Eine solche Diskussion möchte ich endlich mal in diesem Haus und von diesem Senat haben, dass man mal erfährt, welche Konzeption er vertritt, mit welchen Akteuren er mit welcher Zielsetzung spricht und was sein Ziel ist. Ob wir da fünf oder 20 Windräder bei den Stadtgütern haben, ist angesichts dessen, was in dieser Stadt energiepolitisch ansteht, viel zu kurz gesprungen.
Danke, Kollege Wolf! – Für die CDU-Fraktion erteile ich jetzt dem Kollegen Melzer das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wieder einmal diskutieren wir wie seit Monaten intensiv über die Gründung von Berliner Stadtwerken. Uns geht es dabei nicht um die Symbolpolitik, sondern um Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit. Das steht im Vordergrund, und das ist die Voraussetzung, bevor es dann auch ans Geldausgeben geht. Das ist die Reihenfolge, die für ernsthafte Politik und seriöse Haushaltsführung entscheidend ist.
Deswegen ist es gut, dass sich die Koalitionsfraktionen und -parteien heute zusammengesetzt und sich zur Gründung eines Berliner Stadtwerks bekannt haben. Nur weil es andere nicht hören wollen, sage ich noch einmal deutlich, ein Stadtwerk mit festen Leitplanken, die wir seit Dezember in unseren Anträgen formuliert haben, wo es um ausschließlich erneuerbare Energie geht, die selbst produziert ist. Nur die selbst produzierte Energie geht dann auch in den Vertrieb. Für einen Übergangszeitraum werden hocheffiziente KWK-Anlagen zu Rate gezogen. Es ist vor allen Dingen nicht Aufgabe dieses Stadtwerks, als Stromhändler am Markt aufzutreten.
Die CDU- und die SPD-Fraktion haben im August im Parlament einmütig empfohlen, den Volksentscheid und das Stadtwerk, das dort gegründet werden soll, abzulehnen. Warum? – Weil es wirtschaftlich nicht auf seriösen Füßen steht, weil es Millionenrisiken wären und wir diese finanziellen Risiken als Parlament nicht eingehen können.
Die Grünen haben heute einen Antrag gestellt, in dem sie – das will ich ausdrücklich sagen – viele wesentliche Fragen zur Konzeption und zur Struktur stellen, aber sie haben eben auch nur die richtigen Fragen gestellt. Unsere Konzeption heißt: Nur selbsterzeugte regenerative Energie geht in den Vertrieb, und es ist eben kein Stromhändler, den das Land Berlin aufbaut. – Mit dieser Konzeption, die wir über das Berliner-Betriebe-Gesetz regeln werden, entweder als Tochter der Wasserbetriebe oder in eigenständiger Form, bieten wir für diese Fragen die Lösungen.
Wir haben im Parlament und in den Ausschüssen in den vergangenen Monaten und auch ganz aktuell heute sehr intensiv über diese Fragen diskutiert. Es ging darum, ein schlüssiges Konzept aufzustellen. Ich bin froh, dass der Senat dieses schlüssige Konzept auf der Basis der gerade skizzierten Leitplanken, die wir als Koalitionsfraktionen bereits im Dezember eingebracht haben, jetzt ausarbeiten wird. Denn Verlässlichkeit, die ja dieser Tage viel in Rede stand, bedeutet auch, die Rahmenbedingungen
anzuerkennen und darauf hinzuarbeiten. Die eigenständige Produktion erneuerbarer Energie in vielen Landesunternehmen zusammenzufassen kann ein vernünftiger Ansatz sein. Nicht vernünftig ist und bleibt, dass Berlin Strombroker werden soll, mit dem Berliner Bären im Logo und ein paar Windrädern als Feigenblatt. Wir sind außerordentlich froh, dass durch die Einigung, die jetzt erzielt worden ist, dieser Börsenstromhändler vom Tisch ist und ein Stadtwerk mit selbst erzeugter Energie in den Betrieb geht und nicht etwa Börsenhändler in Leipzig wird.
