Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kohlmeier! – Das Wort für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Zimmer. – Bitte!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kohlmeier! Wenn ich mich nicht täusche, sind Sie auch Jurist, und da lernt man schon im ersten Semester: Lesen fördert die Rechtsfindung. In diesem Fall hätte es Ihnen auch geholfen, den Antrag zu lesen, dann hätten Sie mitbekommen, was wir fordern, nämlich dass der Drogenfachbereich dort bleibt, wo er im Augenblick ist, in Plötzensee. Dafür gibt es auch gute Gründe. Hier zu sagen, wir wollten den Drogenfachbereich in Berlin gar nicht haben, ist entweder Unkenntnis
Zu der Verlagerung der Haftplätze muss man sagen, es gibt gute Gründe dagegen, Frau Senatorin! Fangen wir einmal mit den notwendigen Umbaukosten an! Es ist ja nicht so, dass man die Inhaftierten aus dem Drogenfachbereich ohne Weiteres nach Lichtenrade verlegen könnte, ohne dort zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen. Sie wissen, Sie haben für 2,7 Millionen Euro in Plötzensee eine Überwurfanlage errichtet, und eine solche brauchen Sie auch in Lichtenrade. Das Problem dort ist doch bekannt: Jeden Morgen gehen die Vollzugsbeamten dort das Umfeld der Haftanstalt ab, um die übergeworfenen Dinge einzusammeln, die sie finden. Was glauben Sie, was da los ist, wenn Sie dort den Drogenvollzug haben! Sie können davon ausgehen, dass diejenigen, die – auf einem Wege, der eigentlich nicht vorgesehen ist – dafür sorgen, die Versorgung der Insassen sicherzustellen, dort Schlange stehen.
Zweiter Punkt: Sie brauchen Besucherräume. Diese haben Sie in der Untersuchungshaftanstalt bislang nur in geringem Umfang, denn Untersuchungshäftlinge haben in der Regel Kontakteinschränkungen. Das ist, wenn Sie Inhaftierte mit einem Drogenhintergrund haben, nicht der Fall. Sie haben in Plötzensee Gruppenbesucherräume. Die Häftlinge haben die Möglichkeit, sich in größeren Gruppen zu unterhalten. Sie haben Räume, in denen Sie entsprechende Überwachung haben. Das alles haben Sie in Lichtenrade nicht. Da entstehen Kosten.
Sie haben im Drogenfachbereich Inhaftierte, die in der Regel ein pathologisches Befundbild haben, entweder weil sie drogenabhängig sind oder es waren oder entsprechende Begleitkrankheiten haben. Sie haben in Plötzensee das Haftkrankenhaus um die Ecke. In Lichtenrade haben Sie gerade mal eine Krankenstation, die halbtags besetzt ist. Auch das führt doch dazu, dass Sie das Problem bekommen, beispielsweise bei der Verabreichung von Substitutionsstoffen, dass Sie die dort vor Ort ohne die entsprechenden Änderungen nicht sicherstellen können.
Dritter Punkt: Die Inhaftierten müssen geschult werden und zur Ausbildung. In Lichtenrade ist es im Augenblick so, da findet keine richtige Schulung bei den Untersuchungshäftlingen statt. Da kommen mal ein oder zwei Lehrer von der Elisabeth-Rotten-Schule und machen so eine Art Unterricht. Sie müssten also dann die Inhaftierten jeden Morgen aus Lichtenrade nach Plötzensee schaffen, um sie dort zu beschulen und einer Ausbildung zuzuführen. Ein unglaublicher Zirkus, den Sie dort veranstalten wollen!
Nein, möchte ich nicht! – Vollzugslockerungen gibt es natürlich bei den Inhaftierten mit einem Drogenhintergrund anders als per Definition bei den Untersuchungshäftlingen. Es ist natürlich so, dass sie dort Freigang haben werden. Das können Sie gar nicht ausschließen. Und daher kommen natürlich auch die begründeten Ängste der Lichtenraderinnen und Lichtenrader, weil sowohl der Besucherverkehr hinein, der bekanntermaßen auch durchaus szenetypisch ist, als auch der Verkehr heraus aus der Haftanstalt möglicherweise Probleme mit sich bringt. Diese Sorgen muss man ernst nehmen. Dann stellt man sich natürlich schon die Frage, wenn wir im unmittelbaren Umfeld die Drogenhilfeeinrichtung Tannenhof haben, ob das so eine glückliche Konstellation ist, dann daneben den Vollzug der Drogenhäftlinge hinzustellen.
