Protokoll der Sitzung vom 21.02.2013

Ich frage den Regierenden Bürgermeister: Mit welcher Agenda fährt der Regierende Bürgermeister am 28. Februar, also nächste Woche, nach Brüssel?

[Dr. Gabriele Hiller (LINKE): Berliner Vertretung!]

Bitte schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Delius! Der Kommissar Hahn hat die Bürgermeister der großen Städte in der Europäischen Union eingeladen. Wir werden dort sicher

lich gemeinsam die Interessen der Städte vertreten, vor allen Dingen auch deutlich machen, dass bei den entsprechenden Förderszenarien der Europäischen Union nicht nur die Förderung der Landwirtschaft ein Schwerpunkt darstellen sollte, sondern natürlich die Maßnahmen, die zu einer verbesserten Situation in den Städten beitragen, beispielsweise Bereiche der sozialen Stadt zunehmend in den Vordergrund gerückt werden sollten. Insofern ist es ein Lobbying im Interesse der Städte.

Wünschen Sie eine Nachfrage, Herr Kollege? – Bitte schön, dann haben Sie das Wort.

Ich frage aus einem bestimmten Grund, deswegen auch meine Nachfrage. Ich hoffe, dass es vorher noch eine vollständige Agenda gegen wird. Wird sich der Regierende Bürgermeister bei der auch anwesenden Kommissarin Frau Kroes für einen stärkeren EU-Datenschutz, wie von diesem Haus beschlossen, einsetzen?

Bitte schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Delius! Das tun wir selbstverständlich in einem permanenten Prozess und dann auch noch einmal in Brüssel.

Vielen Dank!

Dann haben wir als Nächsten den Kollegen Lux.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Innensenator Frank Henkel wegen eines aktuellen Artikels in der „BZ“ von heute, nach dem die Feuerwehrbeamtinnen und -beamten, die eine Reihe von Überstunden angehäuft haben und laut Gerichtsurteilen für die Zeit seit 2001 vom Land Berlin entschädigt werden müssen, entgegen anderen Ankündigungen nur ab dem Zeitpunkt 2005 entschädigt werden. Ich wollte Sie fragen, ob Sie an dieser Praxis festhalten wollen oder ob Sie wie die anderen Bundesländer die Feuerwehrleute für alle geleisteten Überstunden, so wie es die Gerichte sagen, entschädigen.

Herr Senator Henkel – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lux! Es ist richtig, dass die Arbeitszeitregelung der Berliner Feuerwehr bis 2008 gegen europäisches Recht verstieß. Sie kennen die Arbeitszeitstunden, die im Raume standen: 55 Stunden auf der einen Seite, auf der anderen Seite 48 Stunden.

Um Ihre Frage konkret zu beantworten: Ich werde an der Praxis festhalten, weil ich für die Tatsache, die es etwa in Hamburg gab, im Grunde keine Rechtsgrundlage habe. Es geht um den Anspruch: den europarechtlichen Anspruch, den beamtenrechtlichen Anspruch. Es geht um die Verjährung von Ansprüchen. Sie wissen, es gab eine Vereinbarung während das Ganze lief. Das macht die Sache schwierig. Jetzt gibt es eine Rechtsgrundlage. An die fühle ich mich gebunden.

Ich würde im Übrigen gerne dem Hamburger Modell folgen, allein mir fehlt dazu neben der Tatsache der finanziellen Mittel die Grundlage. Ich wüsste gar nicht, auf welcher Grundlage ich jetzt mehr auszahlen sollte, als das, wofür wir uns entschieden haben. Noch einmal: Ich halte an der Praxis insofern fest, wie Sie es in Ihrer Frage unterstellt haben.

Wünschen Sie eine Nachfrage, Herr Kollege Lux? – Bitte schön!

Es ist immer noch das Thema Feuerwehr, und zwar an einer anderen Stelle, an der es brennt: Es fehlen ja auch Rettungsassistenten im Land Berlin. Jetzt hat die Feuerwehr vor einigen Jahren Kettenverträge mit hier ausgebildeten Rettungsassistenten abgeschlossen und die Personen, die da bedienstet waren, allesamt entlassen. Wie beurteilen Sie diesen Fall, dass das Land Berlin und die Feuerwehr Rettungsassistenten ausbildet, aber dann nur Kettenverträge schließt und sie dann in die Arbeitslosigkeit entlässt, obwohl es an Rettungsassistenten fehlt?

