Protokoll der Sitzung vom 26.09.2013

[Beifall bei der LINKEN]

Danke schön! – Dem Kollegen Karsten erteile ich jetzt das Wort für die SPD-Fraktion.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Wolf hat in der Tat ein wichtiges Thema angesprochen. Das weiß die Koalition auch. Wir haben uns ganz klar dafür ausgesprochen, weil wir wissen, dass es nicht nur eine Stromnetz Berlin GmbH gibt, sondern auch die Netzservicegesellschaften wie die Metering GmbH oder wie die Vattenfall Business Service noch dazu kommen, dass die auch noch berücksichtigt werden müssen. Das wissen wir. Das ist aber nicht so einfach. Das kann man aber nicht einfach so machen.

Mir liegt jetzt ein Antrag vor, und anders als Sie, Herr Wolf, jetzt gerade gesagt haben, bezieht der sich ausschließlich auf den Konsortialvertrag. Wir haben als Koalition ein landeseigenes Unternehmen Berlin-Energie im Rennen um die Konzession, das zu 100 Prozent die Konzession holen will. Sie beziehen sich jetzt hier ausschließlich auf einen Konsortialvertrag.

[Harald Wolf (LINKE): Auf die 100 Prozent!]

Die 100 Prozent haben Sie gerade nicht drin. Aber darum will ich jetzt auch gar nicht streiten, denn, was da fehlt – und das ist, glaube ich, in der Tat nicht zu leugnen –, ist der Hinweis, um wie viele Beschäftigte es eigentlich geht. Wie viele Menschen sind das? Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Und wie sind denn eigentlich die Tarifverträge, die hier aufgeführt sind? Wie lauten denn die Tarifverträge? Was sind dort die Besitzstände, die übernommen werden sollen? Können wir denn verantwortungsvoll eine Entscheidung treffen, ja, das machen wir, ohne zu wissen, was das für wirtschaftliche Auswirkungen hat. Ich halte das für problematisch, aber auf jeden Fall beratenswert. Das ist überhaupt keine Frage.

Herr Wolf, Sie haben neben meinem geschätzten Kollegen Herrn Buchholz einen ganz wichtigen Hinweis gegeben, der, glaube ich, bei uns in den Köpfen noch überhaupt nicht angekommen ist: Was bedeutet es eigentlich, dass Schweden sich von seinem kontinentaleuropäischen Geschäft löst? Was bedeutete es eigentlich, dass Braunkohleengagement – risikobehaftet für die Zukunft –, dass immer noch Atomengagement in Europa in Brokdorf, dass ein wahnsinnig spekulatives Einstiegsgeschäft in den Niederlanden in Gas und Kohle mit Milliardenabschreibungen, dass dieses ganze Geschäft zusammengepackt

werden soll und da drinnen steckt dann irgendwo Berlin? Was bedeutet das eigentlich für Berlin und die Zukunft? Sind wir sozusagen ein Teil dieses Risikogeschäftes und haben doch selber im Angebot, ja eigentlich eine Rosine? Das Stromnetz ist eine Rosine, und auch die KraftWärme-Kopplung ist ziemlich energiewenderesistent, muss man mal sagen. Insofern muss man sich schon überlegen, ob man wirklich gut daran tut, mit einem Partner Vattenfall dort einzusteigen.

Wenn Sie jetzt mal überlegen, was hier steht: Wir wissen nicht genau, welche wirtschaftlichen Auswirkungen dahinter stehen. – Nur ein Bewerber, der weiß es ganz genau. Einer weiß es ganz genau, alle anderen nicht, weder Berlin-Energie noch Alliander, wie sie alle heißen, wissen, was der wirtschaftliche Gehalt dieser Passagen, die Sie im Konsortialvertrag haben wollen, ist. Das bedeutet dann auch wieder in der Konsequenz, es würde hier eine Diskriminierung stattfinden – wegen fehlender Transparenz, in diesem Fall durch Vattenfall. Hier hat Vattenfall nicht dafür gesorgt, dass Transparenz herrscht. Es hat nicht die Geschäftsberichte der Netzservice GmbH veröffentlicht, nicht die Geschäftsberichte der Metering veröffentlicht. Es wird immer davon erzählt, es wäre alles veröffentlicht. Dummerweise hat das auch noch den Stempel der Bundesnetzagentur, die aus meiner Sicht nicht richtig einschätzt, dass es sich hier um ein sehr großes Verteilnetz handelt, während der Leitfaden, an den sie sich klammert, doch eher für kleinere Kommunen geschrieben ist.

