Protokoll der Sitzung vom 18.09.2014

[Beifall bei der SPD]

Er hat sie angenommen und an das Parlament weitergeleitet. Sie sollten sich aus meiner Sicht sehr wohl inhaltlich noch einmal mit der Frage auseinandersetzen, ob das Land Gasnetze kaufen sollte. Das ist eine inhaltlich vernünftige Debatte, die man so oder so führen kann. Da sage ich als Vergabestelle nichts zu. Dieser Frage auszuweichen, indem Sie immer wieder darauf abstellen, hier wäre ein Verfahren nicht ordentlich gelaufen, dass sollten wir uns gemeinsam ersparen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Die zweite Rederunde ist eröffnet. Dann hat der Kollege Schäfer jetzt das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Senator Nußbaum, dass Sie hier in dieser schwierigen Debatte das Wort ergriffen haben. Ich finde es vorbildlich, dass sich ein Senator einer solchen Debatte stellt. Das hätte man sich von der Integrationssenatorin vorhin auch gewünscht. Frau Yzer hat auch die Möglichkeit, zu dem Thema Konzessionsvergabe noch zu sprechen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Ich möchte Ihnen, Herr Nußbaum, in einem Punkt widersprechen. Das Verfahren ist nicht transparent, wenn Sie Unterlagen in den Datenraum legen. Andere Kommunen wie Stuttgart haben die Konsortialvertragsentwürfe und die Konzessionsvertragsentwürfe öffentlich vorgelegt und haben eine öffentliche Diskussion ermöglicht.

(Harald Wolf)

In einem, Herr Nußbaum, stimme ich Ihnen zu. Ich glaube nicht, dass es die oberste Aufgabe des Parlaments ist, die Jury eines Vergabeverfahrens zu sein. Das ist nicht unser Job. Unsere Aufgabe ist die politische Entscheidung, ob wir dieses Netz in Länderhand übernehmen oder nicht.

Herr Kollege Melzer, sich mit dieser Verfahrensfrage um die politische Frage herumzudrücken, finde ich, sollte der Würde einer großen Volkspartei nicht entsprechen. Ich fordere Sie einmal auf, hier in der Sache zu reden. Wollen Sie das Gasnetz haben oder nicht haben? Dazu fehlt immer noch jede Aussage. Sie müssen doch nicht den Verfahrenshüter spielen, wenn Sie nicht politisch die Auseinandersetzung scheuen würden. Ich fordere Sie auf: Lassen Sie uns endlich die politische Frage in diesem Haus diskutieren! Brauchen wir dieses Gasnetz? Wollen wir die damit verbundenen Risiken eingehen? Als Grundlage für diese Entscheidung muss der Senat allerdings noch einige Unterlagen liefern, Risikoanalyse, wie das geht, wie es jedes vernünftiges Unternehmen für eine Unternehmensübernahme macht. Man muss sich anschauen, wie der Unternehmenswert in zehn Jahren aussieht. Wir wollen den Finanzierungsplan sehen. Es geht um eine Milliarde Euro. Es steht uns zu, ein seriöses Finanzierungskonzept von Ihnen zu bekommen. Das gilt auch für eine energiepolitische Strategie, dass Sie uns endlich auch einmal sagen, was Sie mit diesem Netz überhaupt machen wollen. Darauf sollte die CDU dringen und sich nicht aufspielen, als wäre sie die Vollzugsbehörde des Bundeskartellamts.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Ich habe jetzt weitere Wortmeldungen von dem Kollegen Stroedter, von Herrn Wolf und von Herrn Mayer vorliegen. – Bitte schön. Es ist jetzt etwas unkoordiniert. Jetzt lassen wir Herrn Stroedter reden und fahren dann in der Reihenfolge fort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich bin schon über die heute hier stattfindende Debatte überrascht, weil es eine Debatte ist, bei der man das Gefühl hat, dass wir die letzten zwei Jahre ausgeblendet haben. Wir haben einen Haushalt beschlossen, Herr Kollege Melzer. In dem Haushalt sind Mittel für Berlin-Energie festgelegt worden. Die Koalition hat diesem Haushalt zugestimmt. Wenn man Mittel festlegt und sich dann entsprechend bewirbt, kann eine Vergabeentscheidung so sein, wie sie ist. Wenn einem dann im Senat die Vergabeentscheidung vorgelegt wird, stimmt man ab. Diese Debatte darüber – Senator Nußbaum hatte es eben schon gesagt –, ob „zustimmend zur Kenntnis“ oder „zur Kenntnis genommen“ wurde, ist absurd. Jeder, der schon eine Weile im Senat gesessen hat

die CDU war auch schon im Senat –, weiß, dass wenn eine Vorlage kommt, der zugestimmt wird, dann wurde sie auch zur Kenntnis genommen. Dann haben Sie ihr zugestimmt. Dann kann ich mich nicht anschließend hinstellen und so tun, als ob es nicht so ist. Da bitte ich wirklich einmal um Verständnis.

