Protokoll der Sitzung vom 22.11.2012

[Uwe Doering (LINKE): Das ist kein Feinschmeckerthema!]

Die Redezeit, das hat der Kollege Lauer gerade deutlich gemacht, war tatsächlich vielleicht ein bisschen kurz, um hier vorne deutlich zu machen, worum es eigentlich in Ihrem Antrag geht. Ich habe in Vorbereitung zu Ihrem Antrag – ich wollte ernsthaft verstehen, was Sie da wollen – einige Schwierigkeiten gehabt, nachzuvollziehen: Was ist das Begehren, das hinter diesem Antrag steht? Es wäre – den Hinweis erlaube ich mir – besser gewesen, wenn Sie eine Drucksachennummer des Bundestags oder des Bundesrats dazugeschrieben hätten. Das macht dann die Auseinandersetzung mit diesem Antrag ein bisschen – –

[Heiko Herberg (PIRATEN): Habe ich über die PGFs gemacht!]

Das haben Sie über die PGFs gemacht. Sie wissen, dass ich nicht PGF bin. Ist doch egal, vielleicht schreiben Sie es einfach in den Antrag hinein, es wäre dann besser, wenn man sich damit auseinandersetzen möchte.

Ich habe noch Grundinteresse für das, was Sie hier wollen. Ich glaube aber, dass die Berlinerinnen und Berliner Ihr Begehren, so wie Sie es hier vortragen, überhaupt nicht verstehen: einen dreizehnseitigen Antrag, den Sie mit viel Mühe vom Saarland, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein abgeschrieben haben. Sie verknüpfen

meines Erachtens unzulässig in Ziffer 2 und 3 Ihres Antrags die elektronische Schnittstelle als solche und lehnen damit die Bestandsdatenauskunft per se ab. Das ist natürlich Quatsch. Das Bundesverfassungsgericht – das haben Sie in Ihrem Antrag zitiert – hat in seinem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung sehr eindeutig die Schwelle für Bestandsdatenauskünfte niedriger gehalten, sprich: Richtervorbehalt zu fordern, darüber kann man reden, aber keine Bestandsdatenauskunft oder keine elektronische Schnittstelle zur Ermittlung einer Entscheidung, das dürfte von uns nicht mitgetragen werden.

Unser Vorschlag ist – die Bundesratsdebatte findet in der nächsten Woche im Rechtsausschuss und im Wirtschaftsausschuss des Bundesrats statt –, dass wir uns in dem zuständigen Ausschuss ITDat mit der Sache befassen. Die Erfahrung aus den Beratungen im Bundesrat zeigt doch, dass dort die eine oder andere Erwägung oder Anregung noch kommt, dass auch durch die Verbände und die Betroffenen die eine oder andere Anregung noch kommt. Das sollten wir in die Beratung im Ausschuss mit einfließen lassen. Deshalb werden wir den Antrag in den ITDat-Ausschuss überweisen und dort dann mit Ihnen gerne zusammen beraten. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Herr Kohlmeier! – Das Wort für eine Kurzintervention hat der Abgeordnete Herr Lauer.

Sehr geehrter Herr Kohlmeier! Sie haben es ja selbst gesagt: Eigentlich sollte der Kollege Oberg reden. Dann haben Sie sich mal schnell so einen dreizehnseitigen Antrag durchgelesen, und dementsprechend war auch Ihr Redebeitrag. Es ist vollkommen klar, was die Piratenfraktion will. Wir wollen nicht diese Datenübermittlung.

Wenn Ihnen das irgendwie nicht klar ist, dann – Frage! Ich glaube, man kann den Berlinerinnen und Berlinern sehr gut vermitteln – solange hier die Zeit nicht läuft, rede ich weiter, ich freue mich über die Extraminuten –, natürlich kann man den Berlinerinnen und Berlinern irgendwie vermitteln, warum es in ihrem Interesse ist, dass sie darüber informiert werden, wenn Sicherheitsbehörden auf ihre Bestandsdaten zugreifen. Natürlich kann man denen das vermitteln. Man kann denen vermitteln, weshalb es von Interesse ist, dass bei solch einer Bestandsdatenauskunft auch ein Richtervorbehalt gut ist, das kann man total gut vermitteln. Man kann den Berlinerinnen und Berlinern auch irgendwie gut vermitteln, dass es schwierig ist, dass von den Telekommunikationsunternehmen keine Bußgelder bezahlt werden müssen, wenn sie ihre Daten an eine unberechtigte Stelle weiterleiten. Es ist eine Verschlechterung. Wir haben bislang das Bußgeld, wenn es an eine unberechtigte Stelle weitergeleitet

