Protokoll der Sitzung vom 26.03.2015

Wir habe gute jurierte Verfahren in Berlin, die es zu stärken gilt. Hier sollten wir im Rahmen der anstehenden Haushaltsberatungen diskutieren, wie wir Handlungsspielräume ausbauen, damit die Förderung dauerhaft und nicht in Abhängigkeit von der City-Tax Bestand hat. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Alexander Spies (PIRATEN)]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Für die CDU-Fraktion jetzt der Kollege Goiny!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Bangert! Das war ein schöner Redebeitrag, weil er deutlich macht, wie die Grünen die Mehreinnahmen aus Haushaltsüberschüssen verwenden wollen, nämlich konsumtiv. Das werden wir bei den Haushaltsberatungen noch weiter diskutieren.

Ich glaube, zur City-Tax müssen wir nicht in jeder Plenarsitzung neu diskutieren. Es gibt ein Haushaltsgesetz, in dem die Einnahme und die Verwendung der Mittel der City-Tax klar definiert werden. Wir haben übrigens im Haushaltsgesetz keine Haushaltssperre verabredet, es gab nur unter dem Aspekt der Rechtssicherheit die Verabredung, dass wir mal schauen, wie hier ein Gericht erstinstanzlich entscheidet. Ich sage aber auch: Wenn gar nicht absehbar ist, wann das Gericht entscheidet, werden wir uns sicherlich zumindest über die Teilverwendung von Mitteln aus der City-Tax für die im Haushaltsgesetz genannten Zwecke noch mal unterhalten müssen. Insofern gibt es hier keinen neuen Sachstand, den wir diskutieren müssen.

Interessant ist in der Tat, was die Fraktion Die Linke als Vorschlag auf den Tisch gelegt hat, weil es auch in der freien Szene – Frau Kollegin Bangert hat darauf hingewiesen – entsprechende Diskussionen gibt. Ich sage ganz deutlich, auch für die CDU-Fraktion, dass gerade das, was unter dem Begriff „freie Szene“ in der Berliner Kulturlandschaft geschaffen wird und was dort an Kreativität da ist, für uns ein hohes Gut ist. Deswegen haben wir uns auch in der Vergangenheit für eine entsprechende Förderung eingesetzt. Und die beabsichtigte Förderung der freien Szene unter anderem aus der City-Tax neben weiteren Titeln aus dem Landeshaushalt ist auch ein beredtes Zeugnis für das Engagement der Union, aber auch der Koalition insgesamt.

(Sabine Bangert)

Wir glauben allerdings, dass die Strukturen, mit denen die freie Szene sich selbst organisiert und mit denen sie selbst sprachfähig wird, noch ein sehr zartes Pflänzchen sind. Wir sind der Auffassung, dass hier die entsprechende Selbstorganisation noch deutlich weiter gehen muss. Ob und wann so ein selbst verwalteter Fonds ein geeignetes Finanzierungsmittel ist und mit wessen Trägerschaft oder welcher Rechtspersönlichkeit wir dann in der freien Szene als Ansprechpartner zu tun haben – da gibt es, glaube ich, noch eine ganze Menge Diskussionen, die wir inhaltlich führen müssen. Das ändert nichts daran, dass wir auch die entsprechende Fördernotwendigkeit sehen.

Ob der Betrag, der hier eingefordert wird, ein realistischer ist – das kann man natürlich aus Sicht der Opposition legitim so fordern, aber das ist eine gute Gelegenheit, das in den Haushaltsberatungen zu vertiefen.

