Protokoll der Sitzung vom 29.08.2013

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Delius! Die von Ihnen angesprochenen Regelungen des Hochschulgesetzes wurden 2011 verändert, und der politische Wille damals war, durch die Veränderung der Paragrafen ein Teilzeitstudium zu ermöglichen beziehungsweise die Hochschulen verstärkt aufzufordern, es so einzurichten, dass Studierende, die sich für ein Teilzeitstudium entscheiden, keine organisatorischen Studiennachteile im Vergleich zu denen haben, die ein Vollzeitstudium absolvieren.

Dabei gibt es zum einen das sogenannte Teilzeitstudium, § 22 Abs. 4, also die individuelle Möglichkeit, ein eigentlich als Vollzeitstudium konzipiertes Curriculum als Teilzeitstudium zu absolvieren. Zum anderen aber gibt es die sogenannten Teilzeitstudiengänge, § 22 Abs. 5, also Studiengänge, die von vorneherein als Teilzeitstudiengang ausgerichtet sind. Beide Möglichkeiten gab es immer schon, aber durch die Gesetzesnovelle 2011 wollte man die Hochschulen verstärkt aufrufen, dies einzurichten und umzusetzen.

Die Hochschulen sind also aufgefordert, ihre bisherigen Anstrengungen fortzusetzen und zu verstärken. Sie mussten ihre Satzungen und Ordnungen auf Hochschulebene innerhalb einer gesetzlich definierten Frist erstellen oder anpassen, und dies umfasste insbesondere die zentralen Rahmenstudien- und -prüfungsordnungen sowie gegebe

nenfalls studiengangspezifische Studien- und Prüfungsordnungen. Diese Arbeiten sind nach meiner Information abgeschlossen.

Die Hochschulen stehen nun vor der Aufgabe, den Studienablauf anzubieten, der den Studierenden ermöglicht, ein Studium auch auf Teilzeit sinnvoll zu absolvieren. Eine dafür definierte Regelstudienzeit ist sicherlich unterschiedlich. Das ist unterschiedlich von der Länge der Studiengänge her. Ich denke, es ist logisch, dass man im Vergleich zu einem Vollzeitstudium mehr Semester studieren muss.

Die organisatorische Aufgabe liegt in der Autonomie der Hochschulen. Natürlich ist es sinnvoll und notwendig, dass diese Dinge mit den Studiengangverantwortlichen und den Studierenden im Vorfeld abgestimmt werden.

Zu Ihrer zweiten Frage: Mir ist nicht bekannt, dass es nennenswerte Probleme gibt; sie sind nicht an uns herangetragen worden. Es gab auch keine Aufforderung, hier eine verstärkte Unterstützung anzubieten. Aber ich kann Ihnen sagen: Das Teilzeitstudium ist mir ein sehr wichtiges Anliegen, und ich werde die Entwicklungen, die in den nächsten Jahren entstehen, sehr intensiv begleiten und im Blick haben.

Vielen Dank! – Eine Nachfrage, Herr Kollege Delius? – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Senatorin! Ich hoffe, es ist immer noch politische Zielsetzung und war es nicht nur damals. Sie haben gesagt, die Umsetzung ist Ihrer Ansicht nach vollständig erfolgt. Wie bewerten Sie dann, dass die FU Berlin als eine der größten Universitäten dieser Stadt im Gegensatz zu allen anderen Universitäten auf ihrer Webseite keinerlei Informationen zum Teilzeitstudium in irgendeinem Studiengang anbietet? Sie enthält nicht einmal eine Regelung in der neu beschlossenen Rahmenstudienprüfungsordnung zu diesem Problem. Als einzige Information zum Teilzeitstudium wird eine Satzung von 2008 angeboten – wenn man einmal tief recherchiert. Die Frage ist: Wie bewerten Sie das, dass es an der FU offensichtlich noch nicht angekommen ist, dass so ein Teilzeitstudium möglich sein und öffentlich beworben werden soll? Was können Sie Ihrer Meinung nach da tun? – Jetzt wissen Sie es ja von mir.

Frau Senatorin!