Zu der Frage Arrest und ob Sie zusätzliche Arrestplätze brauchen, möchte ich nur Folgendes anmerken: Sie könnten die Arrestplätze natürlich sinnvoller ausnutzen, wenn man sich nicht nur an zwei Tagen zum Arrest stellen könnte. Dann könnten Sie nämlich die Kapazitäten dieser Anstalt ganz anders nutzen, als wenn diejenigen, die für einen Tag kommen, am Donnerstag sich stellen, dann bis zum nächsten Dienstag einen leeren Haftplatz hinterlassen. Damit könnten Sie einige Probleme lösen. Sie könnten einige Probleme lösen, wenn Sie sich mal angucken, wie hoch der Anteil des Beugearrests an den Arrestanten ist. Das sind nämlich diejenigen, die gar nicht zu einer entsprechenden Maßnahme verurteilt worden sind, sondern die, weil sie andere Maßnahmen nicht befolgen, zum Beugearrest dann dort hingebracht werden bzw. dort antreten müssen.
Das Problem der Geschlechtermischung haben Sie natürlich. Darauf hatte ich Sie schon mal angesprochen. Eine völlig aberwitzige Vorstellung, mit dem Haus 8 mitten in der Justizvollzugsanstalt in Plötzensee plötzlich Männlein und Weiblein in diesem Umfeld zu haben! Wollen Sie denn da meterhohe Sichtblenden hinbauen? – Ja, gut, klar, mit Ihrem Shuttleservice, den Sie planen, um dann auch die Arrestanten quer durch die Justizvollzugsanstalt zu fahren, damit sie auch gar nicht mit den Inhaftierten in Kontakt kommen, was Sie aber durch die unmittelbare Nähe nicht werden vermeiden können. Da frage ich mich natürlich auch: Ist das eigentlich mit den Vollzugszielen des Arrests vereinbar, dass Sie das mitten in eine Jugendstrafanstalt stellen? Ist es das, was Sie mit dem Arrest erreichen wollen? So habe ich ihn während meiner Ausbildung nicht verstanden. Ich glaube, dass das wirklich kontraproduktiv ist.
Wenn ich mir das alles angucke, dann sage ich: Es hat logistisch und vom Vollzug her wenig Sinn, was Sie dort vorhaben. Wenn ich dann aber auch noch höre, dass offensichtlich der Neubau der Jugendarrestanstalt aus Ihrem Hause infrage gestellt wird und es in Ihrem Hause Planungen gibt – von einem Abteilungsleiter, der dafür zuständig ist, so gesagt –, das Haus 8 zu sanieren, in dem
der Drogenfachbereich ist, um dort die Arrestanten zu belassen, dann frage ich Sie, Frau von der Aue: Warum machen Sie dann diesen ganzen Zirkus und machen nicht das, was sinnvoll und richtig ist? Bringen Sie die Untersuchungshäftlinge aus Lichtenrade nach Plötzensee zu den anderen, wo sie hingehören, sorgen Sie dafür, dass das Haus 8 saniert wird, damit der Drogenfachbereich dort ist, wo er hingehört, und nutzen Sie in Lichtenrade die dann frei werdende Jugendstrafanstalt für die Arrestanten, dann haben die eine ordentliche Unterbringung, da haben sie auch schöne Freizeitmöglichkeiten, können Sie sich die entsprechenden Investitionskosten auch sparen!
Und alle wären zufrieden. Eine sachgerechte Lösung, der Sie sich nicht verschließen sollten! – Herzlichen Dank, meine Damen und Herren!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Zimmer! – Für die Linksfraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Dott das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, die Gemüter beruhigen sich wieder ein bisschen. Herr Zimmer! Zwei Worte zu Ihren Argumenten: Geschlechtermischung – die Mittwochszahlen von gestern sagen, dass es genau 26 männliche und 3 weibliche Arrestanten gibt. So weit zu den Zahlen und der Geschlechtermischung!
Andere Dinge waren für mich auch schwer nachvollziehbar. Ich begrüße auch den Personalrat, der hier zuhört und sicherlich auch Wortgeber einiger Formulierungen in Ihrem Antrag gewesen ist.
