Protokoll der Sitzung vom 31.01.2013

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Für eine Kurzintervention hat Frau Kollegin Kittler das Wort.

Herr Mutlu! Falls Sie das nicht richtig verstanden haben, erkläre ich es gerne noch einmal:

[Beifall bei der SPD und den PIRATEN]

Wir haben unter Rot-Rot im August 2003 die im Januar 2003 ausgesprochene Erhöhung der Arbeitszeit kompensiert. Für die anderen Beamten ist sie zurückgenommen worden, und für die Lehrerinnen und Lehrer ist sie kompensiert worden. Und um genau diese Kompensation geht es. Sie soll jetzt offensichtlich eben nicht in vollem Umfang gewährleistet werden, und das wäre eine weitere Arbeitszeiterhöhung für die Lehrerinnen und Lehrer. – Das ist ja schön! Nicken Sie doch einmal, wenn Sie das jetzt verstanden haben! Sie meinten ja, wir hätten das schon längst verändern können. Der Anlass aber war jetzt erst einmal nicht gegeben, und so ganz nebenbei, Herr Kollege: Ich habe inzwischen auch schon 43 Tage auf diese Art und Weise angespart. Super, dass ich dann so viel früher in den Ruhestand gehen kann! Das werde ich

gar nicht aushalten! Also: Informieren Sie sich das nächste Mal vorher!

Vielen Dank! – Der Kollege Mutlu will dazu noch etwas sagen. – Dann haben Sie das Wort!

[Zuruf: Er hat’s immer noch nicht verstanden! – Weitere Zurufe]

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist, wenn ich es richtig sehe, die letzte Rederunde. Das ist kein Grund, in Unruhe zu verfallen. – Bitte schön, Herr Kollege Mutlu!

Wenn ich Lehrer wäre, würde ich bei dieser Rederunde nicht nach vorne kommen.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Aber das ist ein anderes Thema. – Liebe Frau Kollegin Kittler! Da Sie diesem Haus in den letzten zehn, zwölf oder dreizehn Jahren nicht angehört haben, kann ich Ihnen eines sagen: Es ist ja schön und gut, dass Sie diese Mehrarbeit in der Vergangenheit kompensiert haben. Das war auch richtig, das war auch wichtig. Aber warum haben Sie denn nicht die Voraussetzungen in den acht Jahren von 2003 bis 2011 geschaffen, damit eben so etwas, wie wir es jetzt in Zeiten der Haushaltsnot haben, nicht passiert? Warum haben Sie diese Mehrarbeit, die Sie verordnet haben, nicht einfach zurückgenommen und auf irgendwelche Kompensationen verzichtet?

Wir können für die Lehrerinnen und Lehrer nur hoffen, dass sich Herr Nußbaum an dieser Stelle bewegt und den Lehrerinnen und Lehrern diese Kompensation weiterhin gewährt. Aber der richtige Weg wäre gewesen, 2003 das, was bei den Beamten passiert ist, auch bei den Lehrerinnen und Lehrern durchzuführen, damit wir heute nicht über Kompensation und Lehrerarbeitszeitkonten diskutieren und streiten müssten. Das ist nachhaltige Politik, Frau Kollegin Kittler, und nicht das, was Sie hier von sich geben!

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Für die CDU-Fraktion der Kollege Schlede.

[Zuruf: Jetzt hören wir mal eine seriöse Rede!]

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seriös – wenn ich dieses beim Gang hierher gehörte Wort einmal aufnehmen darf – ist folgende Feststellung: Die Arbeitszeitkontenproblematik ist so alt wie die Einrichtung dieser Konten, und jede Regierung, die bisher dieses Problem gesehen hat, war immer damit konfrontiert, die

Arbeitszeitkonten zu beenden. – Frau Kittler! Interessant ist doch, dass Ihr Antrag, wenn Sie ihn genau lesen, in der Überschrift lautet: Arbeitszeitkonten der Lehrkräfte – ich lasse „ohne Betrug“ aus – beenden. Beenden ist wichtig, denn Sie haben, das haben Sie gerade dargestellt, 43 Tage angespart. Das bedeutet dann, dass Sie in den letzten drei Monaten Ihrer Dienstzeit nicht mehr in der Schule wären. Es wird auf jeden Fall kompensiert.

Das ist der erste Punkt. Wenn wir dieses System beenden, müssen diejenigen, die Tage angespart haben – und Sie haben jetzt gehört, wie es funktioniert –, dafür natürlich auch einen Ausgleich bekommen. Der kann in dreierlei Weise passieren: erstens eine sofortige finanzielle Kompensation; zweitens womöglich eine gewünschte abstotternde Kompensation oder aber, wie ursprünglich einmal angedacht, die Möglichkeit, bis zum Berufsende anzusparen und dann womöglich drei oder auch vier Monate vorzeitig in Pension oder in Rente zu gehen. Das ist aber das, was die Schulen immer in besonderer Weise belastet hat, denn das war etwas, was nicht durch andere Personalmittel ausgeglichen werden konnte, sondern intern aufgefangen werden musste, aber intern nicht aufgefangen werden konnte. Die Schulen sind damit nicht glücklich. Also müssen wir heute sehen, wie wir dieses System gerecht beenden.