(Präsident Ralf Wieland)

Sehr geehrter Herr Delius! Ich gehe davon aus, dass alle Hochschulen davon erfahren haben. Im Rahmen der Hochschulvertragsverhandlungen war dies natürlich auch ein Thema, weil es uns ein wichtiges Anliegen ist, das Teilzeitstudium zu ermöglichen. Wir werden uns die Homepage einmal anschauen. Ich finde es natürlich wichtig, dass auf den Homepages Transparenz darüber ist, welche Möglichkeiten die Studierenden haben, und anscheinend ist hier noch Nachbesserungsbedarf.

Vielen Dank!

Wir kommen dann zur Frage Nr. 6 der Kollegin Franziska Becker von der SPD-Fraktion über

Das neue Ausbildungsjahr beginnt – wie ist die Situation auf dem Berliner Ausbildungsmarkt?

Bitte schön, Frau Kollegin!

Ich frage den Senat:

1. Wie beurteilt der Senat die Situation auf dem Ausbildungsmarkt in der Berliner Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung zum bevorstehenden Ausbildungsjahr 2013/14?

2. Mit welchen Maßnahmen unterstützt der Senat die sogenannten Altbewerber/-innen und andere besondere Zielgruppen dabei, eine duale Ausbildung zu finden?

Zur Beantwortung Frau Senatorin Kolat – bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Becker! Zum 1. September beginnt nun das Ausbildungsjahr. Wir können uns noch nicht zurücklehnen. Die Ausbildungsvermittlungsbemühungen laufen noch voll auf Hochtouren. Alle Akteurinnen und Akteure in der Stadt sind zurzeit mit sehr vielen Aktivitäten darum bemüht, dass viele Jugendliche einen Ausbildungsplatz finden, aber auch darum, dass viele Betriebe, die Auszubildende suchen, den passenden Jugendlichen finden.

Sie fragen, wie ich die aktuelle Situation einschätze. Ich kann mich als Arbeitssenatorin noch nicht zufrieden

geben, denn die aktuellen Zahlen – im August ganz frisch eingetroffen – zeigen, dass wir per August 2013 auf der einen Seite noch 3 520 unbesetzte Ausbildungsplätze zur Verfügung haben. Dem stehen aber 6 401 ausbildungssuchende, unversorgte Bewerberinnen und Bewerber gegenüber. Das zeigt, dass wir hier nach wie vor eine große Lücke zwischen Angebot und Nachfrage haben. Es sind leider auch Unternehmen dabei, die in der Vergangenheit nicht ausgebildet haben und auch jetzt nicht ausbilden. Ich möchte mich an dieser Stelle bei den vielen Betrieben bedanken, die ausbilden, die auch sehr gut und breit ausbilden. Ich besuche ja häufig Ausbildungsbetriebe, bei denen möchte ich mich natürlich für deren Aktivitäten bedanken. Auf der anderen Seite ist die Zahl der Unternehmen, die aktiv in Berlin ausbilden, rückläufig, leider auch in diesem Jahr, Frau Becker. Das ist eines der zentralen Probleme, die wir haben.

Was die Entwicklung der abgeschlossenen Verträge angeht, so stehen uns derzeit nur die Juli-Zahlen zur Verfügung. Im Juli 2012 gab es 6 786 abgeschlossene Verträge, im Juli 2013 sind es 6 691 Verträge. Hier ist also ein Rückgang zu verzeichnen. Es bleiben die Zahlen von September und von Ende des Jahres abzuwarten.

An dieser Stelle möchte ich gerne auch an die 6 400 Jugendlichen appellieren, die noch ausbildungssuchend sind. Meistens haben sie natürlich Wunschberufe, bewerben sich und bekommen keinen Ausbildungsplatz. Ich appelliere an diese Jugendlichen, sich nicht aufzugeben und sich vielleicht auch anderen Berufsrichtungen zu öffnen, denn wir haben noch 3 520 offene Berufsausbildungsstellen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass da nicht noch das eine oder andere für die Jugendlichen dabei ist. Sie sollten sich auch den Berufsfeldern gegenüber öffnen, von denen sie bisher vielleicht keine Vorstellung hatten. Es ist dann oft doch der passende Beruf dabei; dazu liegen uns viele positive Beispiele vor.