wird. Dieses Bußgeld wird gestrichen, das gibt es nicht mehr. Das heißt, Sie können vollkommen unberechtigt diese Daten dort anfordern. Sie bekommen sie, weil es keinen Richtervorbehalt gibt. Der Telko kann nicht überprüfen, welche Daten wofür gebraucht werden, ob sie rechtmäßig oder unrechtmäßig eingesetzt werden. Aber es ist auch vollkommen egal, denn am Ende des Tages gibt es ohnehin keine Konsequenzen. Es gibt keine Bußgelder, es gibt keine Konsequenzen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, es gibt keine Konsequenzen bei den Sicherheitsbehörden. Wie auch? Es wird ja auch nicht unabhängig überprüft.

Ich glaube, dass man das den Berlinerinnen und Berlinern, da es das Internet – das hat, glaube ich, auch schon Ihre Partei mitbekommen – nicht nur in Berlin gibt, sondern auch in Deutschland und sogar weltweit, kann man das dem Rest des Landes erklären, warum es nicht sinnvoll ist, dass Sicherheitsbehörden einfach so die Bestandsdaten abgreifen können. Dass Sie da die Position Ihres Koalitionspartners – wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten – übernommen haben, kann sein. Aber ich weiß nicht, man kann viele tolle Beispiele konstruieren, wo Ihr Telefonbuch, das Sie möglicherweise im Internet gespeichert haben, irgendwo auftaucht, Herr Kohlmeier, und die Öffentlichkeit dann so darüber informiert wird, wen Sie als Mandanten haben, denn darüber wollten Sie auch nicht reden.

Sie haben es wieder einmal gut hinbekommen, hier nicht zur Sache zu sprechen, sondern einfach irgendetwas zu tun. Sie hören ja auch gerade nicht zu, sondern gucken Herrn Oberg – ich weiß gar nicht, haben Sie blaue oder braune Augen, Herr Oberg? Das interessiert mich aber eigentlich auch gar nicht –, an. Er macht jetzt ein bisschen Wischiwaschibewegungen – ich habe Ihre Tweets vorhin auch gelesen, Herr Oberg.

Ich habe noch 33 Sekunden Redezeit. Ich fasse noch einmal zusammen: Dieses Gesetz geht gar nicht. Wir würden es gern im Bundesrat abgelehnt oder geändert sehen. Aber dazu fühlen Sie sich anscheinend nicht imstande. Das ist der sogenannte Herbst der Entscheidungen. Ich freue mich sehr. Aber da können Sie dann ja auch im Bundestagswahlkampf den Wählerinnen und Wählern erklären, warum die SPD im Bundesrat nichts gegen dieses Gesetz unternommen hat und auf einmal unsere ganzen Daten bei den Sicherheitsbehörden liegen. Denen kann man ja – das zeigt diese gesamte NSUGeschichte – uneingeschränkt vertrauen. Was sollte da schiefgehen? – Vielen lieben Dank!

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Uwe Doering (LINKE)]

Vielen Dank, Herr Lauer! – Herr Kohlmeier! Ich habe Ihre Geste vorhin so verstanden, dass Sie gern antworten möchten. – Bitte!

Herzlichen Dank, dass Sie meine Geste so verstanden haben. Ich wollte zumindest nicht antworten, denn darauf gibt es nichts zu antworten, sondern klarstellen, weil es Kollege Lauer nicht verstanden hat: Ich war ursprünglich vorgesehen, um zu diesem Antrag zu sprechen. Der Kollege Lars Oberg hatte aber hohes Interesse, einmal zu Ihren sehr wertvollen und sehr wegweisenden, zukunftsorientierten, nachhaltigen Anträgen zu reden.

[Heiterkeit bei der SPD – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Können Sie das nicht ins Poesiealbum schreiben?]

Nachdem er dann, als ich auf dem Weg zum Rednerpult war, auf meine kleine Zusammenstellung schaute, hat er sich spontan entschieden, nicht zu reden. Das, was der Kollege Lauer gerade eben gesagt hat, zeigt, dass es richtig war, dass Kollege Oberg dazu nicht gesprochen hat, weil es überhaupt nicht sein Niveau war, mit dem er sich hier auseinandersetzt. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Uwe Doering (LINKE): Es ist schon erstaunlich, wie ihr mit Datenschutz umgeht! – Christopher Lauer (PIRATEN): Ist ja schon erstaunlich, was man hier so alles herausbekommt!]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Abgeordnete Herr Lux das Wort. – Bitte sehr!

Danke schön, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf eines kann man sich hier tatsächlich verlassen. Wenn wir Debatten über den Datenschutz führen, wenn wir Debatten über die Grundrechte und die Sicherheit der Kommunikation von Bürgerinnen und Bürgern führen, wenn wir Debatten über die Freiheit des Internets führen, dann können Sie sicher sein: Die CDU-Fraktion ist nicht da, die zuständigen Senatoren auch nicht, und Herr Kollege Kohlmeier findet irgendwo immer noch einen Haken und ein Komma, die es der ach so internetfreundlichen Partei SPD erlauben,

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Er hat sogar Twitter!]

diesen Antrag abzulehnen, und damit wieder nah an nah mit der CDU gemeinsam Law-and-Order-Interneteinschränkungspolitik zu machen und den Strafverfolgungsbehörden mehr zu geben als sie tatsächlich brauchen, es

zum Normalfall zu machen, dass Bestandsdaten abgefragt werden. Ich sage Ihnen eines, Herr Kollege Kohlmeier: Zu der Frage, wo Sie eigentlich in der Auseinandersetzung darüber, wie viel Freiheit es im Internet geben soll, bei der mobilen Kommunikation stehen, haben Sie einmal wieder nichts gesagt – nicht ein Wort.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Das ist erbärmlich, Herr Kollege Kohlmeier. Da bringt es auch nichts – darauf können wir uns verlassen, das war in der letzen Debatte auch schon so, in der Sie anfangs angekündigt haben, für mehr Transparenz bei Nebeneinkünften zu sein, um dann am Ende mit kleinlichem Getue gegen den Antrag gewesen zu sein –, dass Sie auf Twitter schwärmen, was für eine internetfreundliche Partei Sie seien. Aber am Ende stimmen Sie mit der CDU für alles, was die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land einschränkt.

Man muss sich einmal fragen dürfen, wo Sie eigentlich stehen. Wo stehen Sie als SPD-Fraktion und rechtspolitischer Sprecher, wo stehen Sie, wenn es darum geht, dass der Staat private Telekommunikationsanbieter zu Hilfssheriffs macht, sie verpflichtet, über ihre Geschäftsdaten, die sie von Kunden anlegen, Auskunft geben zu müssen, und das als Normalfall, wenn ein Strafverfahren oder sogar nur ein Ordnungswidrigkeitsverfahren vorliegt? Herr Kohlmeier! Sie wollen also, dass es Realität wird, dass jedermann und vor allem Polizei und Ordnungsbehörden bei den leichtesten Vergehen fragen darf: Wo wohnt dieser Handynutzer? Wie viel Geld hat er bezahlt? Was sind seine Bestandsdaten? Was sind seine Telefonbücher? Damit bekommt er auch Auskünfte über die Freunde und Freundinnen. Das können Sie alle sein. Sie wissen ja nicht, wer alles Ihre Handynummer gespeichert hat. Die SPD will, dass Strafverfolgungsbehörden das ohne Weiteres bekommen. Sie müssen nur ein Strafverfahren eröffnen. Wenn man jetzt landläufig denkt: Na ja, da liegt ein Tatverdacht vor –, dann sage ich Ihnen das, was Ermittler sagen: Ermitteln darf man immer. Ein Strafverfahren kann man bei hinreichendem Tatverdacht eröffnen. Er kann sich am Ende als falsch herausstellen, aber sie legen erst einmal ein Strafverfahren an. Es gab auch CDU-Abgeordnete, die gesagt haben, dass die Strafverfahren gegen sie zu Unrecht geführt worden seien. Am Ende sind dann zwei Jahre auf Bewährung herausgekommen, und der Kollege durfte doch nicht wieder in die Fraktion zurückkehren. Da sehen Sie einmal, wie weit Strafverfahren führen können. Aber es gibt auch welche, die ohne Weiteres eröffnet werden. Am Ende können Sie zum Telekommunikationsdienstleister gehen und erst einmal alle Bestandsdaten abfragen.