Ich will mal den Begriff des Betrugs von Vornherein rauslassen. Das ist ja die völlig falsche Darstellung. Aber mit Sicherheit wird es nicht so gehen, das weiß jeder hier in diesem Hause, es wäre ein Wunschtraum, wenn es so ginge, dass wir auf die Arbeitszeit des Jahres 2003 zurückkommen, denn ich habe mir im Vergleich natürlich mal angesehen, was inzwischen in allen anderen Bundesländern passiert. Da sind wir mit der heute gegebenen Stundenzahl im absoluten Maß.

Ich will nur ein kurzes Beispiel nennen: In der Grundschule in Baden-Württemberg 28 Stunden, Bayern 28,5 bis 29 Stunden, Berlin 28 Stunden, Brandenburg 26 Stunden usw. Ich könnte Ihnen die gesamte Latte über alle Schulzweige darstellen. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ein Berliner Senat einen Rückgang auf das finanzieren kann, was im Jahr 2003 war, denn das, was im Jahr 2003 war, ist längst in anderen Bundesländern auch nicht mehr, sondern dort hat es eine zusätzliche Belastung gegeben, die wir bedauerlicherweise für alle Lehrer feststellen. Aber nur die ist vergleichbar, und davon müssen wir bei einer Kompensation ausgehen.

Also Punkt Nr. 1: Kompensiert muss das werden, was bisher geleistet worden ist.

Punkt Nr. 2: Wir werden die Konten beenden müssen, damit endlich organisatorische Sicherheit in die Schulen kommt.

Punkt Nr. 3: Ich glaube, wir sollten bei der Gelegenheit als eine Form der Kompensation, die selbst die GEW favorisiert, die Altersermäßigung sehen. Die Altersermäßigung ist quasi ein durchgehender Faktor in allen anderen Bundesländern. Ob es da eine Stunde Ermäßigung ab einem Alter von 55 Jahren und zwei ab 60 oder aber auch andere Modelle gibt, spielt keine Rolle. Ich denke, wir müssen schon mal eine zweistündige Altersermäßigung ins Auge fassen,

[Vereinzelter Beifall bei der CDU und der SPD]

und zwar in der Form, dass wir dieses auch mit den Gewerkschaften besprechen können, denn die selbst wollen dieses auch und sehen dieses als eine Notwendigkeit an. Ältere Lehrer sollten schon wegen ihrer Gesundheit an diesem Punkte entlastet werden.

Zum Zweiten geht es um die Frage, wie wir es organisatorisch mit dem Ausgleich halten. Das muss auch mit der Finanzverwaltung abgesprochen werden. Ich würde ein System favorisieren, wo die, die das bisher angespart haben, drei Wahlmöglichkeiten haben, die ich schon genannt habe: entweder eine sofortige finanzielle Entgeltung oder, wie gesagt, eine gestaffelte zeitliche oder aber eine konzentrierte am Ende. Dann werden wir sowohl den organisatorischen Notwendigkeiten der Schulen gerecht als auch denen, die bisher entsprechend mehr geleistet haben und dies ausgeglichen bekommen. Wir kommen nicht zurück auf das, was Sie hier fordern, nämlich eine vollständige Kompensation im Sinne der Angleichung und eines Rückgangs auf alte Unterrichtszahlen. Wir wollen in der Diskussion dabei ehrlich sein. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Schönen Dank! – Für die Piratenfraktion Herr Kollege Delius!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schlede! Ich danke für die Vorschläge. Die hatte ich mir auch aufgeschrieben. Die kommen ja nicht nur von der GEW, sondern die kommen auch von den Personalräten der Bezirke – also die Staffelung über den Altersausgleich usw. Ich lese Ihnen aber gern noch mal die entsprechende Stelle aus Ihrem Koalitionsvertrag vor:

Zur Auflösung der bestehenden Lebensarbeitszeitkonten erfolgt ein Angebot, das Unterrichtsausfall vermeidet.

Sie haben jetzt gerade von Ihrer Seite aus ein Angebot gemacht. Die Abminderung des Aufwuchses habe ich jetzt weggelassen. Der Antrag fordert ja das Gleiche. Ich kann Ihre Rede im Prinzip als Zustimmung zu dem An

trag werten, denn er fordert auch nichts anderes, als dieses Angebot endlich zu bekommen und das Angebot des Senats endlich zu bekommen.

