Protokoll der Sitzung vom 05.06.2014

In den von mir zu bearbeitenden Sachgebieten Verkehr und Justiz erreichten uns im Berichtszeitraum gut 270 Petitionen, darunter auch viele sehr bewegende Schicksale. Besonders betroffen haben mich Petitionen gemacht, in denen Betreuungsfälle so schiefgelaufen sind, dass die Petenten um ihr Hab und Gut gebracht wurden. Sie haben sich dann an den Petitionsausschuss gewandt. Wir konnten leider ihr Eigentum nicht wiederbeschaffen, aber wir haben ihr Anliegen ernst genommen und durch Nachfragen bei Gerichten für Aufklärung und moralische Unterstützung gesorgt, was vielleicht in dieser Lage auch eine Hilfe sein kann.

Aber es gab auch ganz konkrete Fälle, wo wir über das gesetzliche Maß hinaus helfen konnten. Zwei Fälle im Bereich Justiz sind im Bericht dargestellt, einmal zur außergerichtlichen Einziehung von Beweisstücken, in einem anderen Fall konnten wir eine Haft- in eine

(Andy Jauch)

Bewährungsstrafe umwandeln – nicht wir, aber wir haben es angeregt –, um die gerade begonnene positive Entwicklung einer Familie mit drei kleinen Kindern nicht wieder zunichte zu machen.

Im Jahr 2013 waren wir auch in Einkaufscentern mit Bürgersprechstunden. Wir haben öffentliche Institutionen besucht, um uns über ihre Arbeit und Probleme informieren zu lassen, natürlich immer vor dem Hintergrund der Probleme der Petenten. Ein weiterer Vor-Ort-Termin war zum Beispiel die Ortsbegehung Biesdorf-Süd mit anschließender öffentlicher Aussprache zu den Problemen und Forderungen der Bürger und Bürgerinnen zur Planung der Tangentialverbindung-Ost. Das ist eine sehr gut besuchte Veranstaltung gewesen. Dabei hat der Ausschuss die Petenten und die Verwaltung an einen Tisch bringen können.

Im Verkehrsbereich gab es Dauerbrenner. Herr Kugler hat die Petitionen zu den Zebrastreifen im Bezirk Pankow bereits erwähnt. Da geht es eigentlich positiv aus. Leider kann man das in einem Fall zur Verbesserung der Barrierefreiheit eines Gehwegs im Lichtenrader Damm nicht sagen. Hier müssen wir noch weiter tätig bleiben.

Zum Abschluss möchte ich mich für die gute und kollegiale Zusammenarbeit im Ausschuss bedanken und hoffe, dass diese Arbeit dort so weitergeht. Es wäre sicher zum Wohle der Berlinerinnen und Berliner, wenn diese konstruktive Zusammenarbeit in den anderen Ausschüssen auch Maßstab der Arbeit werden würde. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den PIRATEN – Beifall von Monika Thamm (CDU)]

Vielen Dank, Herr Kollege Moritz für diese gute Anregung! – Für die Fraktion der CDU hat jetzt die Kollegin Thamm das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Rede halte ich auch im Namen meiner Fraktionskollegen, den Herren Krüger und Freymark, denen ich für die gute und kollegiale Zusammenarbeit danken möchte.

Der Petitionsausschuss ist ein unverzichtbarer Bestandteil der demokratischen Kultur in unserem Lande. Deutlich wird das auch an der erheblich gestiegenen Anzahl der Eingaben. Im vergangenen Jahr wurden 2 158 Eingaben bearbeitet, davon waren 1 162 Onlinepetitionen. Zwei Dinge machen diese Zahlen deutlich: Zum einen: Bürgerinnen und Bürger wollen und sollen ihre individuellen Belange im Abgeordnetenhaus vertreten wissen. Zum

anderen wird die steigende Akzeptanz der neuen Methode Onlinenutzung deutlich.

