Protokoll der Sitzung vom 26.01.2012

2. Wie oft und aufgrund welcher Taten außerhalb des Aufgabenbereichs des LKA 5, des Staatsschutzes, wurde überdies die Funkzellenabfrage durchgeführt?

Vielen Dank! – Für die Innenverwaltung antwortet Herr Staatssekretär Krömer. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Lux! Ich beantwortet Ihre Mündliche Anfrage wie folgt: Zu 1: Die Maßnahme der Funkzellenabfrage wurde u. a. im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Kfz-Brandstiftungen von den Ermittlungsbehörden durchgeführt, um bei einer länger anhaltenden Serie schwerer Straftaten im Stadtgebiet Ermittlungsanhalte zu der Frage zu gewinnen, wer sich jeweils zur Tatzeit an verschiedenen Tatorten aufgehalten hat – oder in deren Nähe.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): 4,2 Millionen Mal!]

Die Funkzellenabfrage ist zur Klärung dieser Frage in jedem Fall eine grundsätzlich geeignete Maßnahme.

[Lachen bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Dabei kann die Bedeutung der Funkzellenabfrage für die Aufklärung von Straftaten und für die Beweisführung im Ermittlungsverfahren

[Özcan Mutlu (GRÜNE): Wen haben Sie damit ermittelt?]

nicht für sich allein bewertet werden,

[Özcan Mutlu (GRÜNE): Aha!]

vielmehr ist der Erfolg bei der Aufklärung von Straftaten in der Regel das Ergebnis des Zusammenwirkens unterschiedlichster, geeigneter Ermittlungsmaßnahmen, die im Rahmen der Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität regelmäßig besonders komplex ausfallen. So hat das Instrument der Funkzellenabfrage auch im Zusammenhang mit dem Phänomen der Brandstiftung an Kraftfahrzeugen zu Ermittlungsanhalten geführt. Ein Beispiel dafür ist der Fall von André H., dem 103 Kfz-Brandstiftungen im Jahr 2011 angelastet werden. Bei einem retrograden Abgleich konnte eine von ihm genutzte Rufnummer in vier Fällen in Tatort- und Tatzeitnähe zu Kfz-Inbrandsetzungen festgestellt werden.

[Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Diese Treffer waren auch bereits vor seiner Ergreifung bekannt.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Ja!]

Die Staatsanwaltschaft hatte jedoch aus Verhältnismäßigkeitsgründen weitere Datenerhebungen abgelehnt, da sich für seine Rufnummer lediglich vier Häufigkeitstreffer ergeben hatten. Immerhin! Im Ergebnis hätte André H.

bei Einholung von entsprechenden Bestandsdaten mit der durchgeführten Funkzellenabfrage grundsätzlich identifiziert werden können.

[Zuruf von den PIRATEN: Hätte, hätte, Fahrradkette!]

Zu 2: Die Funkzellenauswertung richtet sich nach § 100g der Strafprozessordnung. Demnach muss eine solche Maßnahme durch einen Richter angeordnet werden. Wie in § 100g Abs. 4 StPO gefordert, existieren bei der Polizei Berlin statistische Erhebungen ausschließlich für die Gesamtzahl aller Verkehrsdatenabfragen, nicht jedoch für den Teilbereich der Funkzellenabfrage. Die Polizei ist daher gebeten worden, für die vergangenen Jahre eine seriöse Schätzung der Funkzellenabfragen bei den Providern aufzuliefern. Die nachfolgend dargestellten Zahlen für die Jahre 2009 bis 2011 hat die Polizei aus sehr komplexen Datensammlungen extrahiert. Eine Rückverfolgung über das Jahr 2009 hinaus ist aufgrund von Datenlöschung nicht möglich. Die nachfolgend dargestellten Werte sind daher nur vorläufiger Natur, bei genauerer Auswertung werden möglicherweise noch Abweichungen auftauchen. Demnach gab es im Jahr 2009 über die durch das LKA 5 durchgeführten Funkzellenabfragen hinaus 162 Abfragen zu sonstigen Verfahren, 2010 waren es 323, im Jahr 2011 waren es 336 Abfragen zu Verfahren außerhalb des LKA 5. Angaben über die einzelnen Delikte, in denen Funkzellenabfragen durchgeführt wurden, und die Menge der versandten Verkehrsdaten werden durch die Polizei jetzt aufwendig erhoben. Der Umfang der Recherchen ergibt sich schon aus der Tatsache, dass zu jeder der oben angegebenen Abfragen eine Auswertung im zugrunde liegenden Ermittlungsverfahren durch die jeweils sachbearbeitende Dienststelle im Zusammenwirken mit der Staatsanwaltschaft erfolgen muss. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass Teile der erhobenen Einzelverbindungen bereits Löschungsverfügungen seitens der Justiz erhalten haben. Daher gehe ich davon aus, dass die Erhebung der Daten zwei bis drei Monate in Anspruch nehmen wird. Auch in diesem Zusammenhang geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit und insbesondere auch vor voreiligen und vorschnellen Schlussfolgerungen, sodass ich Sie um Verständnis für den eben dargestellten Zeitraum bitte. Sie werden über die Ergebnisse der Auswertung sodann zeitnah im Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung unterrichtet werden.

Vielen Dank! – Herr Lux, eine Nachfrage? – Dann haben Sie das Wort. – Bitte schön!

Danke, Herr Präsident! – Vielen Dank, Herr Staatssekretär! Können Sie es denn nachvollziehen, dass eine getrennte Erfassung der Verkehrsdatenabfrage notwendig ist, weil die Funkzellenabfragen notwendig in das Recht vieler Tausender unbeteiligter Dritter eingreift, und würden Sie mir deswegen zustimmen, dass der jetzt betrie

bene Aufwand, das noch mal zu rekonstruieren, durchaus angemessen ist?

Bitte schön, Herr Staatssekretär!

Herr Abgeordneter! Über die Frage der Angemessenheit von Aufwendungen kann man jetzt natürlich trefflich philosophieren. Ich will nur eines noch mal ganz deutlich sagen: Ich warne vor voreiligen Schlussfolgerungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Ich bin dafür, dass die Datenlage erst einmal gründlich erhoben wird, dass man der Polizei und auch der Staatsanwaltschaft die Zeit gibt, das zu tun, und die Schlussfolgerungen und die Auswertung erst dann durchführt, wenn die konkreten Daten und Erkenntnisse tatsächlich vorliegen.

Vielen Dank! – Dann haben wir noch eine Nachfrage des Kollegen Lederer.

Herr Staatssekretär! Wäre es nicht geboten, bei einer Ermittlungsmaßnahme von derartiger Tiefe, die durchaus mit der Verletzung informationeller Selbstbestimmungsrechte von Millionen von Menschen verbunden ist, so eine Statistik laufend zu führen, die man per Knopfdruck abrufen kann, damit man weiß, um welche Zahlen es geht, und damit demokratische Kontrolle ermöglicht werden kann? Seit wann prüfen Sie denn? Sie haben jetzt seit elf Wochen eine Kleine Anfrage von Marion Seelig auf dem Tisch liegen, die genau diese Dinge abfragt. Jetzt reden Sie von zwei bis drei Monaten. Also zwei sind rum und drei bald auch. Wann kriegen wir denn da mal ein Ergebnis? Wann haben Sie denn angefangen zu prüfen? Ich finde das einigermaßen empörend.

Bitte schön, Herr Staatssekretär!

Nun ersetzt ja Empörung nicht die sachliche Diskussion und die Gründlichkeit der Prüfung. Ich sage es noch mal: Sobald die entsprechenden Daten vorliegen, werden Sie im Ausschuss für Inneres und Sicherheit entsprechend informiert werden.

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Dann antworten Sie!]

Ich werden Ihnen doch jetzt nicht auf den Tag genau sagen, wann das der Fall sein wird,

[Özcan Mutlu (GRÜNE): Wann denn? – Dr. Klaus Lederer (LINKE): Seit wann prüfen Sie?]

weil die Polizei erst mal die Ermittlungen in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft durchführt. Sobald die Ergebnisse vorliegen, werden Sie sie zeitnah bekommen.

[Elke Breitenbach (LINKE): Es gibt auch so etwas wie Fristen! – Özcan Mutlu (GRÜNE): Sagen Sie mal einen Monat! – Weitere Zurufe]

Vielen Dank!

