Protokoll der Sitzung vom 07.11.2013

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN – Hoi! von der LINKEN]

Der Landesparteitag der SPD hat das erkannt und sich deshalb am letzten Wochenende auch gegen die Kürzungen ausgesprochen. Der plötzliche Abbruch der Projekte führt bei den betroffenen Schulen zur kurzfristigen Kappung von Projekten im gerade begonnenen Schuljahr und bei den betroffenen Trägern zu kurzfristigem Stellenabbau. Schulsozialarbeit benötigt gut funktionierende und verlässliche Strukturen. Die vorhandenen Strukturen dürfen nicht abgebaut werden.

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Beifall von Oliver Höfinghoff (PIRATEN)]

Das Programm ist seit 2006 im Konsens von Politik, Verwaltung und der Praxis kontinuierlich ausgebaut worden. Die Schulen – alle Schultypen! – brauchen Schulsozialarbeit.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Jugendsozialarbeit ist gleichzeitig ein Baustein zu einer inklusiven Schule und unterstützt die Bemühungen, wenn es um die Chancengerechtigkeit an den Schulen geht. Aus dem Programm Jugendsozialarbeit an den Berliner Schulen wurde Sozialarbeit an den früheren Hauptschulen ermöglicht und bei der Gründung der ISS komplett in diese übernommen.

Damit sehen wir aber auch, wo gerade Handlungsbedarf besteht, dass es in diesem Bereich, wo die Häufung von sozialen Problemen konzentriert ist, nicht zu einer Kürzung kommen darf.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Wir dürfen die Schulen mit ihren Problemen nicht im Stich lassen. Die Schule kann den Anforderungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler sonst überhaupt nicht gerecht werden. Die Lehrkräfte können trotz ihres großen Engagements nicht in diesem Maße die Arbeit leisten.

(Regina Kittler)

Über den dringlichen Antrag der Linken hier sofort abzustimmen, hilft uns nicht, die Kürzungen zu verhindern. Der Ort der Entscheidung ist der Hauptausschuss. Deshalb plädiere ich für eine Überweisung an den Hauptausschuss und keine sofortige Abstimmung.

[Ah! von der LINKEN]

Wir wollen das Problem ganz und endgültig lösen. Wir wollen, dass zukünftig alle Schulen mit Schulsozialarbeit ausgestattet sind. – Danke!

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Zurufe von der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Kollege Özışık! – Bislang habe ich auch nur die Überweisung an den Hauptausschuss vorliegen. Eine sofortige Abstimmung wurde noch nicht beantragt, jedenfalls ist der Antrag bei mir noch nicht angelangt. – Dann hat jetzt die Kollegin Remlinger das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich war sehr gespannt auf die Rede der SPD. Die Debatte ist zwar jetzt überraschend über uns gekommen, aber wiederum nicht am Nullpunkt, denn wir haben gestern Abend noch im Hauptausschuss darüber diskutiert. Ich bin der Meinung, wir sind bei dem Punkt stehen geblieben, dass wir uns überfraktionell einig sind, dass das Bestreben nur sein kann, diese Stellen zu retten – wenn ich auch sagen muss, dass ich sehr gespannt auf die Rede der CDU bin. Sie hat sich bisher überhaupt noch nicht an dieser Debatte beteiligt. Über ein Signal der CDU, dass auch ihr diese Stellen sehr wichtig sind – Herr Schlede, Sie schauen schon winkend in meine Richtung –, wäre ich sehr erfreut.

Ich will nicht darauf herumhacken, dass gestern auch im Hauptausschuss unerklärt blieb, warum die Finanzierung dieser 20 Stellen plötzlich nicht mehr steht. Ich will das auch nicht vertiefen. Wir sollten alle gemeinsam an einer Lösung arbeiten. Ich freue mich darüber, dass wir das noch mal im Hauptausschuss vertiefen.

[Torsten Schneider (SPD): Sagen Sie doch mal, was Sie wollen!]

Ich bin davon überzeugt, dass es den Hauptausschüsslern gelingen wird – und ich helfe da auch gerne mit –, die Mittel für diese Stellen zu finden. Ich möchte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, aber auch bitten, weil die Zwischenrufslage bei der Rede von Frau Kittler aus den Reihen der SPD-Fraktion uneinheitlich war: Spielen Sie kein Spiel mit uns! Nutzen Sie die nächsten zwei Wochen nicht dazu, das Anliegen klein zu reden, das Anliegen zu zermürben! Sagen Sie nicht, dass wir überdramatisieren,

wenn wir die Bedeutung der Stellen für die Schulen hervorheben!

