geben müssen. Z. B. haben wir auch die Situation, dass in dem Entwurf von allen Daten gesprochen wird. Das heißt, wenn ein Telekommunikationsunternehmen über einen Benutzer unrechtmäßig Daten erhebt, können diese unrechtmäßig erhobenen Daten dann auch über dieses Gesetz abgefragt werden. Also Sie sehen, das ist mit Sicherheit nicht jetzt irgendwie mit Augenmaß oder sonst was konstruiert. Bitte, sagen Sie was dazu!
Vielen Dank, Herr Lauer! – Herr Dregger! Sie möchten antworten. Bevor ich Ihnen jedoch das Wort erteile, würde ich die Versammlung bitten, ein wenig ruhiger zu sein. Ich kann ja nachvollziehen, dass es ein die Gemüter erregendes Thema ist, aber bitte konzentrieren Sie sich im Zuhören auf den Redner jeweils.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Lieber Herr Lauer! Also ich habe ja gesagt, wir sind bereit, Ihre Vorschläge in den Ausschüssen ernsthaft zu prüfen. Dazu ist das Plenum nicht der richtige Ort. Aber ich habe auch zum Ausdruck gebracht, dass Gegenstand des Regierungsentwurfs ist, die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts zu erfüllen. Ich habe auch von Ihnen nicht gehört, dass es nicht der Fall ist. Ich glaube, damit ist jedenfalls das verfassungsrechtliche Hauptanliegen sichergestellt. Darauf kommt es mir an. Im Übrigen bin ich sehr gerne bereit, Ihre Vorschläge im Einzelnen in Ausschüssen zu erörtern und zu prüfen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Dregger! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Doering. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin schon einigermaßen entsetzt darüber, wie Herr Kohlmeier als Vertreter der SPD mit diesem Thema umgeht. Es geht hier um nichts Geringeres als um Grundrechte, um das Post- und Fernmeldegeheimnis und informelle Selbstbestimmung.
Wenn man sich mit dem Gesetzentwurf befasst und ernsthaft befasst hätte, Herr Kohlmeier, dann wird man feststellen, wenn man sich diesen Gesetzentwurf durchliest, Herr Dregger, dann darf man sich auch die Frage stellen, ob die Vorgaben des Verfassungsgerichts durch diese Bundesregierung überhaupt eingehalten sind. Ich sage Ihnen jetzt schon, das sind sie nicht.
Deswegen schockiert mich einigermaßen der Umgang mit diesem Thema, den die SPD hier an den Tag legt.
Wir kommen gleich noch zur inhaltlichen Begründung. – Jetzt hat Herr Lux gerade versucht, hier eine Brücke zu bauen, was die Sofortabstimmung betrifft. Ich möchte Ihnen nur sagen, Ende November beginnen die Beratungen in den Ausschüssen des Bundesrats. Es ist davon auszugehen, dass dann im Dezember der Bundesrat eine Stellungnahme abgibt. Jetzt soll dieser Antrag durch drei Ausschüsse, von dem zumindest die CDU sagt, wir werden ihn sorgfältig in den Ausschüssen prüfen. Das heißt, das Ding kommt vor Ende nächsten Jahres nicht mehr zurück. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie dem Begehren der Piraten hier zustimmen, über die Vorlage sofort abzustimmen. Ich sage Ihnen auch gleich, warum.
Ich habe es ja schon gesagt, die Frage ist ja, ob die Bundesregierung die kritisierten Regelungen im Sinne des Bundesverfassungsgerichts verbessert oder verschlimmbessert hat. In der Begründung zum Antrag der Piraten wird u. a. ausgeführt, dass es laut Bundesverfassungsgericht nicht ausreicht, allgemeine Befugnisse zur Erhebung von Bestandsdaten zu nutzen. Es bedarf hierfür klarer Regelungen, welche Daten an welche Behörden weitergegeben werden dürfen bzw. müssen. Auch der Branchenverband BITKOM weist in seiner Presseerklärung darauf hin, dass im Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht klar und konkret geregelt ist, wie und in welcher Form die Unternehmen Bestandsdaten wie Namen des Kunden, Anschrift des Nutzers an Behörden weitergegeben werden müssen. Es fehlt also hierzu eine verfassungsrechtlich abschließende Bestimmung. Hierzu heißt es im Beschluss der Bundesregierung lediglich:
Die von den Sicherheitsbehörden erwünschten Daten müssen unverzüglich und vollständig übermittelt werden.
Die Telekommunikationsunternehmen dürfen über solche Maßnahmen auch gegenüber ihren von den Maßnahmen betroffenen Kunden keine Auskunft geben. Die 16 größten Telekommunikationsunternehmen sollen zur Abwicklung von Nachfragen durch Sicherheitsbehörden gesicherte elektronische Schnittstellen bereithalten. Das heißt im Klartext, Sicherheitsbehörden sollen künftig automatisch Daten über Schnittstellen abfragen können. Herr Kohlmeier, Herr Dregger! Das finden Sie gut?
Der Zugriff auf sensible, personenbezogene Daten – das ist schon gesagt worden – erfolgt ohne jeden Richtervorbehalt. Und es wird im Gesetzentwurf der Bundesregierung betont, dass Auskunftspflicht auch für Daten wie PIN-Codes und Passwörter besteht, mit denen der Zugriff
auf Endgeräte und damit verbundene Speichereinrichtungen ermöglicht wird. Aber hatte das Bundesverfassungsgericht nicht genau diesen Umstand kritisiert?
Der vorliegende Antrag der Piraten zeigt auf, welche Punkte im Beschluss der Bundesregierung abgearbeitet werden müssen, um solch einer Vorlage im Bundestag und im Bundesrat überhaupt zustimmen zu können. Das sind aus unserer Sicht Mindestanforderungen, um die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu erfüllen. Es geht nach der Gesetzesnovelle der Bundesregierung auch um gesetzlich sanktionierte Eingriffe in das grundrechtlich geschützte Post- und Fernmeldegeheimnis. Das Post- und Fernmeldegeheimnis – so jedenfalls unsere Position – sollte geschützt und nicht ausgehöhlt werden. Eingriffe in diese Grundrechte sollten in sehr eng begrenzten Fällen möglich sein, zum Beispiel bei schwersten Verletzungen von Rechtsgütern. Das sind unsere Anforderungen an eine Änderung beim Telekommunikationsgesetz und die Neuregelung der Bestandsdatenauskunft.
Die Linksfraktion erwartet vom Senat, dass er sich in diesem Sinne und im Sinne des Antrags der Piraten bei den zu erwartenden Abstimmungen im Bundesrat verhält, und das kann nur ein klares, fettes Nein zur Vorlage der Bundesregierung sein.
Die antragstellende Fraktion beantragt die sofortige Abstimmung. Die Koalitionsfraktionen beantragen die Überweisung an den Ausschuss für Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit. Wer dem Antrag auf Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU und der fraktionslose Abgeordnete. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, die Linksfraktion und die Piratenfraktion. Gibt es Enthaltungen? – Das sehe ich nicht. Damit ist der Antrag überwiesen.
Zu den lfd. Nrn. 4.4 und 4.5 sind keine Prioritäten angemeldet worden. Die lfd. Nr. 5 der Tagesordnung ist bereits als Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Nr. 4.1 der Tagesordnung behandelt worden.
Gesetz zu dem Beitritt des Landes Berlin zum Staatsvertrag der Länder Baden-Württemberg, Freistaat Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen über die Einrichtung einer
Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Verbraucherschutz, Geschäftsordnung vom 14. November 2012 Drucksache 17/0657
Wird der Dringlichkeit, die nicht vom Rechtsausschuss empfohlen wurde, sondern im Ältestenrat vereinbart wurde, widersprochen? – Das ist nicht der Fall.
Ich eröffne also die zweite Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Paragrafen miteinander zu verbinden und höre auch hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift, die Einleitung, die Paragrafen 1 und 2 sowie den Staatsvertrag, Drucksache 17/0562. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dr. Behrendt. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte erst einmal meiner Verwunderung Ausdruck verleihen, dass hier eine Beschlussvorlage verteilt wurde, die den Eindruck erweckte, wir hätten im Rechtsausschuss über die Dringlichkeit befunden. Diesen Eindruck erweckt die hier verteilte Beschlussvorlage; das ist inhaltlich falsch. Es ist dort nicht über die Dringlichkeit befunden worden. Deshalb ist diese Beschlussvorlage unzutreffend.
Jetzt aber zur Sache: Es gibt ein neues Instrument, das sich der staatliche Repressionsapparat hat einfallen lassen. Es klingt recht harmlos, nämlich Fußfessel. Dabei geht es aber um die Herstellung eines umfassenden Bewegungsprofils, denn die Fußfessel zeichnet jede menschliche Bewegung auf. Wie jede neue Überwachungstechnologie wird auch der Einstieg in die Fußfessel zunächst in diesem Staatsvertrag, der heute zur Abstimmung vorliegt, als absolute Ausnahme verkauft. Wie wir aber aus der Debatte um die Funkzellenabfrage wissen – bei der es auch hieß, sie diene nur schwersten Kapitalverbrechen und deren Aufklärung und würde nur im Ausnahmefall eingesetzt –, wandelte sich diese Maßnahme nach kurzer Zeit in der Praxis zu einer Standardmaßnahme – wie wir leidvoll erfahren mussten, auch bei mittlerer Kriminalität. Deshalb gilt es auch hier, von Anfang an auf der Hut zu sein.
