Protokoll der Sitzung vom 14.06.2012

Dabei wäre es doch für Sie ein Leichtes, wenn nicht gar eine Pflicht gewesen, noch heute entsprechende Summen dafür im Haushalt einzustellen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Dr. Manuela Schmidt (LINKE)]

Haben Sie, liebe Kollegen und Kolleginnen von der CDU, nicht jahrelang die mangelnde Bestandspflege in Berlin kritisiert?

[Heiko Melzer (CDU): Ja!]

Warum zeigen Sie jetzt nicht, wie es geht, und pflegen den Bestand?

[Heiko Melzer (CDU): Machen wir ja!]

Aber vielleicht sehen Sie die Welt inzwischen mit anderen, mit Wowereits Augen. Sinngemäß sagte dieser am 6. Juni im Hauptausschuss: Wir sollen alle nicht so meckern, es gebe doch auch Unternehmer, die von der Verschiebung der Eröffnung profitieren würden. – Hier kann er eigentlich nur die Juristen gemeint haben, die jetzt die Schadenersatzklagen vorbereiten – eine wirklich innovative Form von Bestandspflege!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Mantraartig beten Sie uns seit Wochen vor, welch großartige Erfolgsgeschichte der Flughafen BER ist. Das aber ist keine Erfolgsgeschichte, das ist der Jobverlust für Hunderte motivierte Arbeitskräfte, ein finanzieller Verlust für zahlreiche Unternehmen und nicht zuletzt ein extremer Imageverlust für Berlin. Was Sie dazu zu bieten haben, ist lediglich viel heiße Luft. Denn Luft verschafft haben Sie sich jetzt mit der Verschiebung der Eröffnung des Flughafens BER für die Nachnutzung des Flughafens Tegel. Das war mehrfach Thema in den Haushaltsberatungen, doch ein Konzept: Fehlanzeige. Neben der Ansiedlung der Beuth Hochschule gab es nur ein Projekt, das für diesen Standort konkret geplant war: TXL als Werkstatt für Elektromobilität. Daraus wird dann hier erst einmal nichts. Geld im Haushalt hatten Sie dafür vorausschauend gar nicht erst eingeplant.

[Heiterkeit bei Benedikt Lux (GRÜNE)]

Ohnehin hat man den Eindruck, es fehlt ein Plan, wofür das Geld genau in der Wirtschaftsförderung ausgegeben wird. Es gibt zahlreiche Förderprogramme, aber keine klare Prioritätensetzung. Mit unserem Vorschlag, einen Businessplanwettbewerb für grüne Industrien auszuloben, könnten Sie einen wichtigen Akzent setzen. Sie aber ruhen sich auf einem Masterplan Industrie aus, der nicht mit Leben gefüllt wird.

[Zuruf von Michael Dietmann (CDU)]

Wie wollen Sie denn Berlin für die Industrie interessant machen, wenn Sie nicht einmal dafür Geld bereitstellen? Da hilft auch die sympathische Flughafenpanne nicht mehr weiter.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Die organisatorische Aufstellung der Wirtschaftsförderung mit Berlin Partner? Seit Jahren wird diese bemängelt, auch von den Kollegen der CDU. Nun, wo Sie mit Ihrer Wirtschaftssenatorin einmal zeigen könnten, was Sie drauf haben, gab es nichts als einen letzten kräftigen Handschlag für einige Ex-Mitarbeiter – aber eine schlagkräftige Neuaufstellung: nichts zu sehen.

Also wirklich alles eine große Erfolgsgeschichte – die geplatzte BER-Eröffnung, die Unterstützung für Unternehmen, diese Wirtschaftspolitik? – Wir glauben: nein! Deshalb werden wir diesem Haushalt auch wegen der fehlenden Schwerpunktsetzung im Bereich Wirtschaft heute nicht unsere Zustimmung geben.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Ludwig! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete Melzer das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die große Koalition aus SPD und CDU ist angetreten, um Berlin wirtschaftlich voranzubringen.

