Protokoll der Sitzung vom 24.10.2013

[Zuruf]

Vielleicht kann man auch mal eine Sekunde ohne Zwischenruf zuhören. – Es sind Eltern, die ohnehin mit einem oder mehreren behinderten Kindern belastet sind, die trotzdem arbeiten gehen und einen sehr hohen Betreuungsaufwand an den Abenden und Wochenenden haben, die möglicherweise Kinder haben, die ihr Leben lang Pflegefälle sind oder besondere Betreuung brauchen. Ich möchte, dass diese Eltern Wahlfreiheit zwischen Förderzentren haben,

[Regina Kittler (LINKE): Wo steht das?]

in denen ihre Kinder gut betreut werden – es ist ein Einwand auf Herrn Delius, der die 100 Prozent angesprochen hat – oder zwischen anderen Einrichtungen wählen können. Ich möchte, dass die Eltern der Kinder die Möglichkeit haben, auch weiterhin an den Förderzentren die bestmögliche Betreuung für ihre Kinder zu bekommen.

[Özcan Mutlu (GRÜNE): Das Recht haben sie immer!]

Danke schön! – Herr Delius, Sie wollen erwidern. Bitte sehr!

Ich fange einmal von hinten an. Herr Buchner! Sie haben völlig recht. Es sind Einrichtungen, die extrem wichtig sind und gebraucht werden. Sie haben einen extrem hohen Förderaufwand nicht nur mit geistigen, sondern auch mit Schwerstbehinderungen. Ich erinnere Sie nur daran – das war zu meiner Legislaturperiode, da müssen Sie gar nicht auf vorangegangene Legislaturperioden verwei- sen –, dass wir als Piraten bei dem Ganztagsbetreuungsgesetz bei dem Lückenschluss erst einmal darauf hinweisen mussten, dass Sie diese Förderzentren, die Sie für so wichtig halten, bei der Finanzierung des Betreuungsaufwands vergessen haben.

[Beifall bei den PIRATEN]

Jetzt komme ich einmal zur Haltung. Wissen Sie, wer Haltung beweist? Haltung beweisen die Lehrerinnen und Lehrer, die Schülerinnen und Schüler, die Eltern, die damit verbunden sind, die Sonderpädagogen, die Überstunden machen und machen müssen, die unter schwersten Bedingungen genau diese Entwicklungen, die Sie als so positiv darstellen, bisher geleistet haben, ohne dass sie dabei ausreichend unterstützt wurden.

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Jetzt komme ich einmal zu Ihrer Haltung. Sie als Koalition können es sich doch vor dem Hintergrund gar nicht leisten, auch nur einen Cent an den Mitteln für die Inklusion zu kürzen: 77 000 Euro bei der Weiterbildung, 1 Million Euro bei den Baumaßnahmen. Jetzt kommen Sie mir nicht so!

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Jetzt werden die Gemüter einmal wieder herunterkochen. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Ich bitte einen Moment um Aufmerksamkeit. Zum Gesetzantrag Drucksache 17/0098 empfiehlt der Bildungsausschuss mehrheitlich gegen die Oppositionsfraktionen die Ablehnungen. Wer dem Gesetzesantrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind Linke, Grüne und Piraten. Wer ist dagegen? – Das ist die Regierungskoalition. Deshalb ist das Gesetz abgelehnt.

Ich komme zu

lfd. Nr. 6:

Gesetz zum Fünften Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg im Bereich des Rundfunks

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 17/1203

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien und an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich komme zu

lfd. Nr. 7:

Gesetz zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 17/1204

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien und an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich komme zu

lfd. Nr. 8:

Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Festsetzung der Hebesätze für die Realsteuern für die Kalenderjahre 2007 bis 2011 und des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 17/1217

Erste Lesung

Auch hier eröffne ich die erste Lesung. Die Beratung wird nicht mehr gewünscht. Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 9:

Gesetz über die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrerinnen und Lehrer im Land Berlin (Lehrkräftebildungsgesetz – LBiG)

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 17/1219

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung. Es gibt fünf Minuten Redezeit pro Fraktion. Es eröffnet für die Fraktion Die Linke die Kollegin Kittler. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Seit gut neun Jahren werden in Berlin Bachelor- und Masterstudiengänge in der Lehrerausbildung erprobt. Die rechtliche Grundlage dafür endete eigentlich im September 2012. Bis dahin sollte die Erprobung der Studiengänge abgeschlossen und die Lehrerbildung in Berlin entsprechend den aktuellen Herausforderungen an den Beruf verändert sein. Das war der Koalition zunächst entgangen, sodass wir im vorigen Jahr nicht etwa ein neues Gesetz vorgelegt bekamen, sondern im Eiltempo eine Verlängerung der Gültigkeit des alten bis 2014 beschließen mussten.