Mein Appell an die Unternehmen ist, nicht nur hart auf die Noten zu schauen, denn sie brauchen selbst Fachkräfte, und wer heute nicht ausbildet, dem fehlen morgen die Fachkräfte. Hierzu auch mein Appell an die Unternehmen, die bisher noch gar nicht ausbilden, Ausbildungsplätze anzubieten. Hier gibt es zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten durch die Regionaldirektion, aber auch durch das Land Berlin.

Zu Ihrer zweiten Frage, was die Altbewerberinnen und Altbewerber angeht, Frau Abgeordnete Becker: Seit ein, zwei Jahren bemühen wir uns gemeinsam mit der Regionaldirektion nicht nur um die Versorgung der Schulabgängerinnen und Schulabgänger. Das ist in der Vergangenheit ein bisschen die Sichtweise gewesen: Die Schulabgängerinnen und -abgänger nehmen ab, also brauchen wir weniger Ausbildungsplätze. – Nein, wir haben eine sehr hohe Jugendarbeitslosigkeit in Berlin. Die hat in den letzten zwei Jahren abgenommen, dennoch gibt es viele Jugendliche, die in den letzten Jahren nicht untergekom

(Senatorin Dilek Kolat)

men sind. Die motivieren wir, sich jetzt auch zu bewerben. Dadurch steigt die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber.

Wir kümmern uns auch um die berühmten Warteschleifen, von denen wir wissen, dass Jugendliche dort abtauchen und nie wieder herauskommen. Wir versuchen, die Jugendlichen zu Bewerbungen um eine betriebliche Ausbildung zu motivieren. Die Zahlen der Altbewerberinnen und Altbewerber sind allerdings rückläufig, und das ist gut. Im Jahr 2010 hatten wir 20 000, im Jahr 2013 verzeichnen wir 15 500. Das ist ein gutes Zeichen, was den Abbau der Jugendarbeitslosigkeit angeht.

Zu Ihrer Frage, was das Land Berlin macht. Wir sind sehr aktiv und werden es auch in Zukunft bleiben. Jeder Jugendliche verdient eine Chance, auch eine zweite und dritte Chance. Die Palette der zielgruppenspezifischen Programme in Berlin ist sehr breit. Mit unserem Programm „Ausbildung in Sicht“ und den Vorschaltmaßnahmen erhöhen wir die Ausbildungsreife der Jugendlichen mit ganz wenigen Chancen. Das sind ganz konkrete Maßnahmen, Jugendliche, die die Schule mit Defiziten verlassen, fit für eine Ausbildung zu machen.

Darüber hinaus will ich natürlich unsere BAPP-Ausbildungsplätze erwähnen, die im Haushalt abgesichert sind. Der Zugang in das Berliner Ausbildungsplatzprogramm gilt für alle marktbenachteiligten Jugendlichen unter 25 Jahre, die keinen Berufsabschluss haben. Eines der größten Probleme der Jugendarbeitslosigkeit liegt darin, dass 70 Prozent der Jugendlichen keinen Berufsabschluss haben. Es können somit auch Jugendliche berücksichtigt werden, die die Schule vor mehreren Jahren verlassen haben. Ende Mai hat der Senat im Rahmen der Richtlinienförderung die Eckdaten dafür beschlossen. Verbundausbildungen und all die anderen Förderungen, die wir im Rahmen der Richtlinienförderung machen, kommen Jugendlichen zugute, die genau diese Schwierigkeiten haben, die aus dem Kreis der Altbewerberinnen und bewerber kommen. Wenn Betriebe Jugendliche mit Benachteiligungen ausbilden, erhalten sie vom Land eine Förderung. Auch Betriebe, die beispielsweise Alleinerziehende als Auszubildende einstellen, werden gefördert. Wenn Unternehmen sich für die marktbenachteiligten Jugendlichen öffnen, fördert und unterstützt das Land sie.

Abschließend kann ich sagen: Ich bin nicht sehr zufrieden, aber wir werden die Aktivitäten fortführen. Es gibt die Nachvermittlungsaktion und auch andere Aktivitäten mit allen Akteuren in der Stadt. Noch einmal mein Appell: Wir brauchen mehr betriebliche Ausbildungsplätze! – Danke schön!