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Erfolglos! – Zuruf von Wolfgang Brauer (LINKE)]

Die Stärkung der Wirtschaft, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, das ist der gedankliche Überbau dieser Koalition,

[Wolfgang Brauer (LINKE): Überbau?]

denn wirtschaftliches Wachstum ist die Grundlage für wachsenden Wohlstand. Weil 50 Prozent erfolgreicher Wirtschaftspolitik immer Psychologie ist – das hat uns die Opposition gerade eindeutig vorgeführt –, geht allein von dem Bekenntnis zu Wachstum, zu Wohlstand und zu Wirtschaft ein positives Signal aus, nämlich dass mit der großen Koalition in Berlin wieder ein gutes Pflaster für privates Unternehmertum, für Investitionen und für Prosperität ist. Wir laden Unternehmerinnen und Unternehmer, wir laden Unternehmen ein, gemeinsam mit uns die Stadt zu gestalten.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Oliver Höfinghoff (PIRATEN)]

Dabei ist eine leistungsfähige Infrastruktur für die Stadt von besonderer Bedeutung. Frau Ludwig! Da haben Sie sich wieder selbst entlarvt. Wir bekennen uns als CDU klar und deutlich zum Jobmotor Flughafendrehkreuz BER, der hoffentlich am 17. März 2013 ans Netz geht. Sie haben wieder dem Kleinflughafen das Wort geredet.

[Michael Schäfer (GRÜNE): Das stimmt doch nicht! – Weitere Zurufe von den GRÜNEN]

Das ist ausdrücklich nicht unsere Position, nicht die Position der Koalition.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Michael Schäfer (GRÜNE): Sie argumentieren doch sonst redlich, Herr Melzer!]

Darüber hinaus steht fest: Der Weiterbau der A 100 und auch der Bau der Tangentialverbindung Ost wird nur mit dieser rot-schwarzen Koalition realisiert. Die A 100 ist ein Konjunkturprogramm.

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Bis die fertig ist, ist die Koalition zu Ende!]

Auch über die TVO, die wir im Haushalt mit Planungsmitteln angestoßen haben, werden viele Unternehmen im Ostteil der Stadt unterstützt werden. Der Wirtschaftsverkehr wird gefördert. Auch das ist ein gutes Signal. Verkehr und Mobilität sind die Antriebsfedern für vernünftige Wirtschaft.

[Beifall bei der CDU – Zurufe von den PIRATEN]

Die Piraten sind nur laut. Wir sind nicht 60er, sondern überlegen uns genau, was in der Vergangenheit wichtig gewesen und was für die Zukunft wichtig ist. Deswegen entwickeln wir Zukunftsorte und Zukunftsräume, so wie sie die große Koalition in Adlershof seinerzeit sehr erfolgreich gestaltet hat. Deswegen, Frau Ludwig, ist Tegel natürlich auch im Haushalt abgesichert. Wir haben für die Tegel Projekt GmbH bereits Mittel im Haushalt zur Verfügung gestellt. Wir haben jetzt als Koalitionsfraktion 5 Millionen Euro zusätzlich für Tegel für kurzfristige Umbaumaßnahmen nach dem 17. März in den Haushalt eingestellt, um eine Zwischennutzung und zusätzliche Planungsmittel zur Konzeption zu garantieren.

Der Unterschied zu Tempelhof und zu Ihren Reden ist, dass Tegel ein schlüssiges Nachnutzungskonzept besitzt, Wirtschaft und Wissenschaft zusammenbringen möchte, dass es dafür klare Fokussierungen in Urban Technology gibt und dass wir Tegel zu einem Erfolg von Wirtschaft und Wissenschaft von moderner Industrie, Forschung und Hochschule machen werden.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Oliver Höfinghoff (PIRATEN)]

In diesem Zusammenhang bekennen wir uns deutlich zu unseren Kompetenzfeldern und den Clustern. Wir haben heute Morgen vom Hauptstadtkongress für Medizin und Gesundheit gehört, der übrigens im ICC stattfindet. Auch der World Health Summit, den wir im übrigen im Haushalt abgesichert haben, ist ein wesentlicher Leuchtturm für die Gesundheitswirtschaft in Berlin. In der Gesundheitswirtschaft arbeiten heute schon 13 Prozent aller, die in der Berliner Gesamtwirtschaft tätig sind, 230 000 Erwerbstätige.

