Protokoll der Sitzung vom 29.08.2013

Ich glaube fest, dass es ebenso alle diejenigen, die am Thema arbeiten – etwa die Mitarbeiter des Landesamtes für Gesundheit und Soziales, aber auch die Berliner Polizisten vor Ort –, interessiert, wie wir als Abgeordnete ihre Arbeit bewerten und einschätzen.

Und schließlich haben die in den Bezirken Verantwortlichen – seien es die Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlung, seien es die Stadträte – eine Erwartungshaltung an uns, genau wie wir sie an sie haben. Hier zu zeigen, welchen Beitrag wir auf der Landesebene leisten können, darauf wollen wir im Rahmen dieser Aktuellen Stunde Antworten geben.

Aber wir haben natürlich auch als Abgeordnete – und davon bin ich fest überzeugt, und das klang eben schon an – ein großes Interesse, in dieser Debatte zu verdeutlichen, dass wir den Radikalen und Gewaltanwendern, den Zündlern in dieser Situation deutlich die Stirn bieten im Sinne einer streitbaren Demokratie.

[Beifall bei der CDU]

Schließlich wollen wir auch gerade als CDU-Fraktion unsere Grundwerte verdeutlichen, die uns in diesem Zusammenhang prägen und die wir natürlich in die Koalition einbringen und hoffen, mit der Koalition, aber auch mit der Opposition zusammen, an dieser Stelle durchzusetzen. Deswegen bitten wir, unserem Vorschlag für die Aktuelle Stunde zu folgen. – Danke!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Für die Grünen jetzt der Kollege Mutlu!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gute Bildung ist der Schlüssel für ein friedliches Miteinander und für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Gute Bildung ist auch wichtig für die gesellschaftliche Integration und gegen braune Rattenfänger. Gute Bildung ist auch wichtig für das Individuum, aber auch für den Wohlstand unseres Landes. Deshalb, sagen wir, hat dieses Thema nicht nur heute Aktualität, sondern über dieses Thema Bildung in diesem Land Berlin können wir nicht oft genug reden.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Dafür gibt es auch viele Gründe. In dem Koalitionsvertrag der Koalition steht etwas von einem Schulfrieden. Machen wir einmal einen Faktencheck. Zahl der Rückstellungen, heute in der Zeitung zu lesen, angestiegen auf 3 800. Das ist ein Anstieg von 45 Prozent. Zahl der Rückläuferinnen und Rückläufer: 770, gestiegen um 10 Prozent. Wir haben wieder etliche Rückläuferklassen. Der Unterrichtsausfall ist unvermindert, auch im neuen Schuljahr, bei ca. 11 Prozent, wovon ca. 8 Prozent vertreten werden.

Wir haben immer noch eine Mehrklassengesellschaft in den Lehrerzimmern, und zu Recht gehen auch Lehrerinnen und Lehrer auf die Straße, um gegen die Ungleichbehandlung zu demonstrieren.

Wenn man sich dann anguckt, wie es bei unseren Schulgebäuden und Sportanlagen ausschaut, kann man konstatieren, dass diese öffentlichen Gebäude zu den schäbigsten Gebäuden dieser Stadt Berlin gehören. Das sind Gründe, warum wir über Bildung reden müssen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Das, liebe Koalition aus SPD und CDU, ist kein Schulfrieden, das ist ein Stillstand! In dieser Stadt Berlin können wir uns in Anbetracht der desaströsen PISAErgebnisse, VERA-Ergebnisse, IGLU-Ergebnisse – national wie international stehen wir ganz schön schlecht da – einen Stillstand in der Bildungspolitik nicht leisten.

Man hat das Gefühl, dass man hier eine Kopf-in-denSand-Politik betreibt. Überhaupt fragt man sich, wer macht denn im Land Berlin die Bildungspolitik? Ist es die Bildungssenatorin? Oder ist es der Finanzsenator, der, ohne fachliche Hintergründe zu untersuchen und zu prüfen, den Rotstift ansetzt? Zum Beispiel beim Kinderkünstezentrum in Neukölln, das ein ganz wichtiges Projekt ist. Oder ist es der Fraktionsvorsitzende der SPD, der gerne reist und sehr eifrig im Eiltempo in die Fußstapfen von dem HB-Männchen in Neukölln wachsen will? Man fragt sich, wer macht hier die Bildungspolitik, und ich kann Ihnen sagen: 13 Jahre Bildungspolitik in dieser Stadt – so lange bin ich schon hier in diesem Hause tätig – so viel Konzeptlosigkeit, so viel Ideenlosigkeit wie in dieser Zeit habe ich noch nicht erlebt.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Lachen bei der SPD]

