Frank Zimmermann

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Ich kriege bei dem Thema sofort einen trockenen Hals.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Berlin hat 61,9 Milliarden Euro Schulden. Ungefähr 4,5 Milliarden davon gehen auf das Konto der Bankgesellschaft, denn in einem damals beispiellosen Akt der Plünderung öffentlichen Vermögens wurden die Berliner Steuerzahler für abenteuerliche Immobiliengeschäfte in Haftung genommen.
Das finde ich gar nicht so zum Klatschen.
Bis heute ist jedoch niemand für diese ruinöse Praxis der Kreditvergabe strafrechtlich belangt worden,
von einigen wenigen Verurteilungen wegen Bilanzfälschung einmal abgesehen. Wenn aber am Ende keiner für den Verlust von 4,5 Milliarden Euro Landesvermögen bestraft werden kann, obwohl die Pflichtverletzungen vom höchsten deutschen Gericht bestätigt wurden, dann ist etwas mit unserem deutschen Strafrecht nicht in Ordnung.
Ich kann es Ihnen nicht ersparen. Der Öffentlichkeit muss klar gesagt werden: Es gibt derzeit keinen wirksamen Schutz vor den Finanzjongleuren und Risikomanagern in den Vorstandsetagen. Sie können Milliarden in den Sand setzen, vielfach auf Kosten der Allgemeinheit, ohne dass die Justiz wirklich spürbar eingreift. Die Hypo-RealEstate-Vorstände, die Ackermanns, die Nonnenmachers und die Landowskys, alle sind unbestraft. Und der Größte von ihnen feiert zur Belohnung auch noch seinen Geburtstag im Kanzleramt. Das sind Vorgänge, die das Rechtsempfinden der Allgemeinheit schwer stören, und sie verlangen nach einer Reaktion.
An der Staatsanwaltschaft und an der Polizei liegt es nicht. Sie haben in den Vorstandsetagen nahezu aller deutschen Großbanken ermittelt und zahlreiche Anklagen erhoben. Es liegt vielmehr an der zentralen Norm des deutschen Wirtschaftsstrafrechts. Der Untreuetatbestand im Strafgesetzbuch war schon immer ein schwer handhabbarer Paragraf. Seit dem letzten Jahr aber ist § 266 auf verantwortungslose Kreditgeschäfte praktisch überhaupt nicht mehr anwendbar. Das Bundesverfassungsgericht hat
nämlich in der Strafsache Landowsky plötzlich höhere Hürden für die Beweisführung aufgestellt. Nunmehr reicht eben die sogenannte schadensgleiche Vermögensgefährdung nicht mehr für eine Verurteilung aus. Dadurch entsteht unseres Erachtens eine nicht hinnehmbare Lücke im Wirtschaftsstrafrecht, die einem Freibrief für Spekulanten gleichkommt. Wir jedenfalls fühlen uns verpflichtet mitzuhelfen, dass diese Lücke geschlossen wird, und deshalb wollen wir hier den Anstoß geben, das Bundesrecht entsprechend zu ändern.
Wir halten es für wenig aussichtsreich, in diesem Zusammenhang den Versuch zu unternehmen, etwa § 266 des Strafgesetzbuchs irgendwie wiederzubeleben. Ich glaube, diesen Tatbestand können Sie weitgehend vergessen. Stattdessen meinen wir, dass zwei Ansatzpunkte beachtet werden müssen und möglicherweise zum Ziel führen. Der eine ist § 93 des Aktiengesetzes, wo Sorgfaltspflichten für Spitzenmanager in Aktiengesellschaften aufgeschrieben sind. Hier wäre nachzudenken, ob man diesen Paragrafen durch einen entsprechenden Straftatbestand ergänzt. Aber noch besser wäre die zweite Variante, nämlich dass das bereits im Kreditwesengesetz angelegte Verfahren, dass wenn jemand die Bonitätsprüfung und eine sorgfältige Wirtschaftlichkeitsprüfung von Kreditnehmern unterlässt, dann pflichtwidrig handelt und mit einer Geldbuße belegt werden kann, die bis zu 150 000 Euro geht. Wir meinen, es ist dringend zu prüfen, ob man diesen Ordnungswidrigkeitstatbestand nicht zu einem Straftatbestand mit einer entsprechenden Strafandrohung für diese Fälle heraufstufen kann, die die Öffentlichkeit Milliarden kosten können.
Wir bitten dringend darum, diese Vorschläge ernsthaft zu prüfen und eine Initiative für eine Verschärfung der Managerhaftung auf Bundesebene zu ergreifen. Denn eines hält unsere Rechtsordnung auf Dauer nicht aus – dass die Strafgesetze Sanktionen für die breite Masse der Bevölkerung bereitstellen und für einige wenige Privilegierte nicht. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst mal festhalten, Herr Behrendt, dass Sie leider nicht genau erläutert haben, wo genau im Entwurf diese Regelung liegt, die Sie kritisieren. Das bleibt im Dunkeln. Sie üben allgemeine Kritik an dem, was hier vorgelegt wird. Das ist unsubstantiiert, Herr Behrendt, darauf kann man schlecht reagieren.
Ich möchte zunächst festhalten, dass das eine Vorlage zur Kenntnisnahme ist und keine zur Beschlussfassung. Die Ministerpräsidenten werden sich am 9. Juni erneut mit dieser Frage befassen. Bis dahin sind Änderungen am Text durchaus möglich.
Übrigens ist auch das völlige Scheitern dieses Staatsvertrags durchaus möglich, wie wir aus Reaktionen aus anderen Ländern wissen. Da muss man sich mit den Konsequenzen einer staatsvertragslosen Situation auseinandersetzen. Es ist möglich, dass das Ding scheitert, gar keine Frage. Deswegen sollten wir diese Gelegenheit nutzen, um die nötigen Kriterien mal zu formulieren, die angelegt werden müssen. Und dazu braucht man eine vernünftige Analyse dessen, was hier vorliegt.
Was hier vorliegt, ist ein Minimalkonsens, damit überhaupt eine Regelung zustande kommt. Es geht nur um den Minimalkonsens.
Ich muss hier ganz klar festhalten: Dieses Ergebnis ist das Ergebnis einer politischen Erpressung durch Schleswig
Holstein, die versucht haben, ihre ultraliberale Regelung durchzusetzen und möglichst viele Konzessionen für Private zu haben. Sie haben damit gedroht, das ganz platzen zu lassen. Da mussten andere, wie Berlin, zustimmen, um überhaupt eine Regelung zu bekommen.
Das nenne ich politische Erpressung durch Schwarz-Gelb in Schleswig-Holstein.
Auf dieser Grundlage, wenn die Regelung denn zustande kommt, werden wir bundesweit sieben Konzessionen für einen Internetbetrieb bekommen für bundesweit bis zu 350 Sportwettbüros pro Konzessionär. Diese Regelung, wenn sie denn zustande kommt, ist eine schwere Hypothek und kontraproduktiv für die Bekämpfung der Spielsucht. Sie bietet auch überhaupt keine verlässliche Zukunftsperspektive für die Sicherung des Lottomonopols. Deswegen ist dieser Vertrag kein guter Vertrag. Trotzdem ist es gegenüber einer ungeregelten Situation immer noch das geringere Übel, denn es wird jedenfalls kodifiziert, dass es – mit den Ausnahmen, die ich genannt habe – künftig überhaupt noch ein Lotterie-, ein Sportwettenmonopol gibt. Also: Ein Auslaufen des geltenden Vertrages ohne Nachfolgeregelung würde zum sofortigen Ableben des Lottomonopols führen, und das können wir noch weniger wollen als diese vertragliche Grundlage. Deswegen ist es schwierig.
Wir müssen sehen, dass wir im Glücksspielbereich einen riesigen Schwarzmarkt haben. Die künftigen Konzessionäre werden, wenn denn diese Regelung kommt, mit Sicherheit gegen all die illegalen Konkurrenten vorgehen wollen, die sie im Netz vorfinden. Deswegen müssen wir uns auch damit beschäftigen, wie wir künftig illegale Angebote im Internet unterbinden. Es ist ein Teil der Bekämpfung der Spielsucht, dass illegale Angebote im Netz unterbunden werden. Das geltende Recht bietet in § 9 schon jetzt die Möglichkeit, unerlaubte Glücksspielangebote im Netz zu untersagen. Dazu haben wir im neuen Recht jetzt auch die Spielersperre. Bei Gefahr der Spielsucht kann zum Schutz der Spieler eine Datei geführt werden, damit einzelne suchtgefährdete Spieler vom Spielbetrieb ausgeschlossen werden können.
Wir müssen fragen: Welches sind die nötigen Regelungen, um illegale Anbieter von einem Betrieb im Netz abzuhalten, und welches sind die nötigen Regelungen, um einzelne Spieler, die suchtgefährdet sind, vom Spielbetrieb im Netz fernzuhalten? – Da mahnen wir als SPDFraktion eine verhältnismäßige, angemessene Lösung an, die nicht heißen kann, es wird gesperrt auf Teufel komm raus, sondern es müssen sinnvolle Regeln da sein, die diese illegalen Angebote unterbinden. Diese sehen wir in diesem Staatsvertrag so nicht gegeben. Deswegen fordern
wir an den Punkten eine Nachverhandlung, damit wir hier zu Verbesserungen kommen.
Aber der entscheidende Punkt ist: Wir brauchen eine Regelung zur Sicherung des staatlichen Glücksspielmonopols. Darauf muss unser Hauptaugenmerk gelenkt werden. – Herzlichen Dank!
Herr Kollege Behrendt! Wenn die Konsequenz Ihrer Position ist, dass Sie gegen illegale Glücksspielanbieter im Netz nichts unternehmen und auch keine Untersagung ermöglichen wollen, dann kann ich nur sagen: Das ist nicht unsere Position. Wir wollen, dass es auch im Netz Möglichkeiten gibt, um Spielsucht zu bekämpfen und illegale Anbieter zu beseitigen.
Es geht allein um die Frage, ob das eine verhältnismäßige, angemessene und dem Internet entsprechende Regelung ist. Ich kann an Ihrer Kritik nicht erkennen, was da eine so inkriminierte und unmögliche Sperrverfügung sein soll, wenn es an die Ursache geht, nämlich dass der Betrieb des Anbieters untersagt werden soll.
Wir wollen keine bloße Sperrverfügung, wir wollen illegale Anbieter fernhalten.
Dazu braucht es – da gebe ich Ihnen zu – eine präzisere Regelung, als sie bis jetzt im Staatsvertragsentwurf enthalten ist. – Schönen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die SPDFraktion ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland eine Entwicklungsperspektive geben und insbesondere auch eine verlässliche Finanzierungsgrundlage schaffen. Diesem dient der Staatsvertrag, den wir heute ratifizieren. Er steht übrigens im Zusammenhang mit dem letzten Staatsvertrag, den wir beschlossen haben, mit dem Funktionsauftrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dessen Entwicklungsgarantie im Internet. Beides muss zusammen gesehen werden. Wir wollen verlässliche Finanzierungsgrundlagen für das öffentlich-rechtliche System, und deswegen werden wir diesem Staatsvertrag zustimmen.
Wir haben in den letzten Jahren feststellen müssen, dass es in der Frage der Gebühren grundlegenden Reformbedarf gegeben hat, weil wir vor allem drei Tendenzen feststellen mussten: Zum Ersten war die Unterscheidung in klassische und neue Empfangsgeräte nicht mehr haltbar. Erneut zu begründen – Sie erinnern sich –, warum man für PCs Gebühren zahlen muss, wurde immer schwerer, und deswegen konnte diese Trennung nicht mehr aufrechterhalten werden.
Zweitens: Die demografische Entwicklung und vor allem die Prognose der künftigen Forderungsausfälle und der Befreiungen haben dazu geführt, dass wir sagen mussten, dass möglicherweise bis 2013 eine Summe von bis zu 1,3 Milliarden Euro bundesweit in der Finanzierung fehlt.
Deswegen musste auch aus diesem Grund gehandelt werden.
Drittens gab es eine feststellbare, sinkende Akzeptanz der Gebühr in der Bevölkerung und auch eine sinkende Akzeptanz der GEZ. All diese Gründe haben dazu geführt, dass wir diese Reform initiiert haben.
Ganz kurz gesagt: Wir haben künftig eine technikneutrale Anknüpfung. Die Differenzierung zwischen TV, Radio, Handy und PC wird aufgegeben. Es wird nur noch einen Beitrag pro Haushalt geben – egal wie viele Menschen er umfasst und wie viele Geräte dort vorhanden sind. Die GEZ kommt nicht mehr in die Wohnungen, sie braucht nicht mehr in die Wohnungen. Deswegen darf sie auch nicht mehr in die Wohnungen. Sie kommt allenfalls noch bis zur Tür.
Schließlich haben wir auch für die Betriebe eine vernünftige Regelung mit der Staffelung je nach Beschäftigtenzahl gefunden. Deswegen ist diese Umstellung insgesamt – Herr Goiny hat es gesagt, und ich kann ihm nur zustimmen – eine gelungene Systemumstellung.
Ich will zwei Stichworte noch nennen, die im Zusammenhang mit dieser Reform diskutiert wurden. Das eine ist der für uns, den RBB und diese Region enorm wichtige Strukturausgleich innerhalb der ARD. Wir haben im Zug der Beratungen zum Staatsvertrag ausdrücklich den Strukturausgleich ausgeklammert, weil es keine mögliche Einigung mit den reichen Ländern und den reichen Anstalten gab. Wie Sie wissen, ist in der Verteilung der ganzen Finanzierungsmasse das ZDF seit Jahren bevorteilt worden, und seit Jahren erhalten die großen Anstalten im Westen und im Süden relativ mehr als die kleineren, wie zum Beispiel der RBB. Das ist eine Ungleichheit, eine Disparität, die so nicht bleiben kann. Wir konnten das im Zug der Verhandlungen natürlich nicht regeln. Es bleibt aber eine Aufgabe, und es ist der Auftrag an die Anstalten, hier einen Ausgleich zugunsten der in schwächeren Strukturen handelnden Anstalten wie dem RBB und anderen auszuhandeln.
Wir brauchen aber zweitens – und das ist eine ganz wichtige Botschaft für uns als SPD-Fraktion – eine Beitragsstabilität. Wir haben 17,98 Euro pro Monat, und wir müssen auch mit der Umstellung des Systems dafür sorgen, dass die Beiträge für Rundfunk und Fernsehen künftig möglichst nicht steigen. Nun haben wir das nicht allein in der Hand. Es ist die KEF, die Empfehlungen ausspricht.
Dummerweise kann mit der Umstellung des Gebühren- auf das Beitragssystem auch eine Gebührenerhöhungsempfehlung der KEF einhergehen. Deswegen haben wir den dringenden Appell an die Anstalten – besonders an den RBB, aber auch an die anderen; Herr Goiny hat es auch schon angesprochen –, bei der Anmeldung ihres
Bedarfs so moderat wie möglich vorzugehen, damit wir keine Erhöhung der Beiträge ab 2013 haben müssen. Das ist ein Appell; wir haben keinen Hebel, den wir umlegen können. Aber wir bitten sehr herzlich, dies zu tun. Es wird die Akzeptanz des gesamten Systems erhöhen.
Das letzte Stichwort: Wir hören, dass im Zuge dieser Umstellung bei der GEZ angeblich 250 neue Stellen geschaffen werden müssen.
Einige sagen 400, manche sagen 250. – 250 oder 400 Stellen für die Umstellung dieses Systems,
die dann vielleicht irgendwann einmal wieder abgebaut werden, halten wir für äußerst schwer begründbar. Wir halten es für absolut erforderlich, kritisch darauf zu schauen, ob diese Stellen wirklich nötig sind oder ob das nicht mit den vorhandenen Mitarbeitern der GEZ bewerkstelligt werden kann. Es ist den Leuten nur schwer zu vermitteln, dass erst einmal die Kosten hochgehen, damit sie dermaleinst wieder runtergehen. Wir erwarten in diesem Bereich eine Kostenentlastung und keine Kostenerhöhung. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Öffentliche Sicherheit zu organisieren und die Menschen vor Kriminalität zu schützen, sind zentrale staatliche Aufgaben. Wir haben uns diesen Aufgaben in unseren Regierungsprogrammen von 2001 und 2006 gestellt, wir haben diese abgearbeitet, und ein Ergebnis ist: Die Gefahr, in Berlin Opfer einer Straftat zu werden, ist geringer als noch vor zehn Jahren.
Die Kriminalität ist im Vergleich zu 2002 um insgesamt 18,7 Prozent gesunken und damit auf dem niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung angekommen. Wir können feststellen: Berlin ist trotz mancher Unkenrufe eine sichere Metropole.
In nahezu allen Deliktfeldern sind in der Langfristbetrachtung von 2002 bis 2010 die Straftaten zurückgegangen, teilweise geringfügig, teilweise aber auch deutlich, so etwa bei den Straftaten gegen das Leben, also Mord und Totschlag, minus 33 Prozent, Raub minus 32 Prozent, Raubüberfall auf Straßen, Wegen und Plätzen sogar über 50 Prozent, Sexualdelikte minus 19 Prozent, gefährliche und schwere Körperverletzung minus 10 Prozent. Dieser Trend wird eindeutig bestätigt durch den Einjahresvergleich von 2009 auf 2010, der deshalb eindrucksvoll ist, weil im Bund die Zahlen teilweise, etwa bei Rohheitsdelikten und Körperverletzung, ansteigen. Eine klare Botschaft dieser aktuellen Statistik ist also: Schwere und schwerste Gewalttaten sind in Berlin spürbar rückläufig, und wir werden tun, was möglich ist, damit dieser Trend auch anhält.
Die positive Entwicklung in diesen und anderen Deliktfeldern hat mehrere Gründe. Zuallererst ist sie das Verdienst der Berliner Polizei, die tagtäglich durch Gefahrenabwehr und Verbrechensbekämpfung für Sicherheit sorgt und uns erneut erfreuliche Ergebnisse ihrer schwierigen Arbeit vorlegen kann. Deshalb ist es uns wichtig, dass wir
uns in diesem Haus in dieser Aktuellen Stunde auch ausführlich damit beschäftigen und diese Arbeit würdigen.
Der Zugewinn an Sicherheit hat auch zu tun mit dem gewachsenen Vertrauen in eine Polizei, die sich weiterentwickelt und weiterqualifiziert hat. Mit dem Polizeipräsidenten Dieter Glietsch ist die Berliner Polizei zu einer modernen Großstadtpolizei geworden, die in vielem Vorbild für andere Bundesländer ist, die gezielt und effizient auf Kriminalitätsschwerpunkte reagiert und die bei Großlagen wie auch bei Kiezeinsätzen überlegt und besonnen vorgeht. Die Zeiten, in denen die Polizei selbst Gegenstand eher peinlicher Debatten war, sind vorbei. Dieses Ansehen der Polizei in der Bevölkerung ist von unschätzbarem Wert für die innere Sicherheit in der Stadt.
Ich bin froh darüber, dass unsere Sicherheitskonzeption in der Öffentlichkeit – nicht nur bei der „Berliner Zeitung“ und dem „Tagesspiegel“ – verstanden wird. Sie folgt Grundsätzen, die unter früheren Senatoren, ob sie Werthebach oder Heckelmann oder Kewenig hießen, eben nicht selbstverständlich waren.
Ich nenne drei Punkte in aller Kürze. Erster Punkt: Vorbeugen ist besser als Nachsorgen. Wir haben der Prävention und der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung – zwei verschiedene Dinge übrigens – einen höheren Stellenwert eingeräumt. Die Polizei und andere Behörden sind präventiv deutlich stärker unterwegs als früher. Und wir wollen Straftaten dadurch verhindern, dass kriminelle Strukturen möglichst frühzeitig aufgedeckt werden. Dazu haben wir – nicht Sie – das ASOG geändert und die Observationsmöglichkeiten der Polizei verbessert, sodass insbesondere Hooligans, rechtsextreme Gewalttäter, der Drogenhandel oder andere Formen der organisierten Kriminalität effektiver bekämpft werden können.
Zweites Stichwort, das ich nennen möchte, ist die Vernetzung und die täterorientierte Ermittlungsstruktur in verschiedenen Feldern. Wir haben mit dem Intensivtäterkonzept eine gezielte Strategie zur Erfassung und Verurteilung von Mehrfach- und Vielfachtätern umgesetzt – die meisten von ihnen sitzen übrigens im Gefängnis –, systematisch ergänzt durch das Schwellentäterkonzept und das Neuköllner Modell zur beschleunigten Anwendung des vereinfachten Jugendverfahrens, das nun auf die ganze Stadt ausgeweitet wird.
Mit schnellen und koordinierten Reaktionen von Polizei, Justiz, Schule und Jugendämtern werden Jugendliche vor dem Abgleiten in Kriminalität bewahrt. Dennoch brauchen wir für Einzelfälle – das will ich auch festhalten – eine verbindliche Betreuung, die wir auch jetzt einrichten werden.
Drittes Stichwort: Deeskalation statt Machtdemonstration.
Mit der Strategie der Deeskalation bei Demos und Großveranstaltungen setzen wir auf Kooperation mit gesellschaftlichen Gruppen und auf die ausgestreckte Hand statt auf Konfrontation. Bei Konflikten haben beweissichere Festnahmen Vorrang vor wuchtigen, aber eher diffusen Operationen. Diese Strategie hat sich über Jahre bewährt, und wir hoffen, dass auch in diesem Jahr der Tag der Arbeit weitestgehend gewaltfrei gefeiert wird.
Wir werden in der Debatte sicher gleich hören, dass die guten statistischen Werte mit der Wirklichkeit nichts zu tun hätten und eigentlich nur auf zwei Umstände zurückzuführen seien, nämlich den demografischen Wandel und das hohe Dunkelfeld aufgrund einer zu geringen Polizeistärke. An beiden Einwänden ist durchaus etwas dran.
Selbstverständlich kommt uns hier die Demografie zugute, denn wenn weniger junge Männer da sind, haben wir auch tendenziell weniger gewaltbereite junge Männer. Aber dies ist wiederum auch nur ein statistischer Wert und damit keine bessere Erkenntnisgrundlage als die Statistik im Übrigen. Erst recht ist dadurch ein Rückgang der Jugendkriminalität um 22 Prozent gegenüber dem letzten Jahr überhaupt nicht hinreichend zu erklären.
Selbstverständlich könnten mehr Polizisten auch mehr Kontrollen durchführen. Nur: Die Kontrolldelikte machen rund 15 Prozent der gesamten Deliktgruppen aus, die in der Statistik dargestellt werden. Und bei allem anderen, was angezeigt wird oder sonst der Polizei bekannt wird, ist die Personalstärke der Polizei für die Erfassung dieser Daten irrelevant – allenfalls für die Dauer der Bearbeitung relevant. Also lässt sich festhalten: Der positive Trend in der Kriminalstatistik ist durch diese von Ihnen doch etwas aufgeblasenen Argumente überhaupt nicht zu entkräften. Der positive Trend bleibt erhalten.
Das Sicherheitskonzept, das wir gemeinsam über zehn Jahre entwickelt haben, greift. Die Kennziffern weisen in die richtige Richtung.
Dennoch ist längst nicht alles gut. Wir sind weit davon entfernt, die Dinge schönzureden. Die Ursachen, die gesellschaftlichen Konflikte, die Kriminalität begünstigen, sind nach wie vor vorhanden. Deshalb müssen die Anstrengungen in der Sicherheitspolitik mit gleicher Intensität fortgesetzt werden. Welche Aufgaben liegen vor uns? – Ich gebe denjenigen recht, die vor Tendenzen der Verwahrlosung im öffentlichen Raum und vor Gefahren warnen, die immer wieder neue Kriminalitätsformen verursachen. Wir müssen feststellen, dass ganze Straßenzüge verkommen, weil die Gewerbemieten hochgetrieben und Einzelhändler vertrieben werden und weil Spielhallen und Wettbüros oder Leerstand Platz greifen. Die Verwertungsinteressen Einzelner zerstören teilweise innerstädtische Strukturen des Zusammenlebens und des Handels,
und was wir mindestens brauchen, ist ein konsequentes Vorgehen gegen solche Verwahrungslosungstendenzen öffentlicher Räume.
Dazu gehören das Ausschöpfen des Planungsrechts und die Begrenzung des Mietanstiegs ebenso wie das Quartiersmanagement und eine aktivierende Präventionsarbeit in den Kiezen. Die Instrumente dafür sind vorhanden oder werden geschaffen – siehe Spielhallengesetz –, oder sie müssen auf Bundesebene geregelt werden – siehe Miethöhe –, aber ich glaube, da müssen wir noch etwas baggern, bis auf Bundesebene etwas passiert.
Ein zweites Stichwort zu dem, was wir tun müssen: Die Sicherheit im öffentlichen Nahverkehr muss erhöht werden. Videoüberwachung ist ein Hilfsmittel zur Strafverfolgung, bietet aber keinen hinreichenden Schutz in diesem Bereich. Deswegen müssen wir Personal auf die Bahnhöfe und in die Züge bringen. Das kostet Geld – darauf hat der Regierende Bürgermeister völlig zu Recht hingewiesen. Es gibt aber zwei Möglichkeiten: Entweder die Nutzer bezahlen das, oder die Allgemeinheit bezahlt das über den Landeshaushalt. Hier ist noch nichts entschieden. Wir werden es prüfen. Klar ist: Es muss Personal in diesen Bereich kommen.
Ich will einige Stichworte in aller Kürze nennen: Die Integration, und zwar die soziale Integration gleich welcher Ethnie, ist die beste Prävention. Wir müssen weiter den Migrantenanteil bei Polizei und Feuerwehr erhöhen. Wir müssen überhaupt mit dem Einstellungskorridor bei der Polizei dafür sorgen und sicherstellen, dass die 16 160 Stellen bei der Polizei tatsächlich besetzt werden können. Denn diese Zahl ist ausreichend, aber auch erforderlich für die Erfüllung der polizeilichen Aufgaben.
Und schließlich: Der moderne Strafvollzug schafft bessere Voraussetzungen für Resozialisierung, geringere Rückfallquoten und damit mehr Sicherheit. Deswegen werden wir die neue Vollzugsanstalt Heidering bauen.
Ich möchte, Herr Präsident, noch einen Schlusssatz und einen Hinweis loswerden.
Ich möchte auf eine Deliktsgruppe hinweisen, die sich in einem desaströsen Zustand zeigt. Das ist die Wirtschaftskriminalität. Wir sehen, dass wir unter dem geltenden Recht keine Chance haben, die vorhandenen Taten vernünftig abzuurteilen. Wir haben ein zahnloses Wirtschaftsstrafrecht.
Wir müssen dafür sorgen, dass wir zu einer schärferen Managerhaftung kommen, damit wir auch in diesem wichtigen Deliktsfeld weiter vorankommen. Wir werden dazu die Initiative ergreifen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!
Danke schön! – Herr Lux! Sind Sie denn nicht mit mir der Meinung, dass die Defizite bei der Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität weniger bei den Ermittlungsbehörden Berlins liegen, sondern bei den fehlenden Rechtsgrundlagen, nachdem das Bundesverfassungsgericht die Anwendbarkeit des Untreuetatbestandes so weit eingeschränkt hat?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich danke Ihnen, Frau Kroll, für die offenen Worte. Sie haben noch
einmal belegt, dass Sie es in den letzten Jahren auf Bundesebene sind, die die Übergangsfrist, die bis zum Mai dieses Jahres läuft, ungenutzt verstreichen ließen, ohne vernünftige Regelungen für die betroffenen Bereiche vorzusehen. Es ist Bundesrecht, was hier geändert werden muss. Sie haben es bisher verweigert.
Wir haben übrigens bei uns im Parlament auch schon seit 2006 mehrfach über dieses Problem gesprochen.
Der Senat hat bereits Vorkehrungen getroffen. Wir haben das, was auf Landesebene zu tun ist, hier bereits eingeleitet. Diejenigen, die etwas verschlafen haben, sitzen nicht im Land, sondern sitzen im Bund.
Ich möchte trotzdem nicht immer nur von den Risiken sprechen, sondern möchte zu Beginn tatsächlich auch von den Chancen reden. Das sind Chancen, die Berlin nutzen muss. Wir haben vor, eine gemeinsame Wirtschafts- und Arbeitsmarktregion mit Westpolen zu bilden. Wir wollen die Herstellung des wirtschaftlichen Gleichgewichts gerade auch zwischen Deutschland und Polen. Dieses Ziel lässt sich nur erreichen, wenn die Grenzen offen sind, wenn wir auch die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit haben und einen Austausch in einem gemeinsamen vernetzten europäischen Wirtschaftsraum haben. Das muss unser Ziel gerade als Metropole am Rand und an der Grenze zu dem östlichen Wirtschaftsraum sein.
Wir brauchen zweitens auch eine Antwort auf die demografische Zeitenwende, die inzwischen auch den Ausbildungsmarkt erreicht hat. Die IHK rechnet vor, dass wir inzwischen eine Tendenz haben, dass bis 2030 15 Prozent weniger junge Erwachsene auf dem Ausbildungsmarkt sein werden und wir dort gegensteuern müssen.
