Protokoll der Sitzung vom 12.03.2015

Zur Erklärung: Sie sind den Grünen ein bisschen auf den Leim gegangen. Sie haben Ihre Rede nämlich aufgrund des Titels und nicht aufgrund des Inhaltes dieses Antrages gehalten. Die Hälfte der Punkte, die die Grünen aufgeschrieben haben, betrifft nicht den Themenbereich Korruption, sondern den Bereich Vergabe, Rechnungslegung und Prüfung von Nachträgen. Das ist etwas – und das wissen Sie auch –, was letztlich nicht allein der Untersuchungsausschuss leisten kann. Da ist das gesamte Haus gefragt. Kollege Esser, der jetzt gerade nicht da ist, hat das vorhin schon gesagt. Da ist auch der Hauptausschuss gefragt. Ich will das insofern mal ins rechte Verhältnis rücken. Der Untersuchungsausschuss kann nicht – und darum möchte ich Sie bitten – für alle Probleme und Lösungen dieses Hauses mit dem BER herhalten. Da muss auch der Rest des Hauses tätig werden. Die Grünen versuchen, Ihnen das anzutragen, und das kann ich unterstützen.

Eine Sache noch, die Sie auch unterschlagen haben – das steht in dem Antrag drin, und der Antrag ist das einzig richtige Mittel dazu –: nämlich den Rechnungshof aufzufordern, ihn zu bitten – das ist ja eine unverbindliche Aufforderung seitens des Abgeordnetenhauses –, etwas zu tun, wogegen er sich bisher vehement weigert, und zwar als einziger der drei Rechnungshöfe, die an dem Flughafenprojekt beteiligt sind. Auch das ist ein sinnvoller Teil des Antrages. – Das nur ganz sachlich, um es ins rechte Licht zu rücken. Ich hoffe, ich habe da geholfen. – Danke!

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielen Dank! – Kollege Zimmermann! Sie haben die Möglichkeit, hierauf zu antworten. Ich sehe, Sie nehmen sie wahr. – Bitte schön!

[Andreas Otto (GRÜNE): Ist alles ganz anders!]

Herr Kollege Delius! Sie wissen – wie ich auch –, dass der Rechnungshof nicht in operativ anhängige Fragen, in noch laufende Sachverhalte eingreifen kann. Der Rechnungshof kontrolliert die Rechnungslegung, er kontrolliert das Gebaren –

[Martin Delius (PIRATEN): Des Geschäftsjahres!]

des Geschäftsjahres, selbstverständlich. Es geht dort aber nicht darum, am Ende eines Geschäftsjahres oder danach die Rechtmäßigkeit oder Haushaltsmäßigkeit des Verfahrens zu klären, sondern es geht darum, jetzt die Verdachtsfälle aufzuklären und einer Lösung zuzuführen.

[Zuruf von Ajibola Olalowo (GRÜNE)]

Deswegen haben Sie recht: Es ist nicht allein der Untersuchungsausschuss und nicht allein das Parlament, sondern es sind die Geschäftsführer und die Flughafengesellschaft selbst, die dafür Sorge zu tragen haben, dass Strukturen vorhanden sind und dass konkreten Verdachtsfällen nachgegangen werden kann. Ich habe dazu skizziert, dass diese Strukturen vorhanden sind und nicht etwa alles im Argen liegt. Die Strukturen sind da, und auch der Geschäftsführer selbst

[Andreas Otto (GRÜNE): Wer ist das doch gleich?]

kümmert sich darum, wie das ausführliche Schreiben es darlegt. Deswegen haben wir jedenfalls ein relativ großes Zutrauen, dass diese Zusagen auch eingehalten werden.

Eins ist aber klar: Wir werden als Parlament sehr genau darauf achten, dass das geschieht. Insofern ist es nicht völlig falsch, dass Sie dieses Thema aufwerfen,

[Andreas Otto (GRÜNE): Vielen Dank!]

es ist auch nicht völlig falsch, dass wir uns verstärkt um Korruption kümmern. Es hat aber keinen Sinn, alles zu disqualifizieren, was dort passiert. Es sind Strukturen vorhanden, und wir werden darauf achten, dass sie richtig eingesetzt werden. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Kollege Zimmermann! – Nun hat Frau Matuschek die Gelegenheit, für die Linksfraktion das Wort zu ergreifen. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist sicherlich richtig, dass niemand von uns hier im Hause hinnehmen kann, hinnehmen will oder auch nur fahrlässig hinnehmen würde, dass Korruption die Tür geöffnet wird oder dass sie nicht bekämpft wird. Da sind wir uns völlig einig. Wir sind uns auch einig, dass keine Struktur zur Korruptionsbekämpfung, so gut sie auch sein mag, eine

hundertprozentige Sicherheit geben kann. Deswegen muss sie regelmäßig überprüft werden.

