Protokoll der Sitzung vom 08.03.2007

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ich sehe große Zustimmung von der Mitte bis zur linken Seite, leider noch nicht auf der rechten,

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

obwohl Sie komplett gegen das Großkraftwerk sind. Mal gucken, ob uns Herr Schmidt konkrete Alternativen verkünden kann, die über Überschriften hinausgehen. Ich bin sehr gespannt. – Wir haben hiermit einen konkreten politischen Vorschlag. Die Firma Vattenfall soll uns ein vernünftiges Angebot machen, wie man eine Milliarde € energieeffizient ausgeben kann. Dann bringen wir die Stadt wirklich weiter. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Als nächster Redner hat der Kollege Wilke für die CDUFraktion das Wort. – Bitte schön, Herr Wilke!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Buchholz! Zum Thema „Meinungswandel“ sage ich Ihnen Folgendes: Die SPD und die Linksfraktion haben hier im Haus am 6. April 2006 – das ist noch kein Jahr her – Folgendes beschlossen – ich darf mit Ihrer Erlaubnis zitieren, Herr Präsident? –:

Die erfolgreiche Klimaschutzpolitik des Senats soll durch ein neues Landesenergieprogramm fortgesetzt und entsprechend der neuen Herausforderung weiterentwickelt werden. Es soll deutlich über die bisherigen Maßnahmen hinausgehen, damit die beschlossene CO2-Reduktion um 25 % bis 2010 noch erreicht werden kann.

Lassen wir einmal die peinliche Huldigung im ersten Satz des Beschlusses außen vor, richten wir unsere Aufmerksamkeit auf die Kernaussage des Beschlusses, das ist die CO2-Reduktion. Danach wäre der uns heute vorliegende Antrag der Grünen eigentlich überflüssig, da der Neubau eines Kohlekraftwerks nach Ihrer eigenen Beschlusslage niemals die Unterstützung des rot-roten Senats erfahren dürfte. Dennoch liegt der Antrag von den Grünen vor. Ein weiterer Antrag zu diesem Thema folgt von der FDP. Anscheinend sind beide Fraktionen überaus skeptisch gegenüber der Koalition. Dieser Skepsis können wir uns nur anschließen.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Reichte doch die bloße Ankündigung von Vattenfall, eine Milliarde € in die Hand zu nehmen, um ein supermodernes Kohlekraftwerk in Berlin zu errichten, dem SPDFraktionschef Müller vollkommen aus, dieses an diesem Ort, bei der letzten Plenarsitzung, vollkommen kritiklos hinzunehmen. – Leider ist Herr Müller nicht da. Er hatte für die SPD gesprochen. – Da haben Sie, meine Damen und Herren von der SPD, darauf abgestellt, dass der Neubau von Klingenberg auf Steinkohlebasis Arbeitsplätze

sichere, und so die wirtschaftspolitische Kompetenz Ihrer Partei herausgearbeitet und untermauert.

Aber die Zeiten sind längst vorbei, in denen wirtschaftspolitische und umweltpolitische Kompetenz nebeneinander herlaufen sollten. Es ist unzulässig, den Erhalt von Arbeitsplätzen gegen den Umweltschutz auszuspielen.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Es ist vielmehr geboten, endlich zu begreifen, dass wirtschaftliche Kompetenz den Umweltschutz nicht außen vor lassen darf, nicht länger außen vor lassen kann. Natürlich ist eine Standortentscheidung von Vattenfall mit einer hohen Investition für Berlin wünschenswert. Natürlich sollen Arbeitsplätze erhalten werden und möglicherweise neue entstehen, aber es muss auch – gerade vor dem Hintergrund des letzten Weltklimaberichts – möglich sein, bei einem solchen Vorhaben den umweltpolitischen Aspekt maßgeblich mit einzubeziehen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Bravo! von der CDU]

Da ist es vollkommen legitim, auch einmal kritisch an Vattenfall heranzutreten und mit ihm gemeinsam zu einer Lösung zugunsten einer umweltfreundlichen Variante zu kommen.

[Daniel Buchholz (SPD): Haben Sie eben zugehört?]

