Protokoll der Sitzung vom 27.09.2012

für das abstrakte Anliegen, das sich hinter Ihrem Antrag verbirgt.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Michael Schäfer (GRÜNE): Entscheidungen treffen! – Weitere Zurufe von den GRÜNEN]

Aber die SPD-Fraktion lehnt es ab, das zu tun, was uns in der Zeitung bereits zugeschrieben wird und was von mir von hier aus strikt zurückgewiesen wird, nämlich Einzelfallregelungen oder gar Einzelfallgesetze zu treffen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Wolfgang Brauer (LINKE): Das ist ein Paradigmenwechsel!]

Ich will von hier aus auch deutlich machen, dass ich gewisse Berichterstattungen in der Tagespresse für unsere Fraktion strikt zurückweise, nämlich diejenige, die unserer Fraktion verschleierte Grundstückspolitik zuweist. Das finde ich, gelinde gesagt, eine Unverschämtheit.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir brauchen nicht um den Brei herumzureden: In diesem Haus gibt es eine breite Mehrheit, die sich auch für dieses konkrete Projekt erwärmt; das ist ja bekannt. Aber wir sind berufen, die Verwaltung nach Recht und Gesetz agieren zu lassen. Und anders als Sie, Frau Kollegin Schmidberger, sind wir der Auffassung, dass es der Anstalt öffentlichen Rechts BSR nicht möglich ist, so ohne Weiteres Kriterien, die im Betriebe-Gesetz nicht adressiert sind, umzusetzen, so wie Sie sich das vorstellen.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Nein? – Das stimmt nicht!]

Allerdings ist auch klar, was sie nicht dürfen in den Anstalten öffentlichen Rechts. Das steht in § 19 Abs. 1 Satz 2: Sie haben nämlich alles zu unterlassen, was nicht zu ihrem Betriebszweck gehört. Und wenn jemand eine Auslegungshilfe braucht, wie der Gesetzgeber seine Gesetze ausgelegt wissen will, dann mag er nachher das Protokoll lesen. Was nämlich zum Betriebszweck einer Anstalt öffentlichen Rechts gehört, das steht in § 3, wie ich finde abschließend, und Grundstücksspekulation sicherlich nicht.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Zum Thema!]

Zum Thema selbst und abschließend: Wir sichern Ihnen zu, dass wir das gründlich beraten. Wir glauben, die Gesetzesänderung ist erforderlich. Ich sichere Ihnen außerdem zu, – –

[Joachim Esser (GRÜNE): 18. Oktober!]

Wie bitte, Herr Kollege Esser? Stellen Sie eine Zwischenfrage!

[Joachim Esser (GRÜNE): Das haben Sie bis zum 18. Oktober nicht fertig!]

Herr Esser! Sie möchten eine Zwischenfrage stellen. Sehe ich das richtig? – Dann drücken Sie sich ein!

Thema Dringlichkeitsantrag. Haben Sie denn Ihr Gesetz bis zum 18. Oktober hier fertig? Oder wie wollen Sie den Senat und die BSR jetzt noch daran hindern, das Grundstück z. B. dem Herrn Aufsichtsrat zu geben?

[Benedikt Lux (GRÜNE): Durch Parteitagsbeschluss! Ha, ha!]

Ich glaube, ich habe gerade deutlich gemacht, Herr Kollege Esser: Anders als Sie geben wir hier keine Vorgaben, wer einen Zuschlag zu erhalten hat, sondern wir haben ein Interesse an einem gesetzesförmigen Verfahren. Das lassen wir uns jetzt hier auch nicht kaputtreden, nur weil Sie meinen, dass sei besonders dringlich. Ich habe übrigens keine Erkenntnis, wann irgendein Aufsichtrat irgendwas zu entscheiden hat.

[Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Ich habe nur eines hier zu verkünden für die SPDFraktion, meine sehr verehrte Kollegin Schmidberger: Wir wollen, dass Recht und Gesetz eingehalten werden. – Ein Letztes ist mir sehr wichtig.

Gestatten Sie noch eine weitere Zwischenfrage?

Aber selbstverständlich! Wer denn?

Kollege Baum.

Aber selbstverständlich, Herr Baum!

Ist Ihnen denn bekannt, dass gestern die Bieterfrist endete? Wie gedenken Sie in dieser Situation damit umzugehen?

Ich glaube, ich habe deutlich gemacht – nun wiederhole ich und werde redundant –: Wir sind die Legislative, und wir gedenken gar nichts zu tun.

[Ha! und Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN – Benedikt Lux (GRÜNE): Gar nichts tun!]

Das ist Aufgabe der Verwaltung. Wir gedenken gar nichts zu tun in diesem konkreten Bieterverfahren. Das, was wir zu tun haben, ist, uns mit Gesetzesänderungen zu befassen. Ich verstehe gar nicht Ihre Erheiterung.

[Zurufe]

Jetzt lassen Sie den Redner doch mal bitte reden, meine lieben Herren und auch Damen Kollegen!

Wir gedenken nicht in ein Verwaltungsverfahren einzugreifen, so wie Sie das hier herbeireden. Jetzt komme ich zu meinem Schlusssatz, und das ist der wichtigste, für mich jedenfalls.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Der Finanzsenator hält sich schon mal dran, tut auch gerade gar nichts!]

Ja, das ist ja schön, dass Sie das beobachten! – Jedenfalls ist der wichtigste Satz hier: In Berlin ist es so wie in der gesamten Bundesrepublik. Der Gesetzgeber gibt Gesetze, und die Verwaltung führt die Gesetze aus. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Herr Schneider! – Für die Linksfraktion hat Frau Lompscher das Wort. – Bitte sehr!

