Was wir hier vorschlagen, ist keine Zauberei oder höhere Mathematik. Es geht um ein integriertes Konzept und darum, nicht eine nachgeordnete Landesbehörde, freie
Träger, überraschte Bezirksämter und Unterstützergruppen sowie letztlich die geflüchteten Menschen mit dem Problem allein zu lassen. Der Senat steht hierbei insgesamt in der Verantwortung – mit dem Regierenden Bürgermeister an der Spitze. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Frau Lompscher! Den formulierten Vorwurf, der Senat handele nicht oder habe zu lange tatenlos zugeschaut,
teile ich mit Ihnen nicht. In einem Punkt sind wir uns aber beide einig. Die Zielsetzung des Antrags deckt sich grundsätzlich mit unserer Zielsetzung, Flüchtlinge und ihre Familien, die es wollen und nicht mehr gesetzlich verpflichtet sind, in Gemeinschaftsunterkünften zu wohnen, in Wohnungen unterzubringen. Bei diesem Ziel sind sich die Koalition und die Opposition im Ausschuss für Soziales einig. Daher freue ich mich auf eine konstruktive Debatte in diesen drei Ausschüssen, in die dieser Antrag nun überwiesen wird.
Frau Lompscher! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Der Senat hat bereits Strukturen zur Wohnraumversorgung von Flüchtlingen geschaffen. Der Kooperationsvertrag mit den Wohnungsbaugesellschaften hat bereits vielen Flüchtlingen zu einer Wohnung verholfen. Aktuell leben über 9 000 Flüchtlinge in eigenen Wohnungen. Die Unterstützungsstruktur für wohnungssuchende Flüchtlinge im LAGeSo kooperiert bereits mit der zentralen Koordinierungsstelle des geschützten Marktsegments. Als zusätzliche Unterstützung gibt es seit dem letzten Jahr auch die EJF-Beratungsstelle. Das hat sich auch bewährt. Im letzten Jahr sind über 1 200 Menschen in eigene Wohnungen vermittelt worden. Im Jahr zuvor waren es 750 Menschen. Das ist eine sehr gute Entwicklung.
Wir alle wissen doch, dass aufgrund der steigenden Flüchtlingszahlen und der daraus resultierenden hohen Nachfrage die derzeitigen Unterstützungsstrukturen sehr gefragt und überlastet sind. Hinzu kommt erschwerend die grundsätzlich angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt. Viele einkommensschwächere Gruppen konkurrieren im selben Wohnungsmarktsegment.
Diese Situation erfordert, dass die zuständige Senatsverwaltung und das LAGeSo kurzfristige Lösungen finden müssen, um im wahrsten Sinne des Wortes ein Dach über dem Kopf zu bieten. Das kann nicht dauerhaft so bleiben. Wir wollen uns nicht von einer Notlösung zur nächsten Notlösung hangeln.
Das entspricht nicht unserem Anspruch einer menschenwürdigen Unterbringung von schutzsuchenden und geflüchteten Menschen.
Diese Notsituation darf aber auch nicht zu einer Verdienstquelle für private Investoren oder missbraucht werden.
Vielen Dank! Ich möchte gern fortfahren. – Daher wollen wir hier eine Veränderung. Meine Fraktion begrüßt die Eckpunkte des Senats auf seiner Klausurtagung, für ein Gesamtkonzept für die Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen im Jahr 2015 zu sorgen. Dazu gehört, zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten für mindestens 5 000 Flüchtlinge zu schaffen, eine Machbarkeitsstudie und Planungen für die Ertüchtigung landeseigener Liegenschaften, Neubauten und Schaffung von sozialen Einrichtungen auf landeseigenen Grundstücken, kurzfristige Prüfung der Möglichkeiten, die Machbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsstudien sowie Bauvorhaben durch die berlinovo durchführen zu lassen. Im Nachtragshaushalt sind dafür Mittel vorgesehen.
Auch die Schaffung preisgünstigen Wohnraums im Neubau wird dieser Zielgruppe perspektivisch helfen. Wir unterstützen Senator Czaja, den Senator für Soziales, und seine Bemühungen, im LAGeSo für ein funktionierendes Unterbringungsmanagement zu sorgen. Die Übergänge von Notunterkünften über Gemeinschaftsunterkünfte und in eigene Wohnungen müssen besser funktionieren. Auch die unkomplizierte Erteilung von WBS an diese Zielgruppe kann nur hilfreich sein. Ich setze voraus, dass sich die unter der Federführung des Staatssekretärs für Soziales eingerichtete ressortübergreifende Arbeitsgruppe zur konzeptionellen Neuausrichtung bei der Unterbringung von Asylbegehrenden und Flüchtlingen in Berlin damit
befasst, uns zügig die Ergebnisse präsentiert und im Interesse der Flüchtlinge eine schnelle Umsetzung und Verbesserung organisiert.