Der Anlass zu dieser Thematik insgesamt ist zunächst positiv. Die Belegung im Jungendstrafvollzug sinkt. Wir können uns darüber ja freuen. Selbstverständlich bedeutet das auch, dass die Verwendung von Haushaltsmitteln dem angepasst werden muss. Dabei muss es erlaubt sein, sowohl die Struktur des Jugendvollzugs als auch die Schwerpunktsetzung kritisch unter die Lupe zu nehmen. So weit, so gut, denke ich. Das hat die Justiz auch getan. Dabei sind Vorstellungen herausgekommen, die sowohl Umzüge ganzer Vollzugsbereiche als auch Sanierungen von maroden Gebäuden vorsehen. – Ich erspare mir jetzt wirklich, das zu wiederholen, was mehrere Redner vor mir gesagt haben, was Frau von der Aue übrigens auch
erläutert hat. In Klammern: Dabei war die Rede davon, dass das Haus 8 nicht saniert werden soll, weil das zu teuer ist, sondern dass es als Interimslösung so lange fungieren muss, bis es dann geschlossen wird bzw. als Ersatzbau für mögliche Erweiterungen, wenn die Zahlen doch wieder steigen sollten, dann zur Verfügung stehen soll. Da haben Sie einfach nicht hingehört, Herr Zimmer!
Es wird eingeschätzt, dass die Einrichtung Kieferngrund relativ neu und gut gesichert ist. Die ist ja erst von ’97, und die wollen Sie jetzt schließen. Auf der anderen Seite erinnere ich mich an die Diskussion um den Neubau in Großbeeren. Es passt alles nicht zusammen. Es ist dort gerade für eine drogenbehaftete Klientel geeignet, wenn noch entsprechende Bedingungen zusätzlich geschaffen werden. So wie es jetzt ist, geht es natürlich nicht. Das würde ich auch so sehen, aber wie wir gehört haben, sind da schon Maßnahmen geplant. Gegenwärtig ist diese Einrichtung mit 43 U-Häftlingen besetzt. 80 Plätze gibt es da. Das Haus ist nicht ausgelastet. Ich finde, es ist legitim, darüber nachzudenken, wie man das besser machen kann. Die U-Häftlinge sollen übrigens, so wie Sie das in Ihrem Antrag auch fordern, ins Haus 9 nach Charlottenburg. Da befindet sich ja bereits u. a. ein U-Haftbereich. Es ist nachvollziehbar, dass die Möglichkeit zur Beschäftigung am Standort der Hauptanstalt besser ausgebaut ist und auch erweitert werden kann und auch muss, wenn es mehr Untersuchungshäftlinge gibt. In jedem Falle werden die Transportwege verkürzt, oder sie entfallen ganz. Zu den Gerichtsterminen verkürzen sie sich jedenfalls. Haus 8 zu sanieren, das habe ich schon gesagt, das wäre viel zu kostenintensiv. Mir ist die Zahl 3,8 Millionen Euro bekannt, die dafür gebraucht würde.
Es macht keinen Sinn, in diesem Zusammenhang auf Kieferngrund zu verzichten. Die Kostenaufstellung kann und wird von uns sicherlich im Rechtsausschuss noch mal geprüft werden. Das kann man noch mal gegeneinanderstellen. Was ich bisher gesehen habe, scheint mir plausibel zu sein.
Seit längerer Zeit wird sich v. a. vom Personalrat kritisch zu diesen Plänen geäußert. Auch ich hatte öfter Kontakt. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass man den Personalrat zu spät in die Erarbeitung einbezogen hat. Jedenfalls wurde mir berichtet, dass sie es mit vollendeten Tatsachen zu tun bekommen haben. Das mag stimmen oder nicht. Ich finde es allerdings schade, wenn es nicht gelingt, die notwendige Transparenz in die Veränderung von Lebensumständen zu bringen. Schließlich sind die Bediensteten sehr dicht an den Problemen dran. Aber ein Teil der Kritik kommt sicher auch daher, dass sich Bedienstete auf einen anderen Arbeitsort einrichten müssen, denn es wird sicherlich nicht so sein, dass die, die jetzt in Kieferngrund sind, da unbedingt bleiben müssen. Die werden sicherlich mit der Klientel weiter zu tun haben, die sie jetzt auch betreuen, und genauso im umgekehrten Falle. Man kann Dinge einsehen, wenn man sie versteht. Ich erwarte, dass die Bedingungen so gestaltet werden, dass die jungen
Gefangenen eine bestmögliche Behandlung für einen erfolgreichen Start in die Zeit danach erhalten. Ich glaube, das ist auch im Interesse der Bediensteten.
Absolut unangemessen finde ich allerdings die CDUVertreter, die das Vorhaben ohne Abwägung und sachliche Auseinandersetzung – Herr Zimmer, das war nicht sachlich, was Sie hier erzählt haben – instrumentalisieren und die Wohnbevölkerung mit wohlfeilen Stammtischparolen gegen einen sogenannten Drogenvollzug auf die Barrikaden bringen und verängstigen.
Ich habe heute im „Kurier“ gelesen, dass Herr Dragowski mit einem Stand irgendwo steht und die Leute fragt: Wollen Sie einen Drogenvollzug in Lichtenrade? – Ich weiß nicht, ob Juristen schon mal was von Suggestivfragen gehört haben.
