Protokoll der Sitzung vom 07.11.2013

Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Behrendt! Das läuft ja so ein wenig unter dem Stichwort „freies Geleit“. Sie sind Jurist, kennen sich da aus und kennen die Grenzen und auch die Schwierigkeiten in diesem Feld. Sie haben in der Tat recht, dass ein Asylantrag begründet werden muss, und wir kennen die rechtliche Situation in den USA: Er wird dort gesucht und müsste sich stellen. Es würde einen Auslieferungsantrag und was weiß ich alles geben. – Sie haben zu Recht die Wenn und Aber schon in Ihrer Frage mit drin gehabt. Insofern braucht die Bundesregierung auch nicht vom Land Berlin Hilfestellung oder Beratung,

(Philipp Magalski)

und insofern gehen wir davon aus, dass die zuständigen Behörden auf der Bundesebene dann die Entscheidung treffen werden.

Vielen Dank!

Die nächste Spontane Frage kommt vom Kollegen Dr. Altug. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an Herrn Senator Müller: Wie will der Senat das selbsterklärte Ziel, 10 000 zusätzliche Straßenbäume zu pflanzen, noch erreichen, wenn im vergangenen Jahr nur 3 500 Bäume gepflanzt, aber gleichzeitig 4 600 Bäume gefällt wurden? – Danke!

Herr Senator Müller – bitte schön!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Sie wissen ja, dass wir auch eine Stadtbaumkampagne ins Leben gerufen haben, die schon sehr erfolgreich angelaufen ist, und dass wir das private Engagement und die Spenden, die dabei hereinkommen, noch jeweils verdoppeln. Insofern glaube ich, dass wir unser Ziel auch erreichen können. Es ist ambitioniert. Wir müssen dafür noch alle miteinander etwas tun. Wir gehen auch in die nächste Phase, machen diese Kampagne gemeinsam mit einigen Mitgliedern des Berliner Parlaments weiter öffentlich und nehmen öffentlichkeitswirksame Pflanzungen vor. Es gibt Unternehmen, die das unterstützen – auch mit einem größeren finanziellen Engagement. Insofern sage ich: Es ist noch etwas zu tun, aber wir sind zuversichtlich, unser Ziel zu erreichen, sodass wir am Ende dieser Legislaturperiode 10 000 Straßenbäume mehr haben werden.

Wünschen Sie, eine Nachfrage zu stellen?

Nein!

Die Fragestunde ist damit für heute beendet.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3:

Aktuelle Stunde

gemäß § 52 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

599 565 Berlinerinnen und Berliner ernst nehmen. Das Stadtwerk auf politisch und finanziell sicheren Boden stellen.

(auf Antrag der Piratenfraktion)

Für die Besprechung der Aktuellen Stunde steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. Es beginnt die Piratenfraktion. Herr Kollege Mayer, Sie haben das Wort! – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Werte Kollegen! Liebe Gäste! Ich komme mir mittlerweile so ein bisschen wie in dem Filmklassiker mit dem Namen „Und ewig grüßt das Stadtwerk“ vor. Wir haben jetzt sicherlich mindestens ein Dutzend Debatten zu diesem Thema geführt. Immerhin ist jetzt einiges passiert. 599 565 Berlinerinnen und Berliner waren es, die sich für ein Stadtwerk ausgesprochen haben. Nun ist die Frage, wie das zu bewerten ist. Ich habe erst mal erfreut zur Kenntnis genommen, dass sowohl Herr Wowereit als auch Frau Yzer sich doch tendenziell eher positiv zum Ausgang des Volksentscheids geäußert haben und das an der Stelle auch als Rückenwind begreifen und dass es jetzt tatsächlich vorangehen soll. Aber nach dem, was im letzten Jahr passiert ist, wird es mir sicherlich niemand verdenken, wenn ich gewisse Zweifel hege, dass das jetzt mit der notwendigen und gebotenen Energie tatsächlich vorangetrieben wird.

Frau Yzer äußerte in Bezug auf die Ausstattung des Stadtwerks, dass dies derzeit nicht zu bewerten sei. Ich finde hingegen, dass man sehr wohl einiges bewerten kann. Gegenwärtig stehen für das Stadtwerk weniger Mittel zur Verfügung, als die Verschiebung des Volksentscheids gekostet hat. Damit werden die Relationen schon ganz klar, und man kann sagen, dass das, was derzeit im Topf ist, um Größenordnungen zu wenig ist.