Frau Lompscher! Wir werden die Tauglichkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen in diesem Antrag in den Ausschüssen diskutieren. Der Antrag ist aus meiner Sicht auch von erheblicher finanzpolitischer Bedeutung. Das wird sicherlich auch in den Haushaltsberatungen eine Relevanz haben. Ich bin schon jetzt auf Ihre Vorschläge sehr neugierig. Unser Ziel ist es, Menschen, die geflüchtet sind und Schutz bei uns suchen, zu helfen, dass sie hier ankommen, dass sie hier am Gesellschaftsleben teilhaben können und dass sie auch hier bleiben können. Dafür setzen wir uns gemeinsam ein. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Danke schön, Frau Kollegin Radziwill! – Meine Damen und Herren! Bevor ich der nächsten Kollegin das Wort erteile, möchte ich noch folgendes anmerken: Es herrscht hier ein sehr hoher Geräuschpegel. Jeder spricht mit jedem. Privatgespräche mögen bitte draußen geführt werden. Das gilt übrigens auch für die Regierungsbänke. – Bitte, Frau Kollegin Bayram, Sie haben jetzt das Wort für Bündnis 90/Die Grünen.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute sprechen wir bei dem Thema Geflüchtete über die Wohnungsunterbringung. Dazu haben die Kollegen von der Linksfraktion einen Antrag eingebracht, den wir sehr gelungen finden. Das geht wohl auf ein Konzept zurück, das die Kollegen von der Linksfraktion eingebracht haben, an dem auch ein Grüner mitgearbeitet hat.
Deswegen finden wir die Vorschläge sehr interessant. Herzlichen Dank dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wie die aktuelle Situation in der Stadt ist, haben wir gerade in der Rede der Kollegin Radziwill mitbekommen. Es gibt eine Situation bei der Unterbringung von Flüchtlingen, die genau das Gegenteil von dem Antrag abbildet. Sie werden mir recht geben, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion, dass wir uns auch der Herausforderung stellen müssen, wie wir von der aktuellen Situation zu der Situation kommen, die wir uns alle wünschen, dass die Flüchtlinge vorrangig in Wohnungen untergebracht werden. Die Argumente liegen klar auf der Hand. Es ist für die Flüchtlinge besser, weil sie dort eine Privatsphäre haben. Es ist für die Nachbarn besser, weil
sie sich anders, menschlicher, kennenlernen können. Und für uns als Haushaltsgesetzgeber wäre es auch besser, weil es der beste und wirtschaftliche Weg ist. Dennoch gelingt es nicht. Genau darüber müssen wir uns miteinander unterhalten.
Im Jahr 2011 wurde diese Vereinbarung mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften getroffen. Das war noch unter Rot-Rot. Man kann das gar nicht genug loben. Da stimme ich zu. Aber seitdem ist nichts weiter passiert. Das ist die Kritik, Frau Kollegin Radziwill, die wir auch im Ausschuss Ihnen gegenüber deutlich machen werden. Wir wollen nicht nur Eckpunkte, die der Senat in seiner Klausur beschlossen hat, sondern wollen wissen, wie es konkret weitergeht.
Auch die Situation mit den Wohnberechtigungsscheinen ist nicht neu. Es ist ein Dauermissstand, den wir seit Jahren immer wieder kritisieren. Da müsste doch irgendwann einmal eine Entwicklung möglich sein.
Was mich besonders ärgert, sind die Mietgarantiescheine. Ich kann mich noch an eine Besprechung im Sozialausschuss 2011 erinnert, wo Georg Classen vom Flüchtlingsrat sogar eine Vorlage mitgebracht hat, eine Mietgarantieübernahme des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg. Er hat schon damals Herrn Allert und der damaligen Senatorin Bluhm dargestellt, dass es eine vernünftige Mietgarantieübernahme geben muss, damit Vermieter darauf vertrauen können, dass der Staat die Mietkosten übernimmt. Seitdem hat sich nichts getan. Das heißt, die Mietgarantieübernahme, wie sie derzeit vom Landesamt für Gesundheit und Soziales ausgegeben wird, ist nichts wert. Diese muss dringend überarbeitet werden. Das ist kein Akt, für den man drei Senatsklausuren und fünf Eckpunktebeschlüsse braucht. Da bedarf es nur einer ordentlich geschriebenen Seite Blatt Papier.