Es verwundert mich schon einigermaßen, dass es im Vorfeld der jetzigen Rederunde Signale gab, dass dieses Thema hier gar nicht diskutiert werden solle. Ich bin der Meinung, eine Debatte über diese neue Überwachungs
technologie ist mehr als angemessen. Ich darf daran erinnern, dass die CDU-Fraktion in diesem Haus vor nicht allzu langer Zeit ein Fachgespräch zu diesem Thema veranstaltet hat und auch andere Landtage sich sehr ausführlich mit den Fragen um die Fußfessel beschäftigt haben.
Es ist richtig, dass wir über das Ob der Fußfessel hier nicht mehr zu befinden haben – das hat der Bundesgesetzgeber entschieden für den Fall der Führungsaufsicht. Über das Wie sollten wir aber sehr wohl diskutieren, denn weder das Bundesgesetz noch der Staatsvertrag beantworten die sich stellenden Fragen. So ist z. B. völlig ungeklärt, wie in dicht bebauten Städten die Bewegung der Betroffenen in der Nähe sensibler Orte kontrolliert werden soll. Wenn Sie beispielsweise den Betroffenen aufgeben, sich Kindergärten oder Kinderspielplätzen nicht auf weniger als 50 Metern zu nähern, erfordert es zunächst einmal die technische Erfassung aller Kinderspielplätze und Kindergärten in der Stadt, woran es bisher völlig fehlt. Zudem sind Kindergärten, weil sie sich beispielsweise in Hinterhöfen oder auf der anderen Seite eines Häuserblocks befinden, für die Betroffenen überhaupt nicht zu erkennen, sodass sie Schwierigkeiten haben, dieser Auflage zu folgen, und die Fußfessel wohlmöglich einen Alarm auslöst, der allerdings unberechtigt ist. Auch das Verbot, Wohnungen, in denen sich Kinder aufhalten, zu betreten, kann schon gleich gar nicht mit der Fußfessel überprüft werden, denn die Fußfessel weiß nicht, in welcher Wohnung sich Kinder aufhalten.
Zu allem Überfluss erfolgt die Überwachung – das ist ja Gegenstand des Staatsvertrages – aus Hessen, also durch hessische Bedienstete, die sich mit den näheren örtlichen Gegebenheiten in Berlin überhaupt nicht auskennen. Die Frage, wie eigentlich aus Wiesbaden sinnvoll Fehlermeldungen bearbeitet werden sollen, ist bisher unbeantwortet geblieben. Sie müssen ja von dort die Berliner Polizei informieren, die dann ausrücken und den Betroffenen irgendwie finden muss, um dann wohlmöglich nur festzustellen, dass die Batterie der Fußfessel leer ist, was sehr häufig vorkommen soll, wie aus Sachsen berichtet wird, oder aber andere technische Defekte vorliegen.
Zudem besteht die Befürchtung eines inflationären Gebrauchs der Fußfessel. In Großbritannien sind zwischenzeitlich rund 60 000 Personen mit einer Fußfessel ausgestattet, in den USA mehr als 100 000. In diesen Ländern hat sich die Erwartung, dass sich die Gefängnisse leeren würden, weil man mit der Fußfessel eine Alternative zum Gefängnis anbietet, überhaupt nicht erfüllt. Vielmehr sind die Gefängnisse in den USA weiterhin überfüllt. Mit der Fußfessel wird also ein neuer Bereich zwischen Haft und Bewährungsstrafe geschaffen.
Zu guter Letzt wirkt die Fußfessel auch nicht kriminalitätsverhindernd. Wie tragische Fälle von Fußfessel Tragenden zeigen, hielt die Fußfessel die Betroffenen nicht
von neuen Straftaten ab. Denn die Fußfessel kann beispielsweise nicht melden, wenn jemand in seinem Wohnhaus in der darüber oder darunter liegenden Wohnung Straftaten begeht. Da haben Sie überhaupt keine Meldung, und zu solchen Straftaten ist es gekommen.
Wir Grüne werden Ihnen in Kürze einen begleitenden Antrag zur Fußfessel vorlegen und die weiteren Punkte beleuchten. Der Fußfessel müssen Fesseln angelegt werden, sowohl grundrechtliche als auch datenschutzrechtliche. – Ich danke Ihnen!
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Bundesgesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Neuordnung der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen das Recht der Führungsaufsicht geändert. Durch den neuen § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB ist es nunmehr auch Berliner Richterinnen und Richtern möglich, bestimmten Personen die gerichtliche Weisung zu erteilen, die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderliche elektronische Fußfessel ständig im betriebsbereiten Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeiten nicht zu beeinträchtigen.
Der Bundesgesetzgeber ist der Auffassung, mit der Einführung der elektronischen Fußfessel die Einhaltung aufenthaltsbezogener Überweisungen überwachen und im Nachhinein eine eventuell begangene Straftat leichter aufklären zu können. Der Bundesgesetzgeber verspricht sich von der Einführung der elektronischen Fußfessel die Einhaltung einer spezialpräventiven Wirkung, indem die Hemmschwelle des Probanden für die Begehung einer neuen Straftat aufgrund des ihm bewusst gestiegenen Entdeckungsrisikos erhöht wird.