Wir reden hier aber über den Flughafen. In dem Zusammenhang möchte ich daran erinnern: Am Anfang, als die Welt noch fast in Ordnung war, legten wir besonderen Wert darauf, solche Strukturen zu schaffen, die dazu beitragen sollten, Korruption zu verhindern, gerade bei dem Vergabeverfahren. Man mag es – wie auch ich es tue – noch heute bestaunen, aber an den Vergabeverfahren ist dieser Flughafen nicht gescheitert. Es gab ab und zu mal eine Vergabebeschwerde, es gab wohl auch zwei Prozesse, aber die ursprünglichen Vergaben sind sauber abgelaufen. Was wir jetzt haben, ist ein anderer Fall, ein anderer Zustand. Und da wollen wir uns dem Flughafen doch tatsächlich noch einmal widmen.

[Martin Delius (PIRATEN): Ja, bitte!]

Der Zustand auf der Baustelle war 2011 und 2012 sicherlich nicht mehr als geordnet zu bezeichnen. Was dort herrschte und was die ehemalige Geschäftsführung weder erkennen wollte noch dafür – bis heute – die Verantwortung übernehmen will, war das Chaos, das schließlich zur kurzfristigen Absage der Eröffnung führte. Dieses Chaos betraf sicherlich nicht nur die Bauabläufe und die Baustelle selbst, sondern ganz massiv auch die Rechnungslegung und die Abrechnung von Leistungen.

[Beifall von Steffen Zillich (LINKE)]

Im Untersuchungsausschuss wurde berichtet, dass Aufträge mündlich erteilt worden sind, dass Leute auf die Baustelle geholt wurden, die aber nicht arbeiten konnten, da dort, wo sie etwas bauen sollten, noch andere bauten. Dafür gab es allerdings Beschleunigungsgelder. Was dann tatsächlich gebaut wurde, wurde nicht ordentlich dokumentiert. Ein Beispiel: Es wurde ein Hydrant installiert, und anschließend wurde festgestellt, dass er mitten auf der Straße stand. Also musste er wieder weggenommen werden.

Die Flughafengesellschaft bediente sich in ihrer Hilflosigkeit, den Bau zu beschleunigen, sehr gerne der sogenannten Anordnung von Leistungen. Die Firmen wurden beauftragt, etwas zu tun, und die Abrechnung wurde auf später vertagt. Ganz schlimm wurde diese Art der Auftragserteilung und Rechnungsanbahnung, so möchte ich es mal nennen, nach der Eröffnungsabsage. Da wurden die bis dahin geltenden Werkverträge, wonach Firmen verpflichtet waren, einen bestimmten Werkauftrag fertigzustellen, der dann auch konkret und korrekt abgerechnet werden konnte, in Dienstleistungsverträge umgewandelt, also in Verträge, bei denen nach Zeit bezahlt wurde und nicht nach Qualität und Umfang der Leistungen.

Die Bauüberwachung war mit der Kündigung der pg bbi teilweise weg. Aufgabe der Bauüberwachung war es jedoch auch, die Prüfung der Nachträge vorzunehmen, die von den Firmen eingereicht wurden und von der FBB bezahlt werden sollten. Die Firmen waren dabei in einer

sehr komfortablen Situation. Sie drohten: Wird nicht bezahlt, ziehen wir unsere Leute von der Baustelle ab. – Das wirkte offensichtlich ganz massiv auf die Flughafengesellschaft. Das war auch nach Aussage im Untersuchungsausschuss der Hintergrund für die Vorauszahlungen an die Firmen Imtech und ImCa, die in den letzten Tagen durch die Presse gingen.

Dass tatsächlich Leistungen bezahlt wurden, die gar nicht erbracht wurden, wurde von Herrn Amann bestritten. Nur die Höhe der abgerechneten Leistungen sei strittig gewesen und nicht geprüft. Dass da vieles nicht ausreichend geprüft wurde, ist offenbar. Dass vieles nicht einmal geprüft werden konnte und auch im Nachhinein nicht geprüft werden kann, wie Herr Amann im Untersuchungsausschuss einräumen musste, ist ein Riesenskandal.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN) – Martin Delius (PIRATEN): Ja!]

Es kann deswegen nicht geprüft werden, weil die Aufgabenbeschreibung an die Firmen zum Teil unklar war, weil schon die Auftragserteilung gar nicht dokumentiert wurde, nicht verhandelt und deshalb auch nicht im Preis festgelegt wurde. Die tatsächlichen Leistungen wurden dann auch nur mangelhaft oder gar nicht dokumentiert. Bezahlt werden sollte trotzdem. Zu Recht? – Da bleibt ein Fragezeichen.