Bis heute ist dabei immer noch nicht rechtssicher geklärt, ob nach den Quedlinburger Beschlüssen der Kultusministerkonferenz die Anerkennung der Abschlüsse für die Studentinnen und Studenten gesichert ist und welche Übergangslösungen es geben soll. Der uns nun endlich vorliegende Entwurf für ein neues Lehrerbildungsgesetz ist insgesamt ein guter und in Teilen ein mutiger, auch wenn wir das Gesetz in Gänze nicht beurteilen können, da sämtliche Verordnungen fehlen, die auch entscheidende kritische Fragen regeln sollen, wie beispielsweise die Vereinbarkeit von Grundschullehramtsstudium mit einem soliden Studiengang für Musik und Kunst an der UdK.

Vieles werden wir in der inhaltlichen Debatte in den Ausschüssen unterstützen, wie die Einführung von Sonderpädagogik als zweites Studienfach, eine Grundausbildung zur Inklusion oder die überfällige Einführung eines Praxissemesters, wobei hier noch über den Zeitpunkt im Studiengang diskutiert werden muss. Eines muss ich inhaltlich aber noch ansprechen: Berlin hat es in den vergangenen Jahren geschafft, dass alle Oberschulen den Weg zum Abitur eröffnen. Da erarbeitet die BaumertKommission von Bildungsexpertinnen und -experten, beauftragt durch Senatorin Scheeres, kluge Empfehlungen für ein dringend notwendiges Lehrerbildungsgesetz und traut sich, den alten Zopf höherwertigerer Gymnasiallehrerinnen bzw. -lehrer abschneiden zu wollen. Und dann macht die CDU nicht mit, weil sie offensichtlich weiter im Bildungsmief voriger Jahrhunderte verharren will. Sie will getrennte Studiengänge an Sekundarschulen und an Gymnasien. Und die SPD-Fraktion fällt um und ihrer Senatorin in den Rücken. Sie macht hier einen fragwürdigen Vorschlag mit einer merkwürdigen Trennung im Masterstudiengang, allerdings wieder in einem gleich lautenden Abschluss endend. – Über all das wird zu reden sein.

[Zuruf von Lars Oberg (SPD)]

Dafür will sich die Koalition viel Zeit lassen. Und das ist ein absoluter Skandal.

(Vizepräsident Andreas Gram)

[Zuruf von Michael Dietmann (CDU)]

Lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Oberg zu?

Na, selbstverständlich!

Frau Kittler! Ich wollte Sie fragen, ob Sie wissen, dass der vorliegende Gesetzentwurf durch den Senat und nicht etwa die SPD-Fraktion beschlossen wurde. Sie haben eben gesagt, die SPD-Fraktion sei der Senatorin in den Rücken gefallen. Die Beratungen beginnen heute erst. Wie kommen Sie denn dann zu dieser merkwürdigen Aussage?

Ich dachte eigentlich, Herr Oberg, dass Sie mit Ihrer Senatorin im Disput stehen. Ist das nicht so? – Na, dann wird mir einiges klar.

[Beifall bei den GRÜNEN – Lars Oberg (SPD): Disput? Sie meinten Dialog, ja?]

Auch das!

Im Bildungsausschuss – und damit komme ich noch mal zu dem Wort „Skandal“ zurück – soll, gegen den Antrag der Linksfraktion in der Sprecherrunde, erst im Dezember eine Anhörung stattfinden. Es sei bis zur Beschlussfassung noch Zeit bis Mitte März, wurde mir geantwortet. Und auf die Frage, wer das sage und ob das die Universitäten auch so sähen und warum die SPD und die CDU denn die Beschlussfassung verzögern wollten, wurde mir von Ihnen – Frau Harant ist gar nicht da, aber unter anderem auch von Frau Bentele – geantwortet: weil Sie noch Beratungsbedarf hätten. Also, das ist ja wohl der Gipfel! Was will die CDU denn noch geändert haben? Diese Gesetzesvorlage kommt doch jetzt schon zu spät. Die Universitäten und Hochschulen können es gar nicht schaffen, die Studiengänge bis März zu erarbeiten, wenn die Studienorientierung in den Abiturklassen spätestens beginnen muss.