Genau das haben Sie getan, und genau das ist auch schon im Rechtsausschuss passiert – ich bin bei diesen Tönen extrem sensibel.
Lieber Kollege Evers! Wenn Sie wollen, dass wir miteinander die ISV weiterentwickeln, dann müssen Sie aufhören, solche Spielchen zu spielen. Und dann muss ich Sie auch darum bitten, dass Menschenrechtsverletzungen nicht nur dann angesprochen werden, wenn sie in Moskau oder in St. Petersburg passieren, sondern auch dann, wenn sie in Ihrer eigenen Partei in Plauen passieren, und auch dann, wenn sie in Berlin bei Abschiebungen aufgrund der sexuellen Orientierungen oder Identität passieren sollen. Dann müssen wir schon konsequent bleiben. Man kann mit Menschenrechten nicht handeln.
Vielen Dank, Herr Dr. Lederer! – Ich gehe davon aus, dass Sie antworten möchten, Herr Evers. Bitte sehr, dann haben Sie das Wort!
Lieber Kollege Dr. Lederer! Ihre Sensibilität in allen Ehren, aber man muss dann auch lesen, was wir diskutiert und was wir beschlossen haben. In dem Antrag, der dem Bundesrat nun zugeleitet wird, wird die Bundesregierung aufgefordert, Maßnahmen vorzuschlagen – nicht etwa zu prüfen –, die der Rehabilitation und Unterstützung der betroffenen Menschen dienen. Das mit einem sanften Prüfauftrag vergleichen zu wollen, halte ich für einigermaßen ungehörig. Wir setzen vielmehr die Bundesregierung unter einen ganz konkreten Handlungsdruck, dem sie dann, wenn unsere Entschließung im Bundesrat eine Mehrheit bekommt, nicht entgehen kann.
Punkt zwei: Ich lasse mir von Ihnen nicht vorhalten, dass ich mich zu homophoben Äußerungen, egal aus welcher Partei und sei es meiner eigenen, zurückhalte, wenn es darum geht, Kritik zu üben. Uns zu unterstellen, dass wir auf diesem Auge blind seien, ist schlechthin eine Unverschämtheit. Sie sollten es sich sehr gut überlegen, wenn Sie uns kritisieren, wir würden die Umgangsformen in diesem Haus, die bei diesem Thema sicherlich und zu Recht auf einen konstruktiven Umgang angelegt sind, nicht achten und nicht wahren. Sie sollten vorher nachlesen, was der Senat beschlossen hat und was wir bei unserer ersten Debatte zum Thema Rehabilitation aus Anlass Ihres Antrags zur Bundesratsinitiative erklärt haben. Im Übrigen auch in Übereinstimmung mit unseren Kollegen im Deutschen Bundestag.
Ich glaube, wir müssen uns alle gemeinsam einiges von dem nicht bieten lassen, was Sie hier gerade erklärt haben. Sie haben das gemeinsame Interesse daran betont,
dass wir an der ISV über Fraktionsgrenzen hinweg weiterarbeiten. Dann sollten Sie dieses Thema aber auch nicht instrumentalisieren für den Versuch, uns in eine wie auch immer geartete Ecke zu stellen.
Vielen Dank, Herr Evers! – Für die Piratenfraktion hat jetzt der Abgeordnete Claus-Brunner das Wort. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Senatoren beliebigen Geschlechts und sehr geehrte Kollegen beliebigen Geschlechts! Homophobie und Transphobie ist auch heute in Berlin immer noch traurige Realität. Es werden zum Beispiel Frauen vergewaltigt, nur weil diese sich lesbisch bekennen, oder Männer verprügelt, weil sie offensichtlich Schwule sind. Junge Menschen, die für sich erkennen, dass sie Liebe für das eigene Geschlecht empfinden, können diese nicht offen leben, da ihre Umgebung dieses nicht akzeptiert oder toleriert. Angefangen bei den Eltern, Geschwistern und Freunden bis hin zu den Bürgern auf den Straßen ist abseits einiger Inseln kommerzieller queerer Glückseligkeit eben schnell das Ende der Toleranz gegenüber nicht heterosexuellen Lebensformen erreicht. Das ist ein unerträglicher Zustand, der auch am Anfang des 21. Jahrhunderts bekämpft werden muss.
Berlin hat 2009 mit der Initiative für die sexuelle Vielfalt ein bundesweit vorbildliches Programm gestartet, und es ist auch eine dauerhafte Herausforderung, alle Menschen zu erreichen. Es muss nämlich auch außerhalb der queeren Szene die Erkenntnis der Gesellschaft verankert werden, dass Schwule und Lesben alltäglich und normal sind.
Deshalb ist Prävention und Aufklärung immer notwendig und auch aus dem finanziellen Blickwinkel die wirksamste Methode. Wer hier ohne Differenzierung einfach Mittel kürzt oder denkt, er könnte der Organisation kein Geld geben, hat die notwendige Langfristigkeit noch nicht richtig erkannt.
Der Antrag der Grünen-Fraktion ist schon ein sehr guter Ansatz, er sollte aber um die von Herrn Lederer ergänzten Punkte noch erweitert werden. Das kann man in den
Fachausschüssen noch beraten. Grundsätzlich sollte jeder, der Zivilcourage besitzt, in der zweiten Lesung dem entsprechend verbesserten Antrag uneingeschränkt zustimmen.
Ich muss jetzt nicht alles wiederholen, was die anderen Kollegen gesagt haben. Deshalb ende ich hier mit meiner Rede.
Vielen Dank, Herr Claus-Brunner! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Arbeit, Integration, Berufliche Bildung und Frauen empfohlen. Ich höre hierzu keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.
Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Die Linke. Das Wort hat die Abgeordnete Frau Breitenbach. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Alle reden von gleichberechtigter Teilhabe, von Inklusion, von Barrierefreiheit, nur an der BVG scheint das Thema vorbeigegangen zu sein. Sie errichtet neue Barrikaden, neue Barrieren, anstatt weitere abzubauen.
So will die BVG das automatische Kneeling, d. h. das automatische Absenken der Busse an den Haltestellen, abschaffen und durch ein bedarfsgerechtes Kneeling ersetzen. In Zukunft müssen dann diejenigen, die das Kneeling nutzen wollen oder die auf das Kneeling angewiesen sind, am Bus einen Knopf drücken oder sich bemerkbar machen, und erst dann wird der Bus abgesenkt.
Das hört sich jetzt wie eine kleine Änderung an, allerdings wird sich das in der Realität schwieriger gestalten. Nicht alle Menschen, die im Rollstuhl sitzen, werden einfach an diesen Knopf kommen können. Er ist nicht für alle erreichbar. Blinde und Sehbehinderte werden den Knopf auch nicht auf die Schnelle finden, und was passiert ansonsten noch alles im großen Gedränge an der Bushaltestelle. All diejenigen, die auf das Kneeling angewiesen sind, müssen auf die Rücksichtnahme und Hilfsbereitschaft des Busfahrers oder der anderen Fahrgäste hoffen, denn der helfende Knopf wird eben nicht vor ihren sein. Herr Gelbhaar von den Grünen hat recht, wenn er sagt, die Abschaffung des Kneelings führe dazu, dass Fahrer und Fahrgäste diese Situation ausbaden müssen. Ich füge hinzu: in erster Linie sind es diejenigen, die darauf angewiesen sind.
Die Menschen, die auf das Kneeling angewiesen sind, werden wieder zu Bittstellerinnen und Bittstellern. Ich dachte, das hätten wir überwunden. Jetzt stehen wir wieder vor der Situation. Das sollten wir gemeinsam verhindern.
Berlin ist trotz aller Probleme eine behindertenfreundliche Stadt, die Schaffung der Barrierefreiheit ist auf allen Ebenen unsere Aufgabe, und das war hier im Haus immer Konsens. Es gibt auf diesem Gebiet immer noch viel zu tun.
Für die Fortentwicklung eines barrierefreien öffentlichen Nahverkehrs hat der Busverkehr in Berlin eine wichtige Rolle gespielt, denn seit 2009 sind die rund 1 300 Fahrzeuge barrierefrei zugänglich. Im Februar hatte Herr Krüger von der CDU eine Kleine Anfrage gestellt, und da teilte der Senat noch mit, dass es sich bei dem bedarfsgerechten Kneeling erst einmal nur um eine Testphase handele und diese sehr genau ausgewertet werden müsse. Jetzt steht auf einmal fest, dass die über 140 Busse, die in den nächsten Jahren angeschafft werden, alle Gelenkbusse sein werden, und bei diesen ist nur noch ein Bedarfskneeling möglich. Das ist nicht hinnehmbar. Die Planung der BVG ist ein Rückschritt. Sie schränkt viele Nutzerinnen und Nutzer in ihrem Recht auf Mobilität ein, und sie verhindert damit auch eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Deshalb fordern wir den Senat auf – es sind ja nicht allzu viele da – –
Sie können es denen, die dafür zuständig sind, erzählen. – Wir fordern den Senat auf, darauf hinzuwirken, dass die BVG bei der Anschaffung der Busse auch weiterhin nur
Die UN-Konvention für die Rechte der Menschen mit Behinderung ist in dieser Frage ganz eindeutig. Sie verlangt, dass alle Barrieren entfernt werden und die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen gewährleistet ist. Artikel 9 präzisiert das noch einmal für den Transportbereich. Die UN-Konvention ist nicht nur politisch gut und notwendig, sie ist auch geltendes Recht. Deshalb bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Breitenbach! – Der Abgeordnete Kreins hat jetzt für die SPD-Fraktion das Wort. – Bitte sehr!
Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Ausführungen waren in Teilen richtig. Man muss an der Stelle sagen, dass es sich um eine Testphase für ein Bedarfskneeling handelt. Die politische Botschaft in diesem Haus ist, dass wir am automatischen Kneeling festhalten. Das Kneelingverfahren ist ein fester Bestandteil barrierefreier öffentlicher Mobilität. Die Barrierefreiheit sichert Teilhabe, und Mobilität sollte modern sein. Im Stadtentwicklungsplan Verkehr ist die Vision formuliert, bis zum Jahr 2020 die Verkehre in der Stadt komplett barrierefrei zu machen.