Ich schaue in meine Unterlagen und muss Sie fragen: Herr Kowalewski! Sie waren doch auch am 18. Juni 2015 in Vertretung von Frau Graf im Bildungsausschuss.
Da wurde doch der größte Teil der Fragen – das würde ja nicht einmal Frau Burkert-Eulitz bestreiten – beantwortet. Die Antworten stehen sogar im Protokoll. Ich habe jetzt die Zeit nicht, aber wir können es ja danach gerne machen, dass wir die Fragen einzeln durchgehen und gucken, ob sie im Protokoll beantwortet wurden. Stimmen Sie mit mir überein, dass die Aussage von Ihnen, dass die Fragen unbeantwortet bleiben, für die Kitaplanung nicht richtig ist?
[Torsten Schneider (SPD): Jetzt hat er es selbst gemerkt! – Oliver Friederici (CDU): Jetzt ist die Rede auch zu Ende!]
Nein, geht ja noch weiter! Das würde ich dem Kollegen Eggert gerne erklären, warum wir der Meinung sind, dass diese Fragen nicht beantwortet sind.
Kann ich vielleicht einfach mal kurz vortragen, dann werden wir uns hinterher komplett verstehen an der Stelle? – Wir haben jetzt mit diesen 25 000 Euro pro Platz und auch nach einer Berechnung des Paritätischen Wohlfahrtsverbands bei dieser Anhörung einen finanziellen Mehrbedarf von bis zu 107 Millionen Euro für diese 10 000 Plätze, die der Senat allein bis 2017 einrichten will.
Und – das kommt noch hinzu – wer neu bauen will oder eben auch muss, um Rechtsansprüche zu erfüllen, der braucht auch Grundstücke. Daher ist die Frage nach der Zurverfügungstellung landeseigener Grundstücke, die ja in diesem Antrag gefragt wurde, für die Träger höchst interessant. Die Beantwortung der Frage umfasst nämlich die Liegenschaftspolitik des gesamten Senats. Der Flächenbedarf ist eines der größten Probleme beim Kitaausbau, und der Senat hat darauf bisher keine Antwort. Die Bezirksstadträtin Sabine Smentek, die wir angehört haben, meinte bei der Anhörung, selbst wenn sie Millionen in den Bezirkshaushalt bekommen würde, dass sie keinen Platz mehr für den Neubau von Kitas finden würde.
Dragoner-Areal, da machen wir jetzt die Großkita, oder? – Gelangt der Ausbau von Kitaplätzen hinsichtlich des Flächenmangels im kommenden Jahr oder 2017 an seine Grenzen? Das wissen wir nicht, aber es sieht einiges so aus. Gibt es entsprechende Prüfungen im Senat? Ist der Senat mit den Bezirken im Gespräch? Wenn nein, warum nicht? Wäre – jetzt kommt die Gretchenfrage – der Senat bereit, Flächen zu erwerben, also zu kaufen?
In dem Zusammenhang ist übrigens auch die Frage interessant, welche Möglichkeiten der Senat sieht, auch das aus dem Antrag, in Zusammenarbeit mit den Bezirken für die Sicherstellung einer ausreichenden Kitaversorgung bei Wohnneubauprojekten zu sorgen. Die Thematik hat Herr Senator Geisel heute Morgen auch schon kurz angesprochen. Das ist auch wieder eine Frage, die die Ju
gendverwaltung nicht allein beantworten kann, speziell deswegen, weil wir eben nicht wissen, welche Auswirkungen die Änderung des Berliner Modells, also die Einführung eines festen Anteils von 25 Prozent mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnraums bei Neubauprojekten ab April 2015 hat.
Bisher wurden Infrastrukturmaßnahmen wie Kitas eben sozusagen von den Bauträgern mitberücksichtigt. Jetzt ändert sich das aber. Die Wohnungen werden als wichtiger angesehen als die Versorgung mit Kitas. Kann es sein, dass die eine oder andere Erschließungsmaßnahme zulasten von Investoren wegen des Angemessenheitsgrundsatzes vielleicht inzwischen gar nicht mehr möglich ist?