Wir haben es schon gehört. Ich glaube, Sie haben da etwas durcheinandergebracht. Es ist richtig, dass in den letzten 20 Jahren die Unterrichtsstunden z. B. in der Oberstufe von ca. 22 auf 26 Stunden erhöht wurden. In anderen Bereichen liegt das sogar noch höher. Gleichzeitig ist 2003 die Erhöhung der Arbeitszeit im öffentlichen Dienst von 40 auf 42 Stunden passiert. Das haben wir auch schon gehört.

Dabei muss ich aber auch Frau Kittler sagen: Wenn ich mir das durchlese, was die GEW an Stellungnahmen abliefert, dann stelle ich fest, dass die klar attestiert, dass der rot-rote Senat, die rot-rote Koalition damals mit der Erhöhung der Arbeitszeit einfach 1 350 Stellen gespart hat oder sparen wollte. Der Ausgleich über die AZVO, der dann passiert ist, ist auch nach dem, was die Gewerkschaft sagt, nicht vollständig passiert. Es sind immer noch 700 Stellen gestrichen gewesen. Das muss man auch der Ehrlichkeit halber dazusagen. Das heißt, wenn wir über das Niveau der Zeit nach 2003 oder jetzt über den Wegfall der Arbeitszeitkonten und eine Alternative dazu reden, dann reden wir nicht über einen vollständigen Ausgleich dieser Stundenerhöhung, sondern dann reden wir über einen Ausgleich in dem Maß, das die AZVO vorgesehen hatte, was ungefähr 700 Stellen bedeutet.

Wir finden an dem Antrag positiv, dass das Thema damit endlich in das Plenum kommt. Sie haben mit Ihrer Historie wunderbar dargestellt, dass es bisher offensichtlich nicht geklappt hat. Der Senat hat sich schwergetan, eine Verhandlung zu führen. Die GEW ist vielleicht auch nicht kompromissbereit. Wir diskutieren jetzt hier und dann auch im Ausschuss darüber, welche Angebote denn gangbar sind und welche Angebote denn irgendwie fair sind.

Zu Herrn Schlede und dem Vorschlag der Altersermäßigung: Sie sagten, dass die GEW den favorisiert. Auch dort attestiert die GEW, dass es kein vollständiger Ausgleich der Stundenerhöhung auf 42 Stunden pro Woche ist. Sie sagt, dass das auch noch 150 Stellen sind, die dort übrig bleiben, selbst wenn man den weitesten Bereich zum Ausgleich benutzt.

Wenn wir also über einen konsequenten Ausgleich dieser Stundenerhöhung reden und im Übrigen auch über etwas, was ich mir schon wünsche, nämlich dass die Schulen nicht darunter leiden, wie Sie völlig richtig angeführt haben, dann müssen wir darüber reden, dass wir die Stunden wieder verringern, und zwar nicht die Unterrichtsstunden, sondern die Arbeitsstunden, und dass wir dafür mehr Personal einstellen. Dann haben die Schulen kein Problem damit. Sie müssen dann also nicht intern ausgleichen, sondern bekommen Personal zugewiesen.

Und wir haben endlich einen vollständigen Ausgleich der ganzen Misere, der auch mit der AZVO vorher nicht existiert hat.

Wie gesagt, ich freue mich darauf, dass wir im Ausschuss darüber konkret reden. Wir unterstützen den Antrag der Linken auf jeden Fall, wenn der Ausschuss das Thema auf der Tagesordnung hat. Wenn es konkret wird, finden wir vielleicht auch eine konkrete Lösung, die der Senat, die Senatorin und auch der Finanzsenator befürworten können. Da hoffe ich ja auf die Koalition und darauf, dass es nicht allzu lange dauert, bis wir das im Fachausschuss haben. – Danke schön!

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Vielen Dank! – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

[Zurufe]

Entschuldigung! – Herr Schlede, bitte!

Entschuldigung! Ich verstehe, dass hier keine langen Reden mehr gehalten werden sollen. Das will ich auch gar nicht. Ich will nur zwei Dinge sagen, Herr Delius: Ich habe doch richtig gelesen. Hier steht auf Seite 2 in der Begründung:

Die Alternative könnte nur heißen, dass die vorgenommene Erhöhung der Pflichtstundenzahl wieder zurückgenommen wird.

Das geht nicht.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Zuruf von der LINKEN: Alles lesen!]

Das ist der zweite Punkt, den ich hier erwähne. Ich habe Ihnen deutlich gemacht, dass im Laufe der letzten zehn Jahre sich insgesamt eine Entwicklung angebahnt hat – in allen deutschen Bundesländern –, die dieses ausgeschlossen erscheinen lässt. Insofern ist das eine Illusion, die Sie hier dargestellt haben. – Danke!

[Beifall bei der CDU und der SPD]