Da haben wir also eine Problemlage aufgezeigt. Dennoch ist ein Zusammenhang nicht von der Hand zu weisen, und das ist der Zusammenhang zwischen Kaufpreis und Anzahl der Beschäftigten. Denn wir wissen ganz genau, dass sich der Kaufpreis am Ertragswert orientieren wird, und der Ertrag einer Unternehmung ist natürlich nicht so hoch, wenn dort z. B. statt 100 Beschäftigten 1 000 Beschäftigte tätig sind. Das bedeutet: Wenn 1 000 Beschäftigte übernommen werden, ist der Ertragswert niedriger, und dementsprechend ist auch der Kaufpreis niedriger. Das wäre gut, und zwar nicht nur für die Beschäftigten, sondern auch für Berlin.

[Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Insofern ist es sicher richtig, dass wir diesen Antrag in den Hauptausschuss überweisen und dort noch einmal den wirtschaftlichen Gehalt prüfen, der hier drinsteckt. Und wir müssen auch weiterhin Transparenz verlangen. Da darf keiner aufhören zu fordern, dass Vattenfall endlich die Unterlagen auf den Tisch legt und, was das Personal betrifft, für reinen Tisch sorgt. – Ich danke Ihnen! Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Ich danke auch! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Kollege Schäfer das Wort. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jeder, der mit Beschäftigten der Stromnetzgesellschaft oder der Servicegesellschaften spricht, weiß, dass die Beschäftigten verunsichert sind. Sie wissen nicht, wie es mit ihren Jobs weitergeht und was für sie eine Rekommunalisierung oder eine Teilrekommunalisierung bedeuten würde. Ich finde, der Antrag der Linken ist schon allein deshalb ein guter Antrag weil er das Augenmerk endlich einmal darauf lenkt.

Der Senat will die Stromnetzgesellschaft übernehmen, und er sagt den Beschäftigten bis heute nicht, was das für sie bedeutet.

[Andreas Otto (GRÜNE): Unerhört!]

Ich finde, das ist nicht in Ordnung. Wir haben einmal in vertraulicher Sitzung im Hauptausschuss darüber beraten, da hat sich der Senat einmal zur Frage Personal der Stromnetzgesellschaft geäußert. Ich kann hier keine Details verraten, weil uns in dieser vertraulichen Beratung auch keine Details verraten wurden.

Kollege Karsten spricht immer gern davon, wie viel Transparenz er von Vattenfall verlangt. Da hat er sehr recht. Ich würde mich aber freuen, wenn er auch mal Transparenz vom Senat verlangen würde.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Denn die Konsortialvertragsentwürfe, um die es hier geht, stehen in Stuttgart im Internet.

[Daniel Buchholz (SPD): Da stehen andere Sachen!]

Die Vergabekriterien stehen im Internet.

[Daniel Buchholz (SPD): Unsere stehen auch im Internet!]

Bei uns nicht! Bei uns liegen sie im Datenschutzraum.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Der Vergabebrief, aber weder die – –

[Daniel Buchholz (SPD) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Entschuldigung! Ist das jetzt eine Zwischenfrage? – Wenn Kollege Schäfer sie gestattet, bitte, dann haben Sie das Wort.

Ja, bitte!

Verehrter Kollege Schäfer! Ist Ihnen nicht bekannt, dass von der Finanzverwaltung der Verfahrensbrief Gas im Internet veröffentlicht wurde? Dort können Sie detailliert die Vergabekriterien und die Zuschlagskriterien nachlesen – inklusive Bepunktung: 320 Punkte, 100 Punkte für das Kooperationsmodell. – Oder haben Sie keinen Internetanschluss?

Das war die Frage – bitte!

Herr Buchholz! Ihre Arroganz ist hier überhaupt nicht angebracht.

[Beifall bei den GRÜNEN – Lachen bei der SPD]

Das ist natürlich bekannt, dass der Vergabebrief da drinliegt. Aber die entscheidenden Sachen wie etwa die Konsortialvertragsentwürfe, um die es hier geht – wenn Sie den Antrag mal lesen wollen, über den wir hier debattieren –, die stehen da nicht. Und in Stuttgart stehen Sachen im Internet, die bei uns im Datenschutzraum liegen.