(Katrin Lompscher)

[Joachim Esser (GRÜNE): Herr Goiny, nicht weglaufen!]

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin! Vielleicht kann ich ja ein bisschen was zur Sachaufklärung beitragen mit meiner kurzen Rede. Der Antrag zur Vergabe des Grundstücks Holzmarktstraße 19-30 ist deshalb dringlich, weil mutmaßlich Mitte Oktober – ich glaube am 17., das kann man rausfinden –, also vor unserer nächsten Plenarsitzung – die ist am 25. Oktober – der Aufsichtsrat der BSR eine Entscheidung in der Sache treffen wird. Diese Entscheidung könnte zwar noch mal aufgeschoben werden – es steht jedem Aufsichtsrat frei, Punkte von der Tagesordnung zu nehmen, z. B. auf der Grundlage einer Intervention des Vertreters Berlins –, aber es ist für uns zumindest nicht erkennbar, dass diese Absicht besteht. Und Sie haben es gerade bestätigt, Sie haben gesagt, Sie werden nichts tun.

Und es ist vor allem nicht absehbar, das ist entscheidend, dass eine Vergabe nach besonderen stadtentwicklungspolitischen Erwägungen – darum geht es hier – im rechtlichen Rahmen dieses Verfahrens möglich ist. Die Gremien der BSR und im Übrigen aller anderen Beteiligungsunternehmen auch sind rechtlich gehalten, den größten wirtschaftlichen Nutzen zur Grundlage ihrer Entscheidung zu machen. Das heißt in diesem Fall Vergabe zum höchsten Preis, und zwar völlig unabhängig davon, was hier künftig geschehen soll. Es reicht völlig aus, dass das Vorhaben plausibel und planungsrechtlich zulässig ist. Die Oppositionsfraktionen bringen also diesen Antrag zum Grundstück Holzmarktstraße gemeinsam ein, weil sie das Nichthandeln des Senats und das vielstimmige Lamentieren der Koalition in dieser Sache inakzeptabel finden.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Herr Schneider hat ja eben bestätigt: Viele Koalitionäre scheinen etwas anderes zu wollen als das, was mutmaßlich passieren wird. Es ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar, warum Sie keine Konsequenzen ziehen. Reden und Handeln stehen in einem krassen Widerspruch. Das ist Ihnen vielleicht aufgefallen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Der Senat hat am Dienstag fast zweieinhalb Jahre nach dem Auftrag des Abgeordnetenhauses ein Konzept für eine neue Liegenschaftspolitik beschlossen; Grundstücke landeseigener Betriebe sind jedoch explizit ausgenommen. Das hilft uns also im konkreten Fall nicht weiter. Das in Rede stehende BSR-Grundstück ist nicht irgendein Grundstück. Es hat herausragende gesellschaftliche, stadtöffentliche Bedeutung erlangt aufgrund des erfolgreichen Bürgerentscheids „Mediaspree versenken“ und wegen der früheren Nutzung mit weit über Berlin rei

chender Ausstrahlung. Wenn es also gute stadtentwicklungspolitische Gründe für eine besondere Behandlung dieses Grundstücks gibt – das werden Sie nicht bestreiten –, dann muss die Stadt diese geltend machen. Und das geht nur, wenn die Stadt sich die Verfügung über dieses Grundstück wieder sichert, und zwar in einer für die BSR bilanziell ausgeglichenen Weise und nicht auf deren Kosten.

[Beifall bei der LINKEN]

Der zweite Schritt ist dann, dass statt des höchsten Preises ein ökologisch, sozial und kulturell nachhaltiges Entwicklungskonzept für die Vergabe maßgeblich ist. An dem Ort, über den wir heute reden, soll laut Bürgerentscheid ein breiter öffentlicher Uferstreifen entstehen. Für die Bebauung darf nicht das Maximum an Dichte zugelassen werden. Die beabsichtigte Änderung des Bebauungsplans durch den Bezirk ist übrigens von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt nicht beanstandet worden, was ich so interpretiere, dass sie das in Ordnung findet. Es besteht ein großes öffentliches Interesse daran, dass dieses Grundstück künftig nicht durch Monofunktionen geprägt wird, etwa nur Hotels oder Büros, sondern einen Nutzungsmix aus Kultur, sozialen Einrichtungen, Grün und Wohnen bietet.

Wie gesagt, die Vergabe öffentlicher Grundstücke nach sozialen, ökologischen, kulturellen und ökonomischen Kriterien ist Beschlusslage des Abgeordnetenhauses, und zwar seit Sommer 2010. Dass eine neue Liegenschaftspolitik mehr umfassen muss als die Grundstücke des Liegenschaftsfonds, dürfte inzwischen auch Allgemeingut sein. Daher sind die Forderungen dieses Antrags weder dem Senat noch der Koalition neu. Es ist der weiterhin ungeklärte Konflikt innerhalb des Senats sowie zwischen Senat und Teilen der Koalition, der dazu geführt hat, dass wir heute diesen dringlichen Antrag einbringen müssen. Geben Sie sich einen Ruck, stimmen Sie zu! Wenn Sie es in den Ausschuss versenken, dann bestätigen Sie, was Sie vorhin ausgeführt haben, dass Sie eigentlich nichts tun wollen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Lompscher! – Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Brauner das Wort. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema Liegenschaftspolitik beschäftigt uns in der Tat schon seit geraumer Zeit, und wir haben natürlich auch schon in den letzten Monaten intensiv daran gearbeitet. Jetzt bekommen wir einen Antrag, der allgemein daherkommt, aber ganz spezifisch auf ein konkretes Vorhaben, auf ein konkretes Thema zugeschnitten ist, über

das wahrscheinlich wir alle im Hause in den letzten Wochen intensiv im Dialog waren.