Herr Kollege Melzer! Das widerspricht jetzt dem, was Herr Buchholz gesagt hat. Sie sagen, die Einigung des Koalitionsausschusses sei, dass es nur regenerativ erzeugter Strom ist. Dezentrale Nahwärmenetze darf dieses Stadtwerk also nicht aufbauen. Habe ich das richtig verstanden? Und wie sehen Sie das mit der Turbine für die MVA Ruhleben, die eventuell gebaut wird? Ist das eine Möglichkeit, dass das Stadtwerk das macht, oder – weil es ja kein erneuerbarer Strom ist – ist das nicht Teil der Aufgabe des Stadtwerks?
Herr Schäfer! So wie im Dezember in den Koalitionsanträgen, die wir ja in den Fachausschüssen in Teilen diskutiert haben, schon festgehalten wurde, wurde auch heute festgehalten: Es geht um die Produktion ausschließlich erneuerbarer Energie. Aber für einen Übergangszeitraum können hocheffiziente KWK-Anlagen genutzt. Das ist das, was die Koalitionsfraktionen im Dezember vereinbart haben und was auch heute gilt. Es gilt auch weiterhin, dass ein Stromhandel an der Börse in diesem Konzept ausgeschlossen ist. – Diese beiden Prämissen sind erfüllt. Für einen Übergangsraum hocheffiziente KWKAnlagen zu nutzen bleibt weiterhin richtig, so wie es die Koalitionsfraktionen schon in ihrem Dezemberantrag im letzten Jahr formuliert haben.
Insgesamt ist festzuhalten, dass die Kriterien Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit ganz entscheidend sind und wir auf dieser Basis darauf hinarbeiten, ein fertiges Konzept zu haben, dass wir dann in der nächsten Plenarsitzung am 24. Oktober zur Abstimmung stellen. Dann wird deutlich werden, dass diese Koalition auch in dieser Frage handlungsfähig ist, dass wir zum Stadtwerk des Energietischs klar Nein sagen und das eigene Konzept eines
Stadtwerks auf den Weg gebracht haben. Das ist Handlungsfähigkeit dieser Koalition. – Ich bedanke mich!
Danke schön, Kollege Melzer! – Für die Piratenfraktion hat jetzt der Kollege Pavel Mayer das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!
Danke, Herr Präsident! – Liebe Kollegen! Werte Gäste! Ich muss sagen, ich freue mich erst einmal, dass wir offenbar ein Stadtwerk kriegen, wie es sich bis jetzt anhört. Ich bin allerdings sehr gespannt, was wir da beim nächsten Mal auf den Tisch bekommen werden. Angesichts der 1,5 Millionen Euro, die jetzt geäußert wurden, habe ich allerdings auch den Eindruck, dass das eigentlich zu wenig ist und zu spät kommt, auch vor dem Hintergrund, dass es ja neben dem Stadtwerk noch um die Stromnetze und die Konzessionsvergabe gehen wird. Da ist mir völlig unklar, ob das innerhalb oder außerhalb der angekündigten Aktivitäten läuft und ob es da noch einmal extra Geld geben wird. Da bin ich doch sehr auf die nächste Sitzung gespannt, wo wir vielleicht noch etwas Genaueres erfahren.
Zum Antrag der Grünen für das Klima-Stadtwerk: Ich finde es sehr gut, dass da einmal etwas Konkreteres auf dem Tisch liegt, weil wir ja auf so etwas in der Art vom Senat seit mindestens einem Jahr warten. Wenn man sich das anschaut, dann sind da zumindest einmal Zahlen, unter denen man sich etwas vorstellen kann. Auch wird das Potenzial ausgelotet: 400 bis 500 Millionen Euro sind es, die da veranschlagt sind, womit ungefähr – wenn ich das richtig gerechnet habe – 10 Prozent des Berliner Strombedarfs wahrscheinlich abgedeckt werden können. Das ist zwar nicht olympisch, wenn man über die Energiewende redet, aber das Ganze zeigt, wie schwierig es werden wird, selbst wenn wir es in die eigene Hand nehmen: Wir werden gerade mal 10 Prozent Eigenversorgung erreichen.