Wir kommen zur Frage Nr. 4 der Kollegin Elke Breitenbach von der Fraktion Die Linke zu dem Thema

Wie steht der Senat zur Zukunftssicherung von Vivantes?

Bitte schön, Frau Kollegin!

Ich frage den Senat:

1. Gilt die „Gemeinsame Erklärung zur Zukunftssicherung von Vivantes“, die im September 2011 zwischen dem Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Finanzen, der Geschäftsführung von Vivantes, der Gewerkschaft Verdi und dem Betriebsrat des Unternehmens abgeschlossen wurde und in der sich das Land verpflichtet, in bisherigem Umfang bis Ende 2020 Gesellschafter der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH zu bleiben und keine Gesellschafteranteile zu veräußern, auch für den neuen Senat?

2. Verfolgen der Senat oder die Unternehmensleitung Pläne, die eine Veräußerung der Tochtergesellschaft „Forum für Senioren“ der landeseigenen Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH beinhalten?

Vielen Dank! – Es antwortet der Finanzsenator. – Bitte schön, Herr Dr. Nußbaum!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegin Breitenbach! Zu 1: Der Senat hält an seiner Absicht fest, seine Geschäftsanteile an der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH bis 2020 nicht zu verkaufen. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal sagen, dass diese Vereinbarung noch mehr beinhaltet als die Zusage, die Anteile nicht zu verkaufen. Vielmehr hat der Senat auch gesagt, dass er das Eigenkapital der Gesellschaft stärkt. Wir werden, sofern die Gesellschaft weiter Gewinne erwirtschaftet,

(Senator Dr. Ulrich Nußbaum)

auch diese zur Stärkung des Unternehmens in diesem belassen, damit sich die Erfolgsgeschichte von Vivantes fortsetzt und dieses Unternehmen in kommunaler Trägerschaft – darum geht es – weiter seinen Weg beschreitet.

Da es sich um eine gemeinsame Vereinbarung handelt, ist klar, dass nicht nur der Senat etwas gegeben hat, sondern auch die Arbeitnehmer. Das ist sehr erfreulich. Deshalb haben der Betriebsrat und die Gewerkschaften mitgemacht und sich bereit erklärt, spätestens bis 2016 Kosten in Höhe von ca. 20 Millionen Euro pro Jahr einzusparen, um damit den Weg der Sanierung und Fortentwicklung von Vivantes zu stützen. Ich denke, das ist ein positives Bekenntnis zu Vivantes von beiden Seiten – sowohl von Arbeitnehmerseite als auch vom Senat.

Zur Frage 2: Ich weiß nicht, Frau Breitenbach, was Sie mit „Plänen“ meinen. Es ist klar, dass eine Geschäftsführung laufend die Geschäftsfelder eines Unternehmens überprüft. Das „Forum für Senioren“ ist, wie viele andere, Teil der Geschäftsfelder von Vivantes. Diese Überlegungen werden in der Geschäftsführung angestellt, das ist die primäre Aufgabe der Geschäftsführung, und werden dann im Aufsichtsrat beraten. Im Aufsichtsrat sitzen der Kollege Czaja und der Kollege Finanzsenator. Ich gehe davon aus, wenn solche Gespräche oder Überlegungen konkret werden, sodass sie auch die Gremien erreichen, dass sie uns kommuniziert werden. Dann werden wir uns verhalten. Ich bin insoweit informiert, dass zurzeit keine konkreten „Pläne“ bestehen, das „Forum für Senioren“ zu verkaufen. Ich sage aber auch ganz offen, wie bei vielen anderen Geschäftsfeldern wäre dies ein Teil der Gesamtüberlegungen, die wir dann anstellen müssen, wenn es so weit ist. – Vielen Dank!

Vielen Dank! – Keine Nachfrage.

Wir kommen zur Frage Nr. 5 vom Kollegen Martin Delius von der Piratenfraktion zum Thema

Lehrbeauftragte an Berliner Hochschulen

Bitte schön, Herr Kollege Delius!

Ich frage den Senat:

1. Wie viele Lehrbeauftragte, das heißt akademische Mitarbeiter ohne bezahlte Forschungstätigkeit nach § 120 BerlHG, werden an Berliner Hochschulen und Universitäten mit welchem Anteil an der Lehre in SWS – also Semesterwochenstunden – insgesamt derzeit beschäftigt?