Protokoll der Sitzung vom 16.05.2013

Was aber mich und viele andere stört – kommen wir zum Thema! –

[Oh! von der CDU]

noch einmal ganz speziell! –, das ist die auch im ziemlich säkularen Berlin mittlerweile alltägliche und teils recht aggressive Belästigung durch Missionare aller möglichen Kulte, auch Scientologys, aber nicht nur, auf offener Straße. Ich erwarte vom Staat, davor geschützt zu werden. Auch dafür bezahle ich Steuern.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Immer wiederkehrende Postsendungen – ein kleiner Tipp an Ihre Postfachverwaltungen – von Scientology auch an mich hatten übrigens ein Ende, als ich die Annahme eines etwas schwereren Päckchens verweigerte und dieses auf Kosten dieser Kirche wieder in die Vereinigten Staaten zurückging.

[Heiterkeit]

Wer die eigenen persönlichen Daten bzw. das Recht auf die eigene Abbildung verletzt sieht, lieber Kollege Höfinghoff, sollte Strafanzeige erstatten. Wer sich bei Scientology dem Auditing unterwirft und die Elektroden eines E-Meters in die Hände nimmt, ist selber schuld, Pardon. Gegen eine bestimmte menschliche Eigenschaft – Vorsicht, ich muss jetzt wieder aufpassen, § 166 Abs. 1 – ist nun einmal kein Kraut gewachsen. Das Purification Run

down wird mich nicht von künftigen Saunagängen abhalten, allerdings nicht in der Otto-Suhr-Allee. Ich werde auch weiterhin Nudeln nach sizilianischem Rezept verzehren, ohne zum Pastafarianer zu werden. Und hätte unsere Stadt keine größeren Probleme als die Scientology-Church, wäre sie wohl die glücklichste der Welt.

Und, Herr Senator Henkel! Diese akribischen Recherchen, für die ich Sie beglückwünsche, was Scientology und seine Gefahren anbelangt, die würden wir uns natürlich auch in Sachen NSU von Ihnen wünschen. Das wäre toll.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Ansonsten möchte ich uns alle auffordern: Stärken wir gemeinsam die aufklärerischen Potenziale der Berliner Schule, das ist ein wirksameres Gegengift als vieles andere und das Reden, das wir heute hier gehört haben. – Vielen herzlichen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank, Herr Kollege Brauer! – Die Fraktion der SPD hat sich ihre Redezeit aufgeteilt. Ich erteile jetzt dem Kollegen Kleineidam das Wort. – Bitte schön!

Danke sehr, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Am Anfang dieser Rederunde lag mir eine Frage auf der Zunge, nämlich: Warum macht die Piratenfraktion einen kostenlosen Werbeblock für Scientology in diesem Haus? Wenn ich mich hier umgucke, sind meine Befürchtungen zurückgegangen, so viel Werbung wird heute nicht dabei sein. Was mich aber schon verwundert hat, Herr Kollege Höfinghoff: Sie haben zu Recht darauf hingewiesen – Wirtschaftsunternehmen, geldorientiert, und am Ende Ihrer Rede sprechen Sie selbst permanent von „Kirche“.

[Monika Thamm (CDU): Ja!]

Nach dem Redebeitrag eben kann man diese Rederunde hier nur so verstehen: Hier ist Scientology das gegeben worden, was sie immer schon für sich beansprucht haben, sie sind als Religionsgemeinschaft anerkannt in diesem Haus, jedenfalls von zwei Fraktionen.

[Monika Thamm (CDU): Ja, leider! – Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Also das stimmt einfach nicht!]

Die anderen drei Fraktionen nehmen ich mal ausdrücklich davon aus. Ich bin ausgesprochen dankbar für den Beitrag der Grünen-Fraktion, die zu Recht darauf hingewiesen haben, dass das eine gefährliche Organisation ist.

Vor gut fünf Jahren haben wir gemeinsam den richtigen Weg beschritten, als wir gesagt haben, wir brauchen eine staatliche Stelle, die informiert, die aufklärt. Da, wo Scientology an Schulen, an Grundschüler herantritt, die noch nicht so gefestigt sind um zu erkennen, ob Geld aus ihren Taschen gezogen wird, muss sofort eine Stelle da sein, die den Schulen Informationsmaterial gibt, die aufklärt. Das haben wir gemeinsam geschaffen, und nach allem, was ich weiß, leisten die eine hervorragende Arbeit. Es ist wichtig, dass wir uns ganz nüchtern und gelassen, aber mit großer Aufmerksamkeit diesem Problem nähern.