Da fordert ein SPD-Fraktionsvorsitzender ohne Rücksprache mit seiner zuständigen Bildungssenatorin salopp die Kitapflicht. Und als er erfährt, dass dies eigentlich dem Grundgesetz widerspricht, kommt er mit einer Mogelpackung: Wir könnten es ja bei denen machen, die den Sprachstand nicht bestehen. Die Schulsenatorin möchte am liebsten schon bei Kindern mit drei Jahren überprüfen, wie gut sie Deutsch können. Warum nicht gleich in der Krippe? Oder warum nicht gleich bei der Geburt?

[Lachen bei der SPD]

(Joachim Krüger)

Es gibt so viele wissenschaftliche Studien, die belegen, dass bei Dreijährigen eine Sprachstandsfeststellung absolut invalide ist und absolut keine Aussage darüber trifft, ob ein Kind fähig ist, Sprache zu sprechen oder nicht.

Und dann schaut man in die Richtung des anderen Koalitionspartners, der CDU. Sie möchte am liebsten wieder eine olle Kamelle aus der Mottenkiste herausholen, die Vorschulklasse. Wie wäre es denn, wenn Sie sich mal gemeinsam an einen Tisch setzen und über Qualität in unseren Bildungseinrichtungen reden und darüber, wie Sie es schaffen wollen, dass es in Berlin mehr Lehrer und Lehrerinnen, mehr Erzieher und Erzieherinnen gibt, dass der Ansatz Qualität auch in der Kita gilt, dass auch in der Schule wieder Qualität herrscht? Das alles ist der richtige Weg. Sie gehen einen falschen Weg, und deshalb, liebe Koalitionäre von der SPD und der CDU, ist es wichtig, dass wir wenige Wochen nach dem Schulstart über Bildung reden. Denn Stillstand in der Bildung kann sich diese Stadt nicht leisten. Sie fördern den Stillstand. Kommen Sie zurück zur Vernunft, machen Sie endlich Bildungspolitik!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Die Linke zur Begründung Herr Kollege Harald Wolf! – Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat für die Aktuelle Stunde die Diskussion über die Umsetzung des Volksbegehrens des Energietischs zur Rekommunalisierung der Energieversorgung in Berlin beantragt. 227 748 Berlinerinnen und Berliner haben durch ihre Unterschrift den Gesetzentwurf des Energietischs unterstützt. Sie wollen Stadtwerke, die am Gemeinwohl und nicht am Renditeinteresse eines einzelnen Konzerns orientiert sind. Sie wollen, dass ökologisch produziert wird, dass Energiedienstleistungen zur Energieeinsparung angeboten werden. Sie wollen, dass Netze als zentrale städtische Infrastruktur wieder in die öffentliche Verantwortung kommen und dass die öffentliche Hand darüber entscheidet, welche Investitionen in die Netze getätigt werden, um sie für die Energiewende tauglich und fähig zu machen.

[Beifall bei der LINKEN]

Und sie wollen, dass Arbeitsplätze und Wertschöpfung in Berlin bleiben und in Berlin gesichert werden.

Ich kann an dieser Stelle nur dem Landesvorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands zustimmen,

der nach der Landesvorstandssitzung am 17. Juni gegenüber der Öffentlichkeit erklärt hat:

Das deutliche Ergebnis der Unterschriftensammlung des Berliner Energietisches hat gezeigt: Die Berlinerinnen und Berliner wollen das Stromnetz in öffentlicher Hand und ein … Stadtwerk, mit dem wir die Energiewende in Berlin sozial und ökologisch gestalten. … Das Votum der Menschen in unserer Stadt ist für uns eine erfreuliche Rückendeckung. Auch deshalb wollen wir als Partei ein klares Signal setzen und empfehlen, den Gesetzesentwurf des Berliner Energietisches zu übernehmen.