Die Themenbreite im Ausschuss ist beeindruckend. Angeführt vom Bereich Soziales, gefolgt von Ausländerrecht, Umwelt, Verkehr, Bildung, Arbeit, Justiz, Miet- und Wohnungsproblemen bis hin zu Sport, mit allen Lebensbereichen befassen sich die Mitglieder des Ausschusses. Dank der ausgezeichneten Vorarbeit des Petitionsbüros und seiner gründlichen Recherchearbeit wird uns Abgeordneten die Arbeit sehr erleichtert. Dafür ein herzlicher Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Büros!

[Allgemeiner Beifall]

Mich persönlich berührte der Fall einer Bürgerin. Wie die Petentin im Nachhinein aus der Krankenakte erfuhr, litt ihr Mann an einer schweren Infektionskrankheit, die nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wurde. Ihr Mann verstarb daran. Sie selber steckte sich an und leidet heute noch an den Spätfolgen. Das war gewiss kein alltäglicher Fall in unserer Arbeit. Diese Eingabe machte mir Folgendes deutlich: Neben der Hilfe in schwierigen Lebenslagen ist für eine Petition auch der Hinweis auf Missstände und die Forderung nach deren Abstellung ein Motiv für eine Petition. Soweit es dem Ausschuss möglich ist, tut er das auch, denn unabhängig davon, aus welchen Motiven eine Petition eingereicht wird, alle Petenten brauchen unsere Solidarität und – soweit es einem politischen Gremium wie dem Petitionsausschuss möglich ist – auch eine individuelle Hilfe. Darin sehe ich auch die vornehmste Aufgabe dieses Ausschusses. Das ist für mich – ich glaube, ich spreche im Namen aller meiner Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss – der wesentliche Antrieb für die Arbeit in diesem Ausschuss. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Heiko Herberg (PIRATEN)]

Vielen Dank, Frau Kollegin Thamm! – Für die Linksfraktion hat jetzt die Kollegin Kittler das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Petitionen sind eine Fundgrube für parlamentarische Aktivitäten, denn viele Petitionen werden nicht nur geschrieben, weil viele Menschen persönlich Hilfe brauchen, sondern auch, weil etwas faul ist im Staate Berlin, und das vielen Menschen eben nicht egal ist. Sie wollen, dass wir Abgeordnete als ihre gewählten Vertreterinnen und Vertreter daran etwas ändern. Viele Berlinerinnen und Berliner setzen sich dabei nicht nur für ihre eigenen Interessen, sondern auch für die anderer ein. Diese Art von Bürgerbeteiligung sollten wir alle wollen, und gerade wenn viele sich für die gleiche Sache engagieren, sollte

(Harald Moritz)

es uns zum Nachdenken und vor allem zum Handeln bringen.

In den von mir zu bearbeitenden Petitionen zu den Bereichen Bildung, Ausbildungsförderung, Hochschule und Wissenschaft, Kultur und Berliner Landesbetriebe konnten wir auch im vorigen Jahr sowohl Einzelnen helfen als auch Veränderungen für viele erreichen. Gerade bei der Hilfe für Einzelne ist auffällig, dass Einzelfallentscheidungen schon in der Bezirks- oder Landesverwaltung möglich gewesen wären, die wir nur mit beharrlichen und zum Teil wiederholten Nachfragen erreichen. Da fehlt es manchmal an Empathie im Amt, da wird auch deutlich, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Entscheidungen treffen, ohne genug Zeit zu haben, sich mit dem einzelnen Fall zu beschäftigen, weil sie überlastet sind. Oftmals wird deutlich, dass die Kosten- und Leistungsrechnung wichtiger als ein Mensch ist.