Diese Zustände waren sicherlich auch in der Bauszene bekannt. Sie waren das weit geöffnete Scheunentor, durch das möglicherweise Glücksritter und böse Menschen in schlechter Absicht marschieren konnten. Sie waren die Grundlage für das Ausnutzen des Bauchaos wie das Rechnungschaos für andere Zwecke als die Fertigstellung des BER. Das muss überprüft werden! Dafür gibt es die Strukturen, dafür gibt es die Staatsanwaltschaft, dafür gibt es auch den Untersuchungsausschuss. Dafür gibt es möglicherweise auch die Variante, dass man Forensikteams reinschickt, und zwar in die Rechnungslegung und die Nachtragsaufbearbeitung. Das muss alles getan werden.

Einen konkret nachgewiesenen Korruptionsfall haben wir im Moment noch nicht, wenn wir bei dem Beispiel Imtech bleiben. Da sind andere Leute auch dabei. Das muss aufgearbeitet werden, das ist völlig unstrittig. Deswegen werden wir uns dem Ansinnen des Antrages durchaus wohlwollend widmen. Wir werden aber auch daran mitarbeiten, weiterhin solche Fälle im Untersuchungsausschuss aufzudecken, die entsprechenden Verantwortlichen zu benennen und die Strukturen anzumahnen, die so etwas zuließen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Andreas Otto (GRÜNE) und Martin Delius (PIRATEN)]

Danke, Kollegin Matuschek! – Für die CDU-Fraktion erteile ich jetzt das Wort dem Kollegen Evers. – Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Korruption am BER wirkungsvoll bekämpfen – wer soll dagegen etwas haben? Bestechung und Bestechlichkeit sind nicht nur ernst zu nehmen, sie sind eine Straftat. Sie sind umso verwerflicher, wenn ein Vorhaben so unbedingt auf Vertrauen angewiesen ist, wie es der BER nach der geplatzten Eröffnung war. Dieser Flughafen hängt wie ein Mühlstein um den Hals des Steuerzahlers. Eins muss jedem klar sein – auch in diesem Haus –: Nur in gemeinsamer Kraftanstrengung wird es gelingen, dieses für die Region so unendlich wichtige Infrastrukturvorhaben zum erfolgreichen Abschluss zu bringen.

Wenn wir den Presseberichten glauben dürfen, auf die sich der Antrag der Grünen bezieht, dann ging es einigen ganz wesentlich Beteiligten an diesem Projekt nicht um den gemeinsamen Erfolg, sondern vor allem um den eigenen Vorteil. Frau Matuschek hat nicht ganz unzutreffend von Glücksrittern gesprochen, die möglicherweise das Chaos in diesem Projekt ausgenutzt haben. Wenn wir den Berichten glauben dürfen – und es deutet auch nach den Erkenntnissen im Untersuchungsausschuss viel darauf hin, dass wir das müssen –, dann haben sich ausgerechnet diejenigen als korruptionsanfällig erwiesen, auf die es in dieser kritischen Phase am BER am meisten ankam, ein Bereichsleiter des BER und die Firma, die ausgerechnet für den Brandschutz zuständig war. Beide arbeiteten Hand in Hand, um der Firma eine Zahlung in Millionenhöhe ungeprüft zu bescheren. Dafür soll ein hoher Geldbetrag geflossen sein. Ich glaube, niemand würden den Versuch unternehmen, das schönzureden. Das ist eine Ungeheuerlichkeit, wenn es sich so bestätigt.

Gelegenheit macht Diebe. Das trifft offenbar auch auf Korruption zu, insbesondere dann, wenn sich ein Unternehmen – wie bei der Flughafengesellschaft der Fall – in einer Zwangslage befindet. Und die Voraussetzungen waren nicht die schlechtesten. Auch das hat die Befragung von Herrn Amann im Untersuchungsausschuss ergeben. Korruption gedeiht vor allem in undurchsichtigen Strukturen. Das war zum einen das Chaos im Projekt, aber zum anderen auch das Umfeld dieses diffusen Frankfurter Netzwerks, nach dem wir uns ja auch im Untersuchungsausschuss erkundigt haben. Es handelt sich um ein Netzwerk von persönlichen Freunden und Rettern, die an den Flughafen geholt wurden, und von denen sich einer als Glücksritter – ich wiederhole es, weil ich es in der Tat passen finde – erwiesen haben könnte. Er ist Gott sei Dank längst und völlig zu Recht freigestellt und aus dem Projekt herausgenommen worden. Er wurde entlas

sen, weil er sich auch in anderen Bereichen als nicht zuverlässig erwiesen hat.