Wir müssen drittens etwas gegen die Abwanderung von Fachkräften tun. Deutschland hat die schlechteste Bilanz, was Zuwanderung im OECD-Raum betrifft. Wir sind über die letzten Jahre zurückgefallen. Auch das zeigt, dass wir etwas für vernünftige Zuwanderung tun müssen. Auch dem dient die Öffnung der Grenze für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Osten Europas.
Wenn wir die Nettozuwanderung also erhöhen müssen und ein eigenes Interesse als Berlin haben, müssen wir diesen Prozess gestalten. Dafür brauchen wir die Kooperation mit Brandenburg und Westpolen, am besten noch mit anderen. Es gibt dafür die Instrumente der OderPartnerschaft und anderes. Sie können sicher sein, dass der Senat diese Chancen ergreifen wird.
Es geht aber auch um die Sorgen, die viele Menschen haben, wenn die Grenzen offen sind. Die Sorgen sind natürlich überhaupt nicht unberechtigt. Und sie werden
die Bereiche im geringer qualifizierten Segment betreffen, sie werden Grenzregionen betreffen, und es wird übrigens auch Druck auf den Flächentarif geben. Wir müssen Antworten darauf finden, dass unsere Strukturen, die Tarifverträge und Lohnstrukturen betreffen, nicht ausgehöhlt werden. Deswegen sind einige Maßnahmen nun mal unverzichtbar, Frau Kroll und alle anderen, die das immer bezweifeln. Es ist unverzichtbar, dass wir Mindeststandards auf dem Arbeitsmarkt einziehen. Die Zeitarbeitsregelung ist ein Anfang, aber wir brauchen am besten für die gesamte Leiharbeitsbranche eine Aufnahme dieser Branche in das Arbeitnehmerentsendegesetz, damit dort der § 3 vollständig auch für diese Arbeitnehmer gelten kann.
Wir brauchen daneben aber auch als zweitbeste Lösung – falls das nicht klappt – Allgemeinverbindlichkeitserklärungen von Tarifverträgen. Da müssen wir gemeinsam vorgehen, damit an der Stelle die Verwerfungen am Arbeitsmarkt verhindert werden können. Das Problem ist nur: Das Arbeitnehmerentsendegesetz ist viel besser, weil dann der Zoll an der Grenze agieren kann und bei Allgemeinverbindlichkeitserklärungen von Tarifverträgen nicht.
Ich möchte als dritte Forderung nennen: Gerade bei den Tarifstrukturen, die im Osten leider teilweise brüchig geworden sind, fahren wir am allerbesten, wenn wir einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn für sämtliche Branchen einführen. Dann kann man allen, die vor der Öffnung der Grenzen Sorgen haben, ernsthaft entgegensetzen und begründet entgegenhalten, dass hier die nötigen Schutzstandards greifen und sie diese Sorgen nicht haben müssen.
Letzte Bemerkung: Lassen Sie uns nicht kleinkariert in irgendwelchen Schuldzuweisungen ergehen, sondern lassen Sie uns versuchen, die Chance, die für unsere Stadt darin liegt, gemeinsam zu ergreifen, und gemeinsam nach Regeln suchen, damit die Sorgen in der Bevölkerung dann auch behoben werden können. – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist das Recht von Abgeordneten und für den Innenausschuss geradezu eine Pflicht, sich mit allen sicherheitsrelevanten Fragen dieser Stadt auseinanderzusetzen. Es ist auch das Recht von Abgeordneten und geradezu die Aufgabe der Opposition, die Regierung zu kritisieren, Probleme aufzuzeigen, Alternativen anzubieten. Das kann sogar fantasievoll und unkonventionell geschehen. Was aber nicht geht, ist, dass eine Fraktion durch Auslegen von Material anscheinend für eine kleine Gruppe Partei ergreift, die eindeutig zu Gewalt aufruft und Institutionen des Landes Berlin zu einem legitimen Angriffsziel erklärt.
Diese Leute – nicht unbedingt identisch mit den Bewohnern der Liebigstraße – rufen zu direkten Aktionen auf und bedrohen ausdrücklich den Bürgermeister von Fried
richshain-Kreuzberg. Es wäre das Mindeste gewesen, sich eindeutig gegen solche Gewaltandrohungen zu wenden.
Stattdessen starten Sie eine verschwiemelte Verteilaktion, die den Ausschussmitgliedern vorkam wie eine Werbeaktion. Sie ist nicht nur vollkommen geschmacklos, sondern hat auch etwas von einer Anbiederung an die Verfasser. Ich kann Herrn Juhnke in diesem Punkt nur recht geben und Sie für die SPD-Fraktion nur aufrufen, sich heute eindeutig und unmissverständlich von diesen Pamphleten zu distanzieren und diese Sache nicht weiter im Ungefähren zu lassen.
Der Innenausschuss hat ausführlich über die Liebigstraße 14 beraten, auch darüber, welche Alternativen es zu einer Zwangsräumung gab und vielleicht noch gibt. Wir haben festgestellt, dass sich Bürgermeister Franz Schulz und der Senat intensiv um eine Lösung bemüht haben, einschließlich mehrerer Angebote für Ersatzwohnungen, die allesamt abgelehnt wurden.
Es war ein monatelanger, jahrelanger Prozess von Verhandlungen und Gesprächen unter Beteiligung der Grünen, die leider nicht zum Erfolg geführt haben. Jetzt haben Sie mit dem Scheitern aber plötzlich nichts mehr zu tun, weisen vorsorglich allen anderen die Schuld zu, bestärken die Bewohner auch noch in ihrer vermeintlichen Opferrolle. Wo es auf Deeskalation und Konfliktminderung ankommt, betreiben Sie eine unverantwortliche Polarisierung. Das ist das Gegenteil von dem, was Ihre Spitzenkandidatin behauptet. Sie lassen sich von Klientelinteressen leiten und eben nicht von der Verantwortung für die ganze Stadt.
Und nun zu Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU! Sie wollen beschließen, dass wir die Gesetze einhalten. Was wollen Sie eigentlich die Leute glauben machen – dass wir Gesetze anwenden wie es uns gerade passt? Sie sagen in Ihrem Antrag, man dürfe die Polizei nicht nur in politisch opportunen Situationen einsetzen. Also muss man sie immer einsetzen, wenn ein Räumungstitel vorliegt und der Gerichtsvollzieher Hilfe braucht, sagen Sie. Das bedeutet, eine Abwägung, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, findet nicht mehr statt.
Eine solche schematische Sichtweise hat in Berlin eine gewisse Geschichte. Als 1981 der Polizeipräsident Klaus Hübner die Räumung besetzter Häuser wiederholt verschoben hatte, klang es bei der CDU wie heute bei Herrn Juhnke: rechtsfreie Räume, Verkümmerung des Unrechtsbewusstseins und all diese Dinge.
Sie haben damals – damals! – den besonnen handelnden Polizeipräsidenten diffamiert, der lediglich die Folgen für
den inneren Frieden und übrigens auch für seine Polizisten beachtete und zu beachten hatte. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Von einer solchen Situation sind wir heute weit entfernt.
Aber Ihre Haltung ist leider die gleiche wie damals. Sie haben offensichtlich nichts gelernt. Wir können Sie nur davor warnen, in die Fehler von vor 30 Jahren wieder einzutreten.
Sie sind auch nicht unbedingt die allerbesten Zeugen dafür, dass man – wie sagen Sie? – den Rechtsstaat nicht einseitig oder nicht durch Einzelne zur Disposition stellen darf, wenn man bedenkt, was Ihr damaliger Bundeskanzler über Monate und Jahre gemacht hat, als er aufgefordert wurde, Spendernamen preiszugeben. Er hat es gegen die Verfassung über Jahre verweigert. Sie sind nicht der allerbeste Zeuge dafür, dass man solche Appelle aufstellt, aber dennoch, glaube ich, gibt es hier eine gewisse Gemeinsamkeit in der Haltung gegenüber solchen Tendenzen.
Wir, die SPD-Fraktion, sagen: Wenn eine Zwangsräumung unvermeidlich ist, wird geräumt. Wir appellieren allerdings an die Bewohner, freiwillig und friedlich das Haus zu verlassen und ein letztes Angebot, das noch unterbreitet wird, auch anzunehmen. Sollte das nicht geschehen, wird leider kein Weg an einer Vollstreckung des Räumungstitels vorbeiführen. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Innensenator vor dem Hintergrund des Brandsatzes auf das Rathaus Friedrichshain und den Drohungen gegen den Friedrichshain-Kreuzberger Bürgermeister, die offensichtlich im Zusammenhang mit einer bevorstehenden Hausräumung stehen, wie Sie die Lage einschätzen und welche Maßnahmen ergriffen werden, um dieser Bedrohung entgegenzuwirken.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alle 16 Länder haben diesen Staatsvertrag paraphiert. Und bei diesen Unterschriftsleistungen waren alle Parteien, die in diesem Abgeordnetenhaus vertreten sind, auch dort vertreten.
Das heißt, über die gesamte Republik haben alle fünf hier vertretenden Parteien diesen Staatsvertrag unterstützt. Es mutet schon etwas leisetreterisch an, wenn sich jetzt hier in Berlin aus vordergründigen Erwägungen heraus plötzlich wieder alle davon verabschieden.
Ich möchte für die SPD deutlich machen, dass es uns darauf ankommt, Jugendschutz in allen Bereichen der Gesellschaft zu installieren und Kinderschutz in allen Bereichen der Gesellschaft zu haben. Wir wollen, dass die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten nirgends beeinträchtigt wird. Deswegen sind wir dafür, dass Kinderschutz grundsätzlich auch im Netz gelten muss.
Im Moment nicht, ich muss erst einmal hier zu meinen zentralen Ausführungen kommen, dann können wir später noch einmal darüber reden.
Herr Kohlmeier! Jetzt schon?
