Es haben die Fachleute geklatscht, das ist schon mal was. – Bei den Grünen lesen wir aber, die BEA ist das einzig Seligmachende. Ich frage mich insgesamt: Ist Ihnen eigentlich klar, wie sich die Energiewelt gerade verändert hat? Wir sehen, dass sich Vattenfall aus dem kontinentaleuropäischen Markt zurückzieht, mit fatalen Folgen.
Wir können und wir müssen, nicht bloß, was die Stromnetze angeht, Alternativen bieten. Wir müssen auch mit diesem Stadtwerk eine echte Alternative bieten, und wir wollen sie bieten. Wir werden sie auch bieten. Das geht aber nur, wenn man es ernst meint. Wir meinen es ernst mit der Gründung dieses Stadtwerks. Darum haben wir uns als Koalition darauf verständigt. Das heißt natürlich, dass die 1,5 Millionen jeweils der Anfang sind für das nächste und das übernächste Jahr, was die Finanzierung angeht. Sie wissen ganz genau: Wenn die Stadtgüter sich z. B. direkt einbringen in das Stadtwerk, bei dem Bau von Windrädern aktiv mit dabei sind, dann heißt das auch, dass sie einen Teil des Eigenkapitals beitragen können und dass man das mit Fremdkapital unterstützen kann. Dann den Popanz aufzubauen, es ginge nur mit 100 Millionen am ersten Tag: Wir wollen eins nicht, Herr Schä
fer, dass erst Kosten produziert werden und dann erst fünf Jahre später irgendwelche Kunden gewonnen werden. Wir wollen es andersrum. Dieses Stadtwerk soll mit seinen Aufgaben wachsen. Es soll nicht erst eine Unternehmenszentrale groß hochgebaut werden, und dann fange ich irgendwann einmal im dritten Jahr an, Kunden zu akquirieren. Nein, das kann und soll parallel laufen. Hamburg ist auch dort ein gutes Beispiel. Mit den Aufgaben wachsen, mit den Kundenanforderungen wachsen: Das wird dann ein erfolgreiches Stadtwerk, wo die Kundinnen und Kunden in Berlin sehen: Ökostadtwerk funktioniert. Ich kann dort guten Gewissens Ökostrom einkaufen, denn es ist kein anderer Strom dort zu haben. Ich habe einen Mehrwert für die Stadt durch lokale Wertschöpfung. Und wir sehen, dass das Land Berlin sehr erfolgreich kommunale Betriebe auch betreiben kann. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Buchholz! Sie beschweren sich bei Ihrer Fraktion, dass sie nicht geklatscht hat. Ich hätte auch nicht geklatscht. Ich kann Ihre Fraktion da gut verstehen.
Sie wollen uns hier allen Ernstes 1,5 Millionen Euro Zuschuss im ersten Jahr und noch mal 1,5 Millionen im zweiten als ein Stadtwerk verkaufen? – Das reicht noch nicht mal, um die fünf Windräder von Herrn Müller zu bauen. Das reicht noch nicht mal dafür aus. Das ist ein absolutes Armutszeugnis. Das ist ein Mikrobonsaistadtwerk der ersten Klasse. Da brauchen Sie ein Mikroskop, um das zu finden.
Keiner stellt infrage, dass man kaufmännische Grundsätze beachten muss. Das ist doch ganz klar. Aber wir stellen Ihnen die Frage: Wie wollen Sie die Potenziale, die diese Stadt hat, heben mit nur 1,5 Millionen? Wie wollen Sie ein Stadtwerk aufbauen, wenn das nur erneuerbare Energien verkaufen darf? Die werden doch eingespeist nach EEG. Die werden wir nicht direkt vertreiben in den nächsten Jahren. Wie wollen Sie denn da ein Stadtwerk aufbauen? Das ist doch absurd! Diese Einigung heißt auch, den Dampf aus der Turbine Ruhleben wird dieses Stadtwerk nicht nutzen. Sagen Sie das ruhig dazu! Das ist nämlich keine erneuerbare Energie.
Wenn Sie sagen, dass es eben eine Einigung gab, 100 Prozent erneuerbare Energien, dann ist das nicht mit drin. Außerdem kriegen Sie eine solche Turbine auch nicht für 1,5 Millionen Euro. Da sind Sie mit dem Zwanzig-, Dreißigfachen dabei. Da müssen Sie sich schon mal, wenn Sie hier kaufmännische Grundsätze anführen, ehrlich machen und uns sagen, was was kostet. Wir haben das raustelefoniert, so gut wir konnten. Ich weiß, das ist wahrscheinlich nicht der Weisheit letzter Schluss, denn die Zahlen werden uns ja vom Senator leider nicht gegeben. Aber Sie müssen doch mal auf den Tisch legen, was was kostet. Ich verstehe das nicht, wie das hier in diesem Parlament funktioniert. Da lese ich heute in der Zeitung, dass der Herr Schneider dem Herrn Melzer das Konzept vom Herrn Müller gegeben hat, vor Wochen schon. Und da frage ich mich, in unserer Verfassung steht Artikel 38, dass Chancengleichheit für die Opposition herzustellen ist. So kann es ja wohl nicht laufen! Wir würden auch mal gern Ihr Konzept hier haben.