Herr Brauer! Die Themen, die Sie hier diskutiert haben, kann man an anderer Stelle diskutieren, die haben mit Scientology nichts zu tun. Sie haben das Problem Scientology leider kleingeredet. Das war kein guter Beitrag für Ihre Fraktion, tut mir leid, das muss ich an dieser Stelle wirklich mal anmerken.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Die Berlinerinnen und Berliner lassen sich zum Glück nicht so schnell für dumm verkaufen. Ich erinnere mich an den ehemaligen Innensenator Körting, der seinerzeit in der Diskussion immer sagte: Das Beste wäre doch, wenn man sagt, die sollen uns den Buckel runterrutschen. – Genau das haben die Berlinerinnen und Berliner getan, das zeigen die Zahlen von Scientology. Das heißt nicht, dass unsere Aufmerksamkeit nachlassen darf, aber wir haben den richtigen Weg beschritten, den müssen wir aufmerksam weiter beschreiten, und das sollten wir alle gemeinsam tun. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Danke, Kollege Kleineidam! – Herr Kollege Höfinghoff hat das Wort zu einer Kurzintervention. – Bitte immer auf den Vorredner beziehen!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Kollege Kleineidam! Ich kann eine Unwahrheit nicht einfach so im Raum stehen lassen. Ich weiß nicht, ob Sie die Rede geschrieben haben, bevor ich mit meinem Redebeitrag begonnen habe. Ich habe das Wort Kirche in beiden Redebeiträgen tatsächlich genau ein einziges Mal in den Mund genommen. Das können wir gerne im Protokoll nachlesen. – Danke!

[Oh! von der SPD]

Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Große Anfrage ist damit begründet, beantwortet und besprochen.

Die Tagesordnungspunkte 11 bis 13 stehen auf der Konsensliste.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 14:

Privatwohnungen statt Lager – Kooperationsvertrag „Wohnungen für Flüchtlinge“ erfüllen und nachverhandeln!

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales vom 8. April 2013 und Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 17. April 2013 Drucksache 17/0941

zum Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/0648

in Verbindung mit

lfd. Nr. 15:

Sinnvolle Ansätze weiterführen – Wohnungen für Flüchtlinge aus den Beständen der berlinovo/BIH bereitstellen

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales vom 8. April 2013 und Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 17. April 2013 Drucksache 17/0942

zum Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/0647

Es gibt wieder fünf Minuten Redezeit pro Fraktion, es beginnen die Piraten, und da hat der Kollege Reinhardt das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nun ist es amtlich: Die Zahl der Flüchtlinge in Berlin steigt trotz Winterende weiter an. Die Unterbringungssituation für diese Menschen ist in Berlin dramatisch. Die „Berliner Zeitung“ von heute berichtet, es leben aktuell etwa 4 400 Menschen in 20 Sammelunterkünften, weitere 1 400 in zehn eilig belegten provisorischen Notunterkünften, zudem hat Deutschland die Aufnahme von 5 000 Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien zugesagt, wovon 260 nach Berlin kommen werden. Beim Landesamt für Gesundheit und Soziales geht man bis Jahresende von einem zusätzlichen Platzbedarf für bis zu 1 000 Menschen aus. Diese Situation ist seit mindestens einem Jahr vorhersehbar.

Im Herbst 2012 brachte der zuständige Senator Czaja ein Papier in den Rat der Bürgermeister ein – vollmundig als Konzept zur Flüchtlingsunterbringung angekündigt –, um die Bezirke stärker in die Pflicht zu nehmen. Doch statt Flüchtlinge in den Bezirken willkommen zu heißen, leisten insbesondere Bezirksstadträte der CDU wie in Mitte und Reinickendorf erbitterten Widerstand gegen neue Flüchtlingsunterkünfte, schüren Ängste und hetzen leider auch die Bevölkerung gegen Verwaltungsmitarbeiter auf. Endlich zieht der Herr Senator mal andere Saiten auf, nimmt die Bezirke stärker in die Pflicht – vielen Dank dafür. In Reinickendorf werden ungenutzte Gebäude der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik beschlagnahmt. Doch der Bezirk windet sich auf niederträchtigste Art und Weise und schickt Briefe an Anwohner, in denen er sich von den von ihm selbst verursachten notwendigen und überfälligen Maßnahmen des Senats distanziert. Das ist wirklich schändlich, schämen Sie sich, liebe CDU!

[Beifall von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Breitenbach?

Frau Breitenbach – bitte!

Sie haben gesagt, der Bezirk schreibt Briefe. Können Sie mir genauer sagen, wer da in dem Bezirk Briefe an die Anwohner schreibt? Könnte es sein, dass das ein Stadtrat ist?

Ja, Frau Breitenbach, das ist richtig. Das war der zuständige Bezirksstadtrat. Wie ich eben auch sagte – –

[Zuruf von der SPD: Name?]

Martin – – soundso.

[Zuruf von der CDU: Lambert!]

Martin Lambert ist es, genau! – Es sind einige Bezirksstadträte, es sind aber auch Mitglieder Ihrer Partei, die in den verschiedenen Bezirken Ressentiments schüren oder auch zu Veranstaltungen aufrufen. Wir hatten das auch schon mal hier in diesem Haus, wo Sie sich auch nicht scheuen, zum Beispiel gemeinsam mit der NPD aufzutreten. Das muss ich jetzt nicht alles wiederholen, jedenfalls war dieser Brief in Reinickendorf definitiv unnötig und hoch problematisch.