Protokoll der Sitzung vom 18.09.2014

Herr Kollege Lauer! Was ich mir wünsche oder was mir lieber ist, steht hier nicht zur Diskussion, sondern es geht um die Frage, welchen Charakter ein Warten auf ein bestimmtes Ereignis hat.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Die warten auf Asyl!]

Insofern geht es um die Frage der rechtlichen Einordnung, ob es sich um eine Versammlung nach dem Versammlungsgesetz handelt oder ob Menschen etwas kau

fen wollen oder sich zu einem sonstigen Zweck zusammenfinden. Das ist eben in der Rechtsordnung ein Unterschied. Das ist auch rechtlich normiert, und insofern geht es nicht um die Beantwortung der Frage meiner persönlichen Präferenz.

Vielen Dank! – Die zweite Nachfrage geht an Herrn Delius.

Ich versuche es noch mal anders. Sie sagen also gerade, dass das Gesetz Menschen, die, aus welchen Gründen auch immer, auf der Straße übernachten, durchaus wärmende Kleidung zugesteht, außer sie tun das mit einem politischen Motiv?

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Herr Staatssekretär!

Versuch macht „kluch“, Herr Delius, aber er ist an der Stelle untauglich, weil der Zweck einfach ein anderer ist und weil politische Versammlungen dem Versammlungsgesetz unterliegen, anders als andere Zwecke.

[Zuruf von den GRÜNEN: Die Frage wurde noch nicht beantwortet. – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Die Frage war zu schwer!]

Dann kommen wir jetzt zum Kollegen Schäfer. – Bitte schön, Herr Kollege Schäfer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat: Gestern im Hauptausschuss hat der Senat erklärt, dass die Stadtwerke Berlin innerhalb der nächsten drei Jahre im Wesentlichen aus sechs Windrädern bestehen sollen. Das entspricht etwa der Leistung der Stadtwerke Pfarrkirchen. Ich frage Sie, Herr Regierender Bürgermeister: Können Sie sich vorstellen, dass sich viele der 600 000 Berlinerinnen und Berliner, die zur Wahlurne gegangen sind, um hier ein starkes Stadtwerk zu bekommen, von Ihrer Politik verschaukelt fühlen?

[Beifall bei den GRÜNEN]

Es antwortet Frau Senatorin Yzer.

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ihre Einlassung, dass der Senat gestern erklärt habe, Stadtwerke bestehen aus sechs Windrädern – ich war nicht zugegen –, kann ich mir nicht vorstellen. Die einzige Erklärung, die ich mir vorstellen kann, ist, dass die Stadtwerke Windkraft nunmehr sukzessive aufbauen werden.

[Michael Schäfer (GRÜNE): Dann lesen Sie einmal Ihren Bericht!]

Vielen Dank! – Haben Sie eine Nachfrage? Bitte, Herr Schäfer!

Frau Senatorin Yzer! Wie erklären Sie uns dann, dass tatsächlich in einem schriftlich vorgelegten Bericht des Senats an den Hauptausschuss steht, dass in den ersten drei Jahren des Stadtwerks sechs Windräder gebaut werden sollen und vielleicht noch ein paar kleine Solaranlagen und man von einer Energieerzeugungskapazität ausgehen muss, die der von Kleinstadtwerken wie in Pfarrkirchen entspricht?

Bitte, Frau Senatorin!

Sehen Sie, Herr Abgeordneter, hiermit bestätigen Sie den sukzessiven Aufbau von Kapazitäten.

Es gibt eine weitere Nachfrage vom Abgeordneten Zillich. – Bitte!

Ja, Frau Kollegin Yzer! Welche Konsequenz ziehen Sie denn aus der ebenfalls in dem Schreiben des Senats an den Hauptausschuss geäußerten Ansicht, wonach die Begrenzung des Betriebe-Gesetzes sowohl die wirtschaftlichen als auch die klimapolitischen Perspektiven dieses Stadtwerks in nicht sinnvoller Form begrenzt? Welche politischen Konsequenzen zieht denn der Senat? Wird er eine Initiative zur Änderung des Betriebe-Gesetzes einbringen?

Frau Senatorin, bitte!

[Stefan Gelbhaar (GRÜNE): Jetzt bitte eine ordentliche Antwort!]

Herr Abgeordneter! Ich bedaure, dass ich auch hier feststellen muss, dass dieser Bericht fehlinterpretiert wird. In dem Bericht kommt noch einmal zum Ausdruck, welche Rahmenbedingungen der Gesetzgeber für das Stadtwerk gesetzt hat. Dazu gehört kein Stromhandel.

[Steffen Zillich (LINKE): Genau!]

In dem Bericht wird dies wiedergegeben.

[Steffen Zillich (LINKE): Und bewertet!]

Es wird wiedergegeben, dass der Aufsichtsrat im Rahmen dieser gesetzlichen Vorgaben die nächsten Schritte zum Aufbau des Stadtwerks unternommen hat.

[Steffen Zillich (LINKE): Zieht der Senat jetzt doch die Vorlage zurück?]

Vielen Dank, Frau Senatorin!

Die nächste Gelegenheit zu einer Frage hat der Abgeordnete Dregger. – Bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Frage an den Senat lautet: Wie entwickeln sich die Asylbewerberzahlen in Berlin, und vor welchen Herausforderungen steht der Senat bei der Unterbringung und Versorgung dieser Menschen? – Danke!