[Beifall bei der SPD – Unruhe – Uwe Doering (LINKE): Sollen wir mal hinausgehen?]

Der zweite Punkt ist: Wir haben noch ein ganz normales Verfahren. Das Verfahren ist so, dass die Entscheidung im Senat gefallen ist. Es geht jetzt ins Parlament. Herr Wolf hat zu Recht gesagt, dass es zwei völlig unterschiedliche Debatten sind. Hier entscheidet ein Parlament und auch noch nicht das Bundeskartellamt. Das will ich auch noch einmal deutlich sagen. Wir sollen hier als Parlamentarier darüber entscheiden, ob wir etwas machen oder nicht machen wollen. Es wird sachgerecht in die Ausschüsse überwiesen, in den Wirtschaftsausschuss, in den Ausschuss für Stadtentwicklung. Deshalb können wir aus meiner Sicht auch nicht das Kartellamt in eine Anhörung einladen. Das ist faktisch nicht durchführbar. Die würden vermutlich auch gar nicht erscheinen. Damit machen wir uns als Parlament nur lächerlich. Wir werden sachgerecht darüber beraten und am Schluss eine Entscheidung fällen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schäfer?

Herr Kollege Stroedter! Mich würde interessieren, ob Sie mir zustimmen, dass die Debatte, die Sie hier auf offener Bühne und Herr Nußbaum mit dem Kollegen Melzer führen, eine wunderbare Begründung für unseren Neuwahlantrag ist.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Herr Schäfer! Ich habe sie eben so verstanden, dass Sie über die Sache reden wollen. Wenn Sie jetzt wieder nur die übliche Wahlpolemik betrieben, kann ich nur sagen, dass wir das vorhin hatten. Das braucht keiner mehr in diesem Parlament. Es gibt dafür keine Mehrheit.

Zur Sache: Wir werden in den Ausschüssen darüber beraten. Wir werden anschließend eine Entscheidung fällen. Ich möchte einmal an alle in diesem Haus appellieren, sich noch einmal anzuschauen, was beim Volksentscheid Wasser und auch bei dem knapp gescheiterten Volks

(Michael Schäfer)

entscheid Energie passiert ist. Die Berlinerinnen und Berliner haben dazu eine Position. Übrigens haben auch nach meiner Ansicht die CDU-Wählerinnen und -Wähler eine Position. Die ist, dass viele der Meinung sind – die Erfolgsgeschichte Wasser zeigt es –, dass man die Entscheidungen aus der Vergangenheit korrigieren möchte. Daran sollten wir uns abarbeiten und nicht schauen, wie wir nach Abgabe einer Bewerbung aus der Geschichte herauskommen können. Was wäre gewesen, wenn sich Berlin nicht beworben hätte? Dann hätte die GASAG die Bedingungen diktieren können. Wer ist denn die GASAG? Ich habe vorhin dazu einiges gesagt. Man tut so, als ob die GASAG das gute, brave Unternehmen ist, und jetzt kommt die feindliche Übernahme durch Berlin-Energie. Das ist doch alles absurd. Deshalb lassen Sie uns zu einer sachgerechten Debatte in den Ausschüssen zurückkommen! Ich fordere alle hier im Parlament auf – alle, wohlgemerkt –, dieses sachgerecht zu prüfen und dann zu einer Entscheidung zu kommen. Es ist im Sinne der Berlinerinnen und Berliner, dass die Vergabeentscheidung, die getroffen ist, auch tatsächlich in Rechtskraft gerät.

Danke schön! – Für die Piraten hat jetzt der Kollege Mayer das Wort. – Bitte schön!

Ich hatte das Gefühl, dass mein wesentlicher Punkt untergegangen ist, nämlich der Punkt, dass für die Vergabeentscheidung, die das Parlament zu treffen hat, einfach noch nicht genug Butter bei die Fische ist. Das ist das Ziel des Antrags, all die Dinge, die jetzt fehlen – aus welchen Gründen auch immer – jetzt noch beizubringen, sodass wir als Parlament in der Lage sind, diese wichtige Entscheidung mit möglichst großer Mehrheit zu treffen. – Das ist der eine Punkt.

Der andere Punkt: Aus meiner Sicht ist in der Debatte noch mal ganz klar zutage getreten, dass die Positionen in der SPD-CDU-Koalition meilenweit auseinanderliegen. Seit ich hier im Haus bin, habe ich selten so erzürnte Kollegen von der CDU gesehen wie in dieser Frage – oder sagen wir mal: emotional engagierte Kollegen. Ich bitte, das Ganze nicht auf die leichte Schulter zu nehmen und zu sagen: Das wird sich schon irgendwie zurechtwurschteln. – Das Ganze sehe ich nicht als formalen Prozess, sondern da muss noch ein bisschen passieren, damit wir vor einer großen Katastrophe bewahrt werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank auch! – Kollege Melzer für die CDUFraktion! – Bitte schön!