Herr Senator Henkel!

Herr Kollege Lux! Mir ist die Situation bei der Berliner Feuerwehr in Gänze und bei den Rettungsassistenten im Besonderen bekannt. Wie Sie wissen, befinden wir uns im Augenblick in den Vorbereitungen zum Doppelhaushalt 2014/2015. Wir werden alle gemeinsam über die Mehrbedarfe zu diskutieren haben, die es bereits gibt und die die Feuerwehr auch gegenüber meinem Haus ange

meldet hat – die Zahlen dürften bekannt sein –, insgesamt noch einmal für den Bereich Feuerwehr, aber auch vor dem Hintergrund dessen, was sich bei den Rettungswagen abspielt. Insofern wird es eine gemeinsame Aufgabe für uns, Legislative und Exekutive, sein, hier zu einer vernünftigen Lösung zu kommen, damit wir im anstehenden Doppelhaushalt die Vorsorge dafür treffen können, dass wir die uns gesteckten Ziele – auf der einen Seite die Eintreffzeiten und auf der anderen Seite die Funktionsfähigkeit der Berliner Feuerwehr – in Gänze aufrechterhalten können. Insofern noch einmal: Mir sind die Probleme bekannt. Ich bemühe mich, die Probleme zu lösen. Die anstehenden Beratungen zum Doppelhaushalt bieten dafür eine gute Grundlage. Ich freue mich, wenn Sie durch Mimik und Gestik jetzt schon signalisieren, dass ich Sie bei dieser Frage an meiner Seite habe, denn am Ende dreht sich alles um das Geld, es dreht sich alles um das Personal. Insofern freue ich mich auf die Diskussionen, die wir zum einen im Fachausschuss miteinander führen werden, aber dann auch im Hauptausschuss. – Herzlichen Dank!

[Uwe Doering (LINKE): Die Koalitionsfraktionen müssen zustimmen!]

Vielen Dank, Herr Senator Henkel!

Die Fragestunde ist damit für heute beendet. – Ich rufe auf

lfd. Nr. 3:

Aktuelle Stunde

gemäß § 52 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Pferdefleisch-Skandal – was unternimmt der Senat?

(auf Antrag der Fraktion der SPD)

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auch auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. Es beginnt die Fraktion der SPD. Die Kollegin Köhne hat nunmehr das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich vorhin bei der Begründung der Aktuellen Stunde bei den Oppositionsparteien gewundert, dass der Pferdefleischskandal, und damit das Lebensmittelthema und natürlich auch ein wichtiges Verbraucherschutzthema, offensichtlich so niedrig angesiedelt, teilweise sogar ins Lächerliche gezogen worden ist, dass wir jetzt diese Aktuelle Stunde dazu machen. Ich finde sehr interessant, wie Ihr Verhältnis zum Verbraucherschutz ist.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Erzählen Sie uns mal etwas dazu! – Zuruf von Uwe Doering (LINKE)]

Ich denke, bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern außerhalb dieses Raumes wird es ankommen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Ich möchte für Sie ein Resümee ziehen und vergangene Lebensmittelskandale auflisten. Sie haben das in den letzten Tagen wahrscheinlich schon vereinzelt in der Presse gefunden. Ich möchte noch einmal kurz anschneiden, wie lange das schon geht, und damit verdeutlichen, dass wir es in immer kürzeren Abständen mit einer Problematik im Bereich des Lebensmittelhandels zu tun haben.

1993 gab es den Gammelfleischskandal, 1997 die BSEKrise, 2005 Geflügelabfälle im Handel, 2006 Gammeleier, 2009 Dioxin im Tierfutter. Im Jahr 2011 gab es jede Menge Skandale, da gab es Dioxineier, Analogkäse, EHEC, noch einmal dioxinhaltige Eier und Fleisch und belastetes Geflügelfleisch. Und jetzt haben wir Pferdefleisch in der Lasagne.

