Insgesamt passt dazu auch das Verhalten beim Festsetzen des Abstimmungstermins. Auch darauf wurde schon mehrfach hingewiesen. Sie haben den Termin der Volksabstimmung verschoben, um dem Haus die Gelegenheit zur Befassung mit dem Gesetz zu geben. Aber es ist nichts passiert. Wir hatten anderthalb Jahre Zeit, und jetzt sind die 1,5 bis 2 Millionen Euro, die das Volksbegehren kostet, komplett „in die Tonne“.
Zu Ihren Argumenten: Das Muster der Argumentation – das wurde auch schon viel gesagt – ähnelt der klassischen FUD-Strategie – fear, uncertainty, doubt – Angst, Unsicherheit, Zweifel. Es werden hier Strohmänner und Vogelscheuchen aufgebaut – alles ist ganz furchtbar. Aber das ist, glaube ich, ganz durchsichtig. Es wurde auch schon gesagt: Die weitere Netzgesellschaft ist nicht überflüssig. Es ist problemlos möglich, auch den LHOBetrieb umzuwandeln. Noch zum Thema Gewährträgerversammlung: Ich finde auch nirgendwo im Gesetzentwurf des Volksentscheids, dass die Gesellschaft Mitarbeiter beschäftigen und bezahlen und Steuern bezahlen muss. Nichtsdestoweniger wird sie es dann vermutlich trotzdem tun. Davor hätten Sie ja dann auch warnen können.
Wir fordern jedenfalls die Berlinerinnen und Berliner dazu auf, die Dagegen-Koalition der Neinsager und Bedenkenträger zum Jagen zu tragen und am 3. November beim Volksentscheid mit Ja zu stimmen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Mayer! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Herr Abgeordnete Schneider. – Bitte sehr!
[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Jetzt regen Sie sich nicht auf, Herr Schneider! Das ist nicht gut für die Gesundheit. – Martin Delius (PIRATEN): Lassen Sie sich Zeit! – Weitere Zurufe]
Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Mayer! Ich habe den Eindruck, Sie haben den Gesetzentwurf gar nicht gelesen, über den Sie referiert haben. In § 12 ist ausdrücklich die Rede davon, zu welchen tariflichen Bedingungen und mit welchem Kündigungsschutz – und zwar mit einem hervorragenden – die Mitarbeiter zu beschäftigen sind. Insoweit ist Ihre Aussage schlichtweg unzutreffend, die Sie diesbezüglich hier gemacht haben. Aber das ist gar nicht der Grund, warum ich noch mal hier nach vorn komme.
Sie haben gesagt, wir hätten sozusagen eine schiefe Perspektive zu Elementen direkter Demokratie, und haben damit den Eindruck erweckt, die SPD würde sich hier gegen direkte Demokratie aussprechen. Ich sage: Der Volksentscheid hat diesbezüglich ein glasklares Defizit. An keiner einzigen Stelle können Bürger in Sachfragen Entscheidungen treffen. Wo ist denn da der Mut? Wo ist da die direkte Demokratie?
Wir dürfen sechs Bürger wählen – unter Ausschluss von Abgeordneten. Das Thema hatten wir gerade. Und dann gibt es an drei Stellen im Gesetz die Regelung, wie mit Bürgeranliegen umzugehen ist. Entweder können die Bürger veranlassen, dass sich der Verwaltungsrat befassen muss, oder es hat empfehlenden Charakter.
[Uwe Doering (LINKE): Warum habt ihr das nicht vorgeschlagen? – Martin Delius (PIRATEN): Wo ist Ihr Vorschlag?]
Und selbst wenn die Bürger ein Quorum erfüllen und mit absoluter Mehrheit abstimmen, hat das nur beratenden Charakter. Entscheidungen in Sachfragen gibt es hier überhaupt nirgendwo.
Also belehren Sie uns bitte nicht und versuchen Sie nicht, uns in die Richtung zu drücken, wir hätten irgendeine Sorge vor direkter Demokratie!
sondern um ein Nebenparlament für ein Einzelunternehmen, und das passt nicht zusammen mit unserer Gesamtverantwortung. Das ist der Punkt.
[Beifall bei der SPD und der CDU – Michael Schäfer (GRÜNE): Wir sind sehr gespannt auf Ihren Gesetzentwurf!]
Herr Schneider! Ich will jetzt nicht Rosinen picken. Ich hatte allerdings, wenn ich mich recht entsinne, gesagt, dass das Gesetz nicht vorschreibt, dass das Unternehmen Mitarbeiter beschäftigen muss. Aber wie Sie sagten, ist das ein Nebenaspekt.
Man kann natürlich über diesen Verwaltungsrat – diese Konstruktion – kritisch debattieren, und das mag vielen sicherlich nicht gefallen. Aber das ist nun mal genau der Vorschlag, der dort auf dem Tisch liegt, und es ist jetzt aus unserer Sicht nichts daran, was diese Verwaltungsratskonstruktion extrem problematisch machen würde. Natürlich passt es nicht in das übliche Schema, das wir bisher haben. Aber es spricht auch nichts dagegen, mal etwas Neues auszuprobieren.
Wie gesagt: Herrn Schneider interessiert es ohnehin nicht, was ich zu erwidern habe. Aber wir werden ja dann am 3. November sehen, was die Berlinerinnen und Berliner von den jeweiligen Argumenten halten. Ich freue mich jedenfalls schon auf den Tag – der Abrechnung, hätte ich fast gesagt. – Danke!
Vielen Dank, Herr Mayer! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Antragsteller haben jeweils die sofortige Abstimmung beantragt. Zum Antrag der Oppositionsfraktionen auf Drucksache 17/1124 ist die namentliche Abstimmung beantragt worden. Ich bitte also den
Saaldienst, die vorgesehenen Tische aufzustellen. Ich bitte die Beisitzerinnen und Beisitzer nach vorn.
Während der Vorbereitungen verlese ich noch mal das übliche Prozedere, auch wenn es Ihnen, glaube ich, hinlänglich bekannt ist: Eine namentliche Abstimmung ist mit Namensaufruf durchzuführen – nach § 71 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses. Ich bitte daher ein Mitglied des Präsidiums, die Namen der Abgeordneten aufzurufen. Die Stimmkarten werden dann durch die Präsidiumsmitglieder ausgegeben. Ich weise darauf hin, dass die tatsächliche Stimmabgabe erst nach Namensaufruf möglich ist. Zuvor werden die Urnenschlitze durch Präsidiumsmitglieder abgedeckt. Nur so ist ein reibungsloser und geordneter Wahlgang möglich. Sie finden Urnen vor, die eindeutig gekennzeichnet sind: eine Urne für die Ja-Stimmen, eine Urne für die Nein-Stimmen und eine Urne für die Enthaltungen sowie für die nicht benötigten restlichen Karten und Umschläge.
Ich eröffne die Abstimmung über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion auf Drucksache 17/1124. Ich bitte mit dem Namensaufruf zu beginnen.
Hatten alle anwesenden Mitglieder des Hauses die Möglichkeit abzustimmen? – Es erklärt niemand, dass er oder sie diese nicht gehabt habe? – Gut. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Präsidiumsmitglieder, die Auszählung vorzunehmen. Für die Dauer der Auszählung wird die Sitzung unterbrochen.
Wir setzen dann jetzt die Sitzung fort. Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Thema Volksentscheid, neue Energie: abgegebene Stimmen 140, davon JaStimmen 59, Nein-Stimmen 81, Enthaltungen keine. Der Antrag mit der Drucksachennummer 17/1124 ist damit abgelehnt.
Dann stimmen wir über den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU auf Drucksache 17/1139 ab. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU und der fraktionslose Abgeordnete. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, die Piratenfraktion. Enthaltungen? – Keine. Dann ist dieser Antrag angenommen. – Danke schön!
Für die Beratung steht den Fraktionen eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion. – Die Kollegin Graf hat das Wort. – Bitte schön!
Sehr geehrtes Präsidium! Liebe Damen und Herren! Eine Mutter hat zwei Kinder und ist Bereichsleiterin im Einzelhandel. Samstags muss sie arbeiten. Ein Verkäufer muss bis 20 Uhr, manchmal sogar bis 24 Uhr arbeiten.
Frau Kollegin! Darf ich einen Moment unterbrechen? – Meine Herrschaften! Ich bitte, jetzt die Gespräche einzustellen. Die Aufmerksamkeit gilt der Rednerin. – Bitte schön!
Danke schön! – Ein Krankenpfleger muss im Schichtdienst arbeiten. Das alles sind Eltern, und sie stehen vor der gleichen Herausforderung, Beruf und Familie zu koordinieren. Hier müssen wir als Staat die Eltern entlasten. Das Problem dabei ist, dass der aktuelle Bedarf an Betreuungsmöglichkeiten, die über die regulären Öffnungszeiten hinausgehen, nur auf Schätzungen beruht. Darum brauchen wir hier verlässliche Zahlen. Die Familien suchen außerdem nach alternativen Möglichkeiten, weil es eben diese Möglichkeiten so, wie sie gebraucht werden, noch nicht gibt, auch hier. Das muss dabei berücksichtigt werden, wenn man von Zahlen redet. Die Probleme sind aber wirklich da, da es die Situation, wie oben beschrieben, gibt.
Welche Möglichkeiten von zeitlich flexiblen Angeboten in Tagespflegestellen und in Familienzentren können geboten oder ausgebaut werden? Welcher Bedarf an zusätzlichen Kitaplätzen, zusätzlichen Betreuungsstunden und Personalzuschüssen für jede Kita besteht? Wie kann man das Ganze finanzieren? Das sind Fragen, die wir nun an den Senat stellen möchten, die er uns bitte bis zum Ende des Jahres beantworten möge.
Der Handlungsbedarf besteht auf jeden Fall. Dies können wir auch einer themennahen Kleinen Anfrage entnehmen. Dort schreibt der Senat von einem Konzept zur Umsetzung flexibler Kinderbetreuung. Ich darf vorlesen:
Nach Auswertung der von den Familien benötigten Betreuungszeiten stimmen sich Jugendamt und freie Träger im Rahmen der Jahresplanung dahin gehend ab, dass regionale Kitas die erforderlichen Öffnungszeiten vorhalten. Insofern sind die Voraussetzungen zur Bestimmung bedarfsgerechter Öffnungszeiten erfüllt und finden auf alle Kindertageseinrichtungen des Landes Berlin Anwendung.
Tatsache ist jedoch, dass wir dennoch Eltern haben, die keine entsprechende Betreuungsmöglichkeit zur Verfügung haben. Der Senat beantwortet das sogar gleichzeitig, indem er sich auch bisschen selbst widerspricht, indem er sagt: