Der Beirat ist in seiner beratenden und selbstgestaltenden Funktion für alle entwicklungspolitisch relevanten Themen auf Bundes- und Landesebene zuständig. Er konstituiert sich in einem Zweijahresrhythmus, derzeit von 2014 bis 2016, und seine Mitglieder kommen aus den verschiedensten Bereichen: internationale Kooperation, Wirtschaft, Hochschulen, dem kirchlichen Bereich, der Medienbranche sowie Nichtregierungsorganisationen und dem Bereich Umwelt und Entwicklung. Die aktuellen Schwerpunkte des Beirats beinhalten – neben der Organisation von Expertendiskussionen zu den entwicklungspolitischen Leitlinien unter Einbeziehung der Berliner Wirtschaft – natürlich auch ein Monitoring der entwicklungspolitischen Leitlinien.
An dieser Stelle komme ich auf Ihren Antrag zurück. Die Schwerpunktsetzung des Beirats ist gerade dieses Monitoring, das wir von der SPD-Fraktion natürlich aktiv begleiten. Sie sehen, tätiges Handeln des Senats macht Ihren – vielleicht ein bisschen mit der heißen Nadel gestrickten – Antrag überflüssig. Aus diesem Grund haben wir ihn am 13. Oktober im Wirtschaftsausschuss abgelehnt. Ich empfehle Ihnen, der ablehnenden Beschlussempfehlung auch hier zu folgen. – Danke!
Vielen Dank, Frau Kollegin Ollech! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort die Kollegin Sommer. – Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ollech! Es geht hier nicht darum, Nachhilfe zu erteilen, sondern darum, auch Sie als Koalitionspartner aufzufordern, die Leitlinien, die 2012 aktualisiert wurden, umzusetzen, denn das passiert leider nicht.
Die Entwicklungspolitik in Deutschland gewinnt immer mehr an Bedeutung. Das wurde hier schon gesagt. Sie ist schon lange kein Politikfeld der Gutmenschen und Moralisten mehr, sondern ein hartes Politikfeld. Dies gilt besonders für Berlin. Hier leben Menschen aus 190 Ländern. Berlin internationalisiert sich immer mehr. Das hat selbstverständlich auch einen großen Einfluss auf die Entwicklungspolitik.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in ihrem Antrag den Senat auf, ein umfassendes Monitoring seiner entwicklungspolitischen Wirkungen vorzulegen. Diese Forderung ist prinzipiell richtig. Unsere Position ist, dass eine stärkere Zusammenarbeit der verschiedenen Senatsressorts dringend notwendig ist. Die ressortübergreifende Zusammenarbeit muss mit einem regelmäßigen Monitoring verbunden werden. Entwicklungspolitik ist in der Tat eine Querschnittsaufgabe, denn sie umfasst nicht nur die Wirtschaftspolitik, sondern auch die Mobilität, den Klimaschutz, die Energiepolitik, Bildung, Kultur und weitere Bereiche. Alle, die sich jemals mit der Entwicklungspolitik beschäftigt haben, würden dem sofort zustimmen. – Doch da gibt es ein Problem. Wie kann man ein solches Thema Querschnittsaufgabe werden lassen, wenn der jetzige Senat sich untereinander bekämpft, nicht ressortübergreifend arbeitet und schon gar keine gemeinsame Strategie vertritt? Das zeichnet diesen Senat ja aus.
Übrigens: Berlin hat seit 2012 aktualisierte entwicklungspolitische Leitlinien, zu denen sich der Senat ausdrücklich bekannt hat. Wirtschaftssenatorin Yzer hat im August 2014 eine Reform des Vergabegesetzes angekündigt. Um die entwicklungspolitischen Leitlinien hier einfließen zu lassen, hätte es eine Rückkopplung mit den NGOs geben müssen. Aber nein! Die Senatorin hat lediglich mit den Wirtschaftsverbänden zusammengearbeitet. Darüber hinaus will sie die Novellierung über Rechtsverordnungen am Wirtschaftsausschuss und am Parlament vorbei durchsetzen. Soviel zu diesen Leitlinien.
Zunächst würde ich mir natürlich wünschen, dass die zuständige Senatorin – in diesem Fall Frau Yzer – die entwicklungspolitischen Leitlinien umsetzt, aber das tut sie nicht. Wenn zuallererst die entwicklungspolitischen Leitlinien von der zuständigen Senatorin Yzer ignoriert
werden, wie kann dann Entwicklungspolitik überhaupt zu einer Querschnittsaufgabe werden? Das frage ich mich.
Die Forderung der Grünen ist schön. Ich finde sie auch richtig. Wir haben das auch immer gefordert. Aber leider habe ich wenig Hoffnung, dass dieser Senat irgendetwas tun wird, um sie zu erfüllen. Wie soll er auch? Viel zu sehr ist er damit beschäftigt, Gutachten und Gegengutachten zu erstellen – Stichwort O-Platz. Wichtiger wäre es, dass die Wirtschaftsverwaltung selbstverständlich weiterhin als Koordinationsstelle fungiert. Wenn wir nämlich fordern, dass die Entwicklungspolitik eine Querschnittsaufgabe sein soll, fühlt sich am Ende niemand dafür zuständig. Das ist immer meine Befürchtung, wenn wir von Querschnittsaufgabe reden. Aber wer fühlt sich denn in diesem Senat überhaupt noch für irgendetwas zuständig? Das frage ich mich schon seit Anfang der Legislaturperiode. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Clara Herrmann (GRÜNE) und Benedikt Lux (GRÜNE) – Beifall von Heiko Herberg (PIRATEN)]
Vielen Dank, Frau Kollegin Sommer! – Der Kollege Schultze-Berndt hat jetzt für die CDU-Fraktion das Wort. – Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie haben eben etwas ganz Wichtiges gefragt, nämlich wer eigentlich für was zuständig ist. Ich kann Ihnen sagen, wer für was zuständig ist: Das sind nämlich die 2 000 Vergabestellen im Land Berlin, die all das zu erfüllen haben, was wir ihnen an Zuständigkeiten überhelfen. Wir helfen ihnen über die gleichwertige Beschäftigung von Frauen und die Steigerung des Anteils der Frauen in Führungspositionen. Wir wollen die Förderung der betrieblichen Ausbildung haben. Wir wollen im Rahmen der Vergabe die Inklusion, die gleichwertige Beschäftigung von Behinderten. Wir wollen die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen, die Familienfreundlichkeit und die Einhaltung sämtlicher Corporate-Social-Responsibility-Aspekte. Es soll tarifgebunden vergeben werden, weiterbildungsorientiert und preiswert sein. Es müssen alle Kriterien der International Labour Organization erfüllt sein bezüglich Sklavenarbeit, der Verhinderung von Kinderarbeit, Vereinigungsrechte, das Recht zu Kollektivverhandlungen. Wir wollen gerne innovativ und nachhaltig sein. Wir wollen Pestizide vermeiden. Wir wollen keine Überfischung und eine lange Lebensdauer.
Das alles wollen wir, und zwar über Parteigrenzen hinweg. Da gibt es keinen Dissens. Ich weiß bloß, wer es machen muss und bewegen soll. Das sind nämlich die in den für den Einkauf zuständigen Stellen der Verwaltung.
Wir können noch 50 weitere Ziele definieren und den Einkäufern sagen, was sie noch alles beachten sollen, aber sie schaffen es nicht, weil sie in dem Wust der Tätigkeiten und Ziele untergehen. Wir haben eine Verpflichtung, diejenigen, die gute Arbeit im Bereich des Einkaufs verrichten wollen, so von Papierbergen zu entlasten, dass sie sich mit dem beschäftigen können, was wir, der Steuerzahler und die Gesellschaft von ihnen verlangen.
Die Grundsätze der Berliner Entwicklungspolitik liegen vor und sind zuletzt im Rahmen der Koalitionsverhandlungen zwischen SDP und CDU konkretisiert worden. Wir brauchen keine weitere Evaluation. Wir brauchen Taten. Wir alle wollen – so formulieren Sie es ja auch in der Antragsbegründung –, dass gerade beim Thema öffentliche Vergabe das Land Berlin eine besondere Verantwortung hat und dieser nachkommt. Und das gilt gerade im Hinblick auf entwicklungspolitische Ziele wie fairer Handel, Bekämpfung von Hunger, Bekämpfung von Armut und Bekämpfung des Klimawandels.
Frau Yzer hat sich als zuständig erklärt für eine Verschlankung der Administration. Frau Yzer hat ein Konzept vorgeschlagen, um die Einkäufer von administrativen Tätigkeiten zu entlasten und denen, die die Arbeit zu verrichten haben, mehr Zeit für das intellektuelle Arbeiten zu geben. Es geht nicht darum, Papier zu bewegen, sondern dahinter steht die Vorstellung, dass man sich tatsächlich intellektuell mit dem beschäftigt, was man haben möchte. All denjenigen, die sich hier im Land Berlin mit der Beschleunigung des Wohnungsbaus, mit der Frauenförderung und mit sozialen und wirtschaftlichen Aspekten der Landespolitik befassen, und all denjenigen, denen die Verwaltungsvereinfachung und die Digitalisierung der Administration sowie der sorgsame Umgang mit Steuergeldern und mit dem Umweltschutz ein Anliegen ist, sollten die Gedanken von Frau Yzer im Rahmen ihres Konzeptes zur Reduzierung der administrativen Anforderungen am Herzen liegen.
Das Konzept von Frau Yzer besteht aus einzelnen Punkten, und glauben Sie mir, denn ich habe offensichtlich mehr Kontakt mit Einkäufern als Sie: Landauf und landab stehen die Einkäufer mit Standing Ovations am Rande der Straße und sagen: Wunderbar! Endlich mal einer, der sich kümmert, der sich zuständig fühlt!