Ich bin keine Juristin, aber so was ist einfach unter aller Kanone, auf die Art Wahlkampf zu machen, davon abgesehen, dass er wahrscheinlich vom Thema gar keine Ahnung hat.
Man muss die Sorgen und Nöte von Anwohnern ernst nehmen. Richtig! Man muss ihnen erklären, was da passiert. Richtig! Wenn ich etwas nicht weiß, dann kann ich es auch nicht verstehen. Deswegen erwarte ich und höre ja auch, dass die Senatsverwaltung diese Einwohnerversammlung schon geplant hat. Das ist eine notwendige Arbeit, die zu leisten ist. Vielleicht hätte es etwas früher sein sollen. Dann hätte man sich dieses ganze Theater hier ersparen können.
Ich glaube, dass wir diesen Antrag am Ende sorgfältig im Rechtsausschuss beraten werden. Wir haben es schon länger beantragt. Dazu ist vorhin von Herrn Kohlmeier schon etwas gesagt worden. In diesem Sinn: Lassen Sie dieses Wahlkampftheater – es ist ein ungeeigneter Gegenstand!
Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Abgeordnete Dr. Behrendt das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Beide Seiten, die hier gesprochen haben, machen mich unglücklich.
Zum einen, werte Kollegen von CDU und FDP, sind wir in der Sache ziemlich nahe bei Ihnen. Aber der Ton, den
Frau Senatorin und Herr Kohlmeier! Ich glaube, dass Ihre Herangehensweise an dieses Problem inadäquat ist. Frau Senatorin! Hier zu sagen, es gebe überhaupt keine Alternative, alles, was ich mache, ist immer nur richtig, und deswegen brauchen wir auch nicht darüber zu diskutieren, ist ein Politikstil, der nicht gerade zielführend ist. Und dann ist da noch Herr Kohlmeier, der sich mit den FDPVertreterinnen und -Vertretern in Kleinkriegen verkämpft, anstatt in der Sache darzulegen, warum der geplante Umzug sinnvoll sein soll. Ich glaube, auch das kann nicht der richtige Weg sein.
Frau von der Aue! Auch das mit der Jugendarrestanstalt ist mal wieder ein beredtes Zeugnis für Ihre Unfähigkeit, die Probleme wirklich anzugehen. Wir wissen seit drei Jahren, dass wir es hier mit erheblichen Abweisungen zu tun haben, dass die Leute dort morgens hinkommen und dann wieder nach Hause geschickt werden. Der pädagogische Effekt einer solchen Maßnahme erschließt sich niemandem. Und Sie stellen sich heute hin und erklären uns auch noch, dass das Problem nicht etwa angegangen wurde und dass die Zahlen geringer geworden sind, sondern dass es eine kontinuierliche Steigerung der Zurückweisungen gebe.
Ich glaube, die Zustände in der Jugendarrestanstalt sind extrem unbefriedigend. Da hätte längst etwas passieren können. Wir haben eine entspannte Situation in der Jugendstrafanstalt. Warum nutzen Sie nicht längst die freien Kapazitäten dafür? Sie wollen doch, dass sie jetzt dorthin umziehen. Das ist längst möglich. Das hätte schon im letzten Jahr passieren können, dass Sie die Arrestantinnen und Arrestanten dorthin laden und den Arrest dort vollstrecken, anstatt 265 Jugendliche wieder zurückzuweisen.
Zu der Frage der Drogenfachabteilung: Auch wir finden es fachlich nicht überzeugend, angesichts des großen Leerstands in der Jugendstrafanstalt diese Verlagerung vorzunehmen. Wir halten es für viel sinnvoller, die UHaft in die Jugendstrafanstalt umzuziehen und dort die gesamten Strafhäftlinge und die U-Häftlinge unterzubringen. Dann würde das Kieferngrundgelände frei. Die Idee, dort die Jugendarrestanstalt unterzubringen, ist nicht so abwegig, denn sie sind ohnehin dort am Ort. Das Argument, dass dies übersichert sei, ist zwar richtig, aber es kann doch keine Alternative sein, dass wir, nur weil es übersichert ist, eine völlig neue Anstalt auf der anderen Straßenseite bauen. Lassen Sie sie doch in diese Einrichtung einziehen, und dann kann man mittelfristig darüber nachdenken, ob man diese 3,50 Meter hohe hässliche Mauer und die Sicherungsanlagen für die Arrestanstalt überhaupt braucht. Dann könnte man langfristig – das wäre ein Schritt mutiger und liberaler Rechtspolitik – die Mauern dort abreißen.