Protokoll der Sitzung vom 10.11.2011

Forschungsförderung in Deutschland insgesamt zu stellen. Wir sollten diese Chance nutzen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank, Herr Kollege Zimmer! – Alle Redner sind bislang im Zeitkontingent geblieben. Für die Fraktion der Grünen spricht jetzt die Kollegin Frau Schillhaneck. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Bund macht Charité zum Spitzenstandort“ war eine mich leicht überraschende Schlagzeile am 31. Oktober. Zum einen gehe ich als Berlinerin davon aus, dass die Charité bekanntermaßen schon lange ein Spitzenstandort ist – aber das am Rande. Das andere ist: Wie denn? Wir haben seit Längerem eine Diskussion darüber, dass insbesondere Frau Schavan, die ehemalige Landesministerin, selber formuliert hat, der Bund solle sich stärker gezielt in der Förderung von Forschungsstrukturen in den Bundesländern engagieren. Aus Berliner Perspektive kann man da eigentlich nur sagen: Juchhu! Endlich hat es jemand verstanden. Gerne! Sofort!

Aber – jetzt kommen wir zum großen Aber. Wenn ich Sie höre, Herr Kollege Zimmer – verzeihen Sie mir, wenn ich das so direkt sage, Sie wissen, dass ich Sie schätze –, wenn Sie sagen: Dieses Konzept, über das wir uns heute unterhalten –, dann kommen wir zum ersten Problem: Welches Konzept denn?

Oder, Kollege Oberg, wenn Sie sagen, es freue Sie, dass wir heute so konkret über eine Zusammenarbeit zwischen MDC und Charité, die es ja in vielen Punkten längst gibt, Sie haben das ja alle schon genannt – –

[Lars Oberg (SPD): Hab’ ich nie gesagt! – Zurufe von der LINKEN]

Doch, „so konkret“ kam vor. Gucken Sie nach! Lesen Sie es hinterher nach! Ich habe Ihnen zugehört, Herr Oberg! Das tue ich nämlich immer. – Dann frage ich mich: Worauf beziehen Sie sich an dieser Stelle?

Das Problem, das wir hier haben, ist: Sie wollten offensichtlich eine gute Schlagzeile haben. Ich gönne es auch Frau Schavan, dass sie im Rahmen dieser Koalitionsverhandlungen, wo es um das nicht unwichtige Thema Wissenschaft geht, ihre Ideen noch mal irgendwie platzieren wollte. Das ist aber alles, was wir bis jetzt haben.

Herr Kollege Zimmer! Ich höre dann von Ihnen: „ein relevanter, ein namhafter Beitrag“. – Ich würde vorschlagen, dass wir eine sinnvolle Würdigung der Frage, was für Konsequenzen das für die Berliner Wissenschaftslandschaft hat – Was heißt das für die Charité als Fakultät

zweier Hochschulen? Was heißt das für die betroffenen Hochschulen? Was heißt das konkret für die außeruniversitäre Einrichtung Max-Delbrück-Centrum? –, dann vornehmen, wenn Sie uns tatsächlich irgendetwas Konkretes liefern können.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und bei den PIRATEN]

Und ich bin sehr froh, dass Sie beide in Ihren Reden auf einen wichtigen Punkt hingewiesen haben: Wir müssen uns, so gern wir aus Berliner Perspektive wahrscheinlich jeden Euro zur Finanzierung unserer Wissenschaft nehmen, davor hüten, hier freudestrahlend zu sagen: Juchhu! Gebt uns das Geld! Wir machen eine Insellösung! – Die Auseinandersetzung über die Frage, wie es hier insgesamt in der Bundesrepublik mit der Aufteilung der Finanzierung von Forschung, Lehre und Wissenschaft an und für sich weitergeht, ist eine, die wir mittelfristig gemeinsam in allen Bundesländern und zwischen Bund und Bundesländern führen müssen. Es ist keine, wo irgendeiner sich jetzt freudestrahlend hinstellen und sagen kann: Gebt uns das Geld! Wir nehmen es, denn wir sind Berlin. – oder: Wir sind Charité und juchhu! – Das wird uns mittelfristig nämlich zum Nachteil gereichen. Von daher bin ich sehr glücklich über Ihre vorsichtigen Formulierungen.