Hören Sie jetzt einmal zu! – Ein solches Gespräch werden wir seitens der CDU-Fraktion mit Vattenfall führen, zugunsten des Standorts, zugunsten der Arbeitsplätze und zugunsten des Klimaschutzes.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Und jetzt zu Ihrer Frage, ob wir zugehört haben! Heute relativieren Sie schon ein wenig die Aussagen Ihres Fraktionschefs von vor 14 Tagen. Er hat das kritiklos im Raum stehen lassen.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Er hatte schon immer eine andere Auffassung!]

Das ist ein erstaunlicher Meinungswandel der SPD innerhalb der letzten 14 Tage, von der letzten Plenarsitzung bis heute. „Meinungswandel“ – das war Ihr Wort hier.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Herr Buchholz hat das schon immer vertreten!]

Herr Buchholz hat dazu noch gar nichts vertreten. Er hat heute zum ersten Mal dazu gesprochen.

Der Antrag der Grünen zielt allerdings in eine unsachgemäße Richtung, indem ein Energieversorgungskonzept für Berlin gefordert wird. – Ein Energieversorgungskonzept für eine Region, meine Damen und Herren von den Grünen, war etwas, was eigentlich in die Zeiten gehörte, als Berlin in Ost und West getrennt war und der Westteil der Stadt ein Inseldasein führte. Zu jener Zeit traten Sie noch als Alternative Liste in Berlin an. Heutzutage haben wir

einen globalisierten Strommarkt, also eine Situation, bei der der Standort eines Kraftwerks nichts mehr mit der Örtlichkeit des Verbrauchs zu tun hat. Insofern ist es vollkommen unbedeutend, ob ein neu gebautes Kraftwerk Strom für den Berliner Markt oder Strom für einen anderen Ort produziert. Bedeutend ist, welche Art Kraftwerk es ist. Beispielsweise wäre ein Neubau eines modernen Gaskraftwerks in Berlin, das auch Strom über den regionalen Bedarf hinaus produziert, eine großartige, unterstützenswerte Investition für diese Stadt. Die Kernfrage ist also die klimaschonende Energieerzeugung. Und das ist etwas, was – –

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Sie müssen jetzt zum Schluss kommen, Herr Kollege!

Leider kann ich nicht auf die anderen drei Anträge eingehen, die Redezeit ist zu kurz. Aber das ist die I. Lesung, wir werden dazu noch im zuständigen Fachausschuss Gelegenheit haben. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Kollege Wilke! – Das Wort für die Linksfraktion hat Frau Platta!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Viel wird in letzter Zeit zum Thema „Klimaschutz“ gesprochen, hier und überall draußen. Immerhin hat das dazu geführt, dass sich schon 92 % der Bundesbürger zu einem klimaschonenden Verhalten bereit erklärt haben, sei es mit der Verwendung von Energiesparlampen, sei es bei der Heizungsanlage oder mit dem Umschauen nach verbrauchsarmen Autos. Oder sie überlegen, ob jedes Jahr Urlaubsflüge notwendig sind.

Bei dem Thema sind Menschen über soziale und politische Grenzen hinweg betroffen. Da macht es oft Sinn, über diese Grenzen hinweg gemeinsam zu handeln, auch hier und heute und in der nächsten Zeit in den Ausschüssen.

Kluges Handeln setzt eine schonungslose Analyse voraus. Sie wurde umfassend durch den Vierten UN-Klimareport vorgenommen. Die Ergebnisse sind für die einen Bestätigung, für die anderen – immer noch 13 % der Bevölkerung – Panikmache. Das Land Berlin hat in seinem Landesenergieprogramm im letzten Jahr ebenfalls Analysen betrieben und Wege zu weiterem Klimaschutz aufgezeigt. Wichtig sind jetzt eine konsequente Umsetzung des Pro

gramms und gleichzeitig die Überprüfung, wie Ziele auch schneller und effektiver erreicht werden können.

Dazu gehören auch eine Analyse und ein Maßnahmenkatalog speziell für einzelne Gebäude.

Zu den einzelnen Anträgen werden wir uns in den Ausschüssen ausführlich austauschen können. Dennoch möchte ich an dieser Stelle erste Anmerkungen dazu machen.

Zu dem ersten – Zweites Gesetz zur Änderung des Berliner Energiespargesetzes –, der eigentlich unser Antrag ist, wie vorhin angedeutet, nur mit neuem Datum: Er hat Geschichte. Es sind mehrere Zuarbeiten dazu eingegangen. Es wurden Anhörungen durchgeführt, und mehrfach wurde die Kritik vorgetragen, dass es Überschneidungen mit Regelungen zu der inzwischen auch zu novellierenden Energieeinsparverordnung, besonders bei § 24, gibt. In einer Studie, die sich mit der Umsetzung der Energieeinsparverordnung auseinandersetzt, wurde angemerkt, dass fehlende Kontrolle inzwischen zu Fehlentwicklungen geführt habe. Marktakteure, die die Regelungen nicht einhalten, hätten kaum mit Konsequenzen zu rechnen. Inzwischen wird geschätzt, dass sich nur bei 30 % der in letzter Zeit sanierten Gebäude an die Energieeinsparverordnung gehalten wurde.

Auch Hausbesitzer sind immer noch zu wenig über dieses Thema am Bau informiert. Es wurde klar, dass die EnEV ein zahnloser Tiger bleibt, wenn die Umsetzung nicht durch Qualitätskontrollen unterstützt wird. Stichprobenartige Kontrollen müssen also eingeführt werden. Sie betreffen die Energieausweise und die Bauausführung direkt vor Ort. Es brauchen keine umfassenden Stichproben gemacht zu werden, es reichen 1 bis 2 %, denn schon dadurch werden die Akteure aufmerksam und halten sich mehr an diese Verordnung. Ein Mehreinsatz an Personal ist bei dieser Größenordnung auch nicht erforderlich. Für Berlin bedeutet das eine Überprüfung der Wirksamkeit der Verordnung zur Durchführung der Energieeinsparverordnung und deren Anpassung an die neue Verordnung. Überschneidungen mit dem Berliner Energiespargesetz sollten wir dabei nach Möglichkeit vermeiden.

Kurz noch zu § 8 dieses Gesetzes: Auch hier ist die Entwicklung nicht stehengeblieben. Die Formulierungen dort müssen die aktuellen Zielsetzungen bei Feinstaub und CO2 berücksichtigen. Das kann auch mit entsprechenden Verweisen auf andere Gesetze oder Verordnungen erfolgen.

Klar ist, dass wir ein Energiespargesetz in Berlin brauchen, das unsere Bestrebungen beim Klimaschutz unterstützt. Dazu haben wir uns auch im Koalitionsvertrag bekannt. Selbstverständlich müssen wir aber noch über den Inhalt und über bestimmte Dinge sprechen, die in Verordnungen unterzubringen sind. Das wollen wir bis Ende dieses Jahres leisten. In diesen Rahmen passen auch Ihre weitergehenden Vorschläge, liebe Kollegen von Bündnis

90/Die Grünen, aus dem Antrag 16/0302 und sollten zusammen mit diesem diskutiert werden.

Nun noch zum Kraftwerk Klingenberg, das in zwei Anträgen eine Rolle spielt. Festzustellen ist – auch aus der bisherigen Debatte –, dass alle Fraktionen dafür plädieren, die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energien voranzutreiben. Die Frage ist, ob wir durch die bis jetzt in Rede stehende Großinvestition auf Jahrzehnte hinaus eine klimabedenkliche Technologie ins Land holen. Die Bereitstellung von Wärme und Elektroenergie soll in Berlin gesichert werden. Dazu braucht man – auch entsprechend unserer Koalitionsvereinbarung – einen Mix mit wesentlich höheren Anteilen an erneuerbaren Energien.

Jetzt müssen Sie zum Schluss kommen, Frau Kollegin! Ihre Redezeit ist abgelaufen.

[Heiterkeit]

Dann komme ich zum Schluss. – Wir werden in der nächsten Zeit Gespräche führen. Klar ist, dass ein Konzern wie Vattenfall auf Profit aus ist – koste es, was es wolle, völlig ohne Klimaschutz. Vattenfall selbst sieht den Umweltschutz als eine wichtige Unternehmensaufgabe an, und da wollen wir sie packen – so, wie Herr Buchholz es schon angesprochen hat.

Vielen Dank! – Das war der Schlusssatz.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Carola Bluhm (Linksfraktion): Andere dürfen noch 25 Sätze sagen!]

Das Wort für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Henner Schmidt.