Der Flughafengesellschaft ist dabei nach allem, was wir wissen, kein wirtschaftlicher Schaden entstanden, denn die handelnden Personen – das schließt die Geschäftsführung und den Aufsichtsrat ein – haben insoweit ihre Hausaufgaben gemacht. Die Zahlungen wurden gegen Auflage geleistet. Es ist klargemacht worden: Die Leistungen, die in Rechnung gestellt sind, sind nachzuweisen. Sie wurden mit Bankbürgschaften inklusive einer angemessenen Verzinsung unterlegt.

Der Verlust an Vertrauen wirkt als Schaden schwer, und er ist dauerhaft. Es ist aber vor allem Aufgabe der Flughafengesellschaft und der Ermittlungsbehörden, diesen Vorwürfen von Bestechung nachzugehen und diese vollumfänglich aufzuklären.

[Beifall von Frank Zimmermann (SPD)]

Ob sie das nach den ersten Hinweisen nicht schon viel früher hätten tun müssen, werden wir auch im Untersuchungsausschuss aufarbeiten. Da werden wir Herrn Mehdorn als Nächsten zu befragen haben. Ich bin sehr gespannt auf seine Antworten. Er ist ja unangenehme Fragen aus diesem Haus gewohnt. Dass dem Abgeordnetenhaus nach dem Ergebnis von Ermittlungen umfassend zu berichten ist, steht völlig außer Frage. Ich glaube, das wird auch im Rahmen der Berichterstattung in ständigen Ausschüssen ebenso geschehen, wie es bei uns im Untersuchungsausschuss der Fall sein wird.

Man muss aber auch einmal anmerken dürfen, dass die Strukturen in der Flughafengesellschaft nicht die schlechtesten sind – sei es die Compliancebeauftragte, die schon verschiedentlich angesprochen wurde, sei es der Umstand, dass die Flughafengesellschaft schon seit 2005 mit Transparency International im Bereich von Vergaben zusammenarbeitet. Diese Strukturen dürfen sich nicht als Papiertiger erweisen, und selbstverständlich schauen wir genau hin, wie sie funktioniert haben.

Was aber mit Sicherheit ein Papiertiger ist, ist dieser Antrag, den Sie geschrieben haben. Ich staune immer, wie dünn Ihre Vorschläge sind und wie wenig konstruktiv Sie sich eins ums andere Mal in die Problemlösung einbringen. Erstens: Der Senat von Berlin ist keine Rechnungsprüfungsgesellschaft der Flughafengesellschaft. Der Senat von Berlin kann auch nicht – wie Sie es hier wörtlich fordern –, Gelder zurückfordern. Der Senat von Berlin hat überhaupt keine gezahlt, weder an Imtech noch an sonst jemanden. Zweiten: Es ist Sache der Flughafengesellschaft, ihr gestellte Rechnungen zu prüfen und berechtigt erfolgte Zahlungen zurückzufordern, wenn es sie gegeben hat. Genau das passiert jetzt. Drittens: Der Rechnungshof hört uns hier aufmerksam zu, und Sie können das Vertrauen in diese Institution haben, dass sie selbst initiativ wird, wenn sie einen Anlass dafür sieht. Frau Claßen-Beblo hat dafür jedenfalls unser volles

Vertrauen. Viertens: Wenn Sie wirklich an Aufklärung interessiert sind, dann halten Sie sich an Ihre Mitglieder im Untersuchungsausschuss. Ich unterstelle Herrn Otto, dass er Sachverhalten von Korruptionsverdacht genauso ernsthaft nachgeht, wie es andere im Untersuchungsausschuss auch tun. Das hoffe ich jedenfalls für Sie. Bis jetzt habe ich auch keinen gegenteiligen Eindruck. Wir wollen, können und müssen – ganz in Ihren Sinn – Korruption am BER wirkungsvoll bekämpfen. Ihr Antrag taugt dazu allerdings nicht. Daran, dass er in den Ausschüssen zu retten sein wird, habe ich große Zweifel. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Kollege Evers! – Für die Piratenfraktion spricht jetzt Kollege Delius. – Bitte sehr!

[Benedikt Lux (GRÜNE): Der hat wenigstens schon mal einen Antrag geschrieben!]

Kollege Lux! Ich habe sogar schon mehrere Anträge geschrieben.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Anders als Herr Evers!]

Ich glaube, auch Herr Evers hat schon einmal einen Antrag geschrieben.