Es sind auch nicht nur die Flächenbedarfe, die unklar bleiben. Die Frage 3 z. B.: Geschaffene Plätze durch die Starthilfe. Fragen 6 und 7: Förderbedarfe pro Sparte. Frage 12: Kitaversorgung in der Nähe von Flüchtlingsunterkünften. Die ist ganz besonders interessant, denn wir haben immer noch – das hat eine schriftliche Anfrage jetzt gerade ergeben –, dass von 2 407 Kindern unter sechs Jahren, die in einer Unterkunft für Geflüchtete leben, 1 915 immer noch keine Kita oder Tagespflege besuchen. Das sind immer noch viel zu viele. Das wäre auch eine wichtige Frage aus diesem Antrag. Warum ist in manchen Bezirken – Marzahn-Hellersdorf, Neukölln, Reinickendorf – der Versorgungsgrad im Bereich null bis sechs Jahre immer noch unter 70 Prozent?
Herr Kowalewski! Können Sie mir und vielleicht dem Rest des Auditoriums sagen, ob Sie im Zuge des Bildungsausschusses oder anderer Diskussionen vielleicht auch andere Erklärungen als den Mangel an Kitaplätzen dafür gehört haben, dass Familien, die nach Flucht und
anderen Erfahrungen hier herkommen, ihre Kinder nichts als Erstes in einer Kita anmelden. Haben Sie dafür vielleicht andere Erklärungen gehört, als zu behaupten, dass das einzig und allein daran liegt, dass es rund um Flüchtlingseinrichtungen keine ausreichende Kitaversorgung gibt?
Und danach, Kollege Kowalewski, hat auch noch die Kollegin Burkert-Eulitz eine Frage, wenn Sie das zulassen.
Dann sage ich dazu ganz kurz noch was: Es geht ja hier nicht nur um diejenigen, die gerade erst ganz frisch gekommen sind, sondern die Verweildauer in diesen Unterkünften ist ja relativ lang. Ein Erklärungsansatz, den ich in diesem Haus mal formuliert habe, wurde dann ja auch entsprechend sofort zurückgewiesen. Natürlich gibt es da verschiedene Gründe, aber trotzdem: 79,6 Prozent der Kinder von null bis sechs in den Flüchtlingsunterkünften besuchen keine Kita. Das ist meiner Meinung nach eine erschreckende Zahl. – So!
Wenn die Flüchtlinge ihrer Kinder nicht in die Kita geben wollen, was ja vonseiten der Koalition unterstellt wird, meinen Sie denn dann, dass die Verwaltung auch die Kitapflicht für diese Kinder aufheben wird?
Na ja, es geht ja jetzt vor allem erst mal um den Rechtsanspruch, den wir sicherstellen müssen. Ob wir da von einer Kitapflicht reden – vermutlich kann man davon ausgehen, dass einige dieser Kinder, gerade diejenigen, die gerade frisch nach Berlin gekommen sind, noch nicht sämtliche Anforderungen an ein perfekt geführtes Sprachlerntagebuch an der Stelle aufweisen, also eventuell auch durchaus einer Kitapflicht unterliegen würden, aber jetzt zu sagen, dann ist das jetzt halt so, dann sollen es die Willkommensklassen irgendwie richten, ist nicht der Weg, wie man das Problem, glaube ich, lösen kann. –
Vielen Dank, Kollege Kowalewski! – Das war der Tagesordnungspunkt 4.1. Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich ganz herzlich auf unserer Besuchertribüne eine Delegation der syrisch-orthodoxen Kirche von Antiochien in Berlin begrüßen,
unter Leitung von Pfarrer Üsil als Pfarrer und Amil Görges, Ökumenebeauftragter. – Seien Sie herzlich willkommen bei uns! Wir wünschen Ihnen viel Kraft für die Seelsorge in diesen schwierigen Zeiten.
Über den Antrag stimmen wir jetzt ab. Weitere Wortmeldungen lagen nicht vor. Zum Antrag Drucksache 17/1908 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich – gegen die Oppositionsfraktionen – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich ums Handzeichen. – Das sind die Oppositionsfraktionen, so wie ich sehe, vollständig. Wer ist dagegen? – Letzteres war die Mehrheit, die Koalition, und damit ist der Antrag abgelehnt.