Deshalb ist die Initiative der Piraten sinnvoll, und wir Grünen werden sie im Allgemeinen unterstützen. Es gibt ein, zwei Teile, da kann man vielleicht noch nachbessern und sich auch fragen, ob es nicht besser wäre, dass Verbindungsdaten einen höheren Schutz als Bestandsdaten haben und diese Grenze nicht wieder verwischt werden

sollte. Das ist eine sehr schwierige und komplizierte Debatte, die wir in den Ausschüssen führen können. Wir würden Ihrem Anliegen zustimmen, dass wir sofort abstimmen. Falls es zur Ausschussüberweisung käme – ich habe noch einmal nachgerechnet –, hätten wir genug Zeit, wenn wir uns beeilen, wenn die Vorsitzenden von Rechts-, Innen- und ITDat-Ausschuss mitmachen. Wir könnten noch bis zur Bundesratssitzung beschließen. Ich hoffe sehr, dass Sie es bis dahin geschafft haben, dass der Groschen, insbesondere in der SPD-Fraktion, die sich für so eine große Internet- und Freiheitspartei hält, dann noch ein bisschen weiter fällt. Es wäre schön. Meine Hoffnung ist allerdings begrenzt. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Lux! – Für die Fraktion der CDU hat jetzt der Abgeordnete Herr Dregger das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Piratenfraktion erfreut uns mit einem zwölfseitigem Antrag zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes. Das ist ein Bundesgesetz, und es ist immer wieder schön, wie Sie, liebe Piraten, hier im Berliner Abgeordnetenhaus Bundestag spielen wollen. Ich befürchte nur, dass das so weitergeht, wenn es mit der Bundestagswahl nichts wird.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, keine Zwischenfragen!

[Christopher Lauer (PIRATEN): Oh, dann muss ich dazwischenrufen! Herr Dregger! Wie viele Seiten hat der Antrag? Wie viele Seiten hat die Begründung?]

Worum geht es? – Das Bundesverfassungsgericht hat im Januar dem Bundesgesetzgeber auferlegt, bis Juni nächsten Jahres bestimmte Regelungen des Telekommunikationsgesetzes verfassungskonform neu zu regeln. Dabei handelt es sich um die einschlägigen Regelungen über die Speicherung und Übermittlung von Telefonnummern und anderen Anschlusskennungen sowie der persönlichen Daten ihrer Inhaber an die Sicherheitsbehörden. Dieser Aufforderung ist die Bundesregierung nachgekommen. Sie hat einen Gesetzentwurf hierzu vorgelegt. Darin werden sämtliche vom Bundesverfassungsgericht erhobenen Anforderungen erfüllt.

(Christopher Lauer)

Im Einzelnen: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass zusätzlich zu § 113 Abs. 1 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes eine qualifizierte Rechtsgrundlage für die Abfrage der Telekommunikationsbestandsdaten für die jeweils auskunftsuchenden Behörden zu schaffen ist. Dieser Aufforderung wird der Gesetzentwurf der Bundesregierung durch ergänzende Regelungen der Strafprozessordnung, des Bundeskriminalamtsgesetzes, des Bundespolizeigesetzes, des Zollfahndungsdienstgesetzes, des Bundesverfassungsschutzgesetzes, des Bundesnachrichtendienstgesetzes und MAD-Gesetzes gerecht.

Des Weiteren umfasst nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts der Auskunftsanspruch der Sicherheitsbehörden die Zuordnung dynamischer Internetprotokolladressen nur dann, wenn dies ausdrücklich und normenklar geregelt ist. Zudem muss die Regelung der Tatsache gerecht werden, dass es sich hierbei um einen Eingriff in das Grundrecht nach Artikel 10 Abs. 1 des Grundgesetzes über das Fernmeldegeheimnis handelt, denn dieses kann nur aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden. Auch dieser Vorgabe wird der Gesetzentwurf der Bundesregierung gerecht.

Schließlich hat das Bundesverfassungsgericht dem Bundesgesetzgeber auferlegt, dass ein Auskunftsverlangen zu solchen Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder Speichereinrichtungen geschützt wird, nur dann zulässig ist, wenn auch die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nutzung der auf den Endgeräten gespeicherten Daten gegeben sind. Dies ist im vorgeschlagenen § 113 Abs. 1 Satz 2 des Entwurfs geschehen.