[Zurufe von den GRÜNEN]

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Sie sehen, der Kollege Stroedter und ich reden miteinander. Wir sitzen auch ganz ruhig nebeneinander. Alles gut!

[Zurufe von der LINKEN]

Dass man im Parlament auch mal diskutieren kann und dass man in den Ausschüssen debattieren kann, ist vielleicht nicht ganz verkehrt. Insofern: Sollte es bei den Grünen die Hoffnung auf einen Neuanfang geben – vertagen wir das noch mal! 2016 sind Wahlen.

[Zurufe von den GRÜNEN]

Ich will noch mal drei Punkte sehr deutlich machen. Der eine Punkt ist der Vorgang Gas. Das Ausschreibungsergebnis Gas ist jetzt im Parlament, damit werden wir als Parlament umzugehen haben.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Das stimmt doch gar nicht!]

Aber Entschuldigung! Selbstverständlich ist der Vorgang im Parlament! Frau Kosche! Wollen Sie mir wirklich erzählen, Sie haben die Roten Nummern nicht gesehen,

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Sie wissen nicht, dass ein Datenraum eingerichtet worden ist, Sie wissen nicht, dass es verschiedene Anträge gibt? Natürlich ist der Vorgang jetzt im Parlament. Und wenn Sie es noch nicht wissen – ich empfehle die Lektüre der entsprechenden Berichte. – Er ist jetzt hier im Parlament, und wir werden damit umzugehen haben.

Natürlich hat die Sache einen Vorlauf. Da will ich Ihnen gar nicht widersprechen, Herr Nußbaum! Das hat einen Vorlauf auch im Parlament, nämlich die Vergabebriefe, die wir ab 2012 – den letzten im November, Dezember 2013 – hier im Parlament hatten, den dritten Vergabebrief Gas und, ich glaube, den ersten Vergabebrief Strom.

[Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Genauso nehme ich aber auch zur Kenntnis – und das wissen wir alle –, dass es rechtliche Entscheidungen gab: vom Bundesgerichtshof nach den Vergabebriefen und Urteilsbegründung des Bundesgerichtshofs noch mal vier Monate später. Sie wissen auch, dass wir im Hauptausschuss gefragt haben: Gibt es dazu eine neue Rechtsauffassung? Gibt es durch diese veränderte Rechtslage eine neue Lage in Berlin? Ich finde, dass das eine legitime Frage ist. Und genau das habe ich vorhin gesagt: Uns ist es wichtig, deutlich zu machen: Bei einer veränderten Rechtslage nach dem Verfahren bisher im Abgeordnetenhaus stellt sich für uns die Frage: Müssen wir darauf in irgendeiner Art und Weise reagieren? Wenn ja, müssen wir es tun? Wenn nein, müssen wir es nicht tun? Das ist

(Jörg Stroedter)

genau das, was wir im Parlament zu würdigen und zu beraten haben.

Deswegen sage ich noch mal: Der Kongress, zu dem die Finanzverwaltung eingeladen hat, ist sicherlich fachlich gut und richtig, viele Kollegen sollten daran teilnehmen. Er beschäftigt sich ganz massiv mit der Frage: Was hat sich in den letzten zwölf Monaten rechtlich in der Frage der Konzessionierungsvergaben getan, und welche neuen Schlussfolgerungen müssen daraus gezogen werden? Das lohnt sich ganz sicher für alle.

Eine Sache möchte sehr deutlich zurückweisen, das ist vorhin – auch Herr Wolf hat es gesagt – völlig falsch wiedergegeben worden: Das Parlament hat beraten. Danach gab es Gerichtsurteile, danach gab es Bundesgerichtshof. Erst vier Monate später, im März dieses Jahres, gab es die schriftliche Urteilsbegründung. Dass wir das alles, was wir ein Jahr davor gemacht haben, in Kenntnis von zukünftigen Urteilen und von der vier Monate später veröffentlichten Urteilsbegründung gemacht haben, kann ich zumindest für uns nicht unterschreiben, weil wir das Urteil und die Urteilsbegründung erst gekannt haben, als sie veröffentlich worden sind. Deswegen wollen wir damit weiterhin seriös umgehen und völlig unaufgeregt und sachorientiert beide Verfahren machen, mit Anpassungen, wenn sie notwendig sind, und ohne Anpassungen, wenn sie nicht notwendig sind.

[Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

Herr Nußbaum! Da sind Sie sicherlich partnerschaftlich mit dem Parlament verbunden und an unserer Seite, dass wir beide Verfahren rechtssicher, diskriminierungsfrei, fair und transparent durchführen können! Nicht mehr und nicht weniger ist unsere Aufgabe.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Kollege Melzer! – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt noch mal der Kollege Harald Wolf das Wort. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erst mal freue ich mich über diese neue Form der Transparenz, dass jetzt Koalitionsverhandlungen öffentlich im Parlament geführt werden.