Das Misstrauen des Senats in das eigene Handeln, das eigene Gesetz muss wirklich groß sein. Ich würde Ihnen dieses Misstrauen gerne nehmen, denn auch bei dieser Steuer handelt es sich um eine örtliche Aufwandssteuer, für die Berlin qua Grundgesetz eine eigene Gesetzgebungskompetenz hat. Nichts anderes wird das Finanzgericht Berlins meines Erachtens feststellen. Da bin ich mir nach den entsprechenden Urteilen in Hamburg und Bremen auch sicher.
Frohen Mutes bin ich auch, weil in Berlin vorausschauend ausschließlich privat veranlasste Übernachtungen veranlagt werden. Zudem hat man auch in jenen gerichtlichen Verfahren festgestellt, dass die Hotels nicht zusätzlich belastet werden, sondern die Steuer direkt an die Touristen weitergegeben werden, so wie es in vielen in Kommunen Deutschland seit Jahrzehnten gang und gäbe ist. Was mit der Kurtaxe für Baden anno 1507 begann, kann und darf sich auch Berlin endlich leisten.
Es hat auch keine negativen Effekte auf die Buchungs- und Auslastungszahlen gegeben. Im Gegenteil: Der
Tourismus in Berlin boomt weiter, und die Ansätze der Einnahmen werden, wie im Hauptausschuss dargelegt, entsprechend nach oben korrigiert.
Außerdem ist im Abgeordnetenhaus bitteschön darzulegen, nach welchem Verfahren die Mittel auf die unterschiedlichen Projekte verteilt werden sollen. Das muss nachvollziehbar sein. Dass die Mehreinnahmen nur die über die angesetzten 35 Millionen Euro liegende Summe beinhalten sollen, teile ich indes nicht. Mehreinnahmen sind hier meines Erachtens die ganze Summe. Diese Unsicherheit in der Generierung neuer Mittel für die freie Kulturszene durch die Übernachtungssteuer ist auch eine Intention des Antrags der Linken zum sogenannten freien Kulturforum. Hier heißt es, von den Mehreinnahmen sollen 10 Millionen Euro für die freie Szene veranschlagt werden. Ohne Frage hätte sie dies aufgrund ihrer Verdienste für die Attraktivität und Anziehungskraft unserer Stadt, die sie maßgeblich mitgestaltet, mehr als verdient, mehr als ein Drittel der Überschüsse aus der City-Tax und mehr auch als die ursprünglich angedachte Hälfte zu erhalten. Deshalb unterstützen wir grundsätzlich das Ansinnen dieses Antrags, hier durch eine Förderung außerhalb der festen institutionalisierten Rahmensetzung zu erreichen – und das gerade auch deshalb, weil wir zeitnah nicht die Hoffnung haben, dass sie flexibler wird.
Was mich allerdings wundert, ist, dass Sie, werter Herr Kollege Brauer, unseren Antrag zum Notfallfonds für bedrohte Kultureinrichtungen in der ersten Lesung für ordnungspolitisch nicht machbar hielten und eine neue schwarze Kasse für den Kultursenator prognostizierten, heute aber einen Antrag vorlegen, der sich strukturell kaum von unserem Vorschlag unterscheidet. Zusätzlichen Aufwand mit einer neunköpfigen Jury beinhaltet er ja auch, ein Gremium, das Sie in unserem Vorschlag unlängst als überflüssig bewerteten, da ja besser die gesamte Struktur des Kulturhaushalts reformiert werden sollte. Ja, ich gebe Ihnen recht, eine vernünftige Strukturreform wäre notwendig, da gehen wir gerne mit. Solange sich aber die Mehrheit der derzeitigen Koalitionsfraktionen weigert, bleibt uns kaum etwas anderes übrig, als neue Fördermöglichkeiten zu entwickeln, um dem Problem der prekären Kulturfinanzierung auch zeitnah etwas entgegenzusetzen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Magalski! Sie gehen ja sehr großzügig mit dem Geld um, das noch gar nicht zur Verfügung steht.
Das ist als Opposition natürlich ein bisschen einfacher, als wenn man wirklich die Verantwortung trägt.
Wir haben hier zwei Anträge vorliegen, zunächst mal den Antrag für einen Freien Kulturfonds Berlin, in dem auch schon mal 10 Millionen verteilt werden. Ich würde das abheften unter populistischer Antrag der Opposition, denn Sie wissen ganz genau und speziell, wenn ich jetzt Die Linke und Herrn Brauer, der sicher dazu sprechen wird, ansehe, dass es eine Unsitte ist – Herr Magalski, Sie haben es sogar selbst gesagt –, im Vorfeld von Haushaltsberatungen schon Festlegungen zu treffen.
Vielen Dank! – Ist Ihnen denn bekannt, dass der Jahresabschluss 2014 Einnahmen in Höhe von 29 Millionen Euro ausgewiesen hat und dass wir mittlerweile schon Ist-Zahlen für dieses Jahr haben, die ebenfalls Einnahmen sind? Das heißt, es ist ja schon Geld da. Oder ist da kein Geld da? Ist da nichts da?
Ich weiß jetzt nicht, welche 29 Millionen meinen Sie jetzt? – Auf die City-Tax komme ich gleich zu sprechen, ein bisschen Geduld! – Ich möchte vorab betonen, dass wir von der SPD und natürlich auch die Koalition selbst nach Möglichkeiten suchen, die freie Szene umfassend zu unterstützen.
Aber es geht nicht so, wie Sie hier meinen, Herr Brauer. Der Freie Kulturfonds, den Sie vorschlagen – ich zitiere aus dem Antrag – soll sich an den Bedürfnissen der freien Szene orientieren. Es ist so eine Sache mit den Bedürfnissen, Herr Brauer. Die definiert nämlich der Betroffene meistens anders als derjenige, der diese Bedürfnisse befriedigen soll. Sie tun das ja offensichtlich selbst.
Während die freie Szene 18 Millionen fordert, spendieren Sie nur 10 Millionen. Und wenn ich weiterlese in Ihrem Antrag, dann machen Sie auch einen speziellen Vorschlag für die Verteilung der Mittel, nämlich einen Fondsausschuss zu gründen. Da hat das Land Berlin vier und die freie Szene fünf Mitglieder. Das heißt, sobald man unterschiedlicher Meinung ist, ist die Mehrheit klar: Das Land unterliegt; aber es stellt ja auch nur das Geld zur Verfügung. Wollen Sie das wirklich? Ich finde das zumindest problematisch.
Frau Harant! Ich bin kein Kulturpolitiker, aber vielleicht können Sie mir eine Frage beantworten. Als wie homogen schätzen Sie denn die freie Szene, die in dem Antrag der Linken bezeichnet wird, ein? Wie wahrscheinlich ist denn, dass die sich zu fünft einig werden?
Wenn es um Geld geht, muss man immer vorsichtig sein. Natürlich ist die freie Szene breit aufgestellt, unterschiedlichste Leute, das ist ja richtig. Aber wie gesagt, ich denke, wir sind der Haushaltsgesetzgeber, das Land stellt das Geld zur Verfügung, und deswegen soll das Land auch das letzte Wort haben. Das ist meine persönliche Meinung.
Und jetzt kommen wir also zur City-Tax. Leider ist es nur gelungen, einen Teil der Einnahmen dann auch verfügbar zu machen für Kultur, Sport, Tourismus. Das sind im Jahr 2014 gerade mal 1,4 Millionen über den 25 Millionen Rest, geteilt durch drei, der für die Kultur zur Verfügung steht. Also, im nächsten Jahr wollen wir hoffen, dass es mehr wird. Aber ich sage mal, realistisch betrachtet: Mehr als 5 Millionen werden für die Kultur auch nicht zur Verfügung stehen.
Und da müssten wir schon Einnahmen von 40 Millionen haben. Und dann frage ich Herrn Brauer noch mal: Woher wollen Sie das Geld denn nehmen? Wäre es nicht seriöser, das dann im Rahmen der Haushaltsberatungen zu besprechen?
Das Geld ist vielleicht da. Da kommen wir gleich zum Gerichtsbeschluss, der übrigens noch aussteht. Ich wiederhole: Auch wir wollen das Geld für die freie Szene verwenden – bevorzugt, nicht ausschließlich. Und das muss in einem geordneten Prozess erfolgen. Das muss in Abstimmung erfolgen mit den Künstlern der freien Szene, mit dem Kultursenat, mit den Abgeordneten. Dieser Prozess läuft ja schon. Ich denke, wir sind uns durchaus einig, dass wir sagen: Wir möchten möglichst viel und dauerhaft verteilen.
Und jetzt kommen wir zu der Situation, die wir durch diese Klagen haben. Es sind 16 Klagen anhängig, und das Gericht hat noch nicht mal terminiert, wann es sich mit diesen Klagen befassen wird.
Das heißt, die Mittel aus der City-Tax sind gesperrt, weil nicht sicher ist, dass sie wirklich zur Verfügung stehen werden. Das hat übrigens der Finanzsenator mehrfach im Hauptausschuss gesagt, und interessanterweise gab es Politiker der Opposition, die sogar darauf bestanden haben, nicht nur die erste Instanz abzuwarten – wie es der Finanzsenator möchte – und dann die Mittel freizugeben, sondern das gesamte Gerichtsverfahren abzuwarten. Dann würde sich die Sache noch viel weiter verzögern. So sprechen Sie im Hauptausschuss, und dann diesen Antrag. Da muss ich sagen: Wenn ich den Linken Populismus vorwerfe, dann muss ich den Piraten und den Grünen zusätzlich Verantwortungslosigkeit vorwerfen.
Letzter Satz: Natürlich ist es schwierig, wenn die Mittel jetzt nicht zur Verfügung stehen, aber die Mittel werden in vollem Umfang aufgespart und verfallen nicht. Sie sind übertragbar, und wir werden sie dann hoffentlich bald auch für die Kultur, für Sport und Tourismus verwenden können. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Aufstockung der Förderung für die freie Szene in Berlin ist dringend erforderlich. Da habe ich jetzt auch noch keinen Widerspruch, nicht mal von der SPD, gehört. Die künstlerischen Produktionen der freien Szene haben längst höchste Professionalität erreicht. Um dieses Niveau zu halten und den hier arbeitenden Künstlerinnen eine Perspektive zu schaffen, brauchen wir aber eine Reform im
Berliner Fördersystem. Die Mittel aus allen Töpfen, egal ob Basis-, Spielstätten-, Konzept- oder Einzelprojektförderung, sind für alle künstlerischen Sparten komplett überbucht, und die institutionell geförderten Häuser haben viel zu wenig Programmmittel, um Produktionen der freien Szene adäquat zu realisieren. In einer Werkstattreihe zur Frage des Reformbedarfs im Kulturbetrieb habe ich intensive Gespräche sowohl mit den Akteuren aus der freien Szene als auch aus den institutionell geförderten Häusern geführt – über alle Sparten hinweg. Deutlich wurde, dass Berlin zwar gute Strukturen hat, aber die einzelnen Instrumente eklatant unterfinanziert sind. Eine Weiterentwicklung ist nicht möglich, es gibt keine Lösung für die langfristige Förderung bewährter Ensembles und für Neueinsteigerinnen fehlen die Mittel. Daraus folgt: Wir brauchen mehr Geld im System der öffentlichen Kulturförderung.
Eine Verbesserung der Kulturförderung insbesondere für die freie Szene haben sowohl der neue Kultursenator als auch sein Staatssekretär versprochen. Die erste Gelegenheit dazu haben Sie nicht genutzt. Trotz hoher Steuermehreinnahmen für das Land Berlin geht die Kultur im Nachtragshaushalt nahezu leer aus. Es gibt lediglich etwas zur Kofinanzierung von EU-Mitteln, und das ist auch dringend notwendig, sonst könnten die Programme gar nicht umgesetzt werden. In der Investitionsplanung kommt Kultur nicht vor. Daher stelle ich fest: An einer strukturellen Verbesserung für die Kulturszene in Berlin arbeiten weder der Senat noch die Koalition von SPD und CDU.
Wir teilen das Grundanliegen des Linken-Antrags, mehr Mittel für die freie Szene in Berlin zur Verfügung zu stellen. Ob ein neuer Fonds hier das richtige Instrument ist, darüber müssen wir uns erst austauschen. Der Vorschlag kommt aus der Koalition der freien Szene und wurde 2013 als Interimslösung entwickelt, um die Mittel aus der City-Tax in einem raschen und unbürokratischen Verfahren selbst verwalten zu können. Das war einmal, inzwischen ist das Thema City-Tax zu einem der peinlichsten Kapitel von SPD und CDU geworden. Bis zu 50 Prozent der Einnahmen sollten der Kultur zugutekommen. Letztendlich – das Ergebnis ist ernüchternd – schrumpfte der kulturelle Anteil auf ein Drittel der Einnahmen, aber erst ab 25 Millionen Euro. Aber selbst dies ist bis heute ein leeres Versprechen. Das kann die Koalition jetzt ändern. Entsperren Sie die Mittel, sodass wir überhaupt Einnahmen bei den Ressorts Kultur, Tourismus und Sport verbuchen können!
Die City-Tax ist richtig und wichtig und braucht ein schnelles, unbürokratisches und transparentes Verfahren zur Vergabe der Mittel. Hierfür aber eine Parallelstruktur neben dem Berliner Haushalt zur Förderung der freien Szene auszubauen, ob über einen Fonds, eine Stiftung oder einen Board, sehen wir sehr kritisch. Wir sollten
sehr genau überlegen, ob wir uns die parlamentarische Kontrolle über die Kulturförderung beschneiden wollen.
Wir habe gute jurierte Verfahren in Berlin, die es zu stärken gilt. Hier sollten wir im Rahmen der anstehenden Haushaltsberatungen diskutieren, wie wir Handlungsspielräume ausbauen, damit die Förderung dauerhaft und nicht in Abhängigkeit von der City-Tax Bestand hat. – Ich danke Ihnen!