Protokoll der Sitzung vom 11.12.2014

[Steffen Zillich (LINKE): Gibt es nicht!]

Das kann man natürlich alles irgendwie in Zweifel ziehen und sagen, warum macht ihr das eigentlich alles. Aber Sie wissen genau, dass es dafür einen Hintergrund gibt. Wir haben das Interesse, dass wir schon in 2015 mit Überschüssen aus 2014 den Fonds bestücken können, damit die ersten Investitionen getätigt werden können. Dass das einem Haushaltsgesetzgeber, dem Parlament als Haushaltsgesetzgeber, unterjährig, wenn keine Haushaltsberatungen sind, einiges an Konstruktionstechnik abverlangt, das ist ja klar. Aber gehen Sie mal davon aus, Herr Kollege Esser, dass wir spätestens mit dem kommenden Doppelhaushalt 2016/17 die Anforderungen an Investitionen in dieser Stadt, die hier zu Recht gestellt werden, nachhaltig erfüllen werden und sich dann noch mehr von dem, was Sie heute erzählt haben, als voreilig und übertrieben darstellt und wir dann dazu kommen werden, diese Investitionen zu tätigen.

Danke schön! – Für die Fraktion Die Linke hat der Kollege Zillich das Wort. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Verfahren und die Argumentation sind schon ziemlich besonders. Aber zunächst mal das Gute: Ja, die Koalition hat erkannt, dass zusätzliche Investitionen notwendig sind. In der Tat ist es so. Man kann die Stadt nicht weiter auf Verschleiß fahren. Wir haben das in den letzten Haushaltsberatungen beantragt. Wir haben zusätzliche Mittel aus dem Überschuss beantragt, zu verwenden für Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr, in bezahlbare Wohnungen, in den Erwerb von Anteilen der Wasserbetriebe. Das haben Sie brüsk von sich gewiesen. Es ist richtig, dass Sie hier eingelenkt haben.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Und man kann sagen, besser spät als nie. Aber man muss auch sagen: Damit sind mehrere Hundert Millionen Euro für Investitionen verlorengegangen.

(Joachim Esser)

An der gefundenen Lösung gibt es eine Reihe von Kritikpunkten. Wir haben in der ersten Lesung darüber gesprochen. Sie haben seit der ersten Lesung selbst immer wieder angekündigt und erklärt: Ja, hier wird es Konkretisierungen geben, wir nehmen das auf, wir werden das ändern. – Nichts haben Sie geändert, gar nichts! Zu keiner einzigen, nicht einmal technischen Anpassung war diese Koalition in der Lage, und das ist in der Tat ein Armutszeugnis für Ihre Handlungsfähigkeit.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Und so bleiben die Kritikpunkte bestehen. Deswegen haben wir Ihnen einen Änderungsantrag vorgelegt. Ich will die wichtigsten Punkte benennen. Die Koalition möchte, dass dieses Sondervermögen abseits des Haushalts abgewickelt wird. Sie möchte, dass der Senat Vorschläge macht, sie möchte, dass dann nur der Hauptausschuss diesen Vorschlägen zustimmt. Sie möchte Abgeordnete erster und zweiter Klasse an dieser Stelle einführen. Das ist wirklich ein Bärendienst für das Budgetrecht des Parlaments.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Wir wollen, dass das Abgeordnetenhaus in Ausübung seines Budgetrechts in seiner Gänze zusammen mit den Haushaltsplanungen konkret entscheidet, wofür die Ausgaben aus diesem Sondervermögen, für welche Investitionen, verwendet werden können. Und Sie haben nicht einmal gesagt, warum Sie das nicht wollen! Sie finden unsere Kritik überzogen, aber warum wählen Sie dieses Verfahren, wenn man ein anderes wählen kann? Warum gehen Sie den Weg von Abgeordneten erster und zweiter Klasse?

Das Argument mit der Entsperrung von Mitteln ist wirklich nicht zutreffend, das ist eine völlig andere Situation. Dort gibt es eine Veranschlagung auf Grundlage eines Abgeordnetenhausbeschlusses, eines beschlossenen Haushalts in Ausübung des Budgetrechts. Und über das Verfahren mit diesen veranschlagten Mitteln kann bei der Entsperrung der Hauptausschuss entscheiden. Aber über die Veranschlagung doch nicht! Das ist eine völlig andere Situation und an dieser Stelle damit überhaupt nicht zu vergleichen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schneider?

Bitte, Herr Kollege Schneider!

Lieber Herr Kollege Zillich! Ist Ihnen denn bekannt oder ist Ihnen das in Vergessenheit geraten, dass der Hauptausschuss z. B. auch sämtliche Streitfälle entscheidet, die im Portfolio-Ausschuss möglicherweise auf Dissens gestellt sind? Und finden Sie das problematisch, oder sollten wir diese Dinge dann hier im Plenum diskutieren?

Bitte schön!

Das Verfahren in der Liegenschaftspolitik ist noch einmal eine andere Frage. Wir sind in der Tat der Auffassung, dass man auch dort zu anderen Lösungen kommen muss.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Aber das jetzt irgendwie in Anschlag zu bringen, weshalb man hier abweicht vom Budgetrecht des Parlaments, das kann ich in der Tat überhaupt nicht verstehen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Natürlich ist ein grundlegender Kritikpunkt nach wie vor auch die Reichweite dieser Geschichte. Die Koalition möchte eine Mindesttilgung vereinbaren. Wir wollen etwas anderes. Wir wollen, dass das Parlament jeweils konkret entscheidet, wie viel davon in die Tilgung und wie viel davon stattdessen in Investitionen für die Stadt fließen soll. Das ist keine Absage an Tilgung, sondern es geht hier darum, das Recht des Parlaments zu erhalten.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Gegen dieses Mindesttilgungsrecht sprechen auch zwei finanzpolitische Gründe, erstens: Eine Tilgung, wie sie in der Finanzplanung steht, von jährlich rund 100 Millionen Euro oder eine Mindesttilgung von 80 Millionen Euro ist finanzpolitisch Unsinn. Das ist ein Schuldenabbaupfad von über 500 Jahren. Eine Finanzplanung über diesen Zeitraum ist nicht seriös.

Und zum Zweiten: Jede unterlassene Erhaltungsinvestition zugunsten von Tilgung ist in Wirklichkeit eine teure Form der Neuverschuldung. Insofern ist auch dieser Punkt finanzpolitisch nicht sinnvoll.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Wir wollen, wie gesagt, keine Absage an die Tilgung, sondern das konkrete Entscheidungsrecht an dieser Stelle.

Ein weiterer Kritikpunkt, den Sie korrigieren wollten – haben Sie nicht –: Sie beschränken die Ausgaben aus dem Sondervermögen auf Erweiterungsinvestitionen, Neubau und ausschließlich auf den Zweck „Wachsende Stadt“.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Wir finden, es gibt andere Investitionen, die in dieser Stadt notwendig sind. Es gibt andere Investitionen zum Erhalt von Infrastruktur. Es gibt keinen Grund, dies so zu beschränken.

Vollkommen absurd wird es dann bei den Multifunktionsbädern. Das muss man doch wirklich mal sagen. Einen Begriff aus einem Bäderkonzept, das der Senat seit einem halben Jahr nicht vorlegt, hier als Ausgabebegrenzung vorzunehmen, ist wirklich vollkommen absurd.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition! Lassen Sie sich nicht vormachen, dass der Antrag, der hier eingebracht wird, in irgendeiner Form eines dieser Probleme löst! Nichts löst der. Er formuliert nicht viel mehr als einen Berichtsauftrag, den wir gestern schon im Hauptausschuss ausgelöst haben. Er ist nichts weiter als überflüssig. Sie hatten ja nicht mal die Kraft, den verräterischen Satz in der Begründung inzwischen zu ändern. Und deswegen zitiere ich den auch noch mal. Da steht:

Wir werden daher auch zukünftig sparsam Politik gestalten …

[Beifall und Heiterkeit bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Zurufe von der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Die Handlungsfähigkeit der Koalition in dieser Farce eines Gesetzgebungsverfahrens zeigt: Diese Koalition hat in der Tat – neuer Bürgermeister hin oder her – den Haushalt an Gemeinsamkeiten aufgebraucht. Die Stadt muss sich darauf einstellen, dass auch zukünftig nur sparsam vom Instrument der Politikgestaltung Gebrauch gemacht wird.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Danke schön! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Kollege Herberg. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Ende einer Rederunde mit so vielen Kurzinterventionen ist es relativ schwierig, noch viel Neues hineinzubringen, aber es ist jetzt meine Auf

gabe, das zusammenzufassen, damit wir danach in die Abstimmung gehen können.

[Zurufe von den GRÜNEN – Heiterkeit bei der LINKEN]

Ein neuer Punkt ist – ist ja in Ordnung – –

Herrschaften! Jetzt hat der Kollege Herberg das Wort. – Bitte!

Es ist ja nicht nur so, dass die Koalition nicht bereit war, irgendwelche Änderungen zu machen, sondern sie war ja auch noch so frech bzw. hat das Haus mit so einem unwürdigen Spiel in Verbindung gebracht, dass sie diesen Antrag, das Gesetz ja auch vor zwei Wochen dringlich eingebracht hat, das heißt, dass sie am Mittwoch eine Vorlage gemacht hat und dass sie dann, nachdem die Opposition das Gesetz gelesen hatte, in einer Nacht-undNebel-Aktion noch Sachen ändern musste, weil handwerkliche Fehler in diesem Gesetz waren. Nach diesen zwei Wochen wollten Sie eigentlich Sachen korrigieren. Sie haben es nicht geschafft.

Und da geht es nämlich weiter: Sie sind nicht mehr in der Lage gewesen, eine geringe Kompromissbereitschaft zu zeigen. Welche Aussage ist das denn auch in die Stadt hinaus, dass hier ein Sondervermögen über einen dreistelligen Millionenbetrag geschaffen werden soll, und Sie nicht in der Lage sind, darüber zu diskutieren, zueinander zu kommen, sondern komplett abgeblockt haben?

Wie Herr Esser und Herr Zillich schon vorgetragen haben, haben wir nicht mal gesagt, das ist alles kompletter Mist oder irgendwie so was, sondern das waren einzelne Punkte, wo wir gesagt haben: Lasst uns doch bitte noch mal darüber diskutieren! Das können wir vielleicht auch anders machen. Das können wir auch sinnvoller machen. – Nicht mal dazu waren Sie in der Lage, und das ist schon echt erbärmlich.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Über die möglichen Verfassungsprobleme u. Ä. ist schon genug gesagt worden. Sie sind ja auch nicht bereit gewesen, sich dort mal die juristische Komponente mit einzuholen. Ich glaube, wir haben gar keine andere Möglichkeit, als hier heute dagegen zu stimmen. Denn wenn wir nicht dagegen stimmen, haben wir rein rechtlich gar keine Möglichkeit mehr, diesen Punkt später z. B. mit einer Organklage o. Ä. anzugreifen. Wenn wir zustimmen, dann haben wir als Fraktion echte Probleme. Für einzelne Abgeordnete sieht es vielleicht noch anders aus. Durch Ihre fehlende Kompromissbereitschaft haben Sie uns dazu gezwungen, heute dagegen zu stimmen.

(Steffen Zillich)

Das grundsätzliche Problem an diesem Sondervermögen, an diesem Gesetz ist eigentlich: Wir brauchen es gar nicht. Wenn wir eine offene, ehrliche Haushaltsplanung hätten,