Die inhaltliche Diskussion zu den Strukturen und Fördermechanismen, ob über Jurys, ob über Fonds, ob über Zuwendungen hier eine veränderte Art der Ausreichung der Mittel erfolgen soll oder ob das bestehende System eines ist, das man vielleicht schärfen und weiterentwickeln soll, das möge, bitte schön, im Kultur- und in anderen Fachausschüssen weiterentwickelt werden. Wir sehen dieser Debatte mit Interesse entgegen.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die Fraktion Die Linke jetzt der Kollege Brauer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Goiny! Ich habe eben mit Freude festgestellt, dass Sie unseren Antrag verstanden haben. Er ist genau so gemeint, wie Sie es am Ende darstellten. Er ist nicht dafür gedacht, nun ein zusätzliches Füllhorn aufzumachen und gute Taten zu tun, sondern er ist gedacht als ein zusätzliches Instrument zur Förderung aktueller Bedürfnisse, die sich in dieser – na, das junge Pflänzchen ist inzwischen einige Jahre alt – sehr lebendigen Szene alljährlich auftun und mit den tradierten Haushaltsinstrumenten nur schwer zu befriedigen sind. Wenn Sie sich – Frau Harant, Sie sollten das wirklich mal tun! Frau Lange hatte mal eine Handreichung geschrieben – das immer komplizierter werdende Fördersystem für diesen Bereich anschauen – man braucht inzwischen eine Art Kompass mit einer sehr guten Karte und am besten noch ein Navigationssystem, um da durchzusteigen. Am Ende ist dann die Frustration spartenübergreifend bei sehr vielen Künstlerinnen und Künstlern, dass man die Absicht sehr wohl sieht, aber die Masse und die Mechanismen so sind, dass inzwischen bei vielem das Gegenteil von dem erreicht wird, was eigentlich beabsichtigt ist.

Ich hatte in den letzten Tagen viele spartenübergreifende Gespräche mit Künstlerinnen und Künstlern aus diesen Bereichen der freien Szene. Alle sagten mir: Wir brauchen hier mehr Flexibilität in diesen Fördersystemen. Deswegen haben wir diesen Antrag eingereicht. Er ist kein populistisches Wischiwaschi irgendeiner durchgeknallten Oppositionsfraktion – Frau Harant, ich wundere mich, wie Sie auf diese Klassifikation kommen –, sondern es handelt sich eins zu eins um die in eine Plenarantragsform gegossene Vorschlagsliste, die aus der Koalition der Freien Szene Berlin selbst erwachsen ist. Eins zu eins! Ich gehöre – Frau Lange wird sich erinnern, sie gehörte auch dazu – zu den Politikerinnen und Politikern dieses Hauses, die die Entstehung der Koalition der Freien Szene Berlin sozusagen von der Geburtsstunde an eine Zeit lang haben begleiten dürfen. Dieser Vorschlag zum Freien Kulturfonds Berlin kam aus der freien Szene der Stadt selbst, und zwar zu dem Zeitpunkt, als klar war, dass die Idee der City-Tax-Umsetzung so nicht funktioniert, weil anderes beschlossen wurde. Da kam auch der Vorschlag über die Verwendung. Da kam der Vorschlag: Wir machen das mal gemeinsam. – Frau Harant! Ich verstehe überhaupt nicht, weshalb Sie von Misstrauen geschüttelt werden, wenn wir schreiben, Künstler sollen, bitte, über künstlerische Belange selbst mitentscheiden dürfen. Das ist doch wohl das billigste Mittel von Partizipation überhaupt, das denkbar ist, dass die Betroffenen in den Diskurs gehen über die Verwendung von Mitteln, die sie angehen. Ich weiß nicht, was daran so sträflich sein soll.

Herr Kollege Brauer! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Harant?

Bitte, gerne! Mit Vergnügen!

Bitte schön, Frau Harant!

Es ist doch nicht so, dass die Künstler nicht mitentscheiden sollen, sondern es geht darum, wer letztendlich die Entscheidung trifft. Das hat nichts mit Misstrauen zu tun, sondern damit, dass man Entscheidungen braucht, die vernünftig und parlamentarisch untersetzt sind.

Jetzt haben Sie allerdings das Fragezeichen vergessen, Frau Kollegin! – Aber Sie haben es mitbekommen, Kollege Brauer?

