Herzlichen Dank, Frau Kollegin! – Ich erteile jetzt dem Kollegen Trapp für die CDU-Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! – Frau Schillhaneck! Wir waren auf einigen Sportempfängen, die von den Universitäten ausgerichtet wurden. Ich glaube, Sie haben auch gehört, dass die Leitungen beider Universitäten, Humboldt-Uni sowie TU, dafür plädiert haben, dass wir eine Profilquote Sport einführen. Ich hatte vor nicht allzu langer Zeit auch noch ein Gespräch mit einem Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Verwaltung, der deutlich gesagt hat: Es wäre für uns, für unsere Rechtssicherheit wesentlich, wenn ihr eine Profilquote einführen würdet. – Ich glaube, die Anhörung im Sportausschuss hat auch deutlich gezeigt, dass die duale Karriere abrupt endet, wenn Theorie und Praxis aufeinandertreffen.
Wir hatten eine junge Dame da, die im Spitzensport – sehr trainingsintensiv, nämlich im Modernen Fünfkampf – ihre Leistung gebracht hat, auf dem Weg zur Europameisterin war, das Abitur trotzdem geschafft hat, und jetzt kam das Stoppzeichen bei der Zulassung zum Studium. Einerseits wollen wir die Jugend fordern und fördern, und dann wird ihr, wenn sie einen bestimmten Lebensabschnitt erreicht hat, die Gelbe bzw. Rote Karte gezeigt. Daher glaube ich, dass die Regierungsfraktionen auf dem richtigen Weg sind, durch eine Anpassung des Hochschulzulassungsgesetzes die duale Karriere unserer Bundeskaderathleten nicht zu stoppen, sondern sie zu fördern.
Das Thema Profilquote Sport ist seit Jahren bundesweit, u. a. auch in den Gremien der Kultusministerkonferenz, in der Diskussion. Dabei geht es um die Frage, welche Möglichkeiten das geltende Zulassungsrecht für eine bevorzugte Berücksichtigung von Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern bei der Hochschulzulassung bietet. Die Sportstadt Berlin verfügt über eine bemerkenswerte Erfolgsbilanz bei den Olympischen Spielen. Es wurden sechs Gold-, zwei Silber- und eine Bronzemedaille gewonnen. Bei den Paralympics waren Sportlerinnen und Sportler aus Berlin 66-mal auf dem Treppchen. Auch an Welt- und Europameisterschaften nahmen Spitzensportler aus Berlin erfolgreich teil und kamen mit 30 Medaillen nach Berlin zurück. Um diese Stellung des Spitzensports in Berlin zu erhalten und auch noch zu steigern, kommt den Hochschulen eine besondere Rolle zu.
Grundsätzlich kann sich Berlin sehr gute Erfolge bei der Realisierung der dualen Karriere für Spitzensportler auf die Fahnen schreiben. Andererseits nehmen wir wahr, dass in der letzten Zeit zunehmend Schwierigkeiten bei der Zulassung von Berliner Spitzensportlern an den hie
sigen Hochschulen zu verzeichnen sind. Durch den verstärkten Andrang von Studienbewerbern und -bewerberinnen in den letzten Zulassungsverfahren an den Berliner Hochschulen – nicht nur von auswärtigen, sondern auch von aus Brandenburg kommenden Bewerbern – hat sich die Chance der Spitzensportlerinnen und -sportler, ohne die Profilquote einen Studienplatz zu erlangen, stark verschlechtert.
Mit der Einführung der Profilquote Sport wollen die Regierungsfraktionen einen wesentlichen Beitrag zur Zukunftssicherung junger Athletinnen und Athleten leisten. Die duale Karriere von Spitzensportlern wollen wir durch optimales Training und eine gute Ausbildung ermöglichen.
Ohne eine Profilquote Sport wandern viele erfolgreiche Berliner Sportlerinnen und Sportler in die konkurrierenden Bundesländer ab. Die Gelder, die Berlin bis dahin in viele Sportschulen investiert, sind dann Fehlinvestitionen. Deshalb müssen wir unseren Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern Anschlussoptionen nach einem erfolgreichen Schulabschluss bieten.
Die Einführung der Profilquote Sport in Berlin ermöglicht es Athletinnen und Athleten, im Berliner Spitzensport zu bleiben, die in Berlin über Jahre z. B. auch an sportbetonten Schulen und Eliteschulen des Sports ausgebildet wurden. Mit Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hamburg und Nordrhein-Westfalen haben erste Bundesländer die Profilquote Sport eingeführt, um ihre Spitzensportlerinnen und Spitzensportler im eigenen Bundesland zu halten. Auch vom Landessportbund wird die Einführung einer Vorabquote für den Sport bei den Spitzensportlern, die dem A-, B-, C-Kader auf Bundesebene angehören, gewünscht. Diesen Spitzensportlern werden wir gute Zugangsmöglichkeiten zu den Hochschulen eröffnen, und es liegt im öffentlichen Interesse des Landes Berlin, diese Spitzensportlerinnen und Spitzensportler an den Studienort Berlin zu binden. Deshalb wollen die Regierungsfraktionen mit diesem Artikelgesetz Rechtssicherheit schaffen, und wir benötigen, um unsere Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern in Ber
lin zu halten, dieses Gesetz. Ich hoffe, dass auch die anderen Fraktionen unsere Gesetzesinitiative unterstützen.
Danke sehr, Herr Kollege Trapp! – Jetzt hat die Kollegin Schillhaneck die Möglichkeit, ihre Frage zu stellen.
Vielen Dank! – Herr Kollege Trapp! Können Sie mir kurz erklären, wie Sie es zusammenbringen, dass Sie einerseits mit der drohenden Abwanderung von Spitzensportlern und Spitzensportlerinnen argumentieren und andererseits als Kriterium, warum es zur bevorzugten Zulassung kommen soll, nennen, dass sie – ich zitiere – „aufgrund besonderer Umstände an den Studienort gebunden sind“? Also können die doch nicht weg? Oder besteht die große Gefahr jetzt darin, dass sie weggehen? Irgendwie ist das inkonsistent. Aber vielleicht können Sie es mir ja erklären.
Es besteht die große Möglichkeit, in andere Bundesländer zu gehen, denn die haben ebenfalls Olympiastützpunkte. Sie haben ebenfalls die Möglichkeit, Spitzensportler zu fördern. Wenn ich an Nordrhein-Westfalen denke und vielleicht sogar an Brandenburg, das hier in der Nähe ist, dann würden die sich freuen, wenn sie unsere guten Sportler, die an den Eliteschulen des Sports ausgebildet worden sind, übernehmen können, damit nämlich die „Bild“-Zeitung dann berichtet: In Brandenburg ist die Goldmedaille gewonnen worden.
Danke schön, Herr Kollege Trapp! – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt die Kollegin Dr. Hiller das Wort. – Bitte sehr!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Schillhaneck! Die sind natürlich manchmal an ihren Studienort gebunden, wenn sie Teil einer Mannschaft sind, wenn sie einen Trainer haben, mit dem sie sehr erfolgreich waren und mit dem sie das auch weitermachen wollen, wenn sie vielleicht ein Trainingsumfeld haben, das sich besonders förderlich ausgewirkt hat. Ich denke schon, dass man das in den Sportarten sicherlich unterschiedlich, aber dann doch berücksichtigen muss.
Der vorliegende Gesetzänderungsantrag greift ein Thema auf, das zumindest den Sportausschuss seit 2006 umtreibt. Ja, wir haben als rot-rote Koalition da schon nach Lösungen gesucht, und es gab die etwas kuriose Situation, dass Senator Zöllner auf einer Veranstaltung der Technischen Universität schon den Erfolg mitteilte, um dann festzustellen: Die Verwaltung pfeift ihn zurück, es ist noch nicht so weit. Das war peinlich. Aus der Sicht bin ich froh, dass heute ein Gesetzentwurf vorliegt. Ich hoffe, dass dieser auch Rechtssicherheit schafft im Sinne der betroffenen Sportler einerseits und der Hochschulen andererseits, die ja willig sind, Leistungssportler in Berlin zu halten und zu unterstützen.
Dennoch bin ich etwas skeptisch, ob ein schnelles Durchpeitschen dieses Gesetzentwurfs den Vorgang an sich befördert. Wir müssen das so annehmen: Morgen ist es im Sportausschuss, in der kommenden Woche dann schon im Wissenschaftsausschuss, in 14 Tagen soll es beschlossen werden. Ich weiß nicht, ob es diesem Gesetzentwurf gut tut, wenn er nicht reift, wenn er es nicht wert ist, noch mal von verschiedenen Positionen aus beleuchtet zu werden, wie das hier heute ja in einer Atmosphäre der Nachdenklichkeit auch erfolgt. Darüber bin ich froh.
Die Vereinbarkeit von leistungssportlicher und beruflicher Entwicklung von besonders talentierten Jugendlichen auch nach dem Schulabschluss ist ein Riesenproblem, das nicht wenige junge Leute gegenwärtig zum Abbruch ihrer Karrieren zwingt. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll das beendet werden. Wie gesagt, es geht um 1 Prozent der Studienbewerberinnen und -bewerber, also um ca. 50 Schulabgängerinnen und -abgänger, die sich da bewerben. Es böte sich an, den Bewerberinnen und Bewerbern eine duale Karriere jenseits der beruflichen Förderung durch Bundeswehr, Polizei und Zoll zu ermöglichen. Allein das ist für mich als linke Sportpolitikerin schon ein wichtiges Argument für diese Profilquote. Denn was haben wir davon, wenn die alle in bewaffnete Teile gedrängt werden, um dort ihre leistungssportlichen Karrieren fortführen zu können?
Ich will auch betonen, dass wir als Linke Talentförderung begrüßen, wenn sie denn allen zugänglich ist und gerade sozial Schwachen hilft, ihre Talente zu entfalten. Leistet das dieser Gesetzentwurf? – Wie gesagt, es gibt Bedenken und Fragen, wo wir uns die Zeit nehmen sollten, sie zu beantworten. Es genügt natürlich nicht – und da schließe ich an Frau Schillhaneck an –, dass ausschließlich Talentierte im Sport bessere Bewerbungsbedingungen haben. Was ist mit Talenten aus Kunst, Musik, Naturwissenschaften, wo das öffentliche Interesse nicht so groß ist, weil es da keine Olympischen Spiele gibt? Was ist mit sozial Benachteiligten? – Auch darauf wies Frau Schillhaneck hin.
Werden durch diese Aktionen wiederum männliche Studienbewerber besser gefördert als weibliche – einfach, weil Frauen in den Mannschaftssportarten in den Sportschulen in Berlin weniger vertreten sind als Männer? Die Konditionen in den Sportarten selbst sind auch sehr unterschiedlich. Es gibt Sportarten, wo man in Berlin, wenn man das mit 18 noch macht, automatisch zum Kader gehört und dann diesen privilegierten Zugang zum Studium hätte. Ich weiß nicht, ob das in jedem Fall gerecht ist – auch im Vergleich zu Sportlern und Sportlerinnen aus anderen Sportarten. Da zweifele ich auch an, dass diese Auflistung von A-, B-, C- und D-Kadern in allen Sportarten gerechtfertigt ist. Darüber sollten wir uns morgen im Sportausschuss noch mal genauer informieren.
Es gab eine sehr erfolgreiche Schwimmerin in Berlin, die hatte schon zwei Olympiamedaillen, saß noch in der Schule und sah gar keinen Sinn darin, noch das Abitur zu machen. Die hätte man zum Abitur getragen, und sie hätte hier jeden Studienplatz bekommen. Sie hat vorher aufgehört, was sie heute bedauert. Für mich ist das so eine Art Präzedenzfall, wo man sich fragen muss, ob wirklich jeder Sportler auch geeignet ist, mit einer solchen Förderung bedacht zu werden. Deshalb hätte ich mir auch gewünscht, dass wenigstens eine Zugangsnote von 2,5 vorgeschrieben ist, damit man auch persönliche Anreize setzt, um schulische Leistungen zumindest in einem gewissen Maß zu erfüllen.
Es gibt also Fragen, die wir diskutieren und beantworten sollten. Grundsätzlich stehen wir dem positiv gegenüber. Lassen Sie uns die Fragen gemeinsam angehen! Vielleicht finden wir auch noch die eine oder andere bessere Lösung. Eine Evaluierung des Gesetzes innerhalb von zwei Jahren muss natürlich in jedem Fall erfolgen. – Ich danke Ihnen sehr!
Vielen Dank, Frau Dr. Hiller! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Baum. – Bitte sehr!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Kollegen, liebe Kolleginnen, geehrte Gäste! Es wurde angedeutet, dass dieses Thema das Parlament schon etwas länger beschäftigt. Insofern ist es auch verständlich, dass wir vielleicht noch mal eine Menge neuer Fragen mit hineinbringen.
Zu Herrn Buchner kann ich nur sagen: Wenn es so ist, dass die Sportler und Sportlerinnen eine sehr gute Voraussetzung haben, um in Berlin studieren zu können, und sie dann doch nicht studieren können, stellt sich als Erstes die Frage: Na ja, woran liegt es denn? – Vielleicht liegt es
gar nicht an einer festen Quote, sondern nur daran, dass es zu wenig Studienplätze in Berlin gibt, die dann eben allen zur Verfügung stehen und wo alle gleichberechtigt Zugriff darauf haben.
Der uns vorliegende Antrag der Koalition soll Spitzensportlern und -sportlerinnen ein Studium in Berlin ermöglichen. Sie wollen hier studieren und stehen damit vor besonderen Herausforderungen, sowohl den anspruchsvollen Trainingsbetrieb als auch die Studienverpflichtungen unter einen Hut zu bringen. Das möchte die Koalition mit einer festen Quote von 1 Prozent der zur Verfügung stehenden Studienplätze an der einzelnen Hochschule für Spitzensportler und -sportlerinnen ändern. Sie möchte dementsprechend die Hochschulzulassungsverordnung anpassen. Das kann man natürlich machen.
Wir hatten im Wintersemester 2012/13 in Berlin 160 220 Studierende. Die Zahl ist gestiegen. 2011 waren es noch 153 694. Als Mitglied des Sportausschusses freut man sich natürlich erst mal. Tolle Sache! Da wird also Sportlern und Sportlerinnen ermöglicht, ein Studium zu beginnen. Aber was ist dann mit den anderen? Wir hatten z. B. am 9. November 2012 eine Betroffene im Sportausschuss, die sich für das Lehramt Sport an der HU beworben hatte und abgelehnt wurde. Der DSOB sagte im Ausschuss:
Dem Olympiastützpunkt gehen Sportlerinnen und Sportler verloren, die jahrzehntelang aufgebaut wurden und durch Ablehnungen an Hochschulen Berlin verlassen und für andere Bundesländer dann die Medaillen bei Olympia holen.
Aber dann kommen die Fragen: Wie ist das mit den anderen Gruppen von Studierenden, die auch vor spezifischen Herausforderungen und vor ähnlichen Problemen stehen? Was ist mit den Studierenden, die zwar alle Voraussetzungen für ein Studium erfüllen, nur durch die Quote herunterfallen und somit ihren Studienplatz verlieren oder jedenfalls nicht bekommen? Was ist mit der Gleichberechtigung? Wie sieht die Ausgangssituation überhaupt aus? Wie lässt sich dieser Gesetzentwurf mit belastbaren Zahlen begründen?
Sie sehen, es gibt viele offene Fragen, die jedenfalls in der Antragsbegründung, die sehr knapp ausfällt, nicht beantwortet werden. Der Olympiastützpunkt geht davon aus, dass ein Drittel der Studienplatzbewerber und -bewerberinnen im Jahr 2012 eine Ablehnung erhielt. Frau Schillhaneck sprach es bereits an. Sie hat auch die Kleine Anfrage erwähnt, die sie daraufhin stellte und wo man die Antwort bekam: Von insgesamt zwei Bewerbern wissen wir, dass sie abgelehnt wurden. Die Mehrzahl der Universitäten führt darüber nicht Buch. Es gibt keine Statistik, keine Auskunft. Gleichzeitig wird aber auf Veranstaltungen und auch sonst im Gespräch mitgeteilt: Ja, der Bedarf ist da. Wir müssen das unbedingt machen. – Zahlen können uns dazu aber nicht vorgelegt werden. An der Technischen Universität Berlin wurden 2010 null Bewer
ber aus dem Bereich Spitzensport abgelehnt, 2011 und 2012 ebenfalls jeweils null Bewerber. An der Hochschule für Wirtschaft und Recht sieht es genauso aus. Daher muss auch die Frage gestellt werden, ob hier eine ungeeignete Maßnahme ergriffen wird, um ein nicht vorhandenes Problem zu lösen.
Ob der Gesetzentwurf der SPD und CDU ein sinnvolle Lösung ist, lässt sich bisher für uns jedenfalls nicht eindeutig beantworten. Insbesondere die Frage, ob damit alle Hürden angemessen berücksichtigt wurden, die sich dieser Studierendengruppe in den Weg stellen, ist unklar. Unklar ist auch, welche Alternativen in Betracht gezogen wurden. Man muss sicherlich diese Fragen noch mal in den Fachausschüssen stellen, und dann wird sich auch zeigen, ob sie dort beantwortet werden können oder nicht. Beim jetzigen Stand würden wir den Antrag so allerdings ablehnen. Ich hoffe, dass vielleicht noch die eine oder andere Antwort nachgeschoben werden kann. – Ich danke!