Stadt einen Polizeieinsatz, und ersparen Sie Friedrichshain Auseinandersetzungen um diese Räumung! Das kann uns allen nur gut tun.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Ich sage an dieser Stelle auch ganz deutlich, Herr Juhnke, dass es die Grünen und der grüne Bürgermeister Franz Schulz waren, der sich nachdrücklich dafür eingesetzt hat, die Situation in Friedrichshain zu entschärfen und beiden Seiten gerecht zu werden und zum Ausgleich zu verhelfen. Es war Franz Schulz, der sich dafür in der Öffentlichkeit von den Besetzerinnen und Besetzern schelten lassen musste, und es war Franz Schulz, der mutmaßlich aus diesem Umfeld mit Drohungen überzogen wurde. Es ist eigentlich guter Brauch, werter Herr Juhnke, dass man

in einer Rede wie Ihrer und einem Antrag, wie Sie ihn hier zur Abstimmung stellen, zumindest ein Wort der Solidarität mit jemandem ausdrückt, der so bedroht wird.

[Zurufe von der CDU]

Nichts ist von Ihnen gekommen, gar nichts ist von Ihnen gekommen, und deshalb sage ich: Schon aus diesem Grund verbietet es sich, diesem Antrag auch nur den Hauch einer Zustimmung zu erteilen.

[Beifall bei den Grünen]

Ich sage hier noch mal ganz eindeutig: Wir sind an friedlichen Lösungen interessiert. Wir haben mehr als alle anderen Parteien bewiesen, dass wir das nicht nur sagen, sondern dafür arbeiten.

[Christoph Meyer (FDP): Das ist nicht wahr!]

Dass unsere Funktions- und Amtsträger dafür einstehen, hat Franz Schulz für uns mehr als deutlich gemacht. Deshalb sage ich noch mal: Es ist ein perfides, wahlkampftechnisches Spiel, das Sie hier veranstalten. Ihrem Antrag, der in den Grundaussagen so wahr wie platt ist, kann man an dieser Stelle nicht zustimmen. Es verbietet sich für ein Haus wie das Abgeordnetenhaus, diesen Plattitüden, die Sie hier aufgeschrieben haben, auch nur den Hauch einer Zustimmung zu geben. Dafür sind uns unser Grundgesetz und unsere Rechtsordnung zu schade, als dass wir sie Ihren Wahlkampfspielchen anheimgeben. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ratzmann! – Das Wort für eine Kurzintervention hat jetzt Herr Abgeordneter Juhnke!