(Christian Goiny)

Das macht nichts, ich verstehe es. Das war eher eine Positionierung. Warum auch nicht? – Dann haben Sie das immer noch nicht verstanden, Frau Harant! Es geht hier um ein zusätzliches Instrument. Es geht nicht um eine Verlagerung der Entscheidungsfindung für die Konzeptförderung, für die Basisförderung, für Was-weiß-ichnicht-alles-für-Förderungen, sondern es geht um ein zusätzliches Instrument. Es geht um eine Summe von 10 Millionen Euro spartenübergreifend, 10 Millionen Euro, die dann vom Haushaltsgesetzgeber gesetzt werden. Wir entscheiden hier über die Quantität dieser 10 Millionen. Ob nun im Fall eines aktuellen kulturellen Prozesses in dieser Stadt plötzlich die Notwendigkeit entsteht, einen etwas größeren Anteil zur Förderung von Projekten für den freien Tanz zur Verfügung zu stellen und im Jahr darauf vielleicht das Augenmerk stärker auf die zeitgenössische Musik zu setzen ist, bitte schön, diese Entscheidung maße ich mir doch nicht an. Das sollten Sie auch nicht tun! Da fehlt uns beiden entschieden Kompetenz. Das gehört dann bitte schön in solche Gremien. Wir haben solche Gremien auch in anderen Fällen. Die Betroffenen sollen hier wirklich mitentscheiden – was heißt hier „die Betroffenen“, das klingt so negativ: diejenigen, die Kunst machen, die für den künstlerischen Prozess in dieser Stadt zuständig sind, weil sie ihn führen – sie mögen mitentscheiden, was mit dem Geld geschieht.

[Beifall bei der LINKEN]

Daran ist nichts Schlimmes. Ich sage noch einmal: Das ist sozusagen die primitivste Form von Partikulation, die man sich nur denken kann. Das sollten Sie als Sozialdemokratin, wenn Sie den Begriff im zweiten Teil Ihres Parteinamens ernst nehmen, eigentlich unterstützen.

Herr Magalski! Ihr seinerzeitiger Antrag hat mit diesem überhaupt nichts zu tun. Sie wollten einen Notfallfonds für bedrohte Kultureinrichtungen, die plötzlich in Not geraten. Da war es vollkommen egal, ob es sich um eine Neuköllner Oper, um die Staatsoper Unter den Linden im Schillertheater oder um Hans Wurst Nachfahren handelt. Das war völlig egal. Aber das ist, glaube ich, keine Lösung, so kann man das nicht machen.

Ich bin froh, dass Herr Goiny gesagt hat, hier ist ein Vorschlag auf dem Tisch, der ernstzunehmen ist, über den man streiten kann, wo man in den Diskurs eintreten muss. Genau diesen Diskurs möchten wir – mit den Künstlerinnen und Künstlern allerdings. Das sollten wir dabei nicht vergessen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Danke schön, Herr Kollege! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zu dem Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/2148 wird die Überweisung an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten und an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.

Zum Antrag der Piratenfraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/2176 wird die Überweisung an den Hauptausschuss empfohlen. – Auch da höre ich keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

Die Tagesordnungspunkte 20 und 21 stehen auf der Konsensliste.

Ich komme nun zu

lfd. Nr. 22:

Ankommen – Teilhaben – Bleiben. Flüchtlingspolitik für Berlin Hier: Verbesserung der Zusammenarbeit und Mitbestimmung in Gemeinschaftsunterkünften durch Heimbeiräte

Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/2151

In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke. Frau Breitenbach hat das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der zuständige Senator ist nicht da, das ist jetzt vielleicht aber nicht so schlimm, weil er bei dem Thema Unterbringung von Flüchtlingen bisher noch nicht allzu viel beizutragen hatte. Damit kann ich auch gleich sagen, es gab keinerlei Verbesserungen innerhalb der letzten Monate, obwohl wir immer wieder über dieses Thema und die Probleme geredet haben, die Sie alle kennen.

Die Lebenssituation der Flüchtlinge in dieser Stadt würde ich in vielen Einrichtungen als erbärmlich bezeichnen. Damit rede ich nicht nur von der Unterbringung in Turnhallen. Wer die letzten Wochen in der Zeitung gelesen hat, welche Bedingungen der Kollege Taş öffentlich gemacht hat, weiß, dass es immer schlechter wird. Wenn das LAGeSo sagt, der Kollege Taş könne offensichtlich eine Toilette nicht von einem Toilettencontainer unterscheiden, ist es erstens nicht nur eine Frechheit, sondern verwundert zweitens auch sehr, dass das LAGeSo so wenig Ahnung hat, weil die Bilder des Kollegen Taş von dieser Unterbringung in Reinickendorf zeigen, dass der Kollege Taş recht hatte und nicht das LAGeSo.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Das war das letzte Beispiel, an dem man erleben konnte, wie die Flüchtlinge der Situation in den Unterkünften ausgesetzt sind. Wir alle erleben immer wieder, welche Konflikte entstehen, wenn die Bewohnerinnen und Bewohner gemeinsam mit den Unterstützerinnen und Unterstützern die Missstände anprangern und sie öffentlich machen. Das endet immer wieder in öffentlichen Anschuldigungen, in Hausverboten für die Unterstützerinnen und Unterstützer oder auch in gerichtlichen Auseinandersetzungen – nur die Lebensumstände der Flüchtlinge verändern und verbessern sich auch hier nicht.

Die Flüchtlinge werden nicht in Entscheidungen einbezogen, sondern sie werden ihnen ausgesetzt, im Übrigen auch in all die Entscheidungen, die das LAGeSo oder die einzelnen Betreiber treffen. Das konnte man nicht zuletzt an der geplanten Schließung der Unterbringung der Levetzowstraße sehen, die zu relativ viel Panik geführt hat. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal sagen, dass meine Fraktion die Schließung befürwortet, aber wir finden auch, dass man im Vorfeld und rechtzeitig und ausreichend mit den Menschen kommunizieren muss, über deren Leben man entscheidet.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Wir möchten gerne, dass der Senat endlich Abschied nimmt von dieser Politik der Entmündigung und der Bevormundung. Wir wollen Partizipation und Mitbestimmung. Deshalb schlagen wir Ihnen heute vor, dass in allen Gemeinschaftsunterkünften dieser Stadt Heimbeiräte eingerichtet werden,

[Beifall von Hakan Taş (LINKE) und Carsten Schatz (LINKE)]

Heimbeiräte, die sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Bewohnerschaft, aus den Nachbarschaftsinitiativen, den Beratungsstellen, aber auch den Vertreterinnen und Vertretern des Landes, der Bezirke und der Betreiber zusammensetzen. Solche Heimbeiräte garantieren eben nicht nur die Mitbestimmung der geflüchteten Menschen und die Einbeziehung der Unterstützerinnen und Unterstützer, sondern diese Heimbeiräte eröffnen endlich einen Weg, um zu Transparenz zu kommen, die wir doch alle immer wieder fordern.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Über solche Heimbeiräte lassen sich Missstände in den Gemeinschaftsunterkünften schnell aufzeigen ebenso wie Konflikte. Man kann es auch schnell aufgreifen und gemeinsam Lösungen finden. Man kann die einzelnen Akteure koordinieren, und man kann endlich gemeinsam dafür sorgen, dass es zu einer Kommunikation auch im Umfeld der Flüchtlingsunterkünfte, sprich mit den Anwohnerinnen und Anwohnern, kommt, die so ganz oft fehlt.

Wir finden, die Heimbeiräte wären ein Schritt in die richtige Richtung. Vielleicht könnte sich die Koalition dazu endlich einmal aufraffen. Ich hoffe, dass wir diesen Antrag sehr schnell in den Ausschüssen diskutieren, um dann gemeinsam zu einer Verbesserung der Lebenssituation der Menschen zu kommen, die hier Schutz und Aufnahme suchen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Danke schön! – Für die SPD-Fraktion jetzt Frau Kollegin Radziwill!

Herr Präsident und Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Elke Breitenbach! Grundsätzlich ist die bessere Einbindung von Betroffenen, von Bewohnervertretern und Bewohnerinnen und Bewohnern in Flüchtlingseinrichtungen zur Regelung alltäglicher Belange sinnvoll. Die Mitwirkungsmöglichkeit und Mitbestimmung der Bewohnerinnen und Bewohner bzw. ihrer Vertreter und Vertreterinnen, vor Ort über ganz alltägliche Dinge mitentscheiden zu dürfen, ist aus meiner Sicht wichtig. Es ist wichtig, dass die Flüchtlinge angehört werden, dass sie in Entscheidungen in ihrem Lebensumfeld einbezogen werden und Entscheidungen gemeinsam beeinflussen können z. B. über ganz alltägliche Dinge oder über praktische Dinge wie die Nutzung der Küchenbereiche oder auch der Aufenthaltsräume usw.