[Unruhe]

Herr Kollege Mayer, einen kleinen Moment! – Ich bitte insbesondere bei der CDU-Fraktion um etwas Ruhe. Wenn Gespräche oder Telefonate zu führen sind, dann bitte draußen! – Danke schön!

Wir hatten hier im Parlament schon Zahlen diskutiert, was es kosten würde, wenn man sämtliche Potenziale heben wollte. Da waren wir bei Summen, die um zwei

(Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit)

Größenordnungen höher waren – 400 bis 500 Millionen Euro. Das sind auch keine allzu großen Zahlen im Vergleich zu dem, was die Privatisierungserlöse in diesem Bereich gewesen sind. Es ist alles noch in dem Topf, in dem es gekocht wird – das ist die Situation, in der wir uns gerade befinden.

Weitere Fragen stellen sich: Wie soll es denn jetzt gehen? Ich habe auch zur Kenntnis genommen, dass sich der Vorstand der Wasserbetriebe am 27. November mit dem Thema befassen soll. Ich habe mir gleich die Frage gestellt, was sich sonst noch bei den Wasserbetrieben tun wird. Ist das Management tatsächlich – wie Frau Yzer sagt – in der Lage, das Ganze zu stemmen? Wann werden wir den Business- und Zeitplan bekommen? Diese Fragen werden hoffentlich bald auch im Ausschuss beantwortet, weil wir auf den Plan schon seit Jahren warten. Man hätte eigentlich auch denken können, dass im vergangenen Jahr genügend Zeit gewesen wäre, schon etwas mehr vorzuarbeiten, als es der Fall ist. Wir stehen scheinbar irgendwo am Anfang.

Das Thema ist ein politisch und finanziell sicherer Boden. Weder politisch noch finanziell ist im Augenblick sicherer Boden sichtbar, insbesondere finanziell nicht. Von dem vorhandenen Rückendwind war schon mehrfach die Rede. Ich hoffe, dass es jetzt nicht nur bei den Absichtserklärungen bleibt.

Man kann auch noch feststellen, dass es sich bei dem Rückenwind nicht nur um einen virtuellen Rückenwind handelt, sondern – die Vergleiche wurden auch gezogen – dass die rund 600 000 Berliner mehr Menschen sind, als irgendeine Fraktion hier im Haus an Wählerstimmen bei der letzten Wahl auf sich vereinigen konnte. Es handelt sich um eine Dimension. Die 80-prozentige Mehrheit an der Stelle ist auch bemerkenswert. Natürlich neigen Menschen und Wähler bei Volksabstimmungen dazu, eher bei Befürwortung hinzugehen, als wenn sie dagegen sind. Man kann aber dennoch festhalten, dass die Mehrheit der Berliner ein Stadtwerk und die Rekommunalisierung will.

Nach der Volksabstimmung sind dennoch mehr Fragen offen als geklärt. Eine wichtige Frage, die auch ein wenig aus dem Fokus zu geraten scheint, ist das Thema der Bewerbung um die Netzkonzession. Wir haben jetzt sehr viel über die Stadtwerke debattiert. Es wäre sicherlich das ganze Thema der Konzessionsvergabe wichtig. Nicht nur beim Strom, sondern auch beim Gas steht eine solche an. Da bahnt sich auch teilweise Unschönes an, wenn man denjenigen Glauben schenken möchte, die am Ende davon betroffen sind.

Zum Thema, wie groß kann und soll es werden: Ein solches Stadtwerk ist nur dann ein ernstzunehmendes Stadtwerk, wenn es auch einen spürbaren Teil an Energie produziert oder liefert. Hier im Haus gab es auch schon andere Größenordnungen. Berlin verbraucht im Jahr

ungefähr 7 Millionen Megawattstunden. Ziel sollte daher schon sein, den Bedarf in einer Größenordnung von zehn Prozent abzudecken. Das ist auch machbar. Das wurde uns hier auch schon mehrfach diskutiert und aufgezeigt, dass es ginge. Die Rahmenbedingungen sind im Augenblick nicht erkennbar.