Es gibt etwas anderes, worüber ich mich sehr erfreut äußern möchte. Ich weiß, dass der Punkt, den Sie jetzt vielleicht ein bisschen aufgeblasen haben als sehr konkret usw., zurückgeht auf umsichtige, diplomatisch geschickte Verhandlungen gerade unseres Wissenschaftssenators. Dafür vielen Dank! Ich glaube, Sie haben dieser Stadt tatsächlich einen großen Dienst erwiesen, indem Sie das Fenster aufgemacht haben, dass wir mal über andere Modelle reden. Nach allem, was ich weiß, kommen solche Vorstellungen wie Bundesuni nun wahrlich nicht von Ihnen, sondern das war Frau Schavan, die da dachte, sie könnte. Und da ist übrigens die Analogie zum Exzellenzwettbewerb, Herr Isenberg! Sie dachte, man könnte daraus eine Bundesuni machen.

Das Problem, vor dem wir ansonsten stehen, ist, dass wir insgesamt in diesem Haus, aber auch mit den anderen Bundesländern die mittelfristige Perspektive in den Blick nehmen müssen. Was ist denn, wenn der Exzellenzwettbewerb ausläuft? Was ist denn, wenn der Hochschulpakt ausläuft? Was ist denn, wenn wir als Bundesland Berlin – was wir auch die nächsten 20 Jahre bleiben werden – ein hervorragender, sehr gut nachgefragter Standort für Wissenschaft sind, aber, wenn man die Zahlen so fortschreibt, bei allem Bemühen sagen müssen: Wir in Berlin wissen sehr genau, was es heißt, eine hervorragende, leistungsfähige, international konkurrenzfähige Wissenschaftslandschaft zu haben, sie aber leider als Land alleine nicht ausreichend finanzieren zu können. – Das ist die Aufgabe auch für Ihre Koalition, und wir werden Ihnen sehr genau auf die Finger gucken, welche Vorschläge da von Ihnen kommen. Das ist die Diskussion, die man jetzt an

schieben muss, damit wir nicht 2014/2015 hier stehen und sagen: Oh! Doppelhaushaltsentwurf! Da wird es irgendwann weniger Geld geben. Was machen wir denn jetzt? – Das ist das, was uns nicht passieren darf.

Deswegen kann ich hier nur den Appell losschicken: Wie auch immer der Vorschlag dann aussieht, prüfen Sie ihn! Machen Sie nicht so komische, fragwürdige Konzepte wie das KIT in Karlsruhe. Es gibt durchaus Gründe, warum das zu nicht unerheblicher Empörung in den einzelnen Bundesländern geführt hat, eben wegen der nicht mehr auseinanderhaltbaren Finanzströme. Und vor allem: Verwenden Sie sich auch bei Ihren Parteifreunden und -freundinnen in den entsprechenden Ministerpräsidentenämtern dafür, dass wir zu einer neuen Auffassung, einer neuen Aufteilung der Gemeinschaftsaufgabe der Förderung von Wissenschaft sowohl in exzellenter Forschung als auch insgesamt, auch in der wissenschaftlichen Ausbildung und im Studium, kommen. Anders werden wir hier mittelfristig nicht weiterkommen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und bei den PIRATEN]