Ich erspare Ihnen die zusätzliche Auflistung der jeweiligen Kommentare und Versprechungen von Frau Aigner bzw. deren Vorgängerinnen und Vorgängern, denn leider ähneln sich diese in allen Fällen so stark, dass sie den einzelnen Skandalen nicht zuzuordnen sind. Versprochen wurde auf jeden Fall immer ein Mehr an Kontrollen, ein Mehr an Transparenz, ein Mehr an Produktkennzeichnung für die Verbraucher.

[Wolfgang Brauer (LINKE): Machen Sie jetzt hier Bundeswahlkampf?]

Passiert ist leider nichts – zumindest nichts, was in der Praxis tatsächlich geholfen hätte, wie wir an der dringenden Notwendigkeit der Aktuellen Stunde sehen können.

Ich habe vorhin darüber gesprochen, auf Berliner Ebene diskutieren zu wollen. Bitte sehr, so ist es auch! Vorher möchte ich aber trotzdem noch einige Anregungen in Frau Aigners Richtung senden, die von der SPD auf Bundesebene teilweise schon länger gemacht werden: Strafen – hier vor allem die Bußgelder – müssen deutlich erhöht werden. Wir alle wissen, dass der schmerzhafte Griff in das Portemonnaie in der Regel am besten hilft.

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lux? – Des Kollegen Herberg, Entschuldigung!

Nein, später! – Zusätzlich dazu muss es in Zukunft möglich sein, Gewinne einzuziehen, die mit falsch deklarier

ten Produkten erzielt wurden. Der Anreiz des Einzelhandels, vor diesem Hintergrund wesentlich genauer als heute zu kontrollieren, was in die Regale kommt, würde deutlich wachsen. Darüber hinaus benötigen wir noch eine Meldepflicht für die Firmen. Außerdem sollten hinweisgebende Mitarbeiter aus den verarbeitenden Betrieben geschützt sein. Kostendeckende Gebühren für die Regelkontrollen wären ebenfalls angebracht. – So weit die To-do-Liste für Frau Aigner!

Nun aber zu unseren eigenen Hausaufgaben, nämlich der Frage, was wir hier in Berlin tun können! Grundsätzlich bin ich mit der bisherigen Informationspolitik unseres Senators zufrieden.

[Zuruf von Uwe Doering (LINKE)]

Allerdings würde mich die Antwort auf die folgenden Fragen noch interessieren: Welche Handelsketten, verarbeitenden Betriebe und Gaststätten sind in Berlin vom Pferdefleischskandal betroffen? Wie hoch ist der Anteil an Pferdefleisch mit Pharmakabelastung? Wie hoch ist generell der Anteil an Fleisch mit Pharmakabelastung? Wie viel Fleisch wurde prophylaktisch entsorgt, und wie hoch ist der bisher entstandene Schaden? Welche Maßnahmen wird der Senat ergreifen, um in Zukunft sicherzustellen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht mehr durch irreführende Produktkennzeichnung, insbesondere über die Tierart, von der das Fleisch stammt, getäuscht werden können?

Konkret halte ich als verbraucherpolitische Sprecherin darüber hinaus weitere zeitnahe Reaktionen für angebracht. Nicht nur das Einfordern von mehr Kontrolle ist wichtig. Es gibt bereits zahlreiche Gesetze, die auch heute schon Kontrolle ermöglichen. Wie immer liegt es auch hier an den fehlenden finanziellen Mitteln, wenn diese nicht voll ausgeschöpft sind. Wir sollten ganz ehrlich sein und zugeben, dass wir in Berlin in der Vergangenheit auch beim Personal der bezirklichen Kontrollämter gespart haben. Dies sollten wir überdenken und die Kontrollämter personell besser ausstatten.

Ergänzend dazu sollte ein Verfahren installiert werden, das eine effizientere Abstimmung der Kontrollen innerhalb der Bezirke sicherstellt. Dann frage ich mich: Wie wäre es mit einer freiwilligen Verpflichtung des Handels zu transparenten Herkunftskennzeichnungen für die Einzelzutaten von Fertigprodukten? Das würde sicher vor allem den Herstellern und Läden, die sich daran beteiligen und entsprechende Listen aushängen, helfen, verloren gegangenes Vertrauen beim Verbraucher wiederzugewinnen.

Und wäre es nicht auch möglich, bei Gaststätten das Aushängen solcher Listen positiv in die Bewertung, in die Hygieneampel, die sowieso überarbeitet werden muss, einfließen zu lassen?

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Baum?