So weit die Beschlussfassung des SPD-Landesvorstands.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Wenn man sich die Zusammensetzung dieses Landesvorstands ansieht: Da sind Mitglieder der Abgeordnetenhausfraktion der SPD, da sind gestandene und erfahrene Staatssekretäre und Staatssekretärinnen Mitglied, da sind Senatoren und Senatorinnen Mitglied – alles keine Hallodris, die einfach über irgendwelche verfassungswidrigen Gesetze hinweggehen.

[Heiterkeit bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Ich unterstelle jedenfalls, dass die SPD und ihr Landesparteitag verantwortungsbewusste Menschen in dieses Gremium entsendet. Sie beschließen, es soll übernommen werden.

Wir haben vor der Sommerpause eine Debatte über den Abstimmungstermin gehabt. Da wurde die Verschiebung vom 22. September, wo die Abstimmung zusammen mit den Bundestagswahlen stattgefunden hätte, auf den 3. November vom Senat begründet:

Bei der Festlegung des Abstimmungstermins wurde im Hinblick auf die parlamentarischen Abläufe berücksichtigt, dass das Abgeordnetenhaus seine verfassungsmäßigen Rechte aus Artikel 62 Absatz 4 Satz 3 der Verfassung von Berlin in dem gegebenenfalls erforderlichen Umfang durch eingehende Beratungen wahrnehmen kann.

Ich frage: Wo sind die eingehende Beratung und die Wahrnehmung der verfassungsmäßigen Rechte dieses Hauses – und ich sage, nicht nur der Rechte, sondern auch der Verpflichtung, sich intensiv mit diesem Gesetzentwurf auseinanderzusetzen?

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Es ist schon ein bemerkenswerter Vorgang, dass die SPD, nachdem der Gesetzentwurf eineinhalb Jahre vorliegt, nachdem der Senat nach rechtlicher Prüfung in einer Drucksache an das Abgeordnetenhaus mitgeteilt hat, dieser Volksentscheid und der Gesetzentwurf sind rechtlich zulässig, auf einmal rechtliche Bedenken entdeckt.

(Özcan Mutlu)

[Zuruf von Heidi Kosche (GRÜNE)]

Nun kann es ja sein, dass der Senat irrt, aber dann hätte man sich doch damit auseinandersetzen müssen, dann hätte man doch hier im Parlament mal eine Anhörung durchführen müssen, hätte man Juristen holen müssen, hätte man diskutieren und die Frage stellen müssen: Wie kann man denn mögliche rechtliche Mängel heilen?

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

All das ist nicht geschehen.

Ich bin auch der Auffassung, dass das Fehlen einer Gewährträgerversammlung ein Mangel des Gesetzentwurfs ist. Aber das wäre doch ganz einfach zu heilen, durch einen einfachen Beschluss dieses Abgeordnetenhauses. Natürlich gibt es parlamentarische Kontrolle, die werden wir uns doch nicht nehmen lassen. Das sind alles Ausflüchte, damit ihr euch mit eurem Koalitionspartner wieder auf ein Nein verständigen könnt.

[Beifall bei der LINKEN]

Und jetzt komme ich zum Koalitionspartner der Sozialdemokratie. Was die CDU am letzten Dienstag in der Fraktion beschlossen hat, ist nicht nur eine Absage an die Forderung des Energietischs, sondern das ist eine klare Absage an das, was die SPD – zumindest verbal – immer erklärt, was sie will. Die Einwände gegen das Stadtwerk, die Einwande gegen den Netzrückkauf sind grundsätzlicher Art. Die CDU hat den Koalitionskompromiss, den ihr im „Herbst der folgenlosen Entscheidung“ mit ihr getroffen habt, aufgekündigt. Um es mit Peer Steinbrück zu formulieren: Die Berliner SPD wird von ihrem Koalitionspartner hinter die Fichte geführt.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Herr Kollege! Sie kommen zum Ende?

Ich komme zum Ende. – Darüber hätten wir heute diskutieren wollen. Da wir allerdings der Auffassung sind, dass das Thema, wie man in Berlin mit Flüchtlingen umgeht, prioritär ist und das Abgeordnetenhaus ein klares Zeichen der Solidarität mit Menschen, die vor Bedrohung in unsere Stadt geflohen sind, aussenden muss, werden wir nicht gegen die beantragte Aktuelle Stunde, die sich mit dem Thema Flüchtlinge beschäftigt, stimmen, sondern ihm zustimmen. Das Thema Energienetze werden wir im Rahmen unserer Priorität aufgreifen und weiterdiskutieren. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]