Und wenn Frau Schavan sagt, sie wolle mit einem relevanten Geldbetrag die Forschung an der Charité fördern, dann freut uns das, es löst aber nur einen Teil der Probleme, die wir haben. Sie haben selbst schon solche Problemkomplexe wie Charité/Vivantes usw. angesprochen. Ich verstehe das, was Sie gesagt haben, so, dass offensichtlich im Rahmen der jetzt bevorstehenden SPD-CDUKoalition das komplette Feld wieder offen ist, denn wenn Sie ablehnen, dass es da zu einer Fortsetzung der Diskussion von Charité und Vivantes unter einem Dach kommt, dann meinen Sie offensichtlich, dass wir die Debatte, was wir mit den einzelnen Standorten machen, wie das mit der Fusion von weiteren Betriebsteilen ist, ob das Modell Laborfusion so maßgeblich modellhaft ist oder nicht, noch mal von vorne anfangen müssen. Ich frage mich, wie viel Zeit Sie dafür eingeplant haben, diese Diskussion noch mal neu zu führen, und ob Ihnen klar ist, dass jede weitere Verzögerung üblicherweise den Einrichtungen und damit dieser Stadt nur zum Nachteil gereicht. Ich bitte Sie inständig, noch mal in sich zu gehen, wie weit Sie das ganze Säckchen noch mal aufschnüren wollen. Wir hatten da einen relativ brauchbaren Diskussionsstand insgesamt erreicht. Es liegt in Ihrer Verantwortung, das nicht wieder alles kaputtzumachen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Als letzter Punkt: Es möge sich bitte keiner darin täuschen, dass sich, nur weil Frau Schavan meint, sie hätte ein paar Millionen für diese Stadt und die exzellente gesundheitswissenschaftliche Forschung gefunden, all unsere Finanzierungsprobleme in der Wissenschaft irgendwie in Luft aufgelöst hätten. Erstens: Das ist nicht die einzige exzellente Einrichtung. Zweitens: Ich bin gespannt, wie Ihre Vorschläge aussehen, wenn es z. B. um die Investitionen auch bei den anderen Universitäten

und Hochschulen geht, beim Ausbau allein der notwendigen Flächen, um die Studierenden unterzubringen, die wir haben, usw. Es ist ein kleiner Baustein, wenn das im besten Fall so klappt, wie sich das jetzt abzeichnet. Wir wissen ja noch nichts Konkretes bis hin zur Rechtsform. Es ist aber auch nur dieser kleine Baustein. Das ist schön für die Stadt, aber machen Sie bitte bei der Implementation keinen Fehler! Wie gesagt, wir werden Ihnen dabei auf die Finger gucken, und ich glaube, der Rest der Stadt auch. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Schillhaneck! – Als nächster Redner hat der Kollege Dr. Albers für die Linksfraktion das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Herr Isenberg! Herr Zimmer! Ich konnte es mir vorhin nicht verkneifen, das junge Glück zu betrachten. Das rührt einen richtig!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und bei den PIRATEN]

Lasst die jungen Leute noch ein bisschen feiern, der Alltag holt sie schon noch ein!

Reden wir nicht lange drum herum, kommen wir gleich zum Dissens! Dass die SPD dieses Thema für die Aktuellen Stunde vorgeschlagen hat, kann ich verstehen. An das Thema Mindestlohn wollen Sie nicht heran, das ist Ihnen zu heiß. Udo Wolf hat es gesagt, das könnten wir schnell noch gemeinsam machen. Bei Ihnen habe ich noch Verständnis für diese Themenauswahl. Sie haben über Ihren Senator Zöllner – den Sie im Übrigen noch schmerzlich vermissen werden – einen erheblichen Anteil an der positiven Entwicklung der Berliner Wissenschaftslandschaft. Dass aber die CDU versucht, sich diesen Erfolg ebenso ans Revers zu heften, hat eher etwas Peinliches.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Nun weiß ich ja, der Erfolg hat immer viele Väter, aber Sie, Herr Henkel, waren ganz sicher nicht darunter! Sie haben doch noch am 23. August im „Tagesspiegel“ zu den Plänen von Frau Schavan erklärt, eine Kooperation oder ein Verbund mit dem MDC sei allenfalls langfristig möglich. Ihre Tagträumereien sahen doch ganz anders aus! Von 1,3 Milliarden Euro war bei Ihnen die Rede, von einer Stiftung, an der sich der Bund zur Finanzierung des Investitionsstaus mit 400 Millionen Euro in 15 Jahren beteiligen sollte. Na prima, das ließ die Herzen höher

schlagen! Die 600 Millionen Euro, die der alte Senat für die Investitionen der Charité vorgesehen hatte, wollten Sie nur noch verstetigen. Wo bleiben eigentlich die Füllhörner, aus denen Sie in der Opposition immer so reichlich geschöpft haben? Aus imaginären Synergien einer engen Kooperation mit einer auch noch erst einzurichtenden Stiftung Vivantes sollten dann noch einmal 300 Millionen Euro herausgeholt und der Charité zugeschlagen werden, offensichtlich auf Kosten der anderen öffentlichen Krankenhäuser. Wie originell war das denn?

Also raus damit: Was ist denn nun eigentlich Ihr spezifischer, persönlicher Anteil an dieser Option Charité und MDC? Es war der scheidende Wissenschaftssenator der rot-roten Koalition, für den Sie so oft nur Spott und Häme hatten, der schon vor Monaten die notwendigen Gespräche mit der noch zögerlichen Bundesministerin geführt hat. Da haben Sie wissenschaftspolitisch in dieser Stadt noch auf den Bäumen gehockt. Ihm und seiner konsequenten Haltung in dieser Angelegenheit ist dieser Erfolg in erster Linie zu verdanken. Dass Sie, Herr Henkel, nun ankündigen, die Kooperation von Charité und Max-Delbrück-Centrum auch in den Koalitionsvertrag aufnehmen zu wollen, das ist ja schön, aber was bringen Sie denn eigentlich außer den Hochgesängen des Herrn Zimmer eigenständig wissenschaftspolitisch in diese Koalition ein?

[Nicolas Zimmer (CDU): Reicht doch!]

Fehlanzeige! Sie setzen einzig fort, was andere längst eingeleitet haben, und bestätigen damit gleichsam die Solidität unserer klugen rot-roten Wissenschaftspolitik der letzten Jahre.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Und noch eins: Die Unterfinanzierung der Charité, die Sie jetzt so vehement beklagen, ist paradoxerweise letztlich nichts anderes als das Ergebnis der Politik der großen Koalition von ehedem auf Bundesebene. Alles vergessen, Herr Isenberg, Herr Zimmer? Bei Ihrem Langzeitgedächtnis würde ich mein Auto nur noch im Hausflur parken.

[Beifall bei der LINKEN]

Es waren Ihre beiden Parteien, die sich 2006 mit der Föderalismusreform I bei der Finanzierung der Hochschulmedizin einen schlanken Fuß gemacht und die Länder im Regen stehen gelassen haben. Mit der Hochschulbaufinanzierung, durch die 50 Prozent der Kosten für Investitionen in Bauten und Großgeräte abgedeckt waren, wurde im Rahmen dieser Reform auch noch die letzte Lebensader zwischen Universitätsmedizin und Bund gekappt. Den Ländern wurde die Gesamtverantwortung für die Hochschulmedizin aufgebürdet, ohne dass sie aufgrund ihrer schwachen Finanzlage auch nur annähernd in der Lage gewesen wären, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Dass Sie nun so vehement ein stärkeres Engagement des Bundes für die Charité begrüßen, beweist

nur, welchen Murks Sie damals gemeinsam im Hinblick auf die Finanzierung der Hochschulmedizin fabriziert haben.

