Ich finde es ja erschreckend, lieber Kollege Özışık, dass sich Ihre Tochter weigert, am Essen ihrer Schule teilzunehmen.
Da sollten Sie vielleicht mal ein klärendes Gespräch führen. Mag sein, dass Sie den Eindruck haben, dass die
Jugendlichen nicht an der Schule essen wollen. Da gibt es im Prinzip zwei Gründe. Der erste Grund, den es da geben kann – rein logisch –, ist, dass das Essen schlecht ist. Das haben Sie im Nebensatz auch gerade gesagt und haben damit auch eine neue Schulessensreform angekündigt. Ich weiß nicht, was die Senatorin dazu sagen wird, ob Sie das mit ihr abgestimmt haben. Das hatten wir gerade erst.
Der zweite logische Grund, warum die Kinder und Jugendlichen nicht an der Schule essen wollen – neben dem Grund, dass es vielleicht keine attraktiven Räume gibt, aber das lassen wir einmal außen vor, das ist ein anderes Thema – ist, dass es zu teuer ist. – Sie nicken – sehr schön! – Genau das behandelt der Antrag. Deswegen möchten wir gern darüber reden, wie wir das Essen auch an der Oberstufe subventionieren können. Ich freue mich insofern auf die Diskussion, Herr Özışık, und Ihre Rede hat auch klargemacht, dass Sie da gesprächsbereit sind und dass Sie sich gern auch für die SPD für die Subventionierung von Schulessen an der Oberstufe einsetzen. – Vielen Dank!
Herr Kollege! Möchten Sie erwidern? – Nein! Dann hat jetzt Frau Kollegin Remlinger von Bündnis 90/Die Grünen das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin!
Könnten wir jetzt mal die Zwiegespräche quer durch das Plenum einstellen? Die Frau Kollegin hat jetzt das Wort. – Bitte schön!
Danke schön, Herr Präsident! – Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es amüsant, dass Diskussionen in diesem Haus immer so ein bisschen schräg zu werden drohen, wenn es um Jugendliche geht. Da ist es immer so eine Mischung aus ferner Kontinent – keiner von uns kennt Jugendliche – und: Ich habe doch meine Tochter zu Hause, deshalb weiß ich, wie die Jugendlichen sind.
Ich würde mich da in der Mitte bewegen. Ich glaube nicht, dass ich alle Jugendlichen kenne, aber als fernen Kontinent empfinde ich sie auch nicht. Ich finde, das Thema ist eine Diskussion wert, und insofern bedanke ich mich für den Antrag der Kolleginnen und Kollegen von den Piraten und den Linken. In der Tat sollten wir über die Frage sprechen, wie die Situation mit den Schulessen an den Oberschulen verbessert werden kann, und wir sollten darüber nicht nur auf der finanziellen Ebene sprechen. Denn die Diskussion wird ganz offensichtlich mehr
von diesen Klischees und Stereotypen über Jugendliche dominiert als von realen Fragen, wie es organsiert werden müsste, damit sich das alle leisten können.
Ich verfolge fest die Theorie, dass es möglich sein muss, ein ansprechendes Angebot zu einem angemessenen, fairen Preis an die Schulen zu bringen. Das ist möglich, und das ist auch der Schlüssel dazu, dass man da essen möchte. Denn, lieber Herr Özışık, wenn man das Essen, das Sie bildlich aufgerufen haben, ein stupides, altmodisches Kantinenessen auf diesen berühmten – wir kennen sie alle – Tellern, wo alles eingeteilt ist, anbietet, dann würden wir dies auch im Abgeordnetenhaus alle nicht essen wollen. Wir sind auch froh, dass wir eine Salatbar haben, dass wir eine Auswahl haben und dass wir entscheiden können, ob wir da heute essen gehen wollen oder nicht.
Also lassen Sie uns daran arbeiten, das Angebot zu verbessern. Eine Subvention gehört auf jeden Fall dazu. Wenn wir das Angebot verbessern, werden da mehr essen, und dann werden wir die in der Tat problematische Situation mit den Caterer, die wir im Moment haben, dass Oberschulen Probleme haben, überhaupt noch Caterer zu finden, lösen können. Das kann doch wirklich nicht ernsthaft Ihre Alternative sein. Es ist doch klar, dass es bei Jugendlichen in einem Alter, in dem man seinen Körper neu erfährt oder als fremd erfährt und realisieren muss, was eigentlich gerade mit einem passiert,
auch um gesunde Ernährung geht und dass da eine gesunde Ernährung vielleicht hilfreicher ist als Fastfood oder Junkfood. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte den Antrag der Piratenfraktion, der die staatliche Subventionierung von Schulmittagessen auch an den Berliner Oberschulen und perspektivisch kostenlose Mittagessen fordert, – –
Sorry! Dann sind die Linken eingeschlossen. – Den Antrag möchte ich gern einordnen und versuchen, mich von diesen persönlichen Eindrücken ein bisschen zu lösen, und zwei Prinzipien, mit denen wir das jetzt beurteilen wollen, einzuführen. Für uns ist es wichtig, Qualität vor Quantität zu stellen, und wir wollen bedarfsgerecht handeln. Wir haben im letzten Jahr in einem Kraftakt und auch mit außerplanmäßigen finanziellen Anstrengungen die Mittagessensversorgung an den Grundschulen umfassend reformiert. Ich denke, dass wir in der Verbesserung der Qualität des Essens ein großes Stück vorangekommen sind, aber gleichzeitig – so zumindest die Rückmeldung, die ich erhalte – sind wir sowohl bei der angemessenen räumlichen Gestaltung als auch bei der pädagogischen Einbindung in den Ganztags- bzw. Hortbetrieb sowie bei der Elternarbeit noch längst nicht am Ende des Prozesses, sondern mittendrin.
Mein Plädoyer lautet daher: Wir sollten erst einmal in allen Grundschulen rundum zufriedenstellende Bedingungen für eine gesunde Essensaufnahme schaffen und uns gleichzeitig die Möglichkeit erhalten, gegebenenfalls noch einmal nachzusteuern, falls das nötig sein sollte. Einen konkreten Nachsteuerungsbedarf gibt es jetzt schon, und ich wundere mich, dass es den Piraten und den Linken gar nicht auffällt: Fünft- und Sechstklässler, die in grundständigen Klassen weiterlernen, bekommen staatliche Förderung weder bei der Hortbetreuung noch beim Mittagessen
[Martin Delius (PIRATEN): Ja, warum denn nicht? so wie Ihre gleichaltrigen Kameraden, die in den Grund- schulen weiterlernen. Diese Diskriminierung müssen wir schnellstens beenden. [Vereinzelter Beifall bei der CDU]
Zweitens – bedarfsgerechtes Handeln: Alle integrierten Sekundarschulen und Gemeinschaftsschulen sind Ganztagsschulen und bieten Mittagessen an. Bei den Gymnasien sind es erst rund 20 Prozent. Mir liegt kein einziger Brief eines Schulleiters, Eltern- oder Schülervertreters von Oberschulen vor, in dem über die Essensversorgung oder eine zu hohe Kostenbelastung geklagt wird.
Jede Schule entscheidet selbst, wie sie den Ganztagsbetrieb pädagogisch und organisatorisch regelt. Ich sehe bisher und auch in diesem Antrag keinen Grund, in diese Autonomie einzugreifen. Eltern, die die staatliche Unterstützung zum Lebensunterhalt erhalten, zahlen für ihre Kinder im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets auch an den Oberschulen nur 1 Euro, sodass die schlimmsten sozialen Härten abgefedert werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist folgender: Uns liegen keine Zahlen vor, wie viele Schüler an den weiterführenden Schulen derzeit überhaupt an Schulmittagessen teilnehmen. Wir können also weder den Bedarf noch die
potenziellen Kosten abschätzen. Deshalb: Es ist richtig, dass wir uns derzeit mit den Subventionen auf die Grundschulen konzentrieren.
Ich bin gleich am Ende. – Aber wie dargelegt gibt es selbst bei den Fünft- und Sechstklässlern noch Handlungsbedarf, und dieser Aufgabe sollten wir uns zunächst zuwenden.
Frau Kollegin Bentele! Sie haben zu Recht die 5. und 6. Klassen angesprochen. Jetzt war aber eigentlich meine Frage, die ich zwischenzeitlich gestellt habe: Ist Ihnen denn bewusst, dass – und das sprechen wir auch im Antrag und in der Begründung an – das Problem nicht bei denen liegt, die BuT-berechtigt sind, sondern bei denen, die knapp darüber sind, sich das Essen aber trotzdem nicht leisten können, weil es einfach zu teuer ist – auch durch die Reform, die die Koalition gemacht hat? Und weiter: Ist Ihnen bewusst, wenn Sie schon die Grundschulen ansprechen, dass es dort einen signifikanten Teil Kinder gibt, die, weil sie keine Hortverträge haben, auch nicht in den Genuss dieser Subvention kommen? Sind Sie bereit, sich darum zu kümmern?
Da würde ich gern mit einer Gegenfrage antworten. Welche Zahlen liegen Ihnen vor, wie viele Kinder sich nach der Preiserhöhung abgemeldet haben? Ich habe dazu keine Zahlen, also dazu, dass es den Eltern zu teuer geworden ist und sie sich deshalb vom Mittagessen abgemeldet haben. Es würde mich interessieren, wenn Ihnen dazu Zahlen vorliegen.
Zweitens ist es so, dass es eine bewusste Entscheidung ist, ob man am Hortbetrieb teilnimmt oder nicht. Das müssen wir den Eltern doch überlassen.
Es ist doch klar, dass das Mittagessen zum Hortbetrieb gehört. Wenn ich mich nicht für eine Hortbetreuung entscheide, entscheide ich mich auch nicht für ein Mittagessen. Dann müssen wir etwas an der Hortregelung ändern,
aber das ist wirklich ein anderes Thema. Mich interessiert aber wirklich: Welche Zahlen liegen Ihnen vor, dass sich nach der Reform, nach der Preisreform die wir Anfang des Jahres gemacht haben, Kinder ausdrücklich preisbegründet abgemeldet haben? Mir liegen dazu keine Zahlen vor.