vor allem vor dem Hintergrund – darauf hat der Kollege Gelbhaar schon hingewiesen –, dass es diese Regelung schon in anderen Städten gibt und der Sicherheit eher förderlich ist.
Gegenwärtig haben wir noch die Situation, dass, wenn Fahrradverkehr und Autoverkehr zur gleichen Zeit Grün bekommen und rechts abgebogen wird, es genau die unfallträchtige Situation ist und dabei auch die meisten gefährlichen Unfälle geschehen. Wir können gern darüber diskutieren – das halte ich auch für sinnvoll –, dass man
die Grünphasen für Autos und Fahrradfahrer trennt. Solange es die Grünphase für Fahrradfahrer gibt, haben die Autos noch Rot. Erst dann, wenn die Fahrradfahrer wieder eine Rotphase haben, bekommen die Autofahrer eine Grünphase. Das wird die Verkehrslenkung vielleicht mit dem neuen Chef jetzt nicht mehr blockieren. Es ist ein Thema, über das wir auch diskutieren können. Es müssen keine Alternativvorschläge sein. Vielmehr sollten wir uns im Ausschuss damit noch einmal ernsthaft auseinandersetzen. – Besten Dank!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass die Linken wieder ausdrücklich gegen Reisefreiheit für Senatoren in diesem Fall sind, hat bei dieser Partei und ihrer Vorgängerpartei SED Tradition. Seien Sie vorsichtig, Herr Wolf, was Sie sagen.
Dass die Grünen mit den vorliegenden Anträgen mehr Verkehrssicherheit wollen, muss zumindest beim ersten Antrag, dem Antrag II, leider ernsthaft bezweifelt werden. Dass künftig ausschließlich für Fahrradfahrer Ampelrotlicht und Stoppschild nicht mehr gelten sollen – nach Grünen-Lesart – widerspricht eklatant zum einen dem bisherigen Gleichheitsgrundsatz für alle Verkehrsteilnehmer und ist auch sicher sehr gefährlich für alle anderen Menschen.
Zum anderen versuchen offensichtlich die Grünen zehn Monate vor der Berliner Wahl, ihren mehr oder weniger vielen oder wenigen Fahrradfundamentalisten in Fraktion und Partei einmal wieder einen Gefallen zu tun und das öffentlichkeitswirksam zu präsentieren.
Dass Rotlicht und Stoppschild nicht mehr allein für Fahrradfahren gelten sollten, ist vielleicht in dem eher ländlich geprägten US-Bundesstaat Idaho, welcher auf einer Fläche ähnlich Deutschlands, aber nur mit zwei Millionen Einwohnern nicht annähernd mit der Verkehrslage und Realität Berlins vergleichbar ist, eine Option. Sicherer wird der Verkehr durch das Vorhaben der Grünen nicht, auch nicht durch den weiteren Antrag. Die Grünen hofieren mit ihren Anträgen ihre vermeintliche Klientel möglicher Fahrradfahrer.
Fußgänger, mobilitätseingeschränkte Menschen, Alte, Kranke und auch Kinder scheinen Ihnen im Straßenverkehr inzwischen völlig egal zu sein. Diese müssten unter
einem solchen Antrag leiden, wenn er umgesetzt würde. Denn auch der zweite Antrag ist mehr etwas für den eigenen Parteitag der Grünen. Hier fordern Sie 100 km Radstreifen im Jahr. So viele Straßen haben wir in Berlin gar nicht mehr nach vier, fünf Jahren. Hier fordern Sie also zwei oder drei Meter breite Fahrradstreifen. Das ist längst gelebte Realität auf vielen Straßen Berlins. Man kann es aber nicht an jeder Straße machen.
Unsere Auffassung ist, dass wir weiterhin den Fahrradverkehr fördern wollen. Dabei ist es besser, dass wir für jede Straßenlage eine angepasste Lösung für jede Straße, jede Kreuzung und jede Situation im Straßenverkehr bekommen. Hierbei werden sukzessive Ampelsteuerungen, Sonderregelungen, Fahrradstraßen und Aufklärungskampagnen durchgeführt. Das ist übrigens auch Grundsatz im Stadtentwicklungsplan StEP Verkehr, wo wir uns – ich weiß das auch von Ole Kreins, in der SPD und uns als Unionsfraktion – in den letzten zwei Jahren sehr rege ausgetauscht haben. Leider nehmen die Grünen, auch die Linken und auch die Piraten seit zwei Jahren an diesen Beratungen nicht mehr teil. Woher nehmen Sie dann das Recht, überhaupt noch kompetent für den Fahrradverkehr sprechen zu wollen, wenn genau diese Themen Verkehrssicherheit für den Fahrradverkehr, aber auch andere verkehrspolitische Themen dort eine Rolle spielen, sie sich aber nicht daran beteiligen? Das ist ein Armutszeugnis dieser hier sehr traurig versammelten Opposition.