[Zuruf von Elke Breitenbach (LINKE)]

Herr Senator Czaja antwortet, höre ich. – Bitte!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Dregger! Die Zahl der Flüchtlinge wird in regelmäßigen Abständen in Deutschland vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geschätzt. Am Anfang des Jahres hatten wir eine Prognose von 140 000 Flüchtlingen, die in Deutschland erwartet wurden. Dies hätte bedeutet, dass Berlin 7 000 Flüchtlinge im Jahr oder 600 im Monat aufzunehmen hätte.

Bereits die Zahlen vom Januar bis August zeigten, dass die Entwicklung nicht ganz der Prognose entsprechen kann, denn die durchschnittliche Aufnahme von Flüchtlingen lag über den prognostizierten 600. Wir hatten in diesen Monaten im Schnitt 700 bis 800 Flüchtlinge aufzunehmen. Bereits im Juli waren es über 1 000, obwohl sich die Zahlen im Sommer normalerweise eher stabilisieren oder leicht zurückgehen.

Wir haben daraufhin, wie Sie wissen, eine zusätzliche Projektgruppe gebildet, um neben den regulär zu schaffenden Unterkünften in Berlin weitere Not- und Gemeinschaftsunterkünfte zu errichten. Diese arbeitet mit Hochdruck an der Lösung der Aufgabe und ist dabei auch schrittweise – wie Sie der Öffentlichkeit entnehmen können – erfolgreich.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat dann Anfang August seine Zahlen korrigiert und sprach von 16 000 bis 18 000 Flüchtlingen pro Monat in ganz Deutschland. Das hätte 800 bis 900 Flüchtlinge pro Monat für Berlin bedeutet. Wir wussten aber schon Anfang August, dass die Zahlen für Juli in Berlin höher waren als die Prognose, die im August veröffentlicht wurde. Auch die realen Zahlen im August waren höher, nämlich 1 150 Flüchtlinge, die wir in Berlin mit einem Erstantrag aufzunehmen hatten, obwohl die Prognose nur von 800 bis 900 ausging.

Seit heute liegt eine neue Prognose des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vor. Diese geht davon aus, dass es aufgrund des bisherigen Verfahrens zu einer Fehleinschätzung des Bundes kommen musste, weil die Eingabe in das ISI-System der Bundesländer, aufgrund des starken Zugangs von Flüchtlingen, nicht mehr in der Geschwindigkeit erfolgt, dass der Bund gleichzeitig die Zahlen und Daten aus den Ländern abrufen kann.

Der Bund erhöht jetzt seine Prognose für die Monate September, Oktober, November und Dezember – mit Wirkung von heute – auf 25 000 Flüchtlinge pro Monat in Deutschland. Dies bedeutet für Berlin 1 250 Flüchtlinge, die wir pro Monat unterzubringen haben. Dies entspricht auch ungefähr unseren aktuellen Erwartungen, denn wir haben vom 1. September bis zum 16. September ca. 800 Erstanträge in Berlin zu bearbeiten gehabt, die in Berlin auch ihr laufendes Verfahren haben. Daher sind wir auch von einer höheren Zahl als der Prognose des Bundes ausgegangen.

Diese Prognose macht deutlich, dass die Erwartungen des Bundes sich binnen weniger Monate noch einmal verdoppelt haben. Wenn man überlegt, dass wir im ganzen Jahr 2008 und im Jahr 2009 jeweils 1 000 Flüchtlinge untergebracht haben und jetzt bereits in 16 Tagen 800 Erstanträge haben – und auch in diesem Monat weit über 1 000 Flüchtlinge kommen werden –, zeigt das die Her

ausforderung, die die Länder und Kommunen zu stemmen haben.

Dieser Aufgabe haben wir uns gemeinsam im Senat angenommen. Wir arbeiten mit Hochdruck an der Lösung dieser Aufgabe, inbegriffen auch immer – das ist mir wichtig – die Frage von Wohnungslosenunterkünften und Kältehilfe. Wir wissen, dass wir bei der Nutzung von Angeboten für Asylbewerber natürlich auch jetzt schon Noteinrichtungen haben, die manchmal auch von karitativen Einrichtungen in Notsituationen für die Kältehilfe zur Verfügung standen, sodass wir diese beiden Fragen gleichzeitig zu bewältigen haben.

Die aktuelle Prognose ist heute von Nürnberg vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge versandt worden. Aktueller geht es also nicht, diese Zahl hier für Berlin kundzugeben.

Vielen Dank, Herr Senator! – Herr Abgeordneter Dregger! Haben Sie eine Nachfrage? Dann bitte!

Danke, Frau Präsidentin! – Wie hat sich die Schutzquote von Antragsstellern aus den Westbalkanstaaten Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien entwickelt, und wie beurteilen Sie die Bedeutung der beabsichtigten Ausdehnung der Regelung über die sicheren Herkunftsstaaten in § 29 Asylverfahrensgesetz auf diese Länder? Danke!

[Zuruf von Elke Breitenbach (LINKE)]

Herr Senator, bitte!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Dregger! Sie sprechen ein ausgesprochen wichtiges Thema an, das morgen im Bundesrat behandelt wird, denn die Schutzquote derjenigen, die in Deutschland Asyl beantragen, ist höchst unterschiedlich.

Die Schutzquote nach Artikel 16a des Grundgesetzes für Personen aus Bosnien, Mazedonien und Serbien liegt nahezu bei null.