Ihren Antrag werden wir gerne in den zuständigen Ausschüssen sorgfältig prüfen. Dabei werden wir, wie immer, die widerstreitenden Rechtsgüter sorgfältig abwägen. Das sind das grundrechtlich geschützte Fernmeldegeheimnis nach Artikel 10 des Grundgesetzes auf der einen Seite und das öffentliche Interesse an der Verhinderung und Verfolgung schwerer Straftaten auf der anderen Seite.

Die Piraten wollen darüber hinaus eine Reihe von Restriktionen einführen, deren Sinn sich zumindest jetzt noch nicht immer erschließt. Beispielhaft wollen sie das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt von den Auskunftsberechtigten ausschließen.

Herr Lux hat gerade gefragt: Wie viel Freiheit soll es geben? Was ist die Antwort darauf? – Ich glaube, die Antwort gibt das Bundesverfassungsgericht. Ich sehe keinerlei Veranlassung, derzeit über die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an die gesetzliche Neuregelung hinauszugehen, denn, liebe Piraten, das Bundesverfassungsgericht als Wächter unserer Grundrechte werden Sie nicht übertreffen können. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Dregger! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Abgeordnete Herr Lauer.

Lieber Herr Dregger! Das ist ja schön. – Wo ist er denn? Ist er raus? – Ah, erste Reihe, Entschuldigung, da gucke ich so selten hin. – Also erstens wollen wir hier natürlich nicht Verfassungsgericht spielen. – Jetzt stehen da Leute dazwischen. – Und zweitens hat das Verfassungsgericht halt leider die Form der bisherigen Praxis kritisiert und gar kein Grundsatzurteil getroffen. Aber was ich bei Ihnen irgendwie vermisst habe, ist, dass Sie sich mal irgendwie – wobei, mir fällt auch eins ein: Also einen zwölfseitigen Antrag zu kritisieren, ja, macht das Ihre Fraktion im Bundestag auch, wenn da über den ESM abgestimmt wird? Ja, machen die das auch so? Oh, Angela, was hast du denn hier für einen Antrag vorgelegt!

Der Punkt ist an der Stelle, ich möchte von Ihnen mal ein Bekenntnis dazu haben, wie Sie das bewerten, dass es im Moment hier keinen Richtervorbehalt gibt, dass diese Daten also einfach so abgefragt werden können und dass das Telekommunikationsunternehmen eben nicht in der Lage ist zu überprüfen, ob die Daten dort rechtmäßig abgefragt worden sind oder nicht, dass sie das eben nicht können und dass dadurch auch Ihre Daten eben abgefragt werden können. Und das sieht dieses Gesetz auch nicht vor, was z. B. von der Systematik in der Strafprozessordnung abweicht, da haben wir es ja bei der Funkzellenabfrage auch. Da wird auch gesagt, die Betroffenen – und es soll ja 100f. sein – sollen informiert werden – wird in der aktuellen Praxis auch nicht gemacht –, aber in der Systematik der StPO müssten die Betroffenen informiert werden – werden sie nicht. Das heißt, auch bei ihren Bestandsdaten, die möglicherweise unrechtmäßig abgefragt werden, was das Telekommunikationsunternehmen nicht überprüfen kann, was sie nicht überprüfen können, weil sie nicht benachrichtigt werden, und wie Sie dazu stehen – zu diesem Missbrauchspotenzial angesichts der Tatsache, dass die aktuelle Gesetzesvorlage es nicht vorsieht, es zu sanktionieren.

Dann noch zu Ihrem Einwand, wir würden hier Deutscher Bundestag spielen: Der Punkt ist doch der, dieses Gesetz betrifft – und das haben sowohl meine Vorredner als auch ich, glaube ich, jetzt ausreichend dargelegt – alle Leute, die in Deutschland wohnen, und als Berliner Abgeordnete sind wir eben den Berlinerinnen und Berlinern verpflichtet, und in dem Moment, in dem wir den Eindruck haben, dass hier auf Bundesebene mit diesen Gesetzen einiges schief läuft, müssen wir natürlich den Senat auffordern, eine Bundesratsinitiative zu starten. Das haben wir in anderen Geschichten auch schon gemacht. Also wie gesagt, sagen Sie mal ganz klar, wie Sie dazu stehen, dass es eben ein hohes Missbrauchspotenzial gibt und keine Überprüfungsmöglichkeiten für die Leute, die die Daten

(Uwe Doering)