Bitte schön!
Es wundert mich in der Tat sehr, es ist ein bisschen schizophren,
zumal in NRW die jetzige Regierung an der Aushandlung dieses Vertrags gar nicht beteiligt war, insofern dort die Chance bestanden hätte, sich ohne Gesichtsverlust auch zu distanzieren. Die Grünen machen es nicht.
Deswegen ist es für mich ein Stückchen Schizophrenie. Nach meinen Informationen wird NRW dem Staatsvertrag auch zustimmen.
Ich möchte festhalten, dass, nachdem im Offlinebereich auf den Trägermedien wie DVD und CD längst eine Altersklassifizierung nach Jugendschutzgesetzen enthalten ist, jetzt auch der Versuch unternommen werden sollte, im Onlinebereich zu einer Alterskennzeichnung zu kommen, und zwar aus einem einzigen Grund: um den Eltern zuhause, die das wollen, ein Instrument an die Hand zu geben, um ihre sechs- oder achtjährigen Kinder vor schlimmen Gewaltdarstellungen so gut es eben geht zu schützen. Dieses Instrument wollen wir den Eltern an die Hand geben. Diesem Ziel dient dieser Staatsvertrag. Wir wissen aber auch, dass sehr viel Kritik geäußert wurde. Zum Teil war es auch eine durchaus rationale Kritik. Wir haben sie aufgenommen. Deswegen ist es uns ganz besonders wichtig, in diesem Zusammenhang mit dem Staatsvertrag einige Punkte festzuhalten.
Erstens muss klar sein – und der Staatsvertrag bietet diese Auslegungsmöglichkeit –, dass betroffen und verpflichtet sind, die Inhalteanbieter und nicht auch die Zugangsprovider, weil die diese Aufgaben so nicht erfüllen können. Das können nur die Inhalteanbieter selbst, nur auf die bezieht sich diese Verpflichtung des Staatsvertrags.
Zweitens: Alle Betreiber von sozialen Netzwerken, von Plattformen, auf denen User-Generated-Content verarbeitet wird, wo der Einfluss der Betreiber auf den Inhalt begrenzt bis nicht vorhanden ist, muss klar sein, dass eine Kontrolle, eine Aufsicht, eine irgendwie geartete Überprüfung dieser einzelnen Einträge – Millionen von Einträgen – durch die Betreiber nicht stattfinden kann, auch nicht stattfinden soll und auch nicht gewünscht ist. Wir stellen fest, wir legen diesen Staatsvertrag so aus, dass dieser Staatsvertrag zu einer solchen Kontrolle nicht verpflichtet. Wir würden das gerne auch noch festhalten, aber besser ist es, dass man sich dann die Protokollerklärung einiger Länder
anlässlich der Paraphierung anguckt. Da steht genau dieses drin. – Ja, da waren Sie beteiligt! Sehr hilfreich! – Das ist für die Auslegung künftig wichtig, dass dies klargestellt wird.
Nächster Punkt: Wir möchten, dass solange das Jugendschutzprogramm noch nicht existiert, also die technische Umsetzung des Vertrags noch nicht möglich ist – und wir wissen, dass diese Software wohl noch nicht da ist –, auch die Sanktionen aus dem Staatsvertrag nicht greifen können. Wenn die einzelnen Beteiligten die Pflichten aus dem Vertrag nicht erfüllen können, kann es auch noch keine Sanktionen geben. Da sind wir sehr für eine Übergangszeit, was die Sanktionierung dieses Vertrags angeht.
Viertens wollen wir, dass die Praxis dieses Vertrags evaluiert wird und dass wir zeitnah auch Berichte erhalten, wie tatsächlich diese Anwendung funktioniert und ob wir den Zielen, die wir mit dem Vertrag intendieren, näherkommen.
Alles in allem spricht alles dafür, diesen Schritt im Onlinebereich zu tun, den Eltern die Chance zu geben, für ihre Kinder zuhause am PC eine Schutzfunktion einzurichten. Ich bin sicher, dass viele Eltern dies wünschen. Geben Sie ihnen diese Chance! Wir wollen sie ihnen eröffnen und werden dann auch rechtssicher die einzelnen Instrumente überprüfen.
Ein Wort zum Schluss: Von Zensur in diesem Zusammenhang zu sprechen, wenn ein Jugendschutztool, ein Jugendschutzprogramm für die Eltern angeboten wird, halte ich für geradezu absurd. Es ist eine Möglichkeit, den Kinder- und Jugendschutz im Netz zu intensivieren. Das ist unser Ziel. – Herzlichen Dank!
Zunächst einmal, Frau Ströver, haben Sie sicherlich auch gemerkt, dass ich die Vokabel „Hure“ nicht in den Mund genommen habe. Es gehört auch nicht zu meinem Vokabular. Ich meine auch, dass das unpassend wäre, solche Vokabeln zu verwenden.
Zweitens das Stichwort Stigmatisierung. Sie sagen, Frau Ströver, wir würden mit diesem Staatsvertrag alle Inhalteanbieter im Netz stigmatisieren. Ich glaube, das können Sie auch nicht belegen. Für so eine Behauptung gibt es auch keine plausible Begründung, weil wir eine bestimmte Filterfunktion einrichten wollen, nicht mehr und nicht weniger. Niemand wird hier stigmatisiert, sondern es soll eine Schutzfunktion eingebaut werden.
Drittes Stichwort, Zensur. Frau Ströver! Ich habe Ihnen auch nicht unterstellt, dass Sie Zensur behauptet hätten. Aber es gibt sehr viele, die in der öffentlichen Debatte von Zensur sprechen und die einen Eindruck erwecken, als würden wir Inhalte im Netz, wo Freiheit des Informationsflusses ein wichtiges Gut ist, unterdrücken wollen. Das ist nicht der Fall. Es geht wirklich um ein freiwilliges Alterskennzeichnungssystem, das den Kinderschutz ein bisschen mehr fördern soll.
Alles in allem: Wenn NRW zustimmt – ich gehe davon aus –, dann wird dieser Staatsvertrag in Kraft treten, sowie die 16 Ministerpräsidenten ihn unterzeichnet haben. Lassen Sie uns evaluieren, lassen Sie uns prüfen, wie das in der Praxis aussieht! Ich gebe zu, dass man, solange die technischen Voraussetzungen nicht geschaffen sind, das schlecht beurteilen kann. Also werden die technischen Voraussetzungen geschaffen werden müssen. Und dann werden wir das beurteilen und alle gemeinsam gucken, ob wir daran erneut etwas ändern müssen oder ob das funktioniert. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Vergleich zu Ihrer schönen Rede, Frau von Stieglitz, fällt der Antrag doch stark ab, und er gibt eigentlich nicht das her, was Sie in Ihrer Rede so schön blumig ausgeführt haben. Das ist eine gewisse Diskrepanz. Vieles von dem, was Sie hier an Forderungen aufgestellt haben, ist durchaus richtig, und das verfolgen auch wir. Wir brauchen einen vernünftigen Datenschutz im Netz, und wir müssen die Medienkompetenz fördern, bevor wir Verbote einführen. All dies ist richtig.
Aber wenn wir uns Ihren Antrag ansehen, dann finden wir zu dem ersten der drei Stichwörter, die Sie genannt haben – der Medienkompetenz –, die allgemeine Forderung, dass wir hier mehr tun und die Kinder und Jugendlichen
unterrichten und ausbilden müssen – und dann wird alles schön. Was wir aber genau machen sollen, wird nicht gesagt oder bleibt dunkel. Diese Forderung ist bei einem allgemeinen Text stehen geblieben und nicht konkret geworden.
Genauso verhält es sich mit dem zweiten Stichwort – den rechtlichen Rahmenbedingungen. Sie sagen, der Jugendmedienschutzvertrag bringt es nicht, und Sie wissen auch, dass wir gemeinsam eine Reihe von Bedenken formuliert haben. Aber Sie sagen nicht, was wir stattdessen machen sollen. Sie sagen nicht, wie man tatsächlich den Jugendmedienschutz organisieren soll und welche anderen Instrumente dabei vernünftig sind.
Zu dem dritten Stichwort – dem passgenauen Datenschutz – finden wir die allgemeine Äußerung, dass wir keine übermäßige staatliche Überwachung wollen und auch nicht von den Privaten – Google etc – in ihrer Sammelwut behelligt werden wollen.
Das ist alles richtig. Aber was wir machen sollen, sagen Sie nicht. Deswegen fürchte ich – heute in aller Kürze –, dass wir Schwierigkeiten haben werden, diesen Antrag in den Ausschussberatungen zu retten. Wir werden noch mal gucken, aber ich fürchte, wenn nicht noch etwas richtig Konkretes kommt, wird er die Ausschussberatung wohl nicht überleben. Wir gucken mal. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Jugendmedienschutzstaatsvertrag, Frau von Stieglitz, verbietet nichts, sondern der Staatsvertrag möchte ein Kennzeichnungssystem einführen, das die Anbieter von Inhalten verpflichtet, ihre Programme entsprechend zu klassifizieren, woraufhin die Eltern ein Filtersystem einbauen können, das diese Altersklassifizierung erkennt. Das ist der Gedanke des Vertrags des neuen Medienschutzes im Internet und kein Verbot oder Gebot, sondern basiert im Grunde auf freiwilligen Klassifizierungsmechanismen. Deswegen ist der Ansatz im Prinzip nicht verkehrt, dass versucht wird, in unserer Landeszuständigkeit eine gemeinsame Regelung zu finden, wie alle Anbieter im Internet ihre Inhalte einschätzen, wie sie sie einsortieren und dass wir den Eltern ein Instrument in die Hand geben, um einen Filter einzubauen. So haben es die 16 Länder und die Ministerpräsidenten aller 16 Länder auch beschlossen, und wir haben es nun in erster Lesung vorliegen. Seien wir ehrlich, wir werden vermutlich an diesem Staatsvertragsentwurf als Land Berlin nicht mehr viel ändern können, um nicht zu sagen, wir werden gar nichts ändern können, ohne das Ding zu Fall zu bringen.