Vielen Dank! – Eine Nachfrage? – Nein, dann hat Frau Bangert von Bündnis 90/Die Grünen das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Vielen Dank! – Frau Senatorin Kolat! In dem Bericht zur Ausbildungsplatzsituation, rote Nummer 546 C, sind exakt die Zahlen enthalten sind – die Lektüre empfehle ich auch Frau Becker, es sind die Zahlen, die die Senatorin gerade vorgetragen hat. Sie haben davon gesprochen, dass wir nach wie vor 15 000 Altbewerberinnen und –bewerber haben. Die neuen Schulabgangsjahrgänge kommen da immer hinzu. Wie erklären Sie, angesichts der bundesweit höchsten Jugenderwerbslosigkeit, die massiven Kürzungen im Arbeitsmarkthaushalt? Was konkret bieten Sie diesen Jugendlichen an? Warum haben Sie im aktuellen Haushalt keinen Schwerpunkt auf die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit gesetzt? Die Mittel werden um 20 Millionen Euro im Arbeitsmarktbereich gekürzt.

Frau Senatorin, bitte schön!

Ich habe auf Fragen der Abgeordneten Becker die aktuellen Zahlen von August 2013 dargestellt. Diese können Ihnen nicht in einer roten Nummer zur Kenntnis gegeben worden sein, das möchte ich an dieser Stelle richtigstellen.

Zu Ihrer Frage, was den Haushalt angeht. Da bitte ich fachlich zwischen Arbeitsmarktpolitik und Berufsbildungspolitik zu trennen. Im Doppelhaushalt haben wir nach wie vor 500 BAPP-Plätze abgesichert, von denen ich vorhin auch berichtet habe. Im letzten Jahr haben wir ausnahmsweise 1 000 Plätze zur Verfügung gestellt, aber wir wissen, dass das Jahr 2012 ein Ausnahmejahr war, weil wir den doppelten Abiturjahrgang und damit auch eine erhöhte Nachfrage erwartet haben. So sind wir auf das Niveau der Vorjahre zurückgegangen. Wichtig ist, dass diese Ausbildungsmöglichkeiten weiterhin zur Verfügung gestellt werden. Das sind zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze, die wir auch im Rahmen der Richtlinienförderung fortführen werden, und das gibt der Doppelhaushalt auch her. Ich bitte um eine klare Trennung zwischen Arbeitsmarktpolitik und Berufsbildungspolitik, Frau Bangert.

Vielen Dank!

Wir kommen zu Frage Nr. 7 des Kollegen Matthias Brauner von der CDU-Fraktion zum Thema

Erbbauzinsstrategie im sozialen Wohnungsbau

Bitte schön, Herr Kollege!

(Präsident Ralf Wieland)

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich frage den Senat:

1. Treffen Berichte zu, wonach die Erbbauzinsen in Berlin flächendeckend erhöht wurden?

2. Wie wird sich – ggf. – diese Erhöhung insbesondere auf die Mieten der Bestände des sozialen Wohnungsbaus auswirken, bzw. welche Verfahrensweise ist vorgesehen?

Vielen Dank! – Es antwortet der Finanzsenator Dr. Nußbaum, bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Lieber Herr Brauner! Zu Ihren beiden Fragen: Eine flächendeckende Erhöhung der Erbbauzinsen ist mir nicht bekannt. Sie wissen, dass der reguläre Erbbauzinssatz in Berlin 6,5 Prozent beträgt. Im Wohnungsbau haben wir einen besonders niedrigen Erbbauzinssatz von 4,5 Prozent. Diesen haben wir in Berlin seit vielen Jahren bei der Vergabe von Grundstücken für den Wohnungsbau nicht erhöht. Der Zinssatz von 4,5 Prozent gilt bereits seit den Achtzigerjahren, eine Erhöhung dieses Zinssatzes ist nicht vorgesehen.

Es ist allerdings Teil der Erbbaurechtsverträge – danach haben Sie zwar nicht gefragt, ich sage es aber der Vollständigkeit halber –, dass eine Anpassung der Höhe des Erbbauzinssatzes an die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse möglich ist. Das wird alle fünf Jahre geprüft. Es gibt da die Bestimmungen des § 9a des Erbbaurechtsgesetzes. Das darf für Wohnungen auf jeden Fall nicht unbillig sein. Insofern werden dann nur maximal Änderungen vorgenommen, wenn das nicht unbillig ist. Es ist auch nicht beabsichtigt, diese Verfahrensweise zu verändern. – Vielen Dank!