Es geht um die Reduzierung und Vereinfachung der Formulare. Es geht um die Reduzierung der Unterschriften. Es geht um die ausschließliche Verwendung von elektronischen Vergabeverfahren. Es geht um berlinweite
Rahmenverträge, die sozusagen für Unvorhergesehenes und für Reparaturen verwendet werden können. Es geht perspektivisch um ein gemeinsames Stammdatenmanagement und um eine gemeinsame Kreditorennummer. Und es geht perspektivisch auch darum, dass wir die beschleunigenden Verfahren des Konjunkturpakets II wieder im Land Berlin integrieren. Ich glaube, das ist der richtige Weg. Das ist der Weg, den wir brauchen. Wir haben eine Fülle an umweltpolitischen, sozialen und entwicklungspolitischen Zielen. Lassen Sie uns alle, ein jeder an seiner Stelle, an den administrativen Verschlankungen arbeiten, um den Einkäufern Zeit zu geben, sich mit den eigentlichen, wertschöpfenden Tätigkeiten zu beschäftigen! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Kollege Schultze-Berndt! – Für die Piratenfraktion steht der Kollege Pavel Mayer schon parat, und ich erteile ihm das Wort. – Bitte sehr!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kollege, werte Gäste! Über Entwicklungspolitik kann man in diesem Haus sicherlich auch mehr reden. Das finde ich nicht verkehrt. Allerdings weiß ich nicht, ob dieser Antrag wirklich dazu taugt. Mein Eindruck war, dass Frau Herrmann den eher genutzt hat, um allgemein das Thema zu beleuchten. Aber dafür ist es eigentlich zu komplex. Es wurde schon gesagt: Querschnittsthema heißt auch, dass es unglaublich viele Aspekte gibt. Natürlich kann man jetzt ein paar herausziehen, wie es auch von einzelnen Vorrednern bei der Frage der Vergabepraxis getan wurde, aber letztlich ist die Frage – um auf den Antrag zu kommen –, ob da ein Monitoring hilft. Aus unserer Sicht gehört dieser Antrag doch so ein bisschen in die Abteilung Bürokratieaufbau. Das ist auch der Grund, warum wir uns bei der Abstimmung im Ausschuss enthalten haben.
Natürlich wäre es zu begrüßen, wenn mehr Klarheit darüber geschaffen würde, was denn jetzt im Rahmen der Berliner Entwicklungspolitik eigentlich passiert und wo die Mittel verwendet werden. Mein Eindruck ist, dass natürlich ein Großteil der Mittel direkt auch den Berlinern zugutekommt, insbesondere im Bereich der Bildungskooperationen. Wie es halt auch in den entwicklungspolitischen Leitlinien zu finden ist, sind die Ziele im Großen und Ganzen so, dass sie hier auch breit von allen geteilt werden. Die Frage ist deshalb, an welchen Stellen es einen Dissens gibt. Ich kann keinen wirklichen Dissens in dieser Frage erkennen. Insofern haben wir uns, was diesen konkreten Antrag angeht, enthalten.
Interessant zu erwähnen ist vielleicht noch, dass die Anhörung, die im Wirtschaftsausschuss stattgefunden hat,
nicht wirklich geholfen hat, da mehr Klarheit hineinzubringen. Natürlich ist dieser ganze Bereich auch von vielen Interessen und Zielkonflikten geprägt. Wie die Akteure im Zielkonflikt stehen, sieht man auch ganz deutlich allein bei den Akteuren hier in Berlin, aber auch zwischen den in- und ausländischen Akteuren und natürlich den Akteuren im Ausland, wo man sicherlich sagen kann, dass es bei den Themen und auch den Millenniumszielen vieles gibt, das unumstritten ist. Es gibt aber auch dort ein paar Punkte, wo sich allerdings Berlin zum Glück weitgehend heraushält, wie wir gesehen haben. Entwicklung der Demokratie und Menschenrechte und andere Dinge, Fragen wie Entschuldung! Und beim Thema Bildung ist es auch ganz gut, dass wir uns auf das konzentrieren, was hier in Berlin stattfindet, und dort nicht allzu viel in anderen Ländern für Unruhe sorgen.
Ich sehe gerade, dass meine Redezeit abgelaufen ist. Wir werden, wie gesagt, den Bürokratieaufbau nicht unterstützen. Wir widersetzen uns jetzt allerdings auch nicht der grundsätzlichen Idee, dass der Senat vielleicht ein bisschen mehr öffentlich macht, was seine Aktivitäten angeht. – Danke!
Vielen Dank, Kollege Mayer! – Zum Antrag Drucksache 17/1482 empfiehlt der Ausschuss mehrheitlich – gegen Grüne und Linke bei Enthaltung Piraten – auch mit geänderten Berichtsdaten die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind Grüne und Linke. Wer ist dagegen? – Das sind die – –
Ach, so! Herr Kollege Claus-Brunner hat auch dagegen gestimmt. Gut! Dann sind das die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich? – Das sind die Piraten – weitestgehend. Jedenfalls ist der Antrag damit abgelehnt.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien vom 26. November 2014 Drucksache 17/1998
Vielen Dank! – Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ein bisschen laut. – Also zunächst einmal möchte ich Ihnen allen frohe Weihnachten wünschen, weil das rhetorisch nicht mehr an das Ende meiner Rede passt, und dann möchte ich mit meiner Rede anfangen, wenn Ihnen das recht ist.