Die Informations- und Kommunikationsindustrie, ein weiteres Kompetenzfeld, wächst auch seit Gründungsboom ganz enorm und ist sehr erfolgreich. Wer die Veranstaltung der IBB und Creditreform zu kleinen und mittelständischen Unternehmen besucht hat, weiß, dass dort einige Unternehmer berichtet haben, dass das Gründungsumfeld gerade für diese Industrie in Berlin besonders stark ausgeprägt ist. Ansiedlungen wie von Twitter und Google unterstützen diese These nachhaltig. Mit der Open Data Initiative des Senats werden wir hier die erfolgreiche Entwicklung weiter stärken.

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Auf Google und auf Twitter!]

Kommunikations- und Informationsunternehmen sind eine Wachstumsindustrie für Berlin. Auch die Ernennung Berlins zum Schaufenster Elektromobilität,

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Bingo!]

um bei den einzelnen Themen zu bleiben, die die Kompetenzfelder abbilden, sind ein Schwerpunkt unserer Kompetenzfeldstrategie im Bereich Energietechnik. Auch dieses ist ein Erfolg, dass wir Modellstadt im Bund für Elektromobilität sind. Das ist gut für Berlin.

[Beifall bei der CDU]

Die Lange Nacht der Industrie hat gezeigt, dass wir aber auch auf die Bestandsunternehmen schauen. Es war eine Leistungsschau der Berliner Bestandsunternehmen. Frau Ludwig, Sie haben es angesprochen, es gilt nicht nur, auf Neuansiedlungen zu hoffen und zu verwalten, sondern sich auch aktiv Gedanken darüber zu machen, wie man bestehende Unternehmen in Berlin halten, wie man sie unterstützen und entlasten kann. Das ist unser Ansatz von erfolgreicher Berliner Wirtschaftspolitik, gerade für kleine und mittlere Unternehmen.

Deswegen ist das Vergabegesetz ein Erfolg, weil wir dort entbürokratisiert haben. Deswegen ist der Handwerkerparkausweis ein Erfolg, weil wir auch hier deutlich gemacht haben, dass wir kleine Handwerksunternehmen in ihrer Tätigkeit unterstützen. Deswegen werden wir auch bei Großprojekten wie dem BER am Ende die Kleinunternehmer am Ende nicht hängenlassen, wenn es um unbürokratische Hilfen geht.

[Beifall bei der CDU]

Der kürzlich veröffentliche Konjunkturbericht des Landes hat deutlich gemacht, dass sich Berlins Wirtschaft positiv entwickelt. Die Stimmung in den Unternehmen ist weiterhin positiv. Der starke Beschäftigungsaufbau in der Hauptstadt und die Expansion von Dienstleistungsbereichen wie dem Tourismus sind wichtige Impulsgeber. Nicht alles, was Wirtschaftspolitik ist, ist in Titeln und Kapiteln dieses Haushaltes abbildbar. Der neue Gedanke der Wirtschaftspolitik, eine moderne Metropole, die Wirtschaft und Wissenschaft vernetzt, die auf produzierendes Gewerbe genauso setzt wie auf Tourismus, Kongresse, Handwerk und Handel, ist der gedankliche Über

bau, der sich in einzelnen Titeln wiederfindet. Wir werden genau darauf achten, wie kleine und mittelständische Unternehmen in diesen Prozess eingebunden und unterstützt werden können. Unser Gesamtziel ist es, die Arbeitslosigkeit und damit die Armut der Stadt nachhaltig zu senken und für neue Wirtschaftskraft zu sorgen. Damit ist dieser Doppelhaushalt auch ein gutes Beispiel dafür, dass dieser Weg richtig und erfolgreich ist. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt Frau Matuschek das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine erste Bemerkung ist schlicht die Feststellung, dass die wirtschaftliche Entwicklung Berlins seit 2005 ausgesprochen positiv verlaufen ist. Das ist sehr wohl ein Verdienst – hören Sie zu, Herr Melzer, hören Sie zu, Herr Jahnke – der rot-roten Koalition und insbesondere des Wirtschaftssenators Harald Wolf.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]