Überall in dieser Republik haben die Universitätskliniken große Probleme. Es fehlt an Geld, um ihre neuen Klinikgebäude zu bauen, Labore zu errichten oder Forschungseinrichtungen zu finanzieren. Die durchschnittliche Investitionsquote der Universitätsklinika liegt bei nicht einmal 8 Prozent. Notwendig wären mindestens 12 Prozent. Die Charité ist hier kein Einzelfall. In BadenWürttemberg wurde gerade ein Solidarpakt mit den Hochschulen abgeschlossen, der die Erbringung einer globalen Minderausgabe von 7 Millionen Euro jährlich vorsieht. Lars Oberg hat es vorhin gesagt: Da verdient es noch einmal besonderer Erwähnung, dass unter dem rotroten Senat trotz der prekären Haushaltslage die Mittel der Charité für Forschung und Lehre nach Jahren der Absenkung 2011 erstmals wieder aufgestockt werden konnten.

Aber es sind nicht nur die fehlenden Investitionsmittel, die den Hochschulkliniken bundesweit zu schaffen machen. Dazu kommt noch ein weiteres Problem: Universitätsklinika sind Non-Profit-Unternehmen, die eine besonders anspruchsvolle Aufgabe in Forschung, Lehre und Krankenversorgung zu erfüllen haben. Dort werden vor allem und zunehmend schwere und seltene Krankheiten behandelt. Diese Behandlungen sind aufwendig und kostenintensiv. In unserem Finanzierungssystem wird das aber nirgendwo abgebildet. Dafür sind Sie auf Bundesebene verantwortlich, Herr Zimmer! Weder gibt es der Hochleistungsmedizin entsprechende spezifische Fallpauschalen, noch wird dieses aus der adäquaten Behandlung der Patienten strukturell entstehende Defizit auf andere Weise ausgeglichen. Die üblichen Fallpauschalen, die für derartige Behandlungsfälle von den Kassen vergütet werden, reichen bei Weitem nicht aus, die entstehenden Behandlungskosten abzudecken. Die Kliniken bleiben letztlich auf diesen Kosten, die sie für die Allgemeinheit erbringen, sitzen. Hier wäre eine grundsätzliche Korrektur notwendig, mit der die adäquate Ausfinanzierung der Hochschulmedizin langfristig flächendeckend sichergestellt werden kann.

Konstruktionen wie jetzt zwischen Charité und MDC greifen hier zu kurz. Sie lassen sich allenfalls durch die besondere Bedeutung der Charité begründen. Es fehlt aber weiterhin – es wurde hier schon angemahnt – ein schlüssiges, zwischen dem Bund und den Ländern abgestimmtes Konzept für die Förderung der Universitätsmedizin, das den Leistungen der Hochschulmedizin gerecht wird und ein dauerhaftes finanzielles Engagement des Bundes sichert. So ist die Reaktion auf diese Berliner Sonderlösung in der Universitätslandschaft auch verhalten bis kritisch. Natürlich weckt das verständlicherweise auch Begehrlichkeiten anderswo. Die Warnung des Vorsitzenden des Wissenschaftsrats, Wolfgang Marquardt,

man müsse sich davor hüten, eine Spezialkonstruktion nach der anderen zu schaffen, die nur Frustration erzeugt, ist ernst zu nehmen. Das kann kein Ersatz für eine grundsätzliche Neukonzeption der Hochschulmedizinfinanzierung in diesem Land sein. Für die chronische Unterfinanzierung der bundesrepublikanischen Medizin sind solche Regelungen nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Der Fehler liegt im Finanzierungssystem selbst. Das lässt sich allein durch Zuschüsse in die Forschung – auch das muss noch mal gesagt werden: Es geht um Zuschüsse in die Forschung – nicht kompensieren. Das Problem der Krankenversorgung ist dabei überhaupt noch nicht angesprochen.