Das Thema Stadtwerk wird uns, so, wie es uns in den vergangenen 24 Monaten regelmäßig beschäftigt hat, vermutlich bis zum Ende dieser Wahlperiode beschäftigen. Ich habe aber Hoffnung, dass wir in drei Jahren irgendwann tatsächlich mit irgendetwas aufwarten können, das den Namen Stadtwerk auch verdient. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN]

Danke schön! – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Kollege Buchholz. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen! Meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Politikern wird gern nachgesagt, dass sie nach den Sternen greifen.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Auch den Politikerinnen!]

den Politikerinnen auch! Das klappt nicht immer. Manchmal ist der Griff nach den Sternen vergeblich. Oftmals bleibt nur die Deutung von Sternenverläufen. Heute werden wir mit dieser Plenarsitzung auch einen Teil davon erleben, wie Zahlen – genauso, wie die Sterne am Himmel laufen – interpretiert werden. Es gibt zwei Wissenschaften,

[Heidi Kosche (GRÜNE): Und die SPD!]

die sich mit der Sternendeutung beschäftigen. Es ist zum einen die Astronomie und zum anderen die Astrologie. Jeder soll das heute für sich werten, ob er bei den Astronomen ist, die sich an Zahlen und Fakten orientieren, oder bei dem ist, was das Gewünschte und Erhoffte ist.

[Uwe Doering (LINKE): Was bist du denn?]

Da wären wir dann eher in der Astrologie. Ich bin gespannt. Sie dürfen mich nachher auch gerne einordnen. Das will ich Ihnen gern zugestehen.

Zunächst einmal komme ich zu dem objektiven Anfang nach diesem Volksentscheid. Es waren ziemlich knapp 600 000 Stimmen. Damit ist dieser Volksentscheid offiziell gescheitert. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Verloren ist verloren. Das ist das offizielle Ergebnis dieses Volksentscheids zur Energieversorgung in Berlin.

[Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN)]

(Pavel Mayer)

Genauso gelten, meine Damen, meine Herren, lieber Kollege Lauer, die Stimmen von 600 000 Berlinerinnen und Berlinern. Das ist eine Anzahl, von der jede einzelne Partei, die hier im Parlament sitzt, träumt und sich wünscht, diesen Anteil bei der nächsten Abgeordnetenhauswahl zu erhalten. Das muss man fairerweise einmal feststellen. Wir wären alle froh, diese Anzahl an Stimmen zu erreichen. Deswegen sage ich auch: Respekt und Anerkennung all denjenigen, die sich über Jahre bürgerschaftlich am Energietisch als Unterstützerinnen und Unterstützer engagiert haben. Sie haben in dieser Stadt viel erreicht. Sie haben die Diskussion über Energieversorgung, über zukunftsfähige Energieversorgung in die Stadt gebracht. Sie haben in der Stadt viel bewegt. Sie haben im Parlament viel bewegt. Dafür sage ich herzlichen Dank all denjenigen, die dort mitgemacht haben.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Beifall von Harald Wolf (LINKE)]

Nun stellt sich die Frage, wo wir nach diesem Volksentscheid stehen. Zwei große Dinge waren der inhaltliche Kern des Volksentscheids. Es ging zum einen um die Bewerbung um das Stromnetz im Land Berlin sowie zum anderen um die Gründung eines Öko-Stadtwerks.

Erster Punkt, Bewerbung um das Stromnetz: Wie ich genau an dieser Stelle vor zwei Wochen ausgeführt habe, bewirbt sich das Land Berlin seit April 2012 um das Stromnetz sowie um das Gasnetz. Weil die Konzessionen beider auslaufen, ist das möglich. Das tun wir sehr ernsthaft, weil wir glauben, dass diese Energienetze das Potenzial haben, als technischer Baustein bei der Energiewende zu helfen.

Es geht uns darum, den Betrieb des Netzes betriebswirtschaftlich und technisch vernünftig auszugestalten. Beim Gasnetz geht es um eine zehnjährige Laufzeit der Konzession, beim Stromnetz geht es um eine zwanzigjährige Laufzeit und darüber hinaus. Alle reden beim Thema Wasser viel über Wasserpreise. Eine Erwartung darf ich hier einmal aussprechen: Wenn wir darüber reden, dass eine dann landeseigene Gesellschaft die maßgebliche Verantwortung hätte, wenn sie im Vergabeverfahren beim Strom- oder Gasnetz gewönne, bedeutete dies selbstverständlich, dass man schauen müsste, welche Potenziale es zur Preissenkung insbesondere bei den Netzentgelten gäbe. Das Land Berlin ist nicht der Eigentümer, der exorbitante Renditeerwartungen hat. Wir können von einer normalen, auskömmlichen Renditeerwartung ausgehen.