Wir müssen uns überlegen, ob wir es zu Fall bringen wollen oder ob wir ein Jugendmedienschutzinstrument installieren wollen, das über eine Phase von drei Jahren erprobt wird.
Sie wissen, dass wir im Medienausschuss und gerade auch wir als Regierungsfraktion diesen Entwurf äußerst kritisch betrachtet haben. Nach wie vor gibt es Kritik, die man an diesem Staatsvertragsentwurf berechtigterweise äußern kann. Das eine ist, dass die verpflichteten Anbieter nicht klar genug definiert sind. Wir hätten sehr gerne die Verpflichtung für eine Klassifizierung, beschränkt auf die Inhalteanbieter und nicht auf alle anderen, nicht auch auf die Access Provider, weil das für diese unüberwindliche Probleme darstellt.
Das ist nach der Formulierung des Staatsvertrages nicht eindeutig, auslegungsfähig, und das finden wir nicht toll. Das zweite ist, dass wir sicherstellen wollen, dass die Web-2.0-Teilnehmer, dass die Plattformbetreiber, die Facebooks und Twitters und alle anderen nicht verpflichtet sein können, 8 oder 10 Millionen Einträge daraufhin zu überprüfen, ob sie jugendfrei sind. Das kann nicht funktionieren, und das ist angeblich auch nicht gewollt, nach der Formulierung des Vertrags ist es aber nicht ganz eindeutig geregelt. Auch da hätten wir Klärungsbedarf, dass man eine rechts- und normenklare Regelung hat, um für Sicherheit im Netz zu sorgen.
Es gibt einige andere Kleinigkeiten, und das alles bewegt uns dazu, nach wie vor diesen Vertrag nicht berauschend zu finden. Aber wir werden etwas machen müssen, und ich prognostiziere uns, dass wir am Ende der Sache zustimmen werden. Ich empfehle aber, dass wir die Kritikpunkte, die wir gemeinsam im Einzelnen haben, die wir als Berliner Parlament auch im Medienausschuss frühzeitig bundesweit geäußert haben, dass wir diese Kritikpunkte mit auf den Weg geben, dass wir in irgendeiner Form deutlich machen, dass wir bei der Evaluation dieses Staatsvertrags – wenn er denn gilt, und er soll innerhalb von drei Jahren evaluiert werden – diese schwierigen und auslegungsfähigen Punkte ganz genau beobachtet wissen wollen und einen Bericht haben wollen, ob es funktioniert, wie es funktioniert. Dann kann man in einer gewissen Zeit der Erprobungsphase schauen, ob man daran erneut was ändern muss.
Also: vorsichtiger Umgang mit dieser Materie, es ist auch ein bisschen Neuland, wir sollten uns nicht verschließen, wir sollten uns aber unsere kritische Haltung an diesem Punkt bewahren und es kritisch weiter begleiten. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben gerade eine Rede gehört, die mit allerlei Floskeln und Allgemeinplätzen über das Thema Wettbewerb dahergekommen ist,
aber mit diesen Floskeln völlig abgelenkt hat von der totalen Konzeptionslosigkeit der SPD –
der FDP in der Europapolitik. Die Konzeptionslosigkeit der FDP in der Europapolitik zeigt sich darin, dass Sie vor den EU-Entscheidungen der Kommission, des Rates und der EU-Institutionen geradezu in Ehrfurcht erstarren – ja, geradezu strammstehen – und dass Sie Leute, die sich an kritischen Diskussionen beteiligten, als Europagegner diffamieren und versuchen, daraus Ihre Vorteile zu ziehen. Liebe FDP! Mit dieser EU-Hörigkeit werden Sie bei den Wahlen nichts gewinnen.
Es ist kein einziger neuer Aspekt in Ihren Anträgen gegenüber dem, was seit den 90er-Jahren als EU-Politik auf der Tagesordnung steht. Darin ist nicht ein einziger Satz über soziale Sicherheit, nicht ein Satz zu den Reaktionen auf Globalisierungsrisiken, die die Leute gern haben wollen, und nicht ein Satz, wie man die Probleme in einer komplizierter werdenden Welt wirklich lösen kann.
Ihre Forderung nach weniger Staat und mehr Markt bedeutet, dass Sie so weitermachen wollen, wie es bisher in den letzten Jahrzehnten gelaufen ist. Sie wollen, dass diejenigen, die die Wirtschaftskrise verursacht haben, genauso weitermachen können, wie sie bisher gearbeitet haben, und das ist nicht die Position der SPD und der Koalition.
Gerne!
Der Unterschied zu Ihrer Kampagne ist, dass wir uns mit Inhalten beschäftigen und zeigen, worum es uns geht und worauf es uns ankommt.
Das ist bei Ihnen eben nicht erkennbar.
Außerdem kann ich nur sagen: Warten Sie mal ab, wie die Kampagne weitergeht! Da wird schon deutlich werden, wo die Unterschiede sind.
Ich werde Ihnen sagen, wo die entscheidenden Unterschiede sind. Es ist auch schon durch Ihren Beitrag deutlich geworden, wo Sie stehen. Es geht um einige Punkte, die in der europäischen Politik außerordentlich problematisch sind und wo es so nicht weitergehen kann. Die Europäische Union verlangt von uns, dass wir bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen keine Tariftreue mehr verlangen, sondern dass wir Dumpinglöhne zulassen, und wir müssen deshalb das Vergaberecht ändern. Das ist eine Auswirkung der europäischen Politik, die wir nicht hinnehmen können. Sie wollen sie offenbar hinnehmen.
Wir müssen zusehen, wie in der Verpackungsregelung liebgewonnene Verbraucherinteressen dadurch kaputtgemacht werden, dass im Interesse eines besseren Marketings von Unternehmen plötzlich unterschiedliche Ver
Mirco Dragowski
packungsgrößen zugelassen werden. Das ist nicht gerade eine verbraucherfreundliche Politik. Wir müssen gewärtigen, dass wir beim Genmaisverbot mit europäischen Sanktionen rechnen müssen, weil die Europäische Kommission die Argumentation der Bundesregierung möglicherweise nicht nachvollzieht. Es gibt andere Beispiele, wo wir deutlich machen werden, dass die Politik der Europäischen Union nicht in allen Fällen den Interessen der Menschen entspricht, und das muss anders werden.
Deswegen in aller Kürze die Forderung, dass wir einen europäischen Sozialpakt brauchen! Dazu hat die Europäische Union noch nicht die Kompetenz. Wir müssen zwischen den Mitgliedsstaaten Vereinbarungen finden, damit wir soziale Mindeststandards gegen Dumpinglöhne und unfairen Wettbewerb erreichen. Das wird mit Ihnen nicht gelingen, das haben wir heute gehört. Dazu benötigen wir andere Bündnispartner. Wir werden versuchen, sie auf europäischer Ebene zu gewinnen.
Ein letzter Satz zum Thema deutsch-polnischer Kulturbeauftragter. Wir haben darüber diskutiert. Es gibt bereits auf Bundesebene mehrere Initiativen, die das Thema abdecken. Es gibt die Beauftragung von Frau Schwan, die mit einem polnischen Gegenüber diese Fragen behandeln soll.
Es gibt auch eine jüngere Initiative des Bundeskulturministers, dass ein Netzwerk für Erinnerung und Solidarität aufgebaut wird. Das sind Sachverhalte, die auf Bundesebene verhandelt und geregelt werden müssen, nicht hier. Deshalb sehen wir keine Veranlassung, Ihrem Antrag zuzustimmen. Auf der Bundesebene ist das richtig angesiedelt. – Herzlichen Dank!
Das, was Sie als Wirtschaftskompetenz für Ihre Partei reklamieren, wird – glaube ich – von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung so nicht akzeptiert,
weil Sie die Aspekte der sozialen Dimension in Ihren Vorstellungen vermissen. Deswegen werden Sie bei der Wahl keinen Blumentopf gewinnen! Es wird aber zu debattieren sein, wie die Regeln zwischen dem Wettbewerbsrecht und den sozialen Standards im Einzelnen austariert werden können. Insoweit gebe ich Ihnen recht: Das ist das Thema der Zukunft. Aber mit Ihnen wird das nicht vorangetrieben.
Die deutsch-polnischen Beziehungen: Ob es notwendig und richtig ist, mit Polen so wie mit Frankreich einen ganz besonderen Austausch zu pflegen und eine besondere, institutionalisierte Zusammenarbeit im Kulturbereich zu schaffen, ist eine Frage, die auf der Bundesebene entschieden werden muss. Das können wir auf Landesebene allein nicht machen. Es kann sein, dass es erforderlich ist, neben den bereits bestehenden Institutionen eine weitere zu errichten. Ich möchte das auf Landesebene nicht entscheiden, weil mehrere Implikationen abgewogen werden müssen, ob man das machen sollte oder nicht. Deshalb sollten wir das, was die Bundesregierung macht, respektieren, nämlich neben der schon bestehenden Institution auf der Ebene des Bundeskulturministers – das ist Bundeskanzleramt – eine weitere, ein Netzwerk für Erinnerung und Solidarität einzurichten. Ich bin der Auffassung, dass es dort gut angesiedelt ist. – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ein bisschen fragwürdig, Herr Dragowski, dass Sie sagen, dass die FDP die Garantin für die Wahrung von Arbeitnehmerrechten in ganz Europa sei.
Da sind die Sozialdemokraten und die sozialistischen Parteien ein Stück weiter!
Ich könnte manche Beispiele von liberalen Beschlüssen im Europäischen Parlament oder auf europäischer Ebene nennen, die nicht so gut zu Arbeitnehmerrechten passen, aber die will ich hier weglassen. Ich will mich mit Ihnen eigentlich auch nicht streiten, weil wir in diesem Punkt ja einig sind.