Bestes Beispiel ist das im Bericht erwähnte blinde Mädchen, für das wir etwa ein Dreivierteljahr kämpfen mussten, damit ein Berliner Bezirksamt endlich die Kosten für die Beförderung zu einer für sie geeigneten Schule in Königs Wusterhausen übernahm. Ich bedanke mich ausdrücklich bei den beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unseres Ausschussbüros, bei Herrn Kugler und auch Frau Thamm, ohne deren Unterstützung ich das nicht erreicht hätte.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Veränderungen für viele – viele Berliner Bürgerinnen und Bürger, die eine Petition eingereicht haben, wollen ja, dass diese Veränderungen auch für andere etwas erreichen. Und wenn es Massenpetitionen mit vielen Unterschriften waren und auch das Thema der Petition die Stadtgesellschaft erreichte und diese sich wehrte, wenn es durch die Medien begleitet wurde, und wenn wir Abgeordnete uns eben nicht mit einer Senatsstellungnahme oder der eines Landesbetriebs zufriedengaben und handelten, dann konnten wir immer auch wirklich etwas erreichen. Wenn wir Petitionen eben als das wahrnehmen, was sie sind, nämlich als Seismographen für das, was Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt bewegt, und daraus unser Handeln ableiten, dann wird auch die Anerkennung für unsere Arbeit in der Stadt wachsen. Dies ist im vergangenen Jahr bemerkenswert in drei von meinen Arbeitsgebieten gelungen, nämlich BAföG-Anträge werden in angemessener Zeit bearbeitet, die Stellen für die Schulsozialarbeit wurden zumindest für den laufenden Doppelhaushalt erhalten, und die Busse der BVG werden wieder automatisch abgesenkt. Hier wird auch der Stadtgesellschaft deutlich: Es lohnt sich, Widerstand zu leisten, wenn falsche Entscheidungen in der Stadt getroffen werden.

Ich möchte die Berlinerinnen und Berliner aufrufen: Bleiben Sie widerständig! Mischen Sie sich ein, auch mit

Petitionen! Und ich hoffe, dass wir auch für die noch in der Bearbeitung befindlichen vielen Petitionen zur Planung der TVO in Biesdorf und Marzahn beispielsweise, zur Einstellung der Buslinie 325 in Reinickendorf, zum Lehramtsstudium Musik nach dem neuen Lehrkräftebildungsgesetz an der UdK oder auch zum Erhalt der Homer-Grundschule als staatliche Europaschule in Pankow Lösungen für und mit den Bürgerinnen und Bürgern finden werden.

Zum Abschluss möchte ich wie schon im vorigen Jahr darum werben, unser Petitionsrecht zu modernisieren, damit wir die bundesdeutsche Entwicklung nicht verschlafen. Die Berlinerinnen und Berliner würden das sicher begrüßen, denn sie sind nicht nur in Berlin mit einem Spitzenwert in der deutschen Petitionslandschaft führend, sondern auch beim Deutschen Bundestag mit immerhin 459 Petitionen auf 1 Million Einwohner. – Danke schön!

[Allgemeiner Beifall]

Danke schön, Frau Kollegin Kittler! – Für die Piratenfraktion erteile ich das Wort dem Kollegen ClausBrunner.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Senatorinnen beliebigen Geschlechts! Sehr geehrte Kolleginnen beliebigen Geschlechts und allen Gästen und Zuschauern, auch den Zuschauern an den Geräten zu Hause!

[Zuruf: Ich bin nicht beliebig!]

Ich finde es traurig, dass das Plenum derzeit so mäßig gefüllt ist, obwohl der Petitionsausschuss, wie schon von meinen Vorrednern angemerkt, einer der wichtigsten Ausschüsse in diesem Hause ist.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Der Petitionsausschuss kümmert sich nämlich direkt um Anliegen und Sorgen der Bürger und hilft ihnen auch. Das erkennt man auch daran, dass nur ein Drittel der Eingaben, die an den Ausschuss gerichtet werden, in der Abschlussprotokollierung tatsächlich negativ beschieden wird.

Ich rede hier anstelle meiner Kollegin Frau Graf und möchte mich auch in ihrem Namen noch einmal ausdrücklich bei den Mitarbeitern des Ausschussbüros bedanken, die nicht nur die Vielzahl der Akten bearbeiten und vorbereiten, sondern uns auch bei den Außenterminen und Darstellungen geholfen haben. Sie haben uns da begleitet und das entsprechend vorbereitet und eingeleitet.