Wie Sie alle hier jeden Tag sehen können, steigert sich jeden Tag aufs Neue der Anteil der Fahrradfahrer in Berlin. Daher scheint die Berliner Verkehrspolitik dieser Koalition gar nicht so schlecht zu sein. Das liegt nicht am besseren Wetter. Das polemische Verhalten der Grünen ist sehr schade und wird auch nicht dem ernsten Thema gerecht. Die Koalition wird da nicht mitgehen können, weil wir in Berlin Politik im Allgemeinen und für die Verkehrspolitik im Speziellen für alle Menschen sicher gestalten und umsetzen und eben nicht Klientelpolitik für Grünwähler machen. – Vielen Dank!
Herr Kollege Friederici! Nach dieser Comedy-Einlage dachte ich mir, ich versuche einmal herauszukristallisieren, was nun hängengeblieben ist, worauf man reagieren muss. Entweder war es eine sehr unverschämte Rede oder eben Comedy. Was ich aber herausgehört habe, ist, dass Sie die Dienstreise von Herrn Henkel befürworten. Das nehme ich mit. Das finde ich gut. Das hake ich hier auf meinem Zettel mal ab. Sie sagen aber zu Recht, dass es
nicht nach Idaho, sondern nach Paris gehen soll. Auch das nehme ich mit und hake es mal ab. Ich finde es richtig gut.
Aber Ironie beiseite: Dann haben Sie noch gesagt, dass wir nicht mehr an die Fußgänger denken. Wenn Sie unsere Anträge und insbesondere auch die Begrünung lesen würden, würden Sie feststellen, dass bei der IdahoRegelung auch die Fußgängerinnen und Fußgänger profitieren. Wenn Radfahrer von der Kreuzung entschwunden sind, wenn die Fußgänger Grün bekommen, können sie ungestört die Ampel passieren, was vorher teilweise nicht möglich war. Ein schöner Nebeneffekt: Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer neigen dazu, an roten Ampeln abzukürzen. Auch das können Sie, wenn Sie einmal als Fußgänger unterwegs sind, ab und an sehen. Auch das wird mit der Idaho-Regelung reduziert.
Ich freue mich auf einen Austausch im Ausschuss. Vielleicht haben Sie bis dahin unsere Anträge gelesen. Vielleicht tauschen wir uns dort an geeigneter Stelle auch einmal mit Sachargumenten aus. – Vielen Dank, Herr Friederici! – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Gäste! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Vorschläge der Grünen, ausreichende und angemessene Radverkehrsanlagen zu schaffen, für Radfahrerinnen und Radfahrern grüne Wellen und die Gültigkeit roter Ampeln für den Radverkehr neu zu regeln, sind auf jeden Fall begrüßenswert. Ich freue mich auch schon auf die angekündigte kontroverse Diskussion in dem Ausschuss. Vielleicht ergibt sich noch die eine oder andere Erkenntnis oder auch Änderung.
Der Anteil jedenfalls der Radfahrerinnen und Radfahrer am Verkehr nimmt stetig zu. So hat auch das Fahrrad in Teilen der Innenstadt dem Auto längst den Raum abgelaufen. Straßenraum und Verkehrssteuerung spiegeln jedoch das Zeitalter der autogerechten Stadt wider, das ein Papier des Bundesumweltministeriums jüngst übrigens wieder als zweite Stadtzerstörung nach dem Zweiten Weltkrieg bezeichnet hat. Radfahrerinnen und auch Fußgängerinnen müssen sich übrigens auch heute mit dieser auf das Auto ausgerichteten Verkehrsinfrastruktur herumschlagen. Dies zu ändern muss jeder zukunftsorientiere Verkehrspolitiker als Aufgabe begreifen.
Meine Fraktion hat mit dem Antrag für ein Sofortprogramm für mehr Sicherheit im Radverkehr weitere konkrete Verbesserungsvorschläge unterbreitet. Die Grünen tun das mit ihren Anträgen heute. Die Vorschläge liegen also auf dem Tisch. Doch selbst die Ideen, die sich der
Senat zu eigen gemacht hat, werden kaum verwirklicht. Berlin, das sich sonst so innovationsfreudig gibt, steckt, was den Radverkehr betrifft, noch tief im 20. Jahrhundert fest. Bezeichnend dafür ist, dass Modellprojekte wie neue Lösungen an Knotenpunkten, fahrradfreundliche Ampeln, Beschleunigung von Hauptrouten oder Einkaufen mit dem Fahrrad, fahrradfreundliche Einkaufsstraße noch nicht einmal begonnen wurden. An Ideen, Vorschlägen und Konzepten mangelt es nicht. Doch, und das ist der zentrale Punkt, müssen erst die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Berlin all diese Maßnahmen tatsächlich umsetzen kann. Diese Voraussetzungen sind: ausreichendes und qualifiziertes Personal, eine Abkehr von der autozentrierten Stadtpolitik und eine Neuaufteilung des Straßenraums zugunsten der Fußgängerinnen, Radfahrerinnen und des ÖPNV und schließlich mehr Investitionen in eine zeitgemäße Radverkehrsinfrastruktur. Hier hat der Senat seine Hausaufgaben nicht gemacht. Keine dieser Voraussetzungen für eine fahrradfreundliche und moderne Mobilitätspolitik ist auch nur annähernd gegeben. Zweieinhalb Stellen für den Radverkehr in der Senatsverwaltung sind allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein. 20 Kilometer neue Radverkehrsstreifen in diesem Jahr, am Ende oft auch zugeparkt und damit ein Risikofaktor, haben nicht annähernd etwas mit einer gerechten Aufteilung des begrenzten Straßenraums und schon gar nichts mit moderner, sozial und ökologisch orientierter Mobilitätspolitik zu tun.
Leider verweigern sich der Senat und die rot-schwarze Koalition dieser notwendigen Debatte, die wir in diesem Jahr bereits zum dritten Mal im Plenum zu führen versuchen. Sich eine gut klingende Radverkehrsstrategie aufzuschreiben, aber nicht die Bedingungen für ihre Umsetzung zu schaffen, reicht nicht aus. Statt sich dieser simplen Erkenntnis zu öffnen, blocken Sie, Herr Kreins und Herr Friederici, die konkreten Verbesserungsvorschläge mit einer unsäglichen Arroganz ab.
Ich habe auch Ihren bisherigen Reden zugehört und bin sehr gespannt, wie Sie sich in den Ausschüssen verhalten werden. Die Fahrradfahrerinnen und Fußgängerinnen jedenfalls stellen sich täglich die Frage neu, wem die Straße eigentlich gehört. Sie antworten darauf: den Autofahrerinnen und Autofahrern.
Hier und da mal einen Radfahrstreifen aufgemalt oder eine Fußgängerquerung gebaut, das muss in Ihren Augen reichen.
Dass die Berlinerinnen und Berliner trotzdem das Auto stehenlassen und aufs Rad steigen, rechnen Sie sich trotzdem als Erfolg an. Mehr Realitätsverweigerung geht
nicht. Ohne die Radfahrerinnen und Radfahrer, die unter diesen Bedingungen alltäglich dem Autoverkehr ein Stück Straßenland abtrotzen, ohne Aktion wie die monatliche Critical Mass oder die Sternfahrten des ADFC und ohne die Beharrlichkeit der Piratenfraktion und der anderen Oppositionsfraktionen, die Fahrradpolitik des Senats auch hier im Plenum immer wieder zur Disposition zu stellen, würde es wohl bei dieser Kopf-in-den-SandPolitik der SPD und CDU bleiben. Sie, Herr Friederici, mögen das wie üblich als Parteitaktik und Wahlkampfgeplänkel abtun, das dabei vorscheinende Politikverständnis finde ich jedenfalls sehr bedauerlich.
Meine Fraktion setzt sich dafür ein, dass endlich die Möglichkeiten für eine zeitgemäße Verkehrspolitik geschaffen werden. Dazu gehören Fahrradbeauftragte im Land und in den Bezirken, ein Radverkehrsbüro mit eigenem Budget, um die Radverkehrsstrategie umzusetzen und weitere Ideen, Modell- und Pilotprojekte auszuarbeiten. Dazu gehören außerdem ausreichendes und qualifiziertes Personal in Senatsverwaltung, Verkehrslenkung und Bezirken, das dafür sorgt, dass die vorhandenen Mittel für den Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur ausgeschöpft und zusätzlich auch verbaut werden können. Schließlich gehört dazu auch die Bereitschaft, den Wandel der Zeiten anzuerkennen und die Stadtzerstörung der autogerechten Stadt zu beseitigen. – Vielen Dank!
Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es sind Überweisungen der Anträge an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.