Was das aber auch zeigt – zumindest dann, wenn man die Zahlen überschlägt und davon ausgeht, dass die Kosten- und Leistungsangaben stimmen, die die Grünen zusammengetragen haben –, ist, dass, selbst wenn man die 400 bis 500 Millionen Euro in die Hand nimmt, die Produktion von Strom und Wärme, die da herauskommt, nicht so weit auseinander von dem liegt, wenn man das vermarktet, so dass man noch nicht einmal die Kapitalkosten herausbekommen würde. Insofern ist das eigentlich eine ganz gute Sache.
Das Einzige, was mich wirklich an dem Antrag gestört hat, ist, dass das Ding „grünes Klimastadtwerk“ heißt. Ich
muss sagen: Ich kann auch mit einem roten oder gelben oder blauen oder schwarzen Klimastadtwerk wunderbar leben – Hauptsache, es kommen bezahlbarer Strom und Wärme heraus und es wird keine Kohle drin verbrannt und es werden keine Atomkerne gespalten!
Zu der Frage, ob man Wärme und Energie aus Reststoffen nutzen will, muss ich sagen: Die fallen im Moment nun einmal an, und es spricht nichts dagegen, das zu nutzen, was da ist. Jetzt die thermische Verwertung von Abfällen zu ächten, macht keinen Sinn. Auch die Idee, die BEA zu kaufen, ist sicherlich charmant. Aber ich habe Zweifel, ob das derzeit zu einem realistischen Preis machbar ist. Die BEA macht Gewinne, und die Verhandlungsposition der derzeitigen Gesellschafter ist gut. Ich würde in so einer Situation denen nicht das Geld hinterherwerfen wollen.
Zusammengefasst: Der Senat sollte sich ruhig aus dem Papier der Grünen bedienen und das dann als eigene Ideen präsentieren.
Niemand hätte etwas dagegen, wenn das passieren würde. Ansonsten freue ich mich auf die nächste Sitzung, wo es dann weitergeht. – Vielen Dank!
Danke, Kollege Mayer! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt haben Sie bereits eingangs zugestimmt. Weiterhin wird die Überweisung mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Forschung und Technologie und an den Hauptausschuss empfohlen. Widerspruch höre ich nicht. – Dann verfahren wir so.
Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Auch hier wieder fünf Minuten Redezeit pro Fraktion. Für die Fraktion Die Linke beginnt der Kollege Harald Wolf, dem ich das Wort erteile. – Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Antrag beschäftigt sich mit der Sicherung der Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer möglichen Übernahme des Stromnetzes durch das Land Berlin oder durch die Bildung einer Kooperationsgesellschaft zwischen dem Land Berlin und einem möglichen Partner.
Wir halten dieses Thema der Sicherung der Arbeitnehmerrechte für ein zentrales Thema bei der Diskussion um die Stromnetzübernahme, denn Rekommunalisierung führt bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht immer zu einhelligen Begeisterungsstürmen, sondern ist häufig auch mit Befürchtungen und mit Unsicherheiten verbunden – Befürchtungen, weil man von andern Kolleginnen und Kollegen weiß, dass die öffentliche Hand sich nicht immer als guter Arbeitgeber erweist, und zum anderen die Bedingungen, unter denen eine solche Rekommunalisierung stattfindet und was das für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedeutet, häufig unklar sind und deshalb die Gefahr besteht, dass Arbeitnehmer, dass Betriebsräte sich dafür entscheiden: Wir nehmen lieber den Spatz in der Hand – sprich: lieber unser gegenwärtiges Unternehmen – als dass wir uns auf eine ungewisse Zukunft in einem kommunalen Unternehmen oder in einem Kooperationsunternehmen zwischen der öffentlichen Hand und einem anderen Partner einlassen. Wir haben gerade in Hamburg gesehen, wie diese Befürchtungen und wie diese Sorgen der Arbeitnehmer dazu geführt haben, dass sich Betriebsräte von Vattenfall und Eon gegen die Rekommunalisierung gestellt haben und auch relevante Teile der Gewerkschaften offen gegen die Rekommunalisierung aufgetreten sind.