[Allgemeiner Beifall]

(Regina Kittler)

Ich möchte auch nicht, dass man sagt, es seien zu wenig Petitionen oder es wäre ausreichend. Ich meine, dass die Petitionen, die eingehen in diesem Haus, in vielen Bereichen nur die Spitze des Eisbergs sind, weil viele Menschen sich gar nicht trauen, eine Petition einzureichen, weil sie denken, die da oben machen ja eh, was sie wollen; ich habe darauf ja gar keinen Einfluss. – Deswegen bin ich auch der Überzeugung, dass wir darauf hinarbeiten sollten, dass man auch mehr Ausschusssitzungen hinbekäme, wo die Öffentlichkeit teilnehmen könnte. Hier ist aber das Problem der Datensicherheit, dass das gar nicht so einfach ist. Aber ich fände es schön, wenn man da irgendwann mal eine Lösung bekommen würde.

Was ich auch gut finde und was fast schon die Ausnahme darstellt, ist, dass im Petitionsausschuss die Parteipolitik und das Gegeneinander der Parteien so gut wie gar nicht stattfindet, sondern jeglicher Beschluss im Konsens und in Gemeinsamkeit beraten und beschlossen wird. Ich möchte noch einmal deutlich hervorheben, dass das tatsächlich – ich kenne viele andere Ausschüsse – wirklich die Ausnahme darstellt. Es wäre schön, wenn das in anderen Ausschüssen auch so stattfinden würde, um der Sache, die in den Ausschüssen behandelt wird, näherzukommen.

Was mich persönlich traurig stimmt, ist, dass viele Petitionen eigentlich daher rühren, dass das Land Berlin den entsprechenden Behörden und Ämtern wenig Geld zur Verfügung stellt, das Personal entsprechend nicht ausreichend da ist. Das äußert sich auch darin, dass der Krankenstand hoch ist und dass in den Petitionsbegründungen – die entsprechenden Stellen müssen ja Stellungnahmen, abgeben, warum der Sachverhalt so aufgetreten ist – häufig geschrieben wird: Wir haben zu wenig Personal, die Leute sind zu oft krank; wir haben das Geld dafür nicht. Das, finde ich, sollte man auch einmal abändern. Es kann nicht sein, dass wir für die Bürger des Landes immer wieder kein Geld haben oder uns damit herausreden, wir hätten kein Geld. Das darf so nicht sein, wenn wir an anderen Stellen – ich will das nicht alles aufzählen – das Geld sinnlos ausgeben. Hier müsste man sich wirklich mal überlegen, was man da tut. Denn es sind auch unsere Wähler. In letzter Konsequenz ist der Wähler auch unser Arbeitgeber, schlicht Chef, und der will ja wohl das haben, was er bestellt, schlicht funktionierende Ämter, wo er nicht, wie das in Charlottenburg im vorigen Jahr noch war, 24 Monate auf sein Elterngeld warten muss. Da hat die Selbstbefassung des Petitionsausschusses dazu beigetragen, dass es nach Aufrufung aller Reserven und Möglichkeiten inzwischen auf sechs bis acht Wochen reduziert wurde.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Das ist nur einer der wenigen Erfolge, die wir als Petitionsausschuss erreicht haben. Ich möchte mich bei allen bedanken, die das in die Wege geleitet und ermöglicht haben. Das ist auch nicht mehr selbstverständlich heutzu

tage. Vieles ist schon von meinen Vorrednerinnen gesagt worden, das muss ich nicht noch extra wiederholen. Deswegen komme ich zu Ende und zu meinem Ceterum Censeo: Ich bin im Übrigen der Meinung, dass die S-Bahn Berlin GmbH nicht privatisiert werden darf.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Wenn Sie das dann auch noch in Latein sagen können... Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich darf mir die Bemerkung erlauben, dass ich den Eindruck habe, dass die Kollegialität in diesem Ausschuss sehr gut ist und dass auch die Arbeit der Mitarbeiter als nicht selbstverständlich eingeschätzt wird. Das finde ich sehr beruhigend und sollte Beispiel auch für andere Ausschüsse sein. – Herzlichen Dank!

[Allgemeiner Beifall]

Ich komme zur

lfd. Nr. 4:

Prioritäten

gemäß § 59 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

lfd. Nr. 4.1: