Protokoll der Sitzung vom 26.01.2012

2. Welche konkreten Unterstützungsmaßnahmen erhalten die Schulen, in denen besonders viele Kinder ohne Deutschkenntnisse beschult werden?

Vielen Dank! – Es antwortet Frau Senatorin Scheeres. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Oberg! Die Beschulung der Schülerinnen und Schüler aus Roma-Familien findet in der Regel in Lerngruppen statt. In diesen Lerngruppen befinden sich Kinder, die über überhaupt keine Deutschkenntnisse verfügen. Es gibt aber auch einen kleinen Teil Kinder, die man direkt in die Regelklasse integriert. Da wird dann individuell gesehen, wie der Entwicklungsstand ist und ob das der richtige Weg für das einzelne Kind ist.

Die Lerngruppen haben eine Größe von maximal zwölf Kindern. Es ist wichtig, dass das eine kleine Gruppe ist, um individuell fördern zu können. Es findet Sprachförderung statt, aber es findet natürlich auch Sachunterricht in den Gruppen statt. Wichtig ist das Ziel, dass die Kinder nicht ständig in diesen Lerngruppen verbleiben, sondern dass sie letztendlich, wenn sie einen guten Sprachstand haben, dann auch so schnell wie möglich in die Regelklasse integriert werden.

Ihre Fragestellung bezieht sich auch auf das Thema der letzten Tage in Reinickendorf. Hier haben sich Schulen zu diesem Thema geäußert. Wir hatten dieses Thema auch schon im Ausschuss. Es ist für uns keine neue Thematik. Ich war in Reinickendorf und habe mir die Schulsituation von drei Grundschulen angeschaut. In Reinickendorf ist es so, dass es dort schon Lerngruppen in den Oberschulen, aber auch in den Grundschulen gibt. Sie

(Senatorin Sandra Scheeres)

haben ja mitbekommen, dass es eine Zuzug gegeben hat, dass mehr Kinder nach Deutschland gekommen sind, die keine deutschen Sprachkenntnisse hatten, und dass es einen Bedarf gab. Wir haben im Dezember schon der Grundschule, die sich in der Öffentlichkeit geäußert hat, eine Zusage für eine solche Lerngruppe gegeben. Deswegen war ich ein bisschen irritiert, auch am Wochenende, wo ich den Brandbrief gelesen habe. Ich finde aber, dass man das Thema ernst nehmen muss, und aus diesem Grunde habe ich gesagt: Ich gucke mir die Situation vor Ort in den drei Grundschulen an.

Die drei Grundschulen gehen sehr unterschiedlich mit diesen Themen um. Die haben sehr qualifizierte Schulkonzepte und Sprachförderprogramme. Zwei Schulen arbeiten mit Lerngruppen. Eine Schule macht das bewusst nicht. Ich habe dann auch nachgefragt: Steht das bei Ihnen nicht auch an, eine zusätzliche Lerngruppe zu haben? – Dann wurde mir gesagt: Nein, wir verfolgen da einen anderen Ansatz. – Was ich sehr spannend fand, war, dass die drei Schulen miteinander in Kontakt stehen, aber auch sehr gut im Sozialraum vernetzt sind, mit den Kitas zusammenarbeiten und alle möglichen Angebote, die es da gibt, in Anspruch nehmen, um das Beste und das Meiste für die Kinder sozusagen herauszuholen. Sie arbeiten mit Dolmetschern und freien Trägern zusammen. Es ist eine sehr engagierte Arbeit vor Ort. Klar ist, es ist auch eine sehr herausfordernde, anstrengende Arbeit. Das ist da auch noch mal deutlich geworden. Die Schulen brauchen Unterstützung, und wie gesagt, wir haben ihnen Unterstützung zugesagt. Es werden im Februar, zum nächsten Schulhalbjahr, zusätzliche Lerngruppen angeboten.

Es gibt rechtliche Grundlagen. Es ist nicht so, dass wir an den rechtlichen Grundlagen irgendetwas verändern müssen. Man kann diese Lerngruppen einrichten. Meine Verwaltung hat auch Merkblätter herausgegeben, in denen ganz klar formuliert ist, wie man zu diesen Lerngruppen kommt und wie man pädagogisch mit dieser Thematik umgeht.

Es gibt ressortübergreifende Arbeitsgruppen, denn es ist nicht nur ein Thema, das meine Verwaltung betrifft, sondern auch die Verwaltung von Senator Czaja. In der Diskussion mit den Schulen sind auch andere Themen aufgekommen – unabhängig von den Lerngruppen –, wie die gesundheitliche Situation der Roma-Kindern oder anderer Kindern vor Ort ist und wo ich auch Punkte herausgearbeitet habe, bei denen ich auf jeden Fall noch etwas tun muss. Wenn ich feststelle, dass aufgrund des Status einzelner Kinder diese keine Krankenkassenkarte haben und keine Brille bekommen und deshalb in der Schule nicht die Tafel lesen können, dann stimmt dort etwas nicht, und wir müssen schauen, ob wir etwas machen können.

Oder man muss sich auch anschauen, wie die Verfahren sind, bevor das Kind in die Schule kommt. Läuft es

schnell genug? Hat das Kind die Möglichkeit, schnellstmöglich die Schuleingangsuntersuchung durchführen zu lassen? Das wird in den Bezirken sehr unterschiedlich gehandhabt. Hier bin ich der Meinung, dass wir zu einheitlichen Leitlinien kommen müssen, dass man aus den positiven Erfahrungen der Bezirke lernen muss und dann alle Bezirke auch so verfahren sollen. Aus dem Gespräch haben sich sehr viele Dinge ergeben. Ich muss jedoch die Pädagogen vor Ort loben, die eine super Arbeit leisten.

Zu Ihrer zweiten Frage, was wir darüber hinaus tun: Selbstverständlich findet auch Beratung statt. Meine Verwaltung berät die Schulen, und wenn es in Einzelfällen Probleme gibt, reagieren wir sofort und gucken, wie wir dieses Problem lösen können, auch mit dem Bezirk und dem Schulträger vor Ort. Es gibt Fortbildungen. Im letzten Winter hat es eine Fortbildung mit 130 Fachkräften gegeben. Es gibt ressortübergreifende Arbeitsgruppen. Es gibt also viele unterschiedliche Ansätze. Aber was mir wichtig ist: Wir müssen an dem Thema dranbleiben und schauen, wie sich das entwickelt und wie wir unterstützend auf Landesebene, aber auch auf Bezirkseben wirken können.

Vielen Dank, Frau Senatorin! – Herr Kollege Oberg hat das Wort für eine Nachfrage!

Vielen Dank! Es ist relativ schwer, Prognosen darüber abzugeben, wo dieses Phänomen wann auftaucht, also wann es einen Bedarf für derartige Lerngruppen gibt. Deshalb meine Frage, die wahrscheinlich viele Schulen interessieren wird: Wie lange ist die Reaktionszeit für die Einrichtung von solchen kleineren Lerngruppen, wenn an Schulen erstmalig eine größere Anzahl von Kindern ohne Deutschkenntnisse zu beschulen ist?

Bitte schön, Frau Senatorin!

Die Reaktionszeit ist sehr unterschiedlich. Es kommt auf die Akteure vor Ort an, wann diese Dinge beantragt werden, wie schnell Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden, ob man die neuen Zuzüge, die Kinder im Blick hat. Das ist das, was ich meine, dass das sehr unterschiedlich gehandhabt wird, und wo ich der Auffassung bin, dass man mit den Bezirken einheitliche Leitlinien erarbeiten muss, damit dies so schnell wie möglich zu realisieren ist.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Dann haben wir eine Nachfrage von der Kollegin Kittler von der Linksfraktion.

Frau Senatorin! Stimmen Sie zu, dass es mehr geschultes Personal zur Bekämpfung dieses Problems geben muss, und warum wussten Sie in der vorigen Woche, am Donnerstag, von diesem massiven Problem, das es nicht nur an dieser einen Schule gibt, nichts?

Bitte schön, Frau Senatorin!

Dass es einen Fortbildungsbedarf gibt und dass sich die Lehrerinnen und Lehrer in diesem Bereich fortbilden sollten, ist klar, und es gibt auch Angebote. Ich habe eben angesprochen, dass wir im November eine große Fachtagung zu diesem Thema durchgeführt haben. Das ist auch eine Art der Qualifizierung. Es gibt Qualifizierungsangebote, die auch von den Lehrerinnen und Lehrern angenommen werden. Es gibt auch Arbeitsgruppen, wo Lehrkräfte mit Fachverwaltungen zusammenarbeiten und einen Austausch haben. Ich finde, das ist der richtige Weg. Ich hoffe auch, dass die Fachkräfte solche Angebote annehmen.

Zum zweiten Punkt: Ich hatte eben bereits angesprochen, was Reinickendorf angeht, so war mir das Problem konkret nicht bekannt, denn im Dezember hat die Schule schon seitens der Verwaltung eine Zusage für die Lerngruppe erhalten. Ich habe es dann in der Zeitung gelesen und mich informiert. Ich war ein wenig irritiert, dass es ein Problem gibt, da wir diese Lerngruppe bereits zugesagt hatten. Das haben wir gestern auch besprochen. Da gab es anscheinend Kommunikationsprobleme zwischen der Schulleitung und dem Lehrerpersonal. Das kann passieren. Aber ich finde es wichtig, dass wir schauen, ob es darüber hinaus noch weitere Punkte gibt, wo wir ansetzen können. Deswegen war ich auch vor Ort, nicht nur bei der einen konkreten Schule, die sich in der Öffentlichkeit gemeldet hat, sondern auch bei den anderen Schulen.

Ich habe auch noch mal darauf aufmerksam gemacht, dass wir ein Beschwerdemanagement in der Senatsverwaltung haben, das sehr gut funktioniert. Es melden sich Schulen, und es werden gemeinsam Lösungen mit den Schulen, dem Bezirk und uns gefunden. Die eine Schulleiterin von der Schule, die Sie angesprochen haben, wusste von diesem Beschwerdemanagement überhaupt nichts, was mich auch wieder ein bisschen irritiert hat, da wir in dem letzten Jahr darauf aufmerksam gemacht haben. Ich habe gesagt, wenn das anscheinend in Verges

senheit geraten ist, werde ich als neue Senatorin alle Schulen noch mal anschreiben und darauf aufmerksam machen, dass es ein solches Beschwerdemanagement gibt und dass uns daran gelegen ist, dass, wenn es konkrete Probleme gibt, wir dazu beitragen, diese zu lösen.

Vielen Dank!

Wir kommen dann zur Mündlichen Anfrage Nr. 2 des Kollegen Stefan Evers von der CDU

„Neue Schwerpunkte für die Internationale Bauausstellung (IBA) 2020?“

Ich frage den Senat:

1. Gibt es in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung neue Überlegungen zur inhaltlichen und konzeptionellen Ausrichtung der IBA 2020, und wenn ja, in welcher Hinsicht?

2. Welche Rolle spielen die über den Wohnungsbau hinausreichenden Aspekte eines nachhaltigen Stadtumbaus bei diesen Überlegungen?

Vielen Dank! – Es antwortet Herr Senator Müller. – Bitte schön!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Evers! Es gibt keine grundsätzlich neuen konzeptionellen Überlegungen zur Internationalen Bauausstellung 2020. Ich sehe dafür auch keinen Grund. Wir alle miteinander verfolgen, wie in der Stadt die Themen Wohnformen, zusätzlicher Wohnraum, Mietentwicklung zunehmend eine Rolle spielen. Nicht nur im politischen Raum ist das so, sondern die Berlinerinnen und Berliner insgesamt interessieren sich dafür, wie es bei diesem Thema weitergeht. Insofern sollten wir das zur IBA 2020 zuspitzen und deutlich machen, dass wir von einer Wohnungsbau-IBA ausgehen, dass wir damit auch etwas erreichen wollen, um in diesem Bereich mit der IBA eine positive Entwicklung voranzutreiben.

Dass es bei einer Internationalen Bauausstellung nie nur darum geht, Wohngebäude zu bauen, sondern dass es auch immer um das Einbeziehen des Wohnumfeldes geht, ist, denke ich, eine Selbstverständlichkeit. Insofern werden auch die Wissensstadt Berlin und das Thema Wirtschaft und Gewerbe eine Rolle spielen, je nach Standort, wo entsprechende Wohnbebauung umgesetzt wird. Ich glaube, dass das völlig richtig ist, denn es geht um neue

(Bürgermeister Michael Müller)

Wohnformen, es geht darum, mit solch einer Internationalen Bauausstellung Entwicklungen der Zukunft aufzugreifen: Mehrgenerationenwohnen, wie reagieren wir mit Wohnungsangeboten auf eine älter werdende Gesellschaft? Was müssen wir dafür anbieten? Wie gehen wir damit um, dass wir Wohnraum brauchen, um ihn den Familien zur Verfügung zu stellen? Also, viele Aspekte, die bei der Internationalen Bauausstellung eine Rolle spielen werden. Das werden wir entsprechend aufnehmen, aber ich sage es noch mal: Ich würde es richtig finden, dieses Thema zuzuspitzen und zu sagen: Die IBA ist eine Wohnungsbau-IBA.

Vielen Dank! – Kollege Evers! Haben Sie eine Nachfrage? – Dann haben Sie das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Senator! Mich würde interessieren, inwieweit der Standort Tegel grundsätzlich in diese konzeptionelle Ausrichtung beziehungsweise in die stärkere Betonung des Wohnungsbauaspektes innerhalb der IBA einbezogen ist. Das ist ja kein Standort, den man schwerpunktmäßig für den Wohnungsbau ausgelegt hat.

Bitte schön, Herr Senator Müller!

Herr Abgeordneter Evers! Tegel kann und wird da sicherlich eine Rolle spielen. Ich muss zugeben, dass ich Tegel – wenn ich über dieses Gelände spreche – immer mit anderen Themen in Verbindung bringe. Ich glaube, dass es gut und richtig ist, dass sich die Koalition darauf verständigt hat, dass wir neben der Fläche in Tempelhof, wo Wohnen und auch das Angebot an grüner Fläche für die Berlinerinnen und Berliner viel stärker ausgeprägt ist, in Tegel eine Fläche haben, die klar die Überschrift „Industrie und Gewerbe“ hat. Das heißt nicht, dass nur das dort stattfinden wird. Auch dazu gab es eine Berichterstattung, die den Eindruck vermittelte, als ob diese 460 Hektar – das Gelände ist ja größer als das in Tempelhof – ausschließlich Gewerbe und Industrie zur Verfügung stehen sollen. Das ist nicht der Fall. Es wird auch dort eine Mischnutzung sein. Wir werden dort auch viel Grün anbieten, sicherlich auch Wohnen. Aber ich sage es so: Tegel verbinde ich eher mit dem klaren Schwerpunkt Industrie und Gewerbe, Tempelhof stärker mit den Überschriften Grün und Wohnen.

Vielen Dank! – Dann hatte sich noch der Kollege Otto gemeldet.

Herr Senator! Ich will noch mal nachfragen. Wir diskutieren ja über verschiedene Gebiete in der Stadt, wo die soziale Situation schwierig ist, etwa in Teilen von Spandau oder in Marzahn. Würden Sie mir zustimmen, dass es eigentlich viel schlauer wäre, dass man gerade in solchen Gebieten eine IBA abhält und sich da nicht unbedingt auf das ohnehin schon in Bearbeitung befindliche Thema Tempelhof konzentriert? Also: Was machen Sie mit solchen Gebieten?

Bitte schön, Herr Müller!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Otto! Es ist, glaube ich, noch zu früh, um Ihnen genau sagen zu können, an diesen und jenen Stellen wird es dann diese Umsetzung im Zusammenhang mit der IBA geben. Ich glaube, uns allen muss auch bewusst sein, dass die IBA ein Instrument ist, um exemplarisch darstellen zu können: Wo kann man was machen? Wie reagiert man auf zukünftige Entwicklungen? Daraus zieht man Erkenntnisse, die man dann auch in größerem Maßstab in breiten Gebieten in breiten Teilen umsetzen kann. Insofern: Ihr Gedanke liegt natürlich nahe, genau hinzugucken, ob man nicht mit der IBA auch schon in die Quartiere und Gebiete geht, wo man entsprechende Problemlagen vorfindet. Aber die IBA allein wird noch nicht jedes Problem lösen, sondern sie ist eine exemplarische Darstellung dessen, was möglich ist, und wir werden unsere Schlussfolgerungen daraus ziehen müssen, wann wir dann was wo machen.

Vielen Dank!

Wir kommen dann zur Mündlichen Anfrage des Kollegen Benedikt Lux von den Grünen:

Massenhafte Funkzellenabfragen in Berlin: Millionen Betroffene – keine Wirkung?

Sie haben das Wort, Herr Kollege!

Danke für das Wort, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Wie bewertet der Senat, dass die Erhebung von 4,2 Millionen Verbindungsdaten durch Funkzellenabfrage nicht zu einem einzigen Tatverdächtigen im Bereich der Autobrandstiftungen geführt hat?

2. Wie oft und aufgrund welcher Taten außerhalb des Aufgabenbereichs des LKA 5, des Staatsschutzes, wurde überdies die Funkzellenabfrage durchgeführt?