[Torsten Schneider (SPD): Da gibt es keinen Konsortialvertrag!]

Wenn Sie diese Transparenz mal von Ihrem Senat einfordern würden, dann wäre Ihre Forderung nach Transparenz in Richtung Vattenfall sehr viel glaubwürdiger als heute.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Mein Verdacht ist, dass Senator Nußbaum, der bisher kein Wort dazu gesagt hat, was es für die Beschäftigten bedeuten würde, wenn das Land den Betrieb übernimmt, der dadurch mitverantwortlich ist für die Unsicherheit in den Betrieben – –

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Nein, es ist so! Herr Schneider, gehen Sie doch mal hin zu den Betriebsräten! Sie sind mitverantwortlich für diese Unsicherheit, und diese Unsicherheit führt dazu, dass sich viele Betriebsräte und viele Mitarbeiter von einzelnen Servicegesellschaften inzwischen klar gegen eine Rekommunalisierung aussprechen. Ich fürchte, es ist von Herrn Nußbaum beabsichtigt, hier die Beschäftigten wieder Vattenfall in die Arme zu treiben. Das ist doch das Problem.

Ich appelliere deshalb an Sie von der SPD und auch von der CDU: Man muss ja die Gewerkschaftsforderung nicht

eins zu eins übernehmen, wie die Linksfraktion es hier getan hat, aber der Senat muss sich in den Ausschussberatungen endlich dazu verhalten, und zwar öffentlich, und er muss endlich klarmachen, wie er die Bedingungen für den Betriebsübergang gestalten will, um so für Sicherheit bei den Beschäftigten zu sorgen. Das wäre gut. Das wäre auch gut für Ihre eigenen Ziele. Deshalben helfen Sie uns, in den Ausschüssen dafür zu sorgen, dass der Senat dieser Verpflichtung endlich nachkommt!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Danke, Kollege Schäfer! – Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort der Kollege Dr. Garmer. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die CDUFraktion sind die Interessen der Beschäftigten der Stromnetz Berlin GmbH und auch der anderen Unternehmen, die am Betrieb des Berliner Verteilnetzes beteiligt sind, von großer Bedeutung, denn es sind genau diese Beschäftigten, die Tag und Nacht dafür sorgen, dass der Strom sicher und zuverlässig fließt und dass dann, wenn es mal Probleme gibt, diese Probleme professionell und schnell abgestellt werden.

[Beifall bei der CDU]

Es ist also unser gemeinsames Interesse, dass wir uns um die Interessen dieser Beschäftigten Gedanken machen. Nun ist klar, dass ein möglicher Eigentümerwechsel des Netzes bei den Beschäftigten erst einmal Fragen und Unruhe auslöst. Dafür haben wir Verständnis. Ich glaube aber nicht, dass sich die Beschäftigten im Endeffekt große Sorgen machen müssen, denn jeder mögliche neue Konzessionsinhaber ist darauf angewiesen, die vorhandenen Fachleute einzusetzen, um den Betrieb genauso gut wie bisher gewährleisten zu können. Dabei geht es nicht nur um die Tatsache der Beschäftigung, sondern es geht auch um die Konditionen. Wir haben in Deutschland in vielen Branchen – auch in dieser Branche – längst einen Mangel an hochqualifizierten Fachleuten, sodass jeder mögliche neue Konzessionsinhaber weiß, dass er nicht nur gute Gehälter, sondern auch gute Nebenleistungen bieten muss. Das ist die Ausgangslage.

Jetzt zu den Details: Es ist unter Juristen natürlich strittig – klar, wenn Juristen sich einig wären, hätten sie kein Einkommen –, in welchem Umfang § 613a BGB bei Konzessionsübernahmen einschlägig ist. Es kommt hinzu – darauf hatte Herr Kollege Wolf schon hingewiesen –, dass der gegenwärtige Konzessionsinhaber, die Stromnetz Berlin GmbH, in die Struktur von Vattenfall eingebunden ist, weil Vattenfall auch das Hamburger Stromnetz betreibt und es dort bestimmte Organisationseinheiten gibt, die für beide Netze tätig sind. Das macht die

Anwendbarkeit von § 613a BGB natürlich nicht eben klarer.