Ich habe bereits gesagt, dass auch meine Fraktion ein stärkeres Engagement des Bundes für die Charité begrüßen würde. Das wirft aber auch eine Reihe von Fragen auf, Frau Schillhaneck hat es schon vorgetragen. Welche Voraussetzungen meinen Sie denn, Herr Zimmer, die erfüllt werden müssen? Über welche Summen reden wir hier? Und welche Verantwortung übernimmt denn dann der Bund konkret? Und was bedeutet das für die Universitäten in dieser Stadt? Und vor allen Dingen auch: Welche Bedingungen sind gegebenenfalls an ein solches Engagement geknüpft? Angeblich, so zitiert der „Tagesspiegel“ Frau Schavan am 1. November, bekommt Berlin das Geld nur, wenn es sich verpflichtet, die Erfolge aus der Exzellenzinitiative mit eigenem Geld zu verstetigen. Ganz prima, aber woher nehmen, wenn nicht stehlen? Es hülfe auch überhaupt nicht, wenn der Zuschuss des Landes für die Charité nun um die Summe gekürzt würde, die der Bund zuschießt. Es kann nur um eine zusätzliche Förderung gehen, aus der keine weiteren finanziellen Verpflichtungen für das Land entstehen. Die Bedingungen müssten Sie erklären! Dazu haben Sie nichts gesagt. Dazu wissen Sie wahrscheinlich auch noch viel zu wenig Konkretes. Umso mehr wundert einen die Hochzeit, in der Sie das Vorgetragene hier servieren.

Noch etwas! Es sollte auch niemand glauben oder glaubend machen, mit dem Engagement des Bundes seien etwa die Infrastrukturprobleme der Charité gelöst. Das strukturelle Defizit bleibt erhalten. Es entsteht in den maroden Gebäuden, und es entsteht in der Krankenversorgung. Auch die Illusion, der Sanierungsstau ließe sich damit beseitigen, ist durch nichts gerechtfertigt. Die Verfassung erlaubt dem Bund bisher nur, einzelne Forschungsprojekte zu finanzieren, nicht aber, ganze Einrichtungen zu fördern. Wie Sie dieses Problem lösen wollen, ist bisher nicht ausreichend geklärt. Das funktioniert sicher nicht, jedenfalls nicht ohne Weiteres, durch die Zusammenlegung mit dem MDC. Das wissen Sie auch. Insofern bin ich gespannt, wie Sie auf all die Fragen gemeinsam Antworten geben wollen, wenn dann der Honigmond vorbei ist und Sie der Alltag eingeholt hat. – Nun lassen wir die jungen Leute noch ein bisschen weiter feiern, und dann wollen wir mal gucken, was der Alltag bringt. – Danke schön!

[Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Albers! – Für die Fraktion der Piraten – Herr Kollege Delius!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu Anfang möchte ich mich entschuldigen, dass die Piratenfraktion zu dieser Aktuellen Stunde keinen eigenen Vorschlag eingebracht hat. Wir waren uns nicht ganz im Klaren darüber, welche Möglichkeiten, doch sehr lang und ausbreitend über das eigene Verständnis und das Verständnis der Kollegen der anderen Fraktionen zu reden, sich uns hier bieten. Wir werden das nachholen.

[Beifall von Christopher Lauer (PIRATEN)]

Das ist meine erste Aktuelle Stunde. Wir reden hier seit etwas über 40 Minuten über ein Thema, das sich wohlklingend zusammenfassen lässt mit „Zusammenarbeit für Spitzenergebnisse in Wissenschaft und Forschung“. Ich habe mich gefragt, was das eigentlich heißt. Ich bin nicht so erfahren in den Wissenschaftsausschüssen wie die Kollegen, die vor mir geredet haben. Was ich aber weiß, ich kann da auch auf Herrn Zöllner eingehen bzw. auf ihn referenzieren: Auch ich habe Herrn Zöllner zu danken, denn ich bin auch für die Hochschulpolitik und die Wissenschaftspolitik interessiert worden durch Sie, allerdings wahrscheinlich aber auf der anderen Seite des Zauns, nämlich bei den protestierenden Studierenden.

[Heiterkeit und Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]