Ein neues Thema bei der Flüchtlingsunterbringung habe ich neulich erlebt, als ich jemanden ins Jobcenter begleitet habe: Es handelte sich um einen syrischen Flüchtling, der ein Wohnungsangebot hatte und in kürzester Zeit dem Vermieter gegenüber eine Zusage übermitteln musste. Ich war mit ihm beim Jobcenter. Dort wurde uns gesagt, wir sollten den Antrag dort lassen; es dauere fünf Tage. Ich frage Sie, welches Wohnungsangebot der Vermieter fünf Tage liegen lässt. Dieser strukturelle Nachteil, den die Geflüchteten haben, weil sie keinen gesicherten Aufenthaltsstatus haben, über kein gesichertes Einkommen verfügen, wird noch mit Behördenschikane so konterkariert, dass wir weit davon entfernt sind, dass die Flüchtlinge eine Unterstützungsstruktur bekommen.
Das Spannende daran ist auch, Frau Radziwill – weil Sie das EJF gelobt haben, tatsächlich lobe ich es auch –, dass dieser Geflüchtete auch beim EJF war. Dem wurde gesagt, dass er schon eine Drei-Jahre-Aufenthaltserlaubnis
habe und für ihn das Jobcenter zuständig sei. Eine Beratung vom EJF würde er dann nicht bekommen. Das heißt, die Strukturen sind nicht da. Die Eckwerte helfen uns nicht weiter. Wir müssen uns im Ausschuss darüber unterhalten, wie die Flüchtlinge endlich konkrete Unterstützung dabei bekommen, dass sie in Wohnungen wohnen können.
Vielen Dank, Frau Bayram! – Für die CDU-Fraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Krüger. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jedem eine angemessene, gut ausgestattete, zentral angebundene und bezahlbare Wohnung – dies ist Ihre Forderung in Ihrem Antrag. Wer sollte einer solchen Zielsetzung vom Grundsatz her widersprechen?
Sie betonen, Ihre Forderung gelte für alle Asylbewerberinnen und Asylbewerber. In der Antragsbegründung fügen Sie hinzu: auch für andere soziale Gruppen, die darauf angewiesen sind. An anderer Stelle des Antrags fügen Sie die Menschen mit besonderem Wohnbedarf hinzu, Studenten, große Familien, Menschen, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind. Der Senat hat das zu richten. Es reiche, so meinen Sie, zumindest suggeriert das der Antrag, Bedarfe zu ermitteln, einige Quoten zu erhöhen, einige Träger der Wohnungswirtschaft zusammenzubringen, Verwaltungen zu bewegen, und schon löst sich das Problem fast von allein. Nur der Senat, und das steht hinter allem, was Sie formulieren, sei unwillig und ideenlos, um allen den erstrebten Wohnraum, der doch letztendlich vorhanden sei, zu vermitteln.
Aber ich muss es leider immer wieder, es ist ja nicht das erste Mal, das wir darüber diskutieren, betonen: Um die vorhandenen, in der Verfügungsgewalt der städtischen Wohnungsbaugesellschaften stehenden Wohnungen mit sozialverträglichen Mietpreisen gibt es eine harte Konkurrenz, wenn es beim Freiwerden einer solchen Wohnung um die Neuvergabe geht. Jede Wohnung kann nur einmal vergeben werden. Im Rahmen dieser Konkurrenzsituation ist es diesem Senat in den letzten Jahren, das darf ich hier noch mal ausdrücklich feststellen, und den in der Verantwortung stehenden Verwaltungen gelungen, ein gutes Drittel, nämlich 9 000 von 27 000 Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in Wohnungen unterzubringen.
Nein! Ich möchte im Zusammenhang ausführen, bitte. – Ich will auch noch mal unterstreichen, dass es gerade im Jahr 2014 hier in der Vermittlung nach oben gegangen ist, fast 3 000 Menschen, davon 687 über die 2011 geschlossene Kooperationsvereinbarung „Wohnungen für Flüchtlinge“. Das Evangelische Jugend- und Fürsorgewerk, eben wurde es angesprochen, hat vermittelt, das LAGeSo hat es dokumentiert: Dies ist im Vergleich mit allen anderen Bundesländern ein gutes, jedoch keineswegs ein ausreichendes Ergebnis. Da sind wir uns einig.