Wir möchten endlich wissen, was dieser Senat wirklich will. Nach dieser Einigung auf dieses schlappe Bonsaistadtwerk werden Sie in diesem Volksentscheid nicht weit kommen werden.
Danke! – Herr Kollege Buchholz, Sie haben die Möglichkeit zu replizieren; von der machen Sie auch Gebrauch, wie ich sehe.
Lieber Kollege Schäfer! Hier noch mal der Antrag, den ich eben schon erwähnt habe: „Grundsätze eines neu zu gründenden integrierten Energiedienstleisters“ von den Koalitionsfraktionen. Den Absatz lese ich Ihnen jetzt vor, das haben Sie sich verdient, Herr Schäfer, weil es genau das Gegenteil von dem ist, was Sie gerade behauptet haben:
Unternehmensgrundsätze: 1. Als integrierter Energiedienstleister entwickelt das Unternehmen die vorhandenen landeseigenen Aktivitäten weiter. Als Weiterentwicklung können durch Integration oder Kooperation mit bereits bestehenden Erzeugern von Strom, die sich im Landesbesitz befinden, die dezentralen Erzeugungskapazitäten gesteigert werden.
Aber, Herr Schäfer, die BSR gehört uns! Vielleicht wollten Sie das nicht, weil Sie die BSR verkaufen wollen. Wir stehen zur BSR, und das ist ein wichtiger Bestandteil von uns.
Also so ein Unsinn! Die BSR gehört uns, ist ein landeseigenes Unternehmen. Da sagen Sie mir, das wäre nicht durch diesen Absatz erfasst.
Also ich kann es Ihnen gerne noch mal in dicker Schrift und doppelt unterstrichen irgendwie zuleiten, aber es ist immer der gleiche Text. Der Text des Koalitionsantrags ist eindeutig. – Erste Feststellung!
Also ich kenne das vielleicht ein bisschen besser als Sie, Kollege, wir können auch gerne mal zu Besuch in das Müllheizkraftwerk Ruhleben bei der BSR gehen. Da wird momentan Wärme ausgekoppelt, und diese Wärme wird an die Firma Vattenfall verkauft und dort in die Turbine von Vattenfall eingespeist.
Dieser Vertrag läuft noch. Ja, das ist vertraglich gebunden, nach meiner Kenntnis bis zum Jahr 2017. Das kann man sogar im Grünen-Antrag nachlesen, weil er auch erst von 2018 spricht. Also, bitte schön, mal ein bisschen mehr Realität in der Diskussion!
Zweiter Punkt: Fachliche Klarstellung, Herr Kollege Schäfer! Ist Ihnen bekannt, wie viele Windräder auf Flächen der Berliner Stadtgüter GmbH in Brandenburg stehen? – Mir ist es bekannt, es sind 27.
Wenn Ihre Aussage stimmen würde, dass die Stadtgüter nicht in der Lage sind, wenn sie dann beim Stadtwerk mitarbeiten und ein absolut integraler Bestandteil werden, weitere Windräder zu errichten, und zwar mit dem Kapital, das auch jetzt in der Gesellschaft vorhanden ist, das reicht als Eigenkapitalanteil, Herr Schäfer, wenn Sie das nicht verstehen, wage ich sehr zu bezweifeln, dass Ihnen irgendein Businessplan, den Sie von uns, vom Senat oder von irgendeinem anderen kriegen, irgendwas helfen wird. Sie haben einfach ein grundsätzliches Missverständnis. Sie wollen ein Stadtwerk, das sich zwar in der Überschrift toll anhört, aber Verluste aufsammelt. Wir wollen ein realistisches, wirtschaftlich erfolgreich agierendes Stadtwerk in dieser Stadt haben. – Vielen Dank!
Danke schön! – Lieber Kollege Schäfer! Eine Zwischenfrage ist bei einer Kurzintervention nicht zulässig. – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt der Kollege Harald Wolf das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir können uns noch ganz häufig Diskussionen dieser Art liefern, solange der Senat nicht eine Konzeption für das Stadtwerk liefert.
Wir haben, glaube ich, seit Januar diesen Gesetzentwurf der Koalition vorliegen, der mit ein paar dürren Sätzen beschreibt, was das Stadtwerk tun soll, wo die Grünen jetzt einen Satzungsentwurf gemacht haben, der das noch mal wesentlich ausführlicher beschreibt. Ich sage aber, beides ist keine Lösung für die eigentliche Aufgabe, denn man kann so viel, wie man will, in irgendwelche Gesetzestexte schreiben, solange in der Substanz nichts dahintersteht, solange nicht ein Geschäftsmodell dahintersteht, solange man nicht mit den verschiedenen Akteuren gemeinsam ein solches Modell entwickelt hat und sagt, wie es aussehen soll, und danach ein entsprechendes Gesetz vorlegt, werden wir noch ellenlang hier weiter diskutieren können.
Die SPD gibt gute Absichtserklärungen ab und sagt: Wir machen schon. – Leider findet nichts statt. Die CDU sitzt da und sagt: Ist eigentlich nicht unsere Herzensangelegenheit, aber wir sind jetzt nun mal in dieser Koalition. Da müssen wir irgendwas tun. – Dann finden Koalitionsausschüsse während der Plenarsitzung statt, und dann zitieren Sie als Einigung aus dem Gesetzentwurf, den wir schon lange kennen, der aber kein Problem löst und der keinerlei Konzeption beinhaltet.
Deshalb hätte ich gerne mal das, was der Kollege Müller hat, wie man aus der Zeitung erfährt, angeblich einen Wirtschaftsplan. Dann könnte man vielleicht mal in der Substanz darüber diskutieren, ob das hinreichend ist, ob das gut ist, ob das wirtschaftlich tragfähig ist oder nicht. Alles andere ist doch Larifari, ist doch Gerede. Das ist doch nur der Ersatz von Politik, aber es ist keine Politik, und vor allem ist es keine Umsetzung. Es ist Geschwätz, liebe Leute! Und Parlamentarier kommt zwar von parlieren, aber irgendwann muss man auch was tun.
Ich sage: Am 3. November wird es den Druck geben, der hoffentlich dazu führt, dass endlich was getan wird. Vielleicht können wir aber diesen Wirtschaftsplan schon mal vorher kriegen. Wenn da allerdings nur 1,5 Millionen drinstehen, sage ich mal: Damit kann man gerade mal die Gutachten bezahlen, die man braucht, um die Konzeption für das Stadtwerk zu entwickeln. Das ist es wahrscheinlich, was dabei herauskommt. Wir wollen hier wirklich ernsthaft ein Stadtwerk, wie der Kollege Schäfer gesagt hat und wie auch Sie gesagt haben, Herr Buchholz, das sich auch der Herausforderung mit Vattenfall stellt.
Und da komme ich zum zweiten Thema: Sie haben völlig zu Recht gesagt, Vattenfall hat vor, sich von seinem kontinentaleuropäischen Geschäft zu trennen. Das hat doch Konsequenzen für Berlin. Da frage ich mal: Was hat denn der Senat gemacht? Welche Gespräche hat er bislang mit Vattenfall geführt? Hat denn mal ein Gespräch mit der Spitze von Vattenfall stattgefunden, oder hat man sich mit denen nur beim Frühstück der Industrie- und Handelskammer auseinandergesetzt, wo Herr Hatakka erklärt hat, wir bleiben drei Jahre? Was heißt denn, wir bleiben drei Jahre? – Das heißt, wir verschwinden aus Berlin. Wollen wir denn zusehen, wie die Kraftwerke, wie die Fernwärme an irgendeinen australischen oder chinesischen Investor veräußert wird oder wo das in einen Börsengang geht, wo man nicht weiß, welche institutionellen Anleger sich da reinbegeben? Wollen wir denen die Berliner Energie- und Fernwärmeversorgung überlassen?
Ich finde, wir brauchen mal eine Diskussion, wo wir nicht nur über Ministadtwerke diskutieren, sondern wo wir mal darüber diskutieren, wie denn die Akteurskonstellation in Berlin ist. Wir brauchen z. B. eine Diskussion über die Fragestellung: Was machen wir einerseits bei den Verhandlungen mit der Gasnetzkonzession, wo das Land Berlin mindestens 51 Prozent haben will, wo die GASAG von ihrem Cashflow lebt und man ihr 51 Prozent des Cashflows wegnimmt? – Ja, da muss man sich doch mal die Frage stellen: Muss das Land Berlin, wenn Vattenfall sein kontinentaleuropäisches Geschäft aufgeben will, nicht mal daran arbeiten, dass es bei der GASAG endlich Eigentumsanteile bekommt, dass es z. B. die VattenfallAnteile übernimmt, dass es sich für die E.ON-Anteile interessiert? Dann wird man wieder gänzlich anders über ein Stadtwerk diskutieren können. Und dann hätten wir eine andere Voraussetzung, uns dieser Herausforderung mit Vattenfall zu stellen.