Berlin hat ein Interesse daran, dass die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der Europäischen Union so bald wie möglich kommt. Wir haben das formuliert, wir haben auch gesagt, dass wir es besser gefunden hätten, wenn die volle Freizügigkeit im Jahr 2009 gekommen wäre. Wir haben das gegenüber der Bundesregierung eingefordert. Wir haben diese Auseinandersetzung leider nicht gewonnen. Das ist das Problem! Wir können jetzt als Abgeordnetenhaus oder als Senat noch wuchtige neue Beschlüsse fassen, aber die Sache ist leider erledigt. Leider zu spät. Wir haben das nächste Datum vor Augen, das ist das Jahr 2011. Wir sollten uns darauf orientieren, dass wir endlich am 1. Januar 2011 die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit in der Europäischen Union haben werden.
Wenn es Überlegungen gibt, diese Frist noch einmal zu verlängern – ich weiß, Sie haben das angedeutet, wir haben das auch an anderer Stelle gehört –, wenn es Überlegungen gibt, mit den Beschränkungen noch über das Jahr 2011 zu gehen, dann allerdings vergreifen wir uns an
den europäischen Interessen, die in Mittel- und Osteuropa definiert sind, die wir definiert haben, auch an den Handelsinteressen und an den sonstigen Beziehungen zu Polen und anderen Ländern. Meine Fraktion warnt dringend davor, diese Frist erneut zu verlängern. Da sind wir mit Ihnen im Prinzip völlig einig.
Was wir aber nicht brauchen, ist, noch einmal so einen Beschluss zu fassen. Die Position des Senats ist klar. Unsere Position ist klar. Es ist jetzt einfach zu spät, die Arbeitnehmerfreizügigkeit für das Jahr 2009 zu fordern. Wir sollten aber gemeinsam als Berlin dafür kämpfen – weil wir das gemeinsame Interesse haben –, dass im Jahr 2011, in gut anderthalb Jahren, die Grenzen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch aus Polen offen sind. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Frau Ströver! In einem Punkt gebe ich Ihnen recht:
Mehr geht heute nicht! – Auch wir hätten sehr gern mit Brandenburg eine Vereinbarung über eine Unterstützung nichtkommerzieller Sender in unserem Sendegebiet. Sie wissen, das haben wir gemeinsam beschlossen. Das war,
wie Sie wissen, aber mit den Brandenburgern nicht zu vereinbaren. Es lag nicht an uns. Es lag nicht am Senat. Es lag an den Interessen Brandenburgs. Deswegen haben wir das noch nicht geschafft.
Ansonsten danke ich Ihnen, dass Sie noch einmal den Inhalt dieses Staatsvertrages vorgetragen haben. Nur die Bewertungen, die Sie abgegeben haben, können so nicht stehenbleiben, denn sie sind so nicht richtig.
Auf den Rechnungshof komme ich gleich! – Das erste Wesentliche, was wir mit dem Staatsvertrag ändern, ist die Verwendung der Gebührenanteile, die der Medienanstalt zustehen, die sie aber nicht verwendet, die sie nicht braucht. Es ist eine jahrelange Übung, dass diese Mittel am Ende des Jahres, wenn sie nicht verbraucht sind, für die genannten Aufgaben an den RBB gehen, die dieser damit erfüllt. Das ist die einzige Neuerung, die wir machen.
Wir machen es nicht am Ende des Jahres, sondern vorher als Vorwegabzug,
damit der RBB auch eine Sicherheit hat. Er will die Mittel verwenden und braucht damit nicht bis zum Ende des Jahres warten. Das ist die wesentliche Änderung dieses Staatsvertrages.
Jetzt kommen Sie aber mit der Kritik und sagen, das darf nicht für Private verwendet werden. Das sagt der Rechnungshof auch. Wir haben das geprüft, und es ist nun einmal so, dass auch mit Gebührenmitteln an bestimmten Stellen eine Förderung privater Initiativen, wie zum Beispiel Filmförderung, gemacht wird. Das führt am Ende auch dazu, dass Private die Mittel dann gebrauchen. Und wir wollen, dass der Rundfunk Berlin-Brandenburg sich auch an der Filmförderung beteiligt. Das kommt am Ende auch Privaten zugute. Auch das ist keine Zweckentfremdung von Gebührenmitteln.
Das ist auch der Wille des Rundfunkstaatsvertragsgebers. Auch weil im Rundfunkstaatsvertrag aller Länder dem Landesgesetzgeber genau dies ermöglicht wird, nämlich über die Verwendung dieser Mittel zu entscheiden, ist das ein rechtmäßiges Verfahren. Der Senat hat richtig verhandelt. Wir werden das als Gesetzgeber nachvollziehen, und es bewegt sich im Rahmen des § 40 des Rundfunkstaatsvertrags der Länder. Das ist das Erste. Ihre Kritik ist in diesem Punkt nicht überzeugend.
Der zweite Punkt, den Sie angeführt haben, dass die Rechtsaufsicht, also der Senat und die Landesregierung, an Sitzungen des Medienrates teilnehmen können: Das ist Usus in den meisten anderen Ländern, und das ist eine
Frage der Kommunikation zwischen Rechtsaufsicht und Medienrat. Es geht überhaupt nicht darum, den Medienrat am Gängelband zu führen, sondern wir wollen die Kommunikation verbessern. Das ist die Interessenlage des Senats.
Die Rechtsaufsicht nimmt auch an Sitzungen des Rundfunkrates des RBB teil. Das ist auch kein Systembruch.
Wir haben gesagt, wir finden es richtig, dass von Zeit zu Zeit die Rechtsaufsicht daran teilnehmen kann, wenn sie das für vernünftig hält. Auch das ist nicht etwa ein Affront gegen das Abgeordnetenhaus – weil Sie sagen, das Abgeordnetenhaus wählt den Medienrat, und dann darf der Senat nicht teilnehmen. Ich kann nicht erkennen, wo ein Affront gegenüber dem Abgeordnetenhaus liegen soll.
Nächster Punkt – das haben Sie gar nicht angesprochen, das liegt uns aber sehr am Herzen – ist die Reform oder der Relaunch des Offenen Kanals. Wir schaffen mit dem Staatsvertrag die Voraussetzung dafür, dass der Offene Kanal auch qualitativ besser, attraktiver wird und für die Zukunft gewappnet sein kann. Wir ändern etwas in der Rechtsaufsicht, damit er unabhängiger arbeiten kann. Wir wollen jedoch nicht etwa – das wurde teilweise gefürchtet – eine Privatisierung des Offenen Kanals. Da gab es einige Missverständnisse. Es wird immer eine öffentliche Aufgabe bleiben. Es wird nur eine andere Rechtsform dafür zur Verfügung stehen.
Ich möchte zum Schluss sagen, dass wir hier keine Konkurrenzen zu Brandenburg aufbauen sollten. Wenn es jetzt eine gewisse Verbesserung für das Filmorchester Babelsberg gibt und wenn dort mit Mitteln, die wir mit zu verantworten haben, etwas gebaut werden kann, dann ist dies vernünftig. Es hat keinen Sinn, die Erbsen gegeneinander aufzurechnen: Was bekomme ich, was bekommst du? Dann kommen wir mit unseren Anliegen, die wir nämlich zum Beispiel bei dem nichtkommerziellen Radio haben, ebenfalls nicht weiter. Also, lassen Sie uns nicht so kleinkrämerisch aufrechnen, was Berlin und was Brandenburg bekommt! Ich glaube, der Staatsvertrag ist für die Medienregion Berlin-Brandenburg richtig. – Danke!
Frau Ströver! Wenn es darum ginge, fachlich in die Arbeit des Medienrates einzuwirken oder gar irgendetwas vorzugeben, was er machen soll, wäre auch ich dagegen. Das geht ohnehin nicht. Das Einzige, was geht, ist die Rechtsaufsicht. Das steht im Vertrag. Das steht in den Grundlagen.
Deswegen kann der Senat sowieso nichts anderes machen, als zu gucken, ob der Medienrat sich im Rahmen des Staatsvertrages bewegt, nichts anderes.
Etwas anderes können wir hier auch nicht machen. Wir können doch dem Medienrat, nur weil wir ihn wählen, auch nicht sagen, welche Entscheidungen er treffen soll. Es ist gar kein Fall denkbar, in dem irgendeine Entscheidungsbefugnis des Abgeordnetenhauses dadurch weggenommen ist, dass der Senat als Rechtsaufsicht dort drinnen sitzt.
Ich kann mir keinen Fall vorstellen, deswegen sind hier die Rechte nicht verkürzt. Es geht nur darum, dass der Medienrat vielleicht ein bisschen mehr darüber erfährt, was tatsächlich in dem, was wir medienpolitisch wollen, an Vernünftigem umzusetzen ist, und da wäre ich sehr
dafür, die Kommunikation zwischen der Politik insgesamt und dem Medienrat zu intensivieren.
Ich weiß, dass das Interesse beim Medienrat auch in dieser Richtung besteht, und das werden wir auch nutzen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das EUSozialpaket, das von der Kommission vorgelegt wurde, ist ein kleiner Trippelschritt hin zu einem sozialeren Europa.
Ja, das stimmt, es sind einzelne Aspekte enthalten, die durchaus begrüßenswert sind! – Aber dieses Paket ist nicht annähernd hinreichend und geeignet, die Mindestanforderungen für ein sozialeres Europa zu erreichen.
Es bleibt weit hinter den aktuellen Anforderungen, die wir angesichts weltweiter Entwicklungen haben, zurück. Deshalb ist es an mehreren Punkten grundlegend zu überarbeiten.
Frau Kollegin Michels hat im Einzelnen dargelegt, dass wir vier Punkte herausgegriffen haben, an denen wir noch erheblichen Verbesserungsbedarf sehen. Das bedeutet nicht, dass alles andere abgesegnet ist, das bedeutet aber vor allem nicht, Herr Scholz, dass wir uns für die besseren und umfassenderen Sozialpolitiker auf europäischer Ebene halten. Wir können jetzt nicht das gesamte EUSozialpaket im Abgeordnetenhaus von Berlin neu formulieren, sondern wir müssen die aus landespolitischer Sicht erforderlichen Veränderungen formulieren und einbringen. Das ist unsere Pflicht. Der verweigern Sie sich, Herr Scholz! Das ist leider Ihr Problem.
Sie bleiben damit übrigens auch hinter den Positionen Ihrer Parteifreunde in den anderen Bundesländern zurück.
Dieser Antrag befasst sich mit der Frage, wie die entscheidenden sozialen Mindeststandards in den Mitgliedsländern in aktuellen Entscheidungen der Kommission und des Europäischen Gerichtshofs behandelt werden. Wir geben zu, es ist eine Reaktion auf verschiedene Urteile des EuGH, die mehrfach angesprochen wurden, in denen eindeutig soziale Rechte in der Bundesrepublik den Grundfreiheiten des EU-Vertrages angepasst werden. Wir lassen es nicht zu, dass soziale Standards den Grundfreiheiten des EU-Vertrages untergeordnet werden! Das ist der entscheidende Punkt.
Wir geben zu, dass wir, ausgehend von diesem Problem, gesagt haben, dass wir uns zum Sozialpaket äußern müssen.
Jetzt will ich Ihnen kurz zeigen, wie sich die Europaminister aller Länder am 6. November in Berlin geäußert haben. Das ist völlig konträr zu dem, was Sie, Herr Scholz, für die CDU heute formuliert haben. Deswegen ist nicht irgendjemand auf der Regierungsseite in der Isolation, sondern Sie sind, was die Europapolitik betrifft, in der Isolation! Die Berliner CDU ist in der Isolation!
Ich nenne Ihnen zwei Sachverhalte: Die Europaminister und -senatoren der Bundesländer erkennen an, dass es Aufgabe der Mitgliedsstaaten und ihrer Untergliederung
ist, Art, Umfang und Qualität der Dienstleistung von allgemeinem Interesse festzulegen. Sie sagen weiter, dass das europäische Vergabe- und Beihilferecht zu einer erheblichen Verkomplizierung der Rechtslage bei den Dienstleistungen von allgemeinem Interesse beiträgt. Den Kommunen entstehen dadurch hohe Kosten. Die Europaminister haben genau das aufgegriffen, was auch wir mit unserem Antrag machen. Das ist der richtige Weg. Wir wollen diese Entwicklung, diese Diskussion auf Bundesebene unterstützen. Wir als Regierungsfraktionen tun das, Sie sind leider nicht dabei. Dabei behaupten Sie von sich, große Europäer zu sein. Ein kleiner Widerspruch, nicht ganz schlüssig, was Sie hier vortragen! – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Leider, Frau Ströver, muss ich Ihnen sagen, dass Sie hier mit Ihren Thesen eine ziemlich unverfrorene Irreführung der
Öffentlichkeit betreiben. Man muss alle Ihre Behauptungen zurückweisen.
Ich hätte mir gewünscht, dass wir gemeinsam für eine Zukunft von Radio Multikulti, einem Integrationsradio kämpfen, aber Sie kündigen diese Gemeinsamkeit auf. So wird das nichts.
Wir haben von Anfang an klargemacht, dass Radio Multikulti ein unverzichtbares Programm für diese Stadt ist. Es ist für die Berlinerinnen und Berliner mit Migrationshintergrund wichtig und genauso wichtig für diejenigen ohne Migrationshintergrund. In beiden Fällen ist es eine Bereicherung. Es werden gegenseitig Kulturen einander nähergebracht, und zwar auf einem relativ hohen qualitativem Niveau. Deswegen ist diese Welle ein Gewinn für die Stadt. Sie ist gut für die Stadt.
Radio Multikulti ist auch profilbildend für den RBB. Es gehört neben Inforadio, Radio Eins und Fritz zu den Qualitätswellen, die bundesweit Maßstäbe setzen. Andere orientieren sich daran. Diese Welle trägt für relativ wenig Geld zur Erkennbarkeit und zum inhaltlichen Profil des Senders bei, und auch deshalb ist sie von Vorteil.
Wir werden daher heute einen erneuten Appell beschließen, mit dem die Intendanz aufgefordert wird, diese Welle zu erhalten, und es wird in diesem Haus sicherlich eine breite Mehrheit dafür geben.
Aber gleichzeitig dürfen wir nicht die Augen vor den Realitäten verschließen. Frau Ströver! Sie suggerieren, der Senat habe eine Einflussmöglichkeit in der Frage, ob Radio Multikulti bestehen bleibt. Der Senat hat aber keine Einflussmöglichkeit. Er hat weder vorher, noch während oder nach dieser gesamten Geschichte eine Möglichkeit, hierbei Einfluss zu nehmen, sondern es ist eine Sache der Intendanz. Der Senat kann das nicht an sich ziehen.
Genauso wenig kann das Abgeordnetenhaus die Sache an sich ziehen. Es kann appellieren und seine Position deutlich machen, aber es kann diese Frage nicht entscheiden. Dann sagen Sie – wiederum entgegen den Tatsachen –, jetzt sei der Rundfunkrat am Zuge. Der RBB hat eine Intendantenverfassung, und die haben wir aus gutem Grund so festgelegt. Der Rundfunkrat hat keine Kompetenz, diese Frage an sich zu ziehen.
Er hat sie nicht. – Er kann beraten. Selbst wenn er diese Kompetenz hätte, wäre im Rundfunkrat eine Mehrheit für die Schließung von Radio Multikulti, wie sich in der letzten Sitzung gezeigt hat. Wir haben es erneut versucht. Die Mehrheit folgt der Intendantin bei der Schließung von
Radio Multikulti. Das möchte ich zur Klärung beitragen, nachdem Sie hier diese Nebelkerzen geworfen haben.
Nein, das müssen wir hinterher machen. Meine Redezeit ist leider zu kurz.
Das geht schon.
Wir haben also die Situation, dass weder Senat noch Abgeordnetenhaus oder Rundfunkrat diese Sache entscheiden können, sondern entscheiden kann das nur die Intendantin. Sie hat sich festgelegt. Wir können hier appellieren, aber die Intendantin ist am Ende diejenige, die entscheidet.
Deswegen möchte ich dringend darum bitten, dass wir in der Frage „Integrationsradio in Berlin“ in die Zukunft schauen. Aus diesem Grund haben wir schon seit längerem versucht, die Rahmenbedingungen für den RBB zu verbessern, und es ist auf die Initiative Berlins und Brandenburgs zurückzuführen, dass die Ministerpräsidenten den Beschluss gefasst haben, dass es einen Finanzausgleich zwischen den Anstalten der ARD geben muss. Ein echter Strukturausgleich und eine Ausgleichsmaßnahme für die nicht selbst verschuldeten Einbußen des RBB sind überhaupt die Voraussetzung für ein dauerhaftes Qualitätsprogramm. Dafür streitet der Regierende Bürgermeister, und dafür streiten auch wir in den Koalitionsfraktionen.
Das ist unsere Aufgabe, und ich appelliere an Sie, dass wir gemeinsam für eine dauerhafte Besserstellung des RBB streiten und die Möglichkeiten für ein qualitätsvolles, regionales Integrationsradio in Berlin eröffnen – wie auch immer das am Ende aussehen mag. Ich würde mir wünschen – falls die Intendantin dabei bleibt, die Welle zu schließen –, dass bei Funkhaus Europa ein möglichst weites Berliner Fenster eingerichtet wird. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass man andere Lösungen findet. Ich appelliere an alle, die interkulturelle Verständigung wollen – und das ist die Mehrheit oder vielleicht sogar das gesamte Haus –, nach Alternativen zu suchen, wie man am Ende ein Qualitätsradio in Berlin etablieren kann. – Herzlichen Dank!
Frau Ströver! Erstens: Unser Antrag geht weiter als Ihr Antrag. Wir sagen, dass wir Radio Multikulti erhalten wollen. Sie wollen nur ein Moratorium. Ich verstehe nicht, wieso Sie dabei von einem Minus sprechen können. Unser Ziel ist es, ein Qualitätsintegrationsradio in Berlin zu erhalten, und zwar nicht nur für ein Jahr, sondern dauerhaft.
Zweitens: Selbstverständlich entscheiden wir im Rundfunkrat über den Wirtschaftsplan des RBB. Ich werde im Finanzausschuss dazu beraten, und wir werden im Rundfunkrat vermutlich am 4. Dezember dazu eine Entscheidung haben. Deswegen wird man in diesen Sitzungen genau prüfen, ob der Wirtschaftsplan die richtigen Prioritäten setzt oder nicht. Das ist meine Aufgabe – unter anderem –, und die werde ich erfüllen. Aber nachdem in der letzten Sitzung des Rundfunkrats eine glasklare Mehrheit dokumentiert hat, dass sie hinter der Schließungsentscheidung der Intendantin steht, kann ich Ihnen jetzt schon sagen, wie die Abstimmung zu dem Wirtschaftsplan aussehen wird. Das wissen auch Sie. Nun kann man sagen: Wir versuchen es noch mit allen möglichen Initiativen. – Das machen wir. Wir appellieren hier. Da besteht auch kein Widerspruch. Wo ist da ein Widerspruch? – Wir wissen genau, dass wir im Abgeordnetenhaus die Sache nicht entscheiden können, und beschränken uns auf den Appell, den wir allein vornehmen können. Jetzt geht es darum, einen Versuch zu starten, bei den Wirtschaftsplanberatungen deutlich zu machen, dass es Alternativen gibt. Wir werden das prüfen und dann gegebenenfalls auch einbringen.