Deshalb haben wir diesen Antrag eingebracht, auch im Vorfeld des zweiten Verfahrensbriefes Strom, weil wir der festen Überzeugung sind: Eine Rekommunalisierung kann nicht gegen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfolgen.
Wir brauchen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter anderem auch, um einen effizienten und qualifizierten Netzbetrieb zu gewährleisten, weil dort die Qualifikation, dort das Erfahrungswissen, dort das technische Know-how für einen guten Netzbetrieb sitzen. Deshalb müssen wir sehen, dass möglichst viele dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch übergehen.
Da haben wir in Berlin – wie übrigens auch in Hamburg – das spezielle Problem der konzerninternen Konstruktion von Vattenfall, dass sie nämlich eine sehr kleine Netzgesellschaft mit etwas über 100 Beschäftigten gebildet haben, die aber gleichzeitig auf die Zuarbeit, auf die Kooperation mit vielen Dienstleistungsgesellschaften, die drumherum gruppiert sind, angewiesen ist. Der Betriebsübergang nach § 613a lässt sich aller Voraussicht nach rechtssicher nur für die kleine Netzgesellschaft konstruie
ren. Für einen effektiven Netzbetrieb wird man aber mehr brauchen als nur die kleine Netzgesellschaft, und deshalb schlagen wir in unserem Antrag vor, dass das Land Berlin im Falle einer hundertprozentigen Übernahme durch eine landeseigene Gesellschaft bzw. im Falle einer Kooperationslösung, dies mit dem Kooperationspartner so verhandelt, dass es auch an die Beschäftigte, die nicht unter den § 613a fallen, die aber immer für das Stromnetz gearbeitet haben – egal in welcher Konzerngesellschaft von Vattenfall –, das Angebot gibt, dass sie in die Netzgesellschaft übergehen können, und zwar zu den gleichen Konditionen oder möglicherweise sogar besseren Konditionen, wenn wir eine große Netzgesellschaft bilden, zu den tariflichen Bedingungen der großen Netzgesellschaft.
Und der § 613a, der Betriebsübergang, ist auch eine Regelung, der der Arbeitnehmer widersprechen kann. Auch deshalb ist es wichtig, dass wir hier attraktive Bedingungen, und zwar im Vorfeld, anbieten. Deshalb sagen wir auch: Wir müssen auch gewährleisten, dass Tarifverträge, dass Sozialleistungen weiter gelten, weil der § 613a, der Betriebsübergang, nur die Altbeschäftigten schützen würde, aber nicht die Neubeschäftigten, also wenn in späterer Zeit neu eingestellt werden. Deshalb sagen wir: Wir wollen keine Zwei-Klassen-Gesellschaft, deshalb sollen Tarifverträge, sollen betriebliche Sozialleistungen etc. übernommen werden, dass das Land Berlin das im Vorfeld der Netzübernahme erklärt bzw. mit den möglichen Kooperationspartnern verhandelt.
Ich komme zum Schluss. Dazu gehört auch die Sicherung der bisherigen Mitbestimmungsrechte und nach Möglichkeit auch deren Ausweitung. Ich schlage vor, dass wir dieses wirklich ernsthaft in den Ausschüssen diskutieren, weil ich weiß, dass vielen, die ernsthaft eine Rekommunalisierung der Netze wollen, dieses Problem bekannt ist, und dass wir hier zu einer Lösung kommen, weil ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir an die Beschäftigten der Stromnetz GmbH und der Dienstleistungsgesellschaften ein klares Signal ausgeben, dass vonseiten des Landes Berlin keine Verschlechterung ihrer Situation gewünscht wird, sondern wir im Gegenteil mit ihnen eine erfolgreiche –
Netzgesellschaft mit qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu guten und fairen Bedingungen aufbauen wollen.