Und lassen Sie sich bitte nicht von der Kriterienfrage ins Bockshorn jagen! Mit der Kriterienfrage als Erklärung dafür, welche Schulen jetzt ausgekämmt werden sollen – das „Auskämmen“ ist nicht mein Begriff –, kommen Sie nicht weiter, damit gewinnen Sie die Debatte auch nicht. Die Kriterien sind in den letzten Jahren nie stringent angewendet worden, sondern man hat viel vernünftiger gehandelt, was gerade den Hauptausschussmitgliedern klar sein wird. Man hat versucht, aus verschiedenen Programmen und Finanzierungsquellen die Mittel zu finden, und hat das dann nie eins zu eins anhand von Kriterien durchgereicht, sondern gesagt, man gucke zusammen mit den Jugendämtern noch mal in den Bezirken, welche Schulen es wirklich brauchen.

Das ist sinnvoll, das ist die wichtige Ebene. Wenn wir diese Ebene benutzen, zu sagen, die Schulen, die es wirklich brauchen, die Schulen, wo es wirklich hilfreich, essenziell ist, wo es unglaublich wertvoll ist, diese Stellen zu haben – dann, das wissen wir alle –, würden wir noch viel, viel mehr Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter brauchen. Sie können damit also überhaupt nicht für Stellenkürzungen argumentieren.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

In diesem Sinne: Lassen Sie uns nicht spielen! Und wir wollen uns auch nicht mit Polemik bewerfen! Ich will Ihnen den Vertrauensvorschuss geben, dass Sie diese Gelder wirklich noch aktivieren, und Ihnen nicht vorwerfen, dass Sie unserem solide aufgestellten Haushalt nicht einfach zugestimmt haben. Ich gehe auch selbst mit auf die Reise, noch andere Finanzierungsquellen zu suchen, aber lassen Sie uns dann, Ende November, nicht ohne ein konstruktives, nämlich diese 20 Stellen sicherndes Ergebnis zurückkehren, und auch nicht am 12. Dezember. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin Remlinger! – Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort der Kollege Schlede. – Bitte schön!

[Martin Delius (PIRATEN): Berlin schaut auf diesen Mann!]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Remlinger jetzt insbesondere! Wenn diese Argumentation nicht immer die gleiche wäre – als es beispielsweise um den

(İlkin Özışık)

von Ihnen und auch von uns letztlich nicht mitgetragenen Kürzungsversuch bei der Inklusionsdebatte ging oder um die Frage der Reduzierung der IT-Ausstattung und -Mittel ging, und das gleiche Elend kam zutage und der Weltuntergang wurde prognostiziert –, dann würde ich Ihnen viel eher und herzlicher zustimmen können.

Jugendsozialarbeit ist etwas, was wir uns gemeinsam – ich denke, alle in diesem Haus – auf die Fahnen geschrieben haben. Und die Kürzung dort ist mit Sicherheit bei einem ausgeweiteten Brennpunktschulprogramm das absolut falsche Signal. Da gebe ich Ihnen recht.

[Beifall]

Insofern kann ich nur unsere Haushälter bitten, im Hauptausschuss doch noch irgendeine Finanzierungsmöglichkeit zu suchen.

Nun muss ich aber doch andererseits sagen, und da muss man der Verwaltung auch einmal Gerechtigkeit widerfahren lassen: Es ist ja nicht ein Kürzungsvorschlag bezüglich der eigenen Mittel, sondern weil fremde Gelder reduziert worden, nicht in dem Maße gekommen sind. Das sind beispielsweise 370 000 Euro ESF-Mittel. Da wurde reduziert. Die muss ich dann zusätzlich aufbringen. Und BuT-Mittel fehlen. Man kann nun nicht von der Verwaltung erwarten, dass sie alle Löcher stopfen kann. Irgendwo gibt es Grenzen bei der ganzen Angelegenheit.

[Zuruf von Regina Kittler (LINKE)]

Das hat sie jetzt dennoch versucht, auf diese Art und Weise zu lösen, ich muss Ihnen sagen, letztlich nicht sehr glücklich, denn das berührt einen außerordentlich sensiblen Punkt, und wir sind uns, glaube ich, alle in diesem Haus einig darüber, dass die Probleme in den Schulen ja eher wachsen als abnehmen und dass heute die Lehrer – in Schulen von Größenordnungen bis zu 1 000 Schülern gilt das ja, nicht nur für ISS, sondern auch andere Bereich – sehr wohl soziale Unterstützung benötigen. Sie brauchen sie. Dazu sind Jugendsozialarbeiter, überhaupt Sozialarbeiter, in den großen Schulen notwendig.

Das beginnt ja offensichtlich schon bei den Schulstationen in den Grundschulen, überwiegend in den Grundschulen. Das muss seine Fortsetzung finden, speziell in den integrierten Sekundarschulen. Aber ich weise darauf hin, manch ein Gymnasium kann auch einen Sozialarbeiter, eine Jugendsozialeinrichtung an der Schule gebrauchen. Insofern werden wir uns gemeinsam dafür einsetzen, dass wir noch eine Möglichkeit finden, diese Lücke, die jetzt hier aufgerissen worden ist, zu schließen. Wir haben derzeit 255 Jugendsozialarbeiter, wie ich höre, im Programm. Das ist ein bisschen mehr, als die genannten Brennpunktschulen brauchen, die bei etwa 205, 208 liegen, aber mit Sicherheit noch nicht das, was wir für die soziale Betreuung an den Berliner Schulen benötigen. Deshalb erhoffe ich vom Hauptausschuss positive Signale und wünsche uns allen in dieser Richtung einen gemeinsamen Erfolg. – Danke schön!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Beifall von Uwe Doering (LINKE) – Wolfgang Brauer (LINKE): Olympia-Stadion! – Torsten Schneider (SPD): Oder bei Kultur!]

Vielen Dank, Kollege Schlede! – Für die Piratenfraktion der Kollege Delius – bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ungeahnte Einigkeit und Harmonie in dieser letzten Rederunde heute. Ich war eher skeptisch, ob das einen Sinn hat, um diese Zeit noch über dieses wichtige Thema zu reden, aber es hat offensichtlich noch einen Sinn gehabt,

[Uwe Doering (LINKE): Wir hätten auch früher darüber reden können!]

weil man auf die Bekenntnisse, die wir hier von den Bildungspolitikerinnen und -politikern gehört haben, dann sicher in der Zukunft hinweisen kann.

Der Antrag ist allein schon deswegen wichtig, weil – Sie haben das alle mitbekommen – die ganze Stadt davon redet, dass diese Stellen wegfallen. Ja, Herr Schlede! Sie haben recht, das ist nicht hausgemacht, das Problem, aber genau um solche Probleme, wenn sie auch nicht aus den eigenen Reihen kommen, zu lösen, sind wir ja hier. Das ist unsere Aufgabe, genau solche Probleme zu lösen. Und das sollten wir auch gemeinsam tun.

Es ist die gestrige Hauptausschusssitzung angesprochen worden. Da wollte ich noch etwas zu den Kriterien sagen. Frau Remlinger! Sie haben völlig recht. Ich wollte es noch ein bisschen erweitern. Staatssekretär Rackles hat gestern im Hauptausschuss ausgeführt, dass man ja bislang sehr kulant gewesen sei – das ist jetzt meine Wortwahl – und die Stellen von Schulsozialarbeiterinnen und -arbeitern nicht gekürzt hat, wenn Schulen zusammengelegt wurden. Man hat darauf verzichtet, an den Stellen, wo man eigentlich das Recht gehabt hätte, weniger auszugeben. Das hat man nicht gemacht, weil man ein Füllhorn voller Geld hatte, sondern weil es notwendig war. Die Bedarfe sind also da. Es gibt also überhaupt keinen Grund, jetzt mit diesen gekürzten Stellen auskommen zu müssen, auskommen zu wollen. Es gibt einen Grund, eher das Gegenteil zu tun. Die Piratenfraktion hat für den Doppelhaushalt beantragt, für jede Schule Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter zur Verfügung zu stellen, zugegebenermaßen braucht das einen riesigen Batzen Geld, wesentlich mehr, als hier für diese 20 Stellen notwendig wäre.

Eine Sache hat mich dann auch gewundert. Ich war dann leider zu diesem Zeitpunkt nicht mehr oder zwi

(Stefan Schlede)

schendurch nicht dabei, aber als ich es gehört habe, habe ich mich sehr gewundert über Herrn Nolte im Hauptausschuss. Wenn er erst gesagt hat, es besteht noch Abstimmungsbedarf, worüber ich mich wirklich gefreut habe, auch wenn die Lesung des Einzelplans 10 noch weiter verlängert, aber das ist ja ein Problem, mit dem wir uns beschäftigen müssen, dann aber sagt, na ja, 20 Stellen, das ist jetzt auch nicht die Welt, dann ist das eine Marginalisierung eines Problems, die ich so nicht akzeptieren kann, die ich auch zurückweisen möchte. 20 Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter, Herr Nolte, mehr oder weniger machen einen Unterschied für sehr viel mehr Schülerinnen und Schüler als 20.

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Wenn die Koalition – völlig zu Recht meiner Meinung nach – sich mit dem Problem Schuldistanz, Bildungsdistanz auseinandersetzt und hier Anträge stellt, die von Restriktionspolitik, Ordnungspolitik nur so strotzen,

[Lars Oberg (SPD): Da steht „Prävention“ drüber